Das Kanzler-JA zur
Menschenwürde
Inhaltsverzeichnis:
01 Das
Kanzler-JA 02 Der Stein des Anstoßes
03 Eklat im Deutschen Bundestag 04
Populismus kann teuer werden 05
Das populistische Kanzler-JA 06
Die Menschenwürde im Mittelalter 07
Die Menschenwürde des geborenen Menschen 08
Allgemeines zur Menschenwürde 09
Begriffsbestimmung Menschenwürde 10
Das Mysterium der Menschenwürde 11
Würde des ungeborenen Menschen 12
Der christliche Markenkern der CDU 13
Der Verlust der Tugend 14 Der
Rechtsstaat darf nicht kapitulieren 15
Spätabtreibungen in England 16 Papst
Franziskus zur Abtreibung 17 Ich bin
Giorgia 18 Es reicht 19
Quellen
01
Das Kanzler-JA
TOP
Der 9. Juli 2025 lässt
sich als eine Sternstunde des Deutschen Bundestages
verstehen, denn an diesem Tag wurde deutlich, wie schnell ein
unbedachtes JA eines Bundeskanzlers die Volksseele in Wallung zu
bringen vermag. Wie dem auch immer sei: Das, was diesem JA
folgte, hat es – in Verbindung mit weiteren Vorbehalten gegen
eine Kandidatin, die als eine Richterin beim
Bundesverfassungsgericht benannt werden sollte – möglich gemacht, die
am 11.7.2025 durchzuführende Wahl von drei
Verfassungsrichterinnen in
einem parlamentarischen Desaster enden zu lassen.
Frage der
Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch (AfD) an den
Bundeskanzler am 9. Juli 2024 im Deutschen Bundestag:
Ich frage
Sie, ob Sie es mit Ihrem
Gewissen
vereinbaren können, Frau Brosius-Gersdorf zu wählen, für die die
Würde eines Menschen nicht gilt, wenn er nicht geboren ist. Frau
Brosius-Gersdorf hat gesagt, dass einem Kind, das neun Monate
alt ist, zwei Minuten vor der Geburt keine Menschenwürde
zukommt. Können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, diese
Frau zu wählen, wissend, dass vermutlich diese Dame in Kürze
über die Abschaffung des § 218 abstimmen wird?
Antwort
des Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) auf diese Frage:
JA.
Mit
diesem unmissverständlich formuliertem JA stellte Bundeskanzler
Friedrich Merz (CDU) das komplette Selbstverständnis der CDU in
Frage. Anders ausgedrückt: Dieses Ja muss als eine unfassbare
Zustimmung des Bundeskanzlers zur Würde und zum Lebensschutz des
noch ungeborenen Menschen aus der Sicht einer christlichen
Partei angesehen werden, deren Vorsitzender und Bundeskanzler
Friedrich Merz ist.
Frage und Antwort im Video
Diese
Zustimmung zur Rechtsauffassung einer Richterin, die mit
Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages
zur Verfassungsrichterin bestellt werden sollte, lässt sich
weder durch Unwissenheit noch durch Uninformiertheit erklären,
zumal bei der Auswahl der Richterinnen für eine 12 Jahre
währende Verwendung im höchsten deutschen Gericht davon
ausgegangen werden muss, dass im Vorfeld die dafür erforderliche
Eignung sorgfältig geprüft wurde. Insoweit hätte dem
Bundeskanzler bekannt sein müssen, dass die zu bestimmende
Kandidatin einen wesentlichen Markenkern der CDU nicht vertritt:
den Lebensschutz.
Ansage.Org
vom 10. Juli 2025:
Gerade beim Thema Abtreibung wird zudem deutlich, wie zynisch
und materialistisch
Brosius-Gersdorf
tickt, die den Lebensschutzauftrag des Grundgesetzes mal eben
eigenmächtig beseitigen oder zumindest neu interpretieren will:
In einem Fachaufsatz aus dem vergangenen Jahr mit dem Titel:
„Menschenwürdegarantie und Lebensrecht für das Ungeborene.
Reformbedarf beim Schwangerschaftsabbruch“ hatte sie behauptet,
es gebe „gute Gründe“ dafür, dass die Menschenwürde erst ab der
Geburt gelte. „Menschenwürde und Lebensschutz sind rechtlich
entkoppelt“, behauptete sie – und setzte sich damit in klaren
Gegensatz zur eindeutigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, das 1993 klargestellt hatte, dass
bereits dem ungeborenen Leben Menschenwürde zukomme und der
Staat daher verpflichtet sei, das ungeborene Kind zu schützen
und „den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im
allgemeinen Bewusstsein zu erhalten und zu beleben“ [En01].
Apollo-News.net:
„Die Annahme, dass Menschenwürde überall gelte, wo menschliches
Leben existiert, ist ein biologistisch-naturalistischer
Fehlschluss.“ Das schreibt Frauke Brosius-Gersdorf, die von der
SPD nominierte Verfassungsrichterkandidatin, in einem
Fachaufsatz. In dem Aufsatz „Menschenwürdegarantie und
Lebensrecht für das Ungeborene. Reformbedarf beim
Schwangerschaftsabbruch“, der 2024 im Sammelband
„Rechtskonflikte“ erschien, kommt sie zu dem Schluss, dass es
„gute Gründe“ dafür gebe, dass die Menschenwürde erst ab der
Geburt gelte
[En02].
02 Der Stein des Anstoßes
TOP
Ja,
welcher Stein wurde durch wen ins Rollen gebracht?, oder: Anders
gefragt: Wie konnte es zu solch einem Eklat im Deutschen
Bundestag überhaupt kommen?
Es kann
davon ausgegangen werden, dass die Rechtsauffassungen der ins
Amt einer Verfassungsrichterin am Bundesverfassungsgericht
vorgesehenen Staatsrechtlerin, Frau Prof. Borsius-Gersdorf, die
Abtreibung, den Lebensschutz des ungeborenen Menschen und
andere, den Bestand der Demokratie in Frage stellenden
Ansichten, in der breiten Öffentlichkeit wohl kaum jemandem
bekannt gewesen sein dürften.
Und was
die Abtreibung und den Lebensschutz anbelangt? Über dieses Thema
wurde schon, beginnend in den 1960er Jahren, gut 30 Jahre lang
gestritten, bis durch das zweite Abtreibungsurteil des BVerfG
aus dem Jahr 1993 dieser Streit befriedet werden konnte.
Seitdem
existiert ein Mischmodell, das die Abtreibung nicht durchweg
unter Strafe stellt, jedenfalls dann nicht, wenn sie relativ
früh erfolgt und ihr eine Beratung vorausgegangen ist, was dann
auch zur Straffreiheit eines Schwangerschaftsabbruchs führt.
Dieser
Kompromiss war schwer zu finden, bzw. zu erringen. Und was die
CDU/CSU anbelangt, gab es bis heute nicht den geringsten
Versuch, an dieser Kompromisslösung etwas zu ändern, ganz anders
die Bemühungen in der Ampelregierung, die dazu führten, dass im
Juli 2022 der § 219a StGB, der ein Werbeverbot für Abtreibungen
enthielt, gestrichen wurde.
KI-generierter Text:
Bis zum 18.
Juli 2022 war es in Deutschland strafbar, für
Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Diese Regelung war in § 219a
StGB festgeschrieben. Der Bundestag hat diese Vorschrift jedoch
am 24. Juni 2022 aufgehoben. Die Aufhebung bedeutet, dass es
nicht mehr grundsätzlich verboten ist, Informationen über
Schwangerschaftsabbrüche zu verbreiten. Es ist weiterhin
erlaubt, sachlich über die Durchführung eines
Schwangerschaftsabbruchs zu informieren, zum Beispiel über
medizinische Aspekte, Beratungsangebote oder die Kosten. Es ist
jedoch weiterhin nicht erlaubt, den Abbruch einer
Schwangerschaft aktiv zu bewerben oder zu verherrlichen. Die
Informationen müssen sachlich und berufsbezogen sein und dürfen
nicht mit werbenden Elementen verbunden werden.
Darüber
hinausgehend gab es sogar Bestrebungen, auch den § 218 StGB,
also den Abtreibungsparagrafen selbst, grundsätzlich neu zu
regeln, in links-liberalen Kreisen wurde sogar von einem
Menschenrecht auf Abtreibung gesprochen.
Verfassungsblock.de
2025:
Die Würde
der Schwangeren ist unantastbar. Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet
zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs.
An
anderer Stelle heißt es:
Mit der
Entscheidung, eine Schwangerschaft fortzuführen oder
abzubrechen, bestimmt eine schwangere Frau in Freiheit über ihr
Schicksal. Legt der Staat ihr eine Rechtspflicht auf, den Embryo
oder Fötus auszutragen, und sieht er einen
Schwangerschaftsabbruch für die ganze Dauer der Schwangerschaft
grundsätzlich als Unrecht an, nimmt er einer schwangeren Frau
die rechtliche Freiheit, über sich selbst zu bestimmen und ihr
Schicksal eigenverantwortlich zu gestalten, die den eigentlichen
Gehalt der Menschenwürde ausmacht [En03].
In diesem
Umfeld wissenschaftlich begründbarer Reformen des
Abtreibungsrechts vertritt Frau Prof.
Brosius-Gersdorf
eine Rechtsauffassung, die deutlich von der bisherigen
Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts abweicht.
-
Eine Abtreibung
in den ersten drei Monaten soll sozusagen tatbestandslos
sein. Das bedeutet, in Ermangelung eines Tatbestandes ist es
einer schwangeren Frau freigestellt, was sie tut oder
unterlässt.
-
Allein diese
Rechtsauffassung steht im krassen Widerspruch zu der des
BVerfG, denn die Richter des Bundesverfassungsgerichts gehen
bis heute davon aus, dass ab der Nidation, das ist die
Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter, von
einem Menschen auszugehen ist, der auch im Vollbesitz der
Menschenwürde ist, und somit nicht objektiviert, also nicht
wie eine Sache behandelt werden darf. Anders ausgedrückt: Er
darf nicht zum Objekt gemacht werden und nach Belieben
abgetrieben werden.
-
In der zweiten
Schwangerschaftsphase, womit die Zeit vom 3. bis zum 6.
Monat gemeint ist, hält es Frau Prof. Brosius-Gersdorf für
geboten, dass der Staat dafür Sorge zu tragen hat, dass auch
in dieser Zeit eine Abtreibung straffrei und somit auch
rechtmäßig durchgeführt werden kann.
-
Und was die
letzte Schwangerschaftsphase nach dem 6. Monat bis zur
Geburt anbelangt, vertritt zumindest nach meiner Wahrnehmung
Frau Prof. Brosius-Gersdorf nicht den Standpunkt, dass auch
in diesem Stadium das Töten des Embryos rechtmäßig sei oder
werden solle, andererseits sei der Staat aber auch in dieser
Phase dazu berechtigt, die Abtreibung selbst in einer ganz
späten Phase für straflos zu erklären.
Wie dem auch immer sei:
Solche Vorstellungen dürften zumindest zurzeit noch in der
CDU/CSU nicht mehrheitsfähig sein. Die Positionen, die Frau
Brosius-Gersdorf zur Abtreibung vertritt, sind es für sich
gesehen aber nicht allein, die ihrer Wählbarkeit entgegenstehen,
obwohl die einer Wahl als Verfassungsrichterin entgegenstehenden
Gründe schon weitaus früher in der Koalition hätte erörtert
werden müssen.
Frau Prof.
Brosius-Gersdorf
hat vorgeschlagen:
-
Das Grundgesetz zu gendern, damit das
weibliche Geschlecht besser sichtbar wird
-
Das Wahlrecht zu
ändern, indem Kandidaten nur aus Listen gewählt werden
können, die wiederum wie Reißverschlüsse funktionieren
müssen, was dazu führt, dass nach einem männlichen
Kandidaten zwangsläufig eine weibliche Kandidatin ein
Abgeordnetenmandat erhält usw. Dass diese Änderung im
Hinblick auf den Wählerzulauf bei der AfD dazu dienen
sollte, deren Kandidaten zu beschränken, das vermag erst auf
den zweiten Blick deutlich zu werden, denn der AfD mangelt
es an weiblichen Kandidaten. Dass auch diese Überlegung
offensichtlich verfassungswidrig ist, darauf soll an dieser
Stelle nur hingewiesen werden.
-
Frau Prof.
Brosius-Gersdorf hat sich bei Markus Lanz auch für ein
AfD-Verbot ausgesprochen. Dass sie sich durch diese Aussage
in einer der populärsten politischen Talkshows damit auch in
der Funktion einer zukünftigen Verfassungsrichterin, die im
Antragsfall für ein Parteienverbot zuständig wäre, für
befangen erklärt hat, macht deutlich, dass sie selbst an
einem Verbotsverfahren gar nicht mehr beteiligt sein dürfte,
denn sie hält bereits jetzt ein Parteienverbot für
erforderlich.
Dass diese
Vorstellungen von Frau Prof.
Brosius-Gersdorf
diese Kandidatin aus Sicht der linken Parteien besonders
attraktiv macht, das sei an dieser Stelle nur festgestellt. Die
Frage, die sich nunmehr stellt, lautet wie folgt: Wie konnte es
zu solch einem Vorschlag kommen?
Hier der
Versuch einer Antwort: Die Entscheidung wurde in Hinterzimmern
getroffen, denn ein ernstzunehmendes Auswahlverfahren hat es
wohl nicht gegeben. Und
dass dort nicht immer Entscheidungen getroffen werden, die auch
die Wählerinnen und Wähler überzeugen, das ist nunmehr deutlich
geworden.
Sogar der Bundespräsident hat den Vorfall im Parlament
als eine Beschädigung der Koalition bezeichnet. Ob das Aufgabe
des Bundespräsidenten ist, darüber lässt sich ebenfalls trefflich
streiten. Zumindest auf mich wirkte diese Äußerung des
Bundespräsidenten wie die eines SPD-Politikers, der auf die
CDU/CSU Druck auszuüben versucht.
Mit anderen Worten:
Das, was im Deutschen Bundestag passiert ist, das ist
unbestreitbar ein einmaliges, bisher noch nicht dagewesenes
Ereignis, sozusagen ein Weckruf, der vielleicht doch noch so
rechtzeitig kam, den drohenden Verlust der deutschen
Demokratie in eine Scheindemokratie doch noch verhindern zu
können.
Das
große Verdienst zu diesem im Bundestag ausgelösten Eklat, ist
weder ein Verdienst der CDU/CSU noch ein Verdienst der SPD. Wohl
aber ein Verdienst von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der
für diesen Eklat und die sich daran anschließende Empörung nur
ein Wort benötigte: JA.
03 Eklat im Deutschen Bundestag
TOP
Das es
zu diesem folgenschweren JA kommen konnte, ist sowohl als ein
Verdienst der neuen Medien, als auch der Fragestellerin, der
stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Beatrix von Storch (AfD)
zu verdanken, denn diese Frau kann für sich in Anspruch nehmen,
auf eine Art und Weise den Bundeskanzler zu seinem JA veranlasst
zu haben, die jedem Staatsanwalt Ehre bereiten würde, der sich
darum bemüht, den Angeklagten zu einem Geständnis zu bewegen.
Nur zur Erinnerung:
Frage der
Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch (AfD) an den
Bundeskanzler:
Ich frage
Sie, ob Sie es mit Ihrem
Gewissen
vereinbaren können, Frau Brosius-Gersdorf zu wählen, für die die
Würde eines Menschen nicht gilt, wenn er nicht geboren ist. Frau
Brosius-Gersdorf hat gesagt, dass einem Kind, das neun Monate
alt ist, zwei Minuten vor der Geburt keine Menschenwürde
zukommt. Können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, diese
Frau zu wählen, wissend, dass vermutlich diese Dame in Kürze
über die Abschaffung des § 218 abstimmen wird?
Antwort
des Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) auf diese Frage:
JA.
Dieses
JA hat die Gesellschaft in Deutschland wachgerüttelt und dazu
geführt, dass Tausende von CDU und CSU Wählern sich erbost mit
der Forderung an ihre Partei wandten, diesem Ernennungsverfahren
sofort ein Ende zu bereiten, weil nicht sein kann, dass die
Würde des Menschen erst beginnt, wenn das Neugeborene den
Mutterleib verlassen hat.
Mit
solch einer Reaktion hatte die Parteiführung nicht gerechnet,
wohl aber rechnen müssen, denn bei der überwiegenden Mehrheit
der in Deutschland lebenden Menschen handelt es sich immer noch
um Personen einer Wertegemeinschaft, die an christlichen
Wertvorstellungen festhalten.
Anders ausgedrückt:
Das was die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurzeit
erlebt, lässt es wohl nicht mehr zu, wieder zur Tagesordnung
übergehen zu können.
04 Populismus kann teuer werden
TOP
Das gilt
auch für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der meint, mit Populismus überzeugen zu
können.
Wenn
durch ein zustimmendes JA des Bundeskanzlers deutlich und
unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, dass ein sich
noch im Mutterleib befindlicher Mensch erst dann über Würde
verfügt, wenn dieses Kind geboren ist, der muss der damit rechnen,
dass auch noch im Deutschland von heute solch ein JA aus
tiefster Überzeugung von der Mehrheit aller Wählerinnen und
Wähler abgelehnt wird.
Und dass
die Stimme des Volkes eine besondere Wirkung zu erzielen vermag,
das wussten schon die alten Römer.
Mary Beards:
Neben den formalen Vorrechten des Volkes, wie Polybios betonte,
finden wir klare Indizien für eine weitverbreitete politische
Kultur, in der des Volkes Stimme ein wichtiges Element
darstellte. [...]. Die Armen zu ignorieren oder zu demütigen,
das war riskant.
An
anderer Stelle heißt es:
Der Erfolg
der Reichen war, wie der junge Scipio
Nasica
scherzhaft erfahren musste, ein Geschenk der Armen. Daher
mussten die Vermögenden lernen, dass sie vom Volk als Ganzem
abhängig waren [En04].
05 Das populistische Kanzler-JA
TOP
Wer
Populismus nur beim politischen Gegner ausmacht und beklagt, der
sollte sich darüber im Klaren sein, was Populismus ist und wie
er zur Anwendung kommt und wirkt, der betreibt Wunschdenken. Das
aber ist ein Denken ohne Denken, denn dieses Denken sieht den
Balken im eigenen Auge nicht.
Wie dem auch immer sei:
Auch wenn
sich das Wort Populismus schwer definieren lässt, lässt sich
dennoch feststellen, dass sich Populisten zuerst einmal als Teil
einer bestimmten Bevölkerungsgruppe verstehen. Populisten
behaupten auch, dass sie es sind, die als Einzige das „echte
Volk“ gegenüber einer „Elite“ vertreten. Das gilt auch für
diejenigen, die meinen, im Besitz der Wahrheit zu sein, und sich
deshalb dazu berechtigt halten, Andersdenkenden die
Denkfähigkeit absprechen.
Ein
weiterer Ansatzpunkt für die Definition von Populismus lässt
sich als das Selbstverständnis einer Führungselite verstehen,
die allein darüber entscheidet, was gut für die Bevölkerung –
oder für das Bundesverfassungsgericht, oder für was auch immer –
ist. Eine andere Definition von Populismus sagt, dass es den nur
dann geben kann, wenn die politischen Institutionen versagen,
denn zufriedene Menschen flüchten sich nicht in populistische
Politik.
Populisten existieren aber auch aus dem Grund, weil sie dem Teil
der Bevölkerung, der sich abgehängt fühlt, viel versprechen, und
wenn sie dann an der Macht sind, verstecken sie ihr Versagen,
gemeint ist das Nichteinhalten von Versprechungen, hinter großem Getöse, unterdrücken Andersdenkende oder grenzen
diese, zum Beispiel durch eine Brandmauer aus, oder weisen, wie
im Deutschen Bundestag geschehen, mit dem Finger auf den
politischen Gegner und sagen: Mit denen auf gar keinen Fall.
Harold
James beschreibt den Populismus in seinem Buch „Der Krieg der
Worte“ wie folgt:
[Populisten] entweihen die heiligen Hallen [in diesem Fall das
Plenum des Deutschen Bundestages]. Sie werden siegen, denn sie
haben die brutale Macht dazu [die Mehrheit]. Sie werden aber
nicht überzeugen. Dafür würden sie zweierlei brauche, was sie
nicht haben: Verstand und Recht.
Anders ausgedrückt:
Das
Bundeskanzler-JA zeugt im hier zu erörternden Sachzusammenhang
von wenig Verstand und von mangelnder Kenntnis geltenden Rechts.
06 Die Menschenwürde im Mittelalter
TOP
Das
Gestern und das Heute verbindet immer noch sehr viel. Das gilt
insbesondere für das christliche Menschenbild im ehemaligen
Europa. Bevor dieses Menschenbild - so wie es sich heute
darstellt – vorgestellt wird, halte ich es für zielführend,
bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ohne die
Menschenwürde alle dem Artikel 1 des Grundgesetzes folgenden
Grundrechte unbedeutend wären, denn dieser erste Satz im
Grundgesetz ist sozusagen das Fundament, auf dem die
verfassungsmäßige Ordnung des Grundgesetzes aufgebaut ist.
Artikel 1 Abs. 1 GG Die Würde des Menschen ist
unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung
aller staatlichen Gewalt.
Wer diese
Würde einem ungeborenen Menschen abspricht, begeht im
Deutschland von heute immer noch einen Tabubruch, der die
„Seelen des Volkes“, gemeint sind diejenigen, die immer noch dem
christlichen Menschenbild nahestehen – aber nicht nur die – in
Wallung zu setzen vermögen, denn auch heute noch erkennen auch
Nichtchristen im Menschen immer noch das größte aller denkbaren
Wunder.
Diese Vorstellung bewegte auch Giovanni
Pico della
Mirandola
(1463 bis 1494), auch
Pico
genannt, einem italienischen Philosophen der Renaissance. Pico
erkannte in dem Menschen zwar auch, wie das bei Frau Prof.
Brosius-Gersdorf
der Fall zu sein scheint, vorrangig als ein zur
Entscheidungsfreiheit geborenes, nicht determiniertes
(festgelegtes) geborenes Wesen. Dennoch:
In dem 1992 erschienenen Buch von Giovanni
Pico della
Mirandola,
das den Titel „Über die Würde des Menschen“ trägt, heißt es:
Pico:
„Ein großes Wunder [...] ist der Mensch.“ Im Anschluss an diese
Aussage eines alten griechischen Philosophen „erschienen mir die
traditionell überlieferten Meinungen über die menschliche Natur
demgegenüber etwas unzulänglich (Seite 7).
An
anderer Stelle heißt es, den göttlichen Willen zitierend:
Wir
haben dir keinen bestimmten Wohnsitz noch ein eigenes Gesicht,
noch irgendeine besondere Gabe verliehen, o Adam, damit du jeden
beliebigen Wohnsitz, jedes beliebige Gesicht und alle Gaben, die
du dir sicher wünscht, auch nach deinem Willen und nach deiner
eigenen Meinung haben und besitzen mögest. Den übrigen Wesen ist
ihrer Natur durch die von uns vorgeschriebenen Gesetze bestimmt
und wird dadurch in Schranken gehalten. Du bist durch keinerlei
unüberwindliche Schranken gehemmt, sondern du sollst nach deinem
eigenen freien Willen, in dessen Hand ich dein Geschick gelegt
habe, sogar jene Natur dir selbst vorherbestimmen. Ich habe dich
in die Mitte der Welt gesetzt, damit du von dort bequem um dich
schaust, was es alles in dieser Welt gibt (Seite 10).
Es steht
dir frei, in die Unterwelt des Viehes zu entarten. Es steht dir
ebenso frei, in die höhere Welt des Göttlichen dich durch den
Entschluss deines eigenen Geistes zu erheben (Seite 11).
In den
Menschen aber hat der Vater gleich bei seiner Geburt die Samen
aller Möglichkeiten und die Lebenskeime jeder Art hineingelegt.
Welche er selbst davon pflegen wird, diejenigen werden
heranwachsen und werden in ihm ihre Früchte bringen (Seite
11/12).
An
anderer Stelle:
Der Mensch
ist ein Wesen von abwechslungsreicher, vielfältiger und
sprunghafter Natur. Aber warum dies? Damit wir einsehen, nachdem
wir nun einmal unter solchen Bedingungen geboren sind, dass wir
das sind, was wir sein wollen. Am meisten müssen wir darum
sorgen, dass es nicht von uns heißt, während wir äußerlich noch
geehrt waren, hätten wir nicht erkannt, dass wir dem Vieh und
den unvernünftigen Tieren ähnlich geworden sind. Sondern von uns
soll vielmehr das Wort des Propheten
Asaph
gelten: „Ihr alle seid Götter und Söhne des Allerhöchsten.“
Mögen wir daher nicht die huldvolle Güte unseres Vaters
missbrauchen, durch die er uns jene freie Wahl gab, und mögen
wir uns nicht aus unserem Heil selbst Schaden zufügen (Seite
14).
Ein paar
Seiten weiter:
Empedokles lehrt uns, es gäbe in unserer Seele eine doppelte
Natur, von denen die eine uns bis zum Himmel erhebt, die andere
uns mit Macht zur Unterwelt hinunterstürzt, und zwischen ihnen
sei Streit oder Freundschaft, Krieg oder Frieden, wie seine
Lieder bezeugen (Seite 21).
Pico gilt
als Vater der modernen Anthropologie. Sein Menschenbild, das dem
Menschen eine Sonderstellung einräumt, entspricht auch heute
noch dem vorherrschenden Menschenbild, obwohl dieses
Menschenbild nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms
Risse bekommen hat. Die Zitate von
Pico
wären dennoch, für sich allein gelesen, durchaus dazu in der
Lage, die Position von Frau Prof.
Brosius-Gersdorf
zu tragen, denn vorrangig sah auch
Pico
nur im geborenen Menschen ein mit Würde behaftetes Wesen.
So
aber dachte die katholische Kirche nicht – und daran hat sich
bis heute nichts geändert.
Übrigens:
Papst Innozenz VIII. erkannte in den Lehren von
Pico
Häresie und forderte deshalb die Festnahme des italienischen
Philosophen. Erst in der letzten Phase von
Picos
Lebens machte Papst Alexander VI. alle von seinem Vorgänger
Innozenz VIII. gegen
Pico
verhängten Maßnahmen rückgängig.
KI-generierter Text von Google:
Im Mittelalter betrachtete die katholische Kirche den
Schwangerschaftsabbruch als Sünde, die mit Buße geahndet wurde.
Die Schwere der Strafe hing davon ab, ob der Fötus als „beseelt“
galt, wobei es unterschiedliche Auffassungen darüber gab, wann
dieser Zustand eintrat. Während einige Gelehrte eine spätere
Beseelung annahmen und somit eine mildere Strafe bei einem
frühen Abbruch befürworteten, sah die Kirche letztendlich die
Beseelung ab der Zeugung vor, was eine striktere Haltung
gegenüber Abtreibung zur Folge hatte.
Unter
den Kirchenvätern und Gelehrten gab es unterschiedliche
Ansichten darüber, wann genau die Beseelung eintrat. Einige
vertraten die Meinung, dass dies erst nach einer gewissen Zeit
nach der Empfängnis der Fall sei, was zu einer weniger strengen
Bestrafung von frühen Abtreibungen führte. Entwicklung zur
Simultanbeseelung:
Im Laufe
der Zeit setzte sich jedoch die Auffassung einer
„Simultanbeseelung“ durch, d.h. die Seele wird dem Körper
bereits mit der Zeugung eingehaucht. Papst Innozenz XI.
bestätigte diese Vorstellung im Jahr 1679, und sie wurde später
auch ins Kirchenrecht übernommen.
07 Die Menschenwürde des geborenen Menschen
TOP
Es
entspricht der erlebbaren Wirklichkeit, dass in den meisten
Fällen geborene Menschen von Würdeverletzungen betroffen sind.
Diesbezüglich lässt sich sarkastisch feststellen, dass die
Menschenwürde zwar unantastbar, aber tastbar ist.
Wer diese
Erfahrung in seinem Leben nicht selbst schon mehrfach gemacht
hat, der dürfte nicht von dieser Welt sein.
Wie dem auch immer sei:
Unbestritten ist, dass geborene Menschen, sogar über ihren Tod
hinausgehend, über Würde verfügen.
Artikel 1 Abs. 1 GG (1) Die Würde des Menschen ist
unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung
aller staatlichen Gewalt.
Umstritten ist jedoch, ob Art 1 Abs. 1 GG als eigenständiges Grundrecht
qualifiziert werden kann. Zum einen wird die Auffassung
vertreten, dass Art 1 Abs. 1 GG bei formaler Auslegung, wegen
der Regelung in Art 1 Abs. 3 GG, kein selbstständiges Grundrecht
sein könne, denn dort ist von „nachfolgenden Grundrechten“ die
Rede.
Das
Bundesverfassungsgericht bewertet Art 1 GG jedoch als ein
tragendes Konstruktionsprinzip und bezeichnet die Menschenwürde
als einen Wert, der rechtlich gesehen als ein selbstständiges
Grundrecht anzusehen ist, das die allgemeine menschliche
Handlungsfreiheit gewährleist. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts gehört Art 1 GG zu den „tragenden
Konstruktionsprinzipien“, die alle Bestimmungen des
Grundgesetzes durchdringen.
BVerfG 2006:
Die Menschenwürde stellt den höchsten
Rechtswert
innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar (...). Achtung und
Schutz der Menschenwürde gehören zu den Konstitutionsprinzipien
des Grundgesetzes (...). Jedem Menschen kommt danach ein
sozialer Wert- und Achtungsanspruch zu, der es verbietet, ihn
zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer
Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in
Frage stellt.
BVerfG,
Beschluss vom 08. 11.2006 - 2
BvR
578/02
Auch die
wohl
hM
in der Literatur geht davon aus, dass Art 1 Abs. 1 GG als ein
echtes Grundrecht anzusehen ist.
Zutreffend ist, dass viele Grundrechte Menschenwürde
voraussetzen, so dass die aus Art 1 Abs. 1 GG abzuleitenden
Rechtspositionen über andere Grundrechte erfassbar sind und
gegebenenfalls im Wege der Verfassungsbeschwerde eingefordert
werden können.
An einer inhaltlichen Konkretisierung von Art 1
Abs. 1 GG kommt jedoch auch die formale Auslegung nicht vorbei.
Weil die Menschenwürde als „Leitprinzip der Verfassung“ gilt,
ist es deshalb sachgerechter, Art 1 Abs. 1 GG jedenfalls dann
als ein eigenständiges Grundrecht zu qualifizieren, wenn neben
der zu schützenden Menschenwürde andere Grundrechte keine
selbstständige Bedeutung haben.
Ansonsten fügt sich die
Menschenwürde, nahtlos in das vom Bundesverfassungsgericht
entwickelte Menschenbild des Grundgesetzes ein, weil es sich bei
der Menschenwürde um „den“ verfassungsrechtlichen Höchstwert
handelt.
BVerfG 1954:
Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines
isolierten souveränen Individuums; das Grundgesetz hat vielmehr
die Spannung Individuum - Gemeinschaft im Sinne der
Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der
Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten. Das
ergibt sich insbesondere aus einer Gesamtsicht der Art 1, 2, 12,
14, 15, 19 und 20 GG. Dies heißt aber: Der Einzelne muss sich
diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen,
die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen
Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt
allgemein Zumutbaren zieht, vorausgesetzt, dass dabei die
Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt.
BVerfG,
Urteil vom 20.07.1954 - 1
BvR
459
08 Allgemeines zur Menschenwürde
TOP
Die
Menschenwürde ist der höchste Verfassungswert. Sie ist
untrennbar mit dem Menschsein selbst verbunden. Schwierigkeiten
bereitet es jedoch, den unbestimmten Rechtsbegriff der
Menschenwürde zu definieren. Es reicht nicht aus, den
Würdebegriff lediglich als ein Merkmal zu verstehen, durch das
sich der Mensch vom Tier unterscheidet. Anerkannt ist, dass zum
Würdebegriff alles gehört, was den Menschen von anderen Menschen
unterscheidet und was ihm als einem „Subjekt individueller
Einmaligkeit“ Menschenwürde verleiht.
Mensch in diesem Sinne ist
zuerst einmal jedes Wesen, das von Menschen abstammt und geboren
wurde. Die Menschenwürde ist somit untrennbar mit dem
menschlichen Leben verbunden, denn, so die Sichtweise der
Richter des Bundesverfassungsgerichts, die Menschenwürde schützt
die Individualität des Einzelnen so, wie er sich in seiner
Individualität selbst begreift. Das aber ist ein Vermögen, das
ein gewisses Lebensalter voraussetzt, denn das
Individualitätsbewusstsein von Menschen beginnt erst mit der
Vollendung des 3. Lebensjahres. Die Würde des Menschen muss
folglich früher beginnen, will man sie mit dem Menschsein
verknüpfen.
Inwieweit Abtreibungen die Menschenwürde des ungeborenen Lebens
verletzen, ist somit eine Frage, die eine überzeugende Antwort
einfordert, zumal geltendes Recht unter gewissen Voraussetzungen
ja bekanntermaßen Abtreibungen zulässt. Damit ist aber die
Frage: Was ist Recht, und wo beginnt die Menschenwürde, noch
längst nicht beantwortet. Dazu mehr in der folgenden Randnummer.
In Bezug
auf den bereits geborenen Menschen heißt es in einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 wie folgt:
BVerfG 2006:
Das menschliche Leben ist die vitale Basis der Menschenwürde als
tragendem Konstitutionsprinzip und oberstem
Verfassungswert
(...). Jeder Mensch besitzt als Person diese Würde, ohne
Rücksicht auf seine Eigenschaften, seinen körperlichen oder
geistigen Zustand, seine Leistungen und seinen sozialen Status.
Sie kann keinem Menschen genommen werden. Verletzbar ist aber
der Achtungsanspruch, der sich aus ihr ergibt (...). Das gilt
unabhängig auch von der voraussichtlichen Dauer des
individuellen menschlichen Lebens.
BVerfG,
Urteil vom 15. 02.2006 - 1
BvR
357/05
Hinweis:
In Anlehnung an die Rechtssprechung des BVerfG endet die Würde
des Menschen nicht mit seinem Tod. Sie besteht darüber hinaus.
BVerfG 1971:
Es würde
mit dem verfassungsverbürgten Gebot der Unverletzlichkeit der
Menschenwürde, das allen Grundrechten zugrunde liegt,
unvereinbar sein, wenn der Mensch, dem Würde kraft seines
Personseins zukommt, in diesem allgemeinen Achtungsanspruch auch
nach seinem Tode herabgewürdigt oder erniedrigt werden dürfte.
Dementsprechend endet die in Art 1 Abs. 1 GG aller staatlichen
Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen
Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, nicht mit dem
Tode.
BVerfG,
Beschluss vom 24.02.1971 – 1
BvR
435/68
09 Begriffsbestimmung Menschenwürde
TOP
Menschenwürde, dieses Wort entzieht sich jeglicher Definition,
denn es handelt sich dabei um eine Idee, eine Vorstellung
darüber, worin der Kern des Menschseins besteht, der alle
Menschen eint. Im Zusammenhang mit der Entscheidung über die
Vereinbarkeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit der Würde
des Menschen, haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts
die Menschenwürde wie folgt beschrieben.
BVerfG 1977:
Dies bedeutet, dass auch in der Gemeinschaft grundsätzlich jeder
Einzelne als gleichberechtigtes Glied mit Eigenwert anerkannt
werden muss. Es widerspricht daher der menschlichen Würde, den
Menschen zum bloßen Objekt im Staate zu machen (...). Der Satz,
„der Mensch muß immer Zweck an sich selbst bleiben“, gilt
uneingeschränkt für alle Rechtsgebiete; denn die unverlierbare
Würde des Menschen als Person besteht gerade darin, dass er als
selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt.
BVerfG,
Urteil vom 21.06.1977 – 1
BvL
14/76
Der
Mensch hat Würde, weil er als vernunftbegabtes Wesen die
Fähigkeit besitzt, sein eigenes Handeln zu reflektieren und an
bestimmten Wertvorstellungen auszurichten.
Übrigens:
Der Mensch ist das einzige Wesen, das lachen, weinen, singen und
sprechen kann. Bereits im Mutterleib ist der Nasziturus dazu in
der Lage, nicht nur auf die Stimmung der werdenden Mutter,
sondern auch auf andere von außen kommende Reize zu reagieren.
Es kann davon ausgegangen werden, dass bereits der ungeborene
Mensch im Mutterleib lernt.
10 Das Mysterium der Menschenwürde
TOP
Die
Würde des Menschen ist unantastbar. Ein einfacher Satz, in
einfacher kategorischer Allgemeinheit formuliert. Aber das
Besondere, das alle Wirklichkeit ausmacht, ist bekanntermaßen
der Feind des Allgemeinen. Die Würde von Adolf Hitler ist
unantastbar. Ein Zögern, ein kurzes Stocken beim Lesen dieses
Satzes? Ein Fragezeichen, das vor Ihrem inneren Auge erscheint?
Nein.
Rein logisch ist die Subsumtion korrekt, denn das allgemeine
Menschsein ist nicht der Ort der Würde. Es reicht nicht aus, die
Würde des wirklichen, konkreten und einzelnen Menschen zu
begründen, denn diese muss das Individuum selbst, durch eigenes
Tun und Verhalten kultivieren, fördern oder vernachlässigen.
Die
Menschenwürde, um die es hier geht, setzt zuerst einmal voraus,
zur Kenntnis zu nehmen, dass sich der Gott aus dem allgemeinen Leben zurückgezogen und
den Menschen als ein indifferentes Allgemeines, also als den
„Menschen überhaupt“ zurückgelassen hat, der nunmehr sich selbst
in seiner Subjektivität zu entdecken beginnt und der seine, des
Menschen Unverletzlichkeit, an der Unveräußerlichkeit seines
eigenen Gewissens auszurichten beginnt. Dieses Entdecken der
Menschenwürde ist sozusagen der Quellcode, ohne den
Menschenrechte gar nicht gedacht werden können.
Anders ausgedrückt:
Da Gott tot ist, um mit Friedrich Nietzsche zu sprechen, bedarf
es eines Ersatzwortes, dem Schöpferkraft zuerkannt wird, und
dieses Wort heißt Menschenwürde.
Schon in
einer der frühesten Entscheidungen, dem
SRP-Urteil
aus dem Jahr 1952 des Bundesverfassungsgerichtes, ist Folgendes
zu lesen:
BVerfG 1952:
Dieser Grundordnung liegt letztlich nach der im Grundgesetz
getroffenen verfassungspolitischen Entscheidung die Vorstellung
zugrunde, dass der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen
selbständigen Wert besitzt und Freiheit und Gleichheit dauernde
Grundwerte der staatlichen Einheit sind. Daher ist die
Grundordnung eine wertegebundene Ordnung. Sie ist das Gegenteil
des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht
Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt.
BVerfG,
Urteil vom 23. Oktober 1952 - 1
BvB
1/51
In einer
freiheitlichen Demokratie ist die Würde des Menschen der oberste
Wert. Sie ist unantastbar und vom Staat und seinen Organen zu
achten und zu schützen.
Der
Würdebegriff, der heute verwendet wird, wurde aber nicht von den
Richtern des Bundesverfassungsgerichts erfunden. Diese
Sprachfigur geht auf Immanuel Kant (1724 bis 1804) zurück. In
seinen moralphilosophischen Ausführungen zum Sittengesetz nimmt
die Würde den zentralen Stellenwert in seinen Ausführungen ein.
Kants Würdekonzeption ist von metaphysischen (übernatürlichen
bzw. spirituellen) Vorannahmen geprägt, denn in jedem Menschen,
so heißt es bei Kant, haben wir die Menschheit zu achten, das
Menschsein, das als solches mit Würde und Selbstbestimmung
verbunden ist.
Der
Begriff der Menschenwürde aber bleibt auch bei Kant unbestimmt
und konkretisierungsbedürftig. Das liegt daran, dass die
Menschenwürde schwierig zu präzisieren ist und sich letztendlich
auch im abstrakten Sinne nicht definieren lässt.
