01 Brandstiftung - gesetzliche
Regelungen
TOP
Das StGB unterscheidet:
- Brandstiftung (§ 306 StGB)
- Schwere Brandstiftung (§ 306 a StGB)
- Besonders schwere Brandstiftung (§ 306 b StGB)
- Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306 c StGB)
- Fahrlässige Brandstiftung (§ 306 d StGB)
§
306 StGB
§ 306a StGB
§ 306b StGB
§ 306c StGB
§ 306d StGB
Obwohl durch Brandstiftung Sachen beschädigt oder zerstört werden, handelt es sich
nicht um eine Sachbeschädigung i.S.v. § 303 StGB. Sachbeschädigung kommt jedoch in
Betracht, wenn trotz eines verursachten Brandschadens die Merkmale einer Brandstiftung
nicht erfüllt sind.
Sachbeschädigung durch Feuerlegung
Die sogenannte Sachbeschädigung durch Feuerlegung wird in dem Kapitel
"Sachbeschädigung" umfassend dargestellt. Dort erfolgt auch eine Abgrenzung zu
ordnungswidrigem Verhalten zum Beispiel durch das Anzünden von Stoppelfeldern und anderen
Gegenständen, deren Verbrennen nicht unter die Tatbestände von Brandstiftung und
Sachbeschädigung zu subsumieren sind.
02 Brandstiftung (§ 306 StGB)
TOP
Gem. § 306 StGB wird wegen Brandstiftung bestraft, wer folgende fremde Sachen in Brand
setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört:
- Gebäude, Hütten
- Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
- Warenlager oder -vorräte
- Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge
- Wälder, Heiden, Moore oder
- land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
Die Tat ist ein Verbrechen und wird von Amts wegen verfolgt (Offizialdelikt).
Der Versuch ist strafbar.
§
306 StGB
Brandstiftung gem. § 306 StGB ist nur in Bezug auf fremde Sachen möglich. Wer also
eigene Gebäude, