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§ 34 StVO – Unfall

Inhaltsverzeichnis:

01 Allgemeines
02 Abgrenzung zu § 142 StGB
03 Ordnungswidriges Verhalten
04 § 34 StVO im Überblick

01 Allgemeines

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Der § 34 StVO (Unfall) ist zuerst einmal als eine Spezialvorschrift für die Gefahrenabwehr nach einem eingetretenen Verkehrsunfall anzusehen. Ziel der Vorschrift ist es in Anlehnung an die amtliche Begründung dieser Norm aber auch, Verkehrsteilnehmer über ihre Pflichten nach einem Verkehrsunfall umfassend zu informieren.

Die in § 34 Abs. 1 aufgeführten Pflichten richten sich an Unfallbeteiligte, während sich die in Abs. 3 aufgeführte Pflicht an einen Jedermann richtet.

Hinweis: Die Pflichten aus Nummer 2–4 finden sich nicht im § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) wieder, während es sich bei den in den Nummern 1, 5 – 7 genannten Pflichten um teilweise oder vollständig deckungsgleiche Pflichten handelt. Bei Verstößen gegen § 142 StGB findet § 34 StVO keine Anwendung.

§ 34 StVO (Unfall)

§ 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort)

02 Abgrenzung zu § 142 StGB

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§ 34 StVO (Unfall) dient dem Zweck, aufzuzeigen, wie sich ein Verkehrsteilnehmer nach einem Verkehrsunfall zu verhalten hat. Die Norm dient nicht dem Zweck, den im § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) geregelten Straftatbestand zu erweitern, der im Übrigen nur dann verwirkt ist, wenn der Täter mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt hat, was für die Verwirkung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht erforderlich ist, denn Verkehrsordnungswidrigkeiten können auch fahrlässig begangen werden.

§ 10 OWiG (Vorsatz und Fahrlässigkeit)
Als Ordnungswidrigkeit kann nur vorsätzliches Handeln geahndet werden, außer wenn das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht.

§ 24 StVG (Bußgeldvorschriften)
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung [...]
oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

Das ist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten der Fall.

§ 49 StVO (Ordnungswidrigkeiten)
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über [...] 29. das Verhalten nach einem Verkehrsunfall nach § 34 Absatz 1 Nummer 1, Nummer 2, Nummer 5 oder Nummer 6 Buchstabe b – sofern in diesem letzten Fall zwar eine nach den Umständen angemessene Frist gewartet, aber nicht Name und Anschrift am Unfallort hinterlassen wird – oder nach § 34 Absatz 3, verstößt.

Wegen der Ähnlichkeiten zwischen § 142 StGB und § 34 StVO ist zu klären, in welchem Verhältnis beide Normen zueinander zu bewerten sind. Soweit einer der Unfallbeteiligten vorsätzlich gehandelt hat und eine Übereinstimmung des Fehlverhaltens beider Normen gegeben ist, findet die Strafnorm, also § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) immer Anwendung.

§ 21 OWiG (Zusammentreffen von Straftat und Ordnungswidrigkeit)
(1) Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird nur das Strafgesetz angewendet. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden.
(2) Im Falle des Absatzes 1 kann die Handlung jedoch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn eine Strafe nicht verhängt wird.

Kurzum: Gegenüber § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) tritt § 34 StVO (Unfall) zurück, wenn der Täter vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich tatbestandlich gehandelt hat. Grundsätzlich findet § 34 StVO (Unfall) nur dann Anwendung, wenn ein Verkehrsunfall fahrlässig verursacht wurde oder es sich um ein Fehlverhalten handelt, das im § 142 StGB nicht aufgeführt ist.

03 Ordnungswidriges Verhalten

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Ordnungswidriges Verhalten im Sinne von § 34 StVO (Unfall) im oben aufgezeigten Sinne lassen die nachfolgend aufgeführten und im Bußgeldkatalog benannten Begehungsarten zu:

  • Sie hielten als Beteiligter eines Unfalles nicht unverzüglich an.
    30 Euro

  • Sie unterließen es als Beteiligter an einem Verkehrsunfall, anderen am Unfallort anwesenden Beteiligten oder Geschädigten Ihre Beteiligung am Unfall anzugeben.
    30 Euro

  • Sie unterließen es als Beteiligter an einem Verkehrsunfall, anderen am Unfallort anwesenden Beteiligten oder Geschädigten auf Verlangen Ihren Namen und Ihre Anschrift anzugeben.
    30 Euro

  • Sie unterließen es als Beteiligter an einem Verkehrsunfall, anderen am Unfallort anwesenden Beteiligten oder Geschädigten auf Verlangen Ihren Führerschein oder Fahrzeugschein vorzuweisen.
    30 Euro

  • Sie unterließen es als Beteiligter an einem Verkehrsunfall, anderen am Unfallort anwesenden Beteiligten oder Geschädigten nach bestem Wissen Angaben über Ihre Haftpflichtversicherung zu machen.
    30 Euro

  • Sie unterließen es als Beteiligter eines Unfalles, nachdem Sie eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hatten, Ihren Namen und Ihre Anschrift am Unfallort zu hinterlassen.
    30 Euro

  • Sie sicherten als Beteiligter an einem Verkehrsunfall nicht den Verkehr.
    30 Euro

  • Sie sicherten als Beteiligter an einem Verkehrsunfall nicht den Verkehr, so dass es zu einem weiteren Unfall kam.
    35 Euro

  • Sie fuhren als Beteiligter eines Unfalles mit geringfügigem Schaden nicht unverzüglich beiseite.
    30 Euro