Auch der
amerikanische Rechtswissenschaftler und Philosoph Ronald Myles
Dworkin
(1931 bis 2013) erkennt in der Würde und im besonderen Wert des
menschlichen Lebens einen Wert, der das einzelne Leben
überschreitet. Das Gewordene soll aus seiner Sicht nicht
zerstört werden, weil es Teil eines umfassenden evolutionären
Prozesses ist. In seinem Buch „Religion ohne Gott“ vergleicht er
die Würde des Menschen mit dem Erlebnis von Touristen, die
erstmalig in ihrem Leben den Grand Canyon sehen und von diesem
Anblick so überwältigt sind, dass es ihnen die Sprache
verschlägt, um dann festzustellen, dass es nicht nur in der
Natur Dinge gibt, die inhärent schön sind, sondern auch der
Menschen Dinge hervorgebracht hat und auch weiterhin
hervorbringen wird, die seinen Zauber ausmachen.
Wer heute in einer
sternklaren Nacht - aber wo gibt es die noch in Deutschland -
zum Nachthimel hinaufschaut, sieht dort Sterne, Planeten und
Galaxien. In früheren Zeiten sahen die Menschen eher Risse in einer Kugel, durch die das Licht dahinter sozusagen durchschimmerte.
Vergleichbar lässt sich auch heute noch die Menschenwürde
beschreiben, denn dieses Wort, so wie wir es heute verstehen,
hat seinen Ursprung in der Zeit der Aufklärung, in einer Zeit,
in der man noch an das Naturrecht glaubte.
Ein solches Recht
aber gibt es nicht.
Wahrnehmende Menschen ohne
Begriffe aber sind, wie das bereits Kant herausgefunden hat,
blind.
Wie dem auch immer sei: Die Menschenwürde ist auf jeden
Fall kein empirischer Begriff, sondern eine Rechtskonstruktion,
die die Lücke zwischen Schein und Sein schließen soll, denn die
Menschenwürde lässt sich weder erfahren noch ist sie der
systematischen Beobachtung zugänglich, auch lässt sie sich nicht
wissenschaftlich beobachten oder experimentell ermitteln. Das
was man von ihr weiß, das lässt sich in einem Satz
zusammenfassen: Die Menschenwürde ist zwar unantatbar, aber
tastbar..
Mit anderen Worten: Aus philosophischer Sicht
handelt es sich bei der Sprachfigur der Menschenwürde um ein
Zauberwort, oder, wissenschaftlicher formuliert, um eine
moralische Fiktion, die darin besteht, etwas zu einem
Rechtsanspruch zu erklären, weil das für eine Gesellschaft
nützlich ist, was dann aber, bei näherem Hinsehen auf die
gesellschaftlichen Realitäten, sich dann doch in einem
besorgniserregenden Ausmaß als ein Theater der Illusionen
erweist.
Man denke nur an die Ausgrenzung von Menschen und deren
Stigmatisierung als Nazis, Faschisten und Rassisten, nur weil
sie anders denken. Die Liste der Ausgegrenzten ließe sich
erweitern.
Kurzum: Wenn Menschenwürde darin besteht,
naturgegebenes Anderssein zu respektieren, dann hat diese
Gesellschaft noch viel zu lernen.
11 Würde des ungeborenen Menschen
TOP
Alles,
was dazu zu sagen ist, kann im 2. Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zum Schwangerschaftsabbruch aus dem
Jahr 1993 nachgelesen werden. Die nachfolgend zitierten Stellen
wurden diesem Urteil entnommen.
BVerfG 1993:
Leitsatz 1.
Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben, auch
das ungeborene, zu schützen. Diese Schutzpflicht hat ihren Grund
in Art. 1 Abs. 1 GG; ihr Gegenstand und - von ihm her - ihr Maß
werden durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt. Menschenwürde
kommt schon dem ungeborenen menschlichen Leben zu. Die
Rechtsordnung muss die rechtlichen Voraussetzungen seiner
Entfaltung im Sinne eines eigenen Lebensrechts des Ungeborenen
gewährleisten. Dieses Lebensrecht wird nicht erst durch die
Annahme seitens der Mutter begründet.
Leitsatz 5.
Die Reichweite der Schutzpflicht für das ungeborene menschliche
Leben ist im Blick auf die Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des
zu schützenden Rechtsguts einerseits und damit kollidierender
Rechtsgüter andererseits zu bestimmen. Als vom Lebensrecht des
Ungeborenen berührte Rechtsgüter kommen dabei - ausgehend vom
Anspruch der schwangeren Frau auf Schutz und Achtung ihrer
Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) - vor allem ihr Recht auf Leben
und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie ihr
Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) in Betracht. Dagegen
kann die Frau für die mit dem Schwangerschaftsabbruch
einhergehende Tötung des Ungeborenen nicht eine grundrechtlich
in Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition in Anspruch
nehmen.
Rn. 150:
Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben zu
schützen. Zum menschlichen Leben gehört auch das ungeborene.
Auch ihm gebührt der Schutz des Staates. Die Verfassung
untersagt nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe in das
ungeborene Leben, sie gebietet dem Staat auch, sich schützend
und fördernd vor dieses Leben zu stellen, d.h. vor allem, es
auch vor rechtswidrigen Eingriffen vonseiten anderer zu bewahren
(vgl.
BVerfGE
39, 1 [42]). Ihren Grund hat diese Schutzpflicht in Art. 1 Abs.
1 GG, der den Staat ausdrücklich zur Achtung und zum Schutz der
Menschenwürde verpflichtet; ihr Gegenstand und - von ihm her
-ihr Maß werden durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt.
Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen menschlichen Leben zu,
nicht erst dem menschlichen Leben nach der Geburt oder bei
ausgebildeter Personalität (vgl. bereits § 10 I 1 ALR: „Die
allgemeinen Rechte der Menschheit gebühren auch den noch
ungeborenen Kindern, schon von der Zeit ihrer Empfängnis.“).
Rn. 151:
Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu.
Diese Würde
des Menschseins liegt auch für das ungeborene Leben im Dasein um
seiner selbst willen. Es zu achten und zu schützen bedingt, dass
die Rechtsordnung die rechtlichen Voraussetzungen seiner
Entfaltung im Sinne eines eigenen Lebensrechts des Ungeborenen
gewährleistet (vgl. auch
BVerfGE
39, 1 [37]). Dieses Lebensrecht, das nicht erst durch die
Annahme seitens der Mutter begründet wird, sondern dem
Ungeborenen schon aufgrund seiner Existenz zusteht, ist das
elementare und unveräußerliche Recht, das von der Würde des
Menschen ausgeht; es gilt unabhängig von bestimmten religiösen
oder philosophischen Überzeugungen, über die der Rechtsordnung
eines religiös-weltanschaulich neutralen Staates kein Urteil
zusteht.
Rn, 152:
Die Schutzpflicht für das ungeborene Leben ist bezogen auf das
einzelne Leben, nicht nur auf menschliches Leben allgemein. Ihre
Erfüllung ist eine Grundbedingung geordneten Zusammenlebens im
Staat. Sie obliegt aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 1 Satz
2 GG), d.h. dem Staat in allen seinen Funktionen, auch und
gerade der gesetzgebenden Gewalt. Die Schutzpflicht bezieht sich
zumal auf Gefahren, die von anderen Menschen ausgehen. Sie
umfaßt Schutzmaßnahmen mit dem Ziel, Notlagen im Gefolge einer
Schwangerschaft zu vermeiden oder ihnen abzuhelfen, ebenso wie
rechtliche Verhaltensanforderungen; beides ergänzt sich.
Rn. 161:
Hierzu zählt, dass der Schwangerschaftsabbruch für die ganze
Dauer der Schwangerschaft grundsätzlich als Unrecht angesehen
wird und demgemäß rechtlich verboten ist (...). Bestünde ein
solches Verbot nicht, würde also die Verfügung über das
Lebensrecht des Nasziturus, wenn auch nur für eine begrenzte
Zeit, der freien, rechtlich nicht gebundenen Entscheidung eines
Dritten, und sei es selbst der Mutter, überantwortet, wäre
rechtlicher Schutz dieses Lebens im Sinne der oben genannten
Verhaltensanforderungen nicht mehr gewährleistet. Eine solche
Preisgabe des ungeborenen Lebens lässt sich auch unter Hinweis
auf die Menschenwürde der Frau und ihre Fähigkeit zu
verantwortlicher Entscheidung nicht einfordern. Rechtlicher
Schutz bedingt, dass das Recht selbst Umfang und Grenzen
zulässigen Einwirkens des einen auf den anderen normativ
festlegt und nicht dem Belieben eines der Beteiligten überlässt.
BVerfG,
Urteil vom 28. Mai 1993 - 2
BvF
2/90 und 4, 5/92
Hinweis:
Als studierter Jurist hätte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
wissen müssen, dass sein JA in eine Welt gehört, die sich die
CDU nicht wünschen sollte, wohl aber in die Vorstellungswelt der
Parteien zu wachsen beginnt, die meinen, den Zeitgeist zu
verkörpern, dessen Ziel es im Zusammenhang mit Abtreibungen ist,
die Abtreibung selbst sozusagen zu einem Menschenrecht zu
erklären, das von Frauen immer dann in Anspruch genommen werden
kann, wenn ihnen im Falle einer Schwangerschaft danach ist.
12 Der christliche Markenkern der CDU
TOP
An diese
Möglichkeit hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) offenbar
nicht gedacht, als er am 9.7.2025 im Deutschen Bundestag sein JA
formulierte, denn wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätte er
weniger unüberlegt emotional (ehrlich), sondern eher
staatspolitisch (erträglicher) geantwortet, was für einen
redegewandten Politiker eigentlich kein Problem sein dürfte,
zumal auch keine Antwort auf die gestellte Frage eine Antwort
gewesen wäre.
Vielleicht wäre es auch besser gewesen, wenn Bundeskanzler
Friedrich Merz sich vor seinem JA an einen Satz von Hannah
Arendt erinnert hätte, der folgenden Wortlaut hat:
„Verstehen
heißt immer verstehen, was auf dem Spiel steht.“
Und wer
als Bundeskanzler kein Gespür dafür hat, wann Grenzen
überschreiten werden, die Heiliges beziehungsweise Sakrosanktes
vor Zugriffen des Staates schützen sollen, der darf sich nicht
wundern, mit seinem JA in ein Wespennest gestochen zu haben,
denn mit diesem JA stimmte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
der Aussage zu, dass nur geborene Menschen über Menschenwürde
verfügen.
Auch
hätte dem Bundeskanzler bekannt sein müssen, dass der
Parlamentarische Rat, der im Grundgesetz ausdrücklich dem
christlichen Menschenbild folgte, ein solches JA als eine
Zumutung empfunden hätte.
Bundeskanzler Friedrich Merz hätte auch wissen müssen, dass der
Gründer der CDU, Konrad Adenauer, die Union zwar als eine
überkonfessionelle Partei von Christen verstand, was Adenauer
aber nicht daran hinderte, den christlichen Markenkern der CDU
vor den Teilnehmern des CDU-Bundesparteitags in Hannover am
15.3.1964 wie folgt zu beschreiben:
Konrad Adenauer:
Jedes menschliche Zusammenleben setzt bestimmte Normen voraus.
Unsere, die christliche Weltanschauung geht davon aus, dass
jeder einzelne Mensch von Gott stammende, im Naturrecht
begründete Rechte gegenüber jedem, auch gegenüber dem Staate und
seinem Volke hat. Wir sind des Glaubens, dass
die Würde und
die Freiheit
des
Einzelmenschen geachtet werden müssen und von niemandem verletzt
werden darf.
Die
Weltanschauung über Freiheit und Würde des Menschen hat sich im
Laufe der Jahrhunderte auf christlichem Boden entwickelt, sie
ist gemeinsames Gut beider christlicher Konfessionen. Wenn man
das Bestehen solcher Normen nicht anerkennt, dann gleitet ein
Volk abwärts in Diktatur und Gewalt. In einer Zeit wie der
unsrigen, die Veränderungen und Entwicklungen jeder Art - zum
Guten und zum Schlechten - in rasendem Tempo bringt, braucht
jeder einzelne feste, unabdingbare Normen für sein Leben, damit
er Herr seiner selbst bleibt [En05].
Und auch
im Grundsatzprogramm der CDU aus dem Jahr 2024 heißt es immer
noch:
Grundsatzprogramm CDU 2024:
Wir sind für Lebensschutz. Der Schutz des Lebens in allen
Lebenslagen hat für uns Christdemokraten eine überragende
Bedeutung. Das ungeborene Leben bedarf unseres besonderen
Schutzes. Die geltende Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch
bildet einen mühsam gefundenen gesellschaftlichen Kompromiss ab,
der das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des
ungeborenen Kindes berücksichtigt. Zu dieser Rechtslage stehen
wir [En06].
Dem
Parteivorsitzenden und dem Bundeskanzler der CDU, der sogar das
von ihm mitgestaltete Grundlagenprogramm der CDU aus dem Jahr
2024 durch ein laut und energisch vorgetragenes JA in Frage
stellt, dem kann nur noch empfohlen werden, den Gang nach
Canossa anzutreten oder sich dazu zu bekennen, dass sich die
Bundesrepublik Deutschland nicht erst seit heute in einer
moralischen Krise befindet, die
Alasdair
MacIntryre
in seinem
Buch „Der Verlust der Tugend“ wie folgt beschreibt:
13 Der Verlust der Tugend
TOP
Was im
Hinblick auf die hier zu erörternde Thematik der Würde von noch
nicht Geborenen und Neugeborenen zu bedenken ist, das drückt
Alasdair MacIntryre wie folgt aus:
Alasdair
MacIntryre:
Jeder Mensch hat bestimmte Rechte hinsichtlich der eigenen
Person und des eigenen Körpers. Aus dem Wesen dieser Rechte
folgt, dass in der Phase, in der der Embryo wesentlicher
Bestandteil des Körpers der Mutter ist, diese ein Recht darauf
hat, frei zu entscheiden, ob sie abtreiben lassen will oder
nicht. Die Abtreibung ist somit moralisch zulässig und sollte
gesetzlich gestattet sein.
Ich kann
nicht wollen, dass meine Mutter abgetrieben hätte, als sie mit
mir schwanger war, ausgenommen vielleicht, wenn sicher gewesen
wäre, dass der Embryo tot oder schwer geschädigt ist. Aber wenn
ich das in meinem eigenen Fall nicht wollen kann, wie kann ich
dann anderen das Recht auf Leben absprechen, das ich für mich
selbst beanspruche? Ich würde gegen die
Goldene
Regel handeln, würde ich einer Mutter ein generelles Recht auf
Abtreibung zugestehen. Ich bin dadurch selbstverständlich nicht
zu der Ansicht verpflichtet, dass Abtreiben gesetzlich verboten
werden sollte.
Mord ist
Unrecht. Mord tötet unschuldiges Leben. Ein Embryo ist ein
bestimmbares Individuum, das sich von einem Neugeborenen nur
dadurch unterscheidet, dass es sich in einer früheren Phase des
langen Weges zu den Fähigkeiten eines Erwachsenen befindet; wenn
überhaupt ein Leben unschuldig ist, dann das eines Embryos. Wenn
Kindestötung Mord ist, was der Fall ist, dann ist Abtreibung
Mord. Abtreiben ist damit nicht nur moralisch verwerflich,
sondern sollte auch gesetzlich verboten werden [En07].
14 Der Rechtsstaat darf nicht kapitulieren
TOP
Die
folgenden Zitate stammen aus einem Aufsatz von Manfred Spieker
„Das Grauen der Spätabtreibung“ der in der Februarausgabe der
„Politischen Meinung“ der Konrad Adenauer Stiftung
veröffentlicht wurde:
Manfred Spieker:
„Grauenvoll“ nannte die Justizministerin der ersten rot-grünen
Bundesregierung, Däubler-Gmelin, Spätabtreibungen im März 1999.
Man müsse sie „unterbinden, schlichtweg unterbinden, wenn die
Gesundheit der Mutter nicht gefährdet ist“.
An
anderer Stelle heißt es:
Die
umstrittenste Methode einer Spätabtreibung ist die
Partial Birth
Abortion,
die Teilgeburtsabtreibung, bei der das Kind mit einer Zange aus
dem geweiteten Gebärmutterhalskanal gezogen wird, bis der Nacken
sichtbar wird. Mittels eines chirurgischen Instrumentes wird
dann ein Loch in den Hinterkopf gestoßen, um durch einen
Katheter das Hirn abzusaugen. Ist das Kind auf diese Weise
während des Geburtsvorganges, bei dem es bereits mit Armen und
Beinen strampeln kann, wenn es nicht zuvor narkotisiert wurde,
gezielt umgebracht worden, wird die Abtreibung vollendet. Die
Methode wurde Anfang der neunziger Jahre von zwei amerikanischen
Ärzten, James
McMahon
und Martin Haskell, unabhängig voneinander entwickelt.