  • Sie fuhren als Beteiligter eines Unfalles mit geringfügigem Schaden nicht unverzüglich beiseite, so dass es zu einem weiteren Unfall mit Sachschaden kam.
    35

  • Sie beseitigten nach einem Unfall Unfallspuren, bevor die notwendigen Feststellungen getroffen waren.
    30 Euro

Bußgeldkatalog

04 § 34 StVO im Überblick

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§ 34 StVO setzt einen Verkehrsunfall voraus. Das macht den Eintritt eines Fremdschadens erforderlich. Für einen Verkehrsunfall im Sinne von § 34 StVO gibt es jedoch keine Schadensuntergrenze, wie das bei § 142 StGB der Fall ist. Der Verkehrsunfall muss sich auch nicht zwangsläufig im öffentlichen Verkehrsraum ereignet haben. Es genügt, wenn ein ursächlicher Zusammenhang des Unfallgeschehens mit dem öffentlichen Verkehrsraum besteht, so dass zum Beispiel die Ursache des Unfalls im öffentlichen Verkehrsraum gesetzt wurde, der Schadenseintritt sich aber auf einem Privatgrundstück realisiert.

Definition Verkehrsunfall

Ein Verkehrsunfall ist nach allgemeiner Auffassung ein plötzliches und zumindest von einem der Beteiligten ungewolltes Ereignis im öffentlichen Straßenverkehr, das mit dessen typischen Verkersgefahren in einem ursächlichen Zusammenhang steht und einen nicht völlig belanglosen Personenschaden oder Sachschaden zur Folge hat.

Einzelbegriffe dieses Unfallbegriffs sind:

  • Ein plötzliches und zumindest von einem Beteiligten ungewolltes Ereignis

  • Ein Ereignis, das sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignet

  • Einen ursächlichen Zusammenhang (Kausalität) mit typischen Verkehrsgefahren hat.

  • Keinen völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden nach sich zieht.

OLG Köln 2011: Ein „Unfall im Straßenverkehr“ im Sinne des § 34 StVO und § 142 StGB liegt auch vor, wenn beim Beladevorgang eines Kraftfahrzeugs ein Blechteil, das auf die Ladefläche geworfen werden soll, gegen die Bordwand fliegt, von dort abprallt und ein in der Nähe geparktes Fahrzeug beschädigt. Auch wenn das Fahrzeug steht, sich somit im ruhenden Verkehr befindet, ist ein Zusammenhang mit dem Straßenverkehr
und seinen typischen Gefahren gegeben.

OLG Köln, Urteil vom 19.7.2011 - 111-1 RVs 138/11

Unfallbeteiligter

Der Abs. 2 enthält eine Definition dafür, wer als Unfallbeteiligter in Frage kommt und bildet somit die Voraussetzung für die Anwendung der Verpflichtungen, die in der Norm aufgeführt sind.

§ 34 Abs. 2 StVO
(2) Beteiligt an einem Verkehrsunfall ist jede Person, deren Verhalten nach den Umständen zum Unfall beigetragen haben kann.

Zu den Unfallbeteiligten gehören die Fahrzeugführer bzw. die durch eine Kollision geschädigten Fußgänger, aber auch alle anderen Arten von Verkehrsteilnehmern. In Anlehnung an die Rechtsprechung, die den Begriff des Unfallbeteiligten weit auslegt, gehören dazu auch die Fahrzeughalter, wenn sie am Unfallort anwesend gewesen sind und zu Beginn der Ermittlungen noch offen ist, ob diese einen Tatbeitrag zur Herbeiführung des Unfalls geleistet haben. Das gilt auch für alle Beifahrer und Mitfahrer, wenn sie einen eigenständigen Verursachungsbeitrag geleistet haben.

Anders ausgedrückt: Als Unfallbeteiligter kommt jede Person in Betracht, wenn eine nicht ganz fern liegende Möglichkeit die Annahme rechtfertigt, dass diese Person einen Beitrag zum Unfallgeschehen geleistet haben kann.

Verhaltenspflichten des § 34 StVO:

  • Anhaltepflicht
    Verkehrssicherungspflicht

  • Räumpflicht
    § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO bestimmt, dass jeder Beteiligte nach einem Verkehrsunfall den Verkehr zu sichern und bei geringfügigem Schaden unverzüglich bei Seite zu fahren hat.

  • Vergewisserungspflicht

  • Erste Hilfe

  • Vorstellungspflicht

  • Feststellungsduldungspflicht
    Zu ermöglichende Feststellungen beziehen sich auf die Feststellung der persönlichen Daten (Name, Wohnadresse, Adresse der Erreichbarkeit), die Feststellung der Fahrzeugdaten (Kennzeichen, Versicherung, Halter) und die Art seiner Beteiligung am Unfallgeschehen. Erst dann, wenn sämtliche erforderlichen Daten erhoben sind, darf sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernen.

  • Wartepflicht

  • Nachträgliche Pflichten bei berechtigtem Entfernen vom Unfallort

  • Verbot Unfallspuren zu beseitigen
    Diese Regelung des § 34 Abs. 3 StVO legt für Unfallbeteiligte und andere Personen die bußgeldbewehrte Pflicht fest, die Spurenlage so lange unverändert zu lassen, bis „notwendige Feststellungen“, deren Sicherung und Aufnahme normalerweise durch autorisiertes Fachpersonal von der Polizei oder durch amtlich beauftragte Sachverständige getroffen werden, erfolgt sind. Bei der Würdigung des Abs. 3 ist zu berücksichtigen, dass Verschleierungshandlungen am Unfallort nicht unter den Tatbestand des § 142 StGB fallen.

§ 34 StVO (Unfall)

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