An
anderer Stelle:
Die
Partial Birth
Abortion brachte ans Tageslicht, was bei allen anderen
Abtreibungsmethoden im Verborgenen geschieht: dass Abtreibung
die gezielte Tötung eines Kindes, mithin Mord ist [En08].
Wenn
aber die Würde des Menschen voraussetzt, geboren zu sein, dann
vermag diese fehlende Würde, aus der sich alle anderen
Menschenrechte ableiten, alles zu rechtfertigen, was beim
Vorhandensein eines Restgewissens gesetzlich geregelt und somit
für zulässig erklärt werden kann.
15 Spätabtreibungen in England
TOP
Im Juni
2025 hat das britische Parlament eine Gesetzesänderung
beschlossen, die Frauen nicht mehr für Abtreibungen
strafrechtlich verfolgt, unabhängig von der
Schwangerschaftswoche.
Das bedeutet, dass auch Spätabtreibungen
straffrei bleiben werden.
Es kann davon ausgegangen werden, dass
diese Änderung dazu beitragen wird, dass Frauen in Zukunft
leichter Zugang zu Abtreibungen haben, und dass sie sich nicht
mehr vor strafrechtlichen Konsequenzen fürchten müssen.
16 Papst Franziskus zur Abtreibung
TOP
Am
Sonntag, den 29. September 2024, äußerte sich der
zwischenzeitlich verstorbene Papst Franziskus anlässlich einer
Pressekonferenz zur Abtreibung wie folgt:
Papst Franziskus:
Frauen haben ein Recht auf Leben: auf ihr eigenes Leben, auf das
Leben der Kinder. Vergessen wir nicht, dies zu sagen: Eine
Abtreibung ist eine vorsätzliche Tötung. Die Wissenschaft sagt,
dass bereits einen Monat nach der Empfängnis alle Organe
vorhanden sind. Man bringt ein menschliches Wesen um, man tötet
ein menschliches Wesen. Und Ärzte, die sich dazu hergeben, sind
– erlauben Sie mir das Wort – Auftragskiller. Sie sind
Auftragskiller. Und da gibt es nichts zu diskutieren. Man tötet
ein menschliches Leben. Und die Frauen haben das Recht, das
Leben zu schützen. Eine andere Sache sind Verhütungsmethoden,
dies ist eine andere Angelegenheit. Das darf man nicht
verwechseln. Ich spreche jetzt nur von der Abtreibung. Und da
gibt es nichts zu diskutieren. Entschuldige, aber das ist die
Wahrheit! Danke [En09].
17 Ich bin Giorgia
TOP
In ihrem
autobiografischen Buch beschreibt die italienische
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ihren inneren Konflikt, als
ihre Mutter zu ihr sagte, dass sie bereits vor der
Abtreibungsklinik gestanden habe, als sie sich dennoch dazu
entschloss, ihre Leibesfrucht nicht abzutreiben.
Giorgia Meloni:
Am Morgen der klinischen Tests, die der
Schwangerschaftsunterbrechung vorausgehen, steht sie auf, bleibt
nüchtern und macht sich auf den Weg ins Labor. Dann, so hat sie
mir immer wieder erzählt, bleibt sie genau vor dem großen Tor
stehen, zögert, schwankt. Sie geht nicht hinein. Sie fragt sich:
Ist das wirklich meine Entscheidung – darauf zu verzichten, noch
einmal Mutter zu werden? Ihre rein instinktive Antwort ist:
Nein, ich will nicht darauf verzichten, ich will nicht
abtreiben. Meine Tochter wird eine Schwester haben [En10].
Wie die
italienische Ministerpräsidentin Giorgia Melone, die
römisch-katholisch ist, auf das JA von Bundeskanzler Friedrich
Merz (CDU) im Deutschen Bundestag reagiert hat bzw. hätte, wenn
sie dieses JA wider die Menschenwürde von ungeborenen Menschen
zu bewerten gehabt hätte, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich gehe
davon aus, dass es sich bei den Wählerinnen und Wählern der CDU
immer noch mehrheitlich um Christen handelt, die sich nach
diesem JA des Bundeskanzlers im Deutschen Bundestag irritiert an
den Kopf fassen und sich fragen:
Ist das
noch die CDU?
Und dass es die SPD der CDU und auch der CSU nach der
Sommerpause nicht leicht machen wird, an ihren Grundsätzen
festzuhalten, darauf sei bereits an dieser Stelle hingewiesen.
Nicht einmal die Sommerpause sollte ungenutzt bleiben.
18 Es reicht
TOP
Am Dienstag, den 29. Juli 2025, startete die SPD eine Pedition
auf ihrer Website mit der Überschrift: Es reicht!
Diese Pedition kann (noch) über den folgenden Link aufgerufen
werden, denn am 31. Juli 2025 wurde diese Pedition "zur
Verteidigung unserer Demokratie" dahingehend korrigiert,
dass die CDU/CSU nicht mehr dem rechten Lager zugeordnet wurde.
SPD löscht Angriff auf die CDU
Heute hat die Petition der SPD folgenden Wortlaut:
Es reicht!
Wie dem auch immer sei: Die Demokratie von
heute - egal wer sie für sich in Anspruch nimmt und sie
sozusagen als einen Alleinvertretungsanspruch für sich in
Anspruch nimmt, besser
gesagt, als "unsere Demokratie" bezeichnet - befindet sich in
einem bedauernswerten Zustand.
Was damit gemeint ist, das wird Thema des folgenden Aufsatzes
sein, der am 15. August 2025 zur Verfügung
stehen und folgende Überschrift tragen wird:
Der Verlust der Tugend - Zur moralischen Krise von heute
19 Quellen
TOP
Endnote_01
Ansage.Org vom 10. Juli 2025: Merz hat das Ende der CDU als
christliche und wertebasierte Partei besiegelt.
https://ansage.org/merz-hat-das-ende-der-cdu-als-
christliche-und-wertebasierte-partei-besiegelt/
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Endnote_02
Apollo-News.net vom 8. Juli 2025: Menschenwürde gelte nicht für
alles „menschliche Leben“ – Brosius-Gersdorf irritiert mit
Aufsatz zu Abtreibungen.
https://apollo-news.net/menschenwuerde-gelte-nicht-fuer-alles-menschliche-
leben-brosius-gersdorf-irritiert-mit-aufsatz-zu-abtreibungen/
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Endnote_03
Verfassungsblog.de vom 04.07.2025: Die Würde der Schwangeren ist
unantastbar. https://verfassungsblog.de/entkriminalisierung-
schwangerschaftsabbruch-wuerde/
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Endnote_04 Mary Beard. SPQR - Die tausendjährige
Geschichte Roms. Fischer-Verlag 2015, Seite 202
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Endnote_05 Vor dem
CDU-Bundesparteitag in Hannover, 15.3.1964, Protokoll.
https://www.konrad-adenauer.de/zitate/geistige-grundhaltung/
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Endnote_06
CDU-Grundsatzprogramm: In Freiheit leben. Deutschland sicher in
die Zukunft führen. Seite 35 und 36
Zurück
Endnote_07 Alasdair MacIntryre: Der Verlust der
Tugend – zur moralischen Krise der Gegenwart, Campus Verlag
2006, Seite 20 Zurück
Endnote_08
Konrad Adenauer Stiftung: Der Rechtsstaat darf nicht
kapitulieren. Das Grauen der Spätabtreibung von Manfred Spieker.
https://www.kas.de/de/web/die-politische-meinung/artikel/
detail/-/content/das-grauen-der-spaetabtreibung
Zurück
Endnote_09
Pressekonferenz mit dem Heiligen Vater auf dem Rückflug nach ROM
am Sonntag, 29. September 2024.
https://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2024/
september/documents/20240929-belgio-voloritorno.html
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Endnote_10 Giorgia
Meloni: Ich bin Giorgia. Europa Verlag München 2025, Seite 16
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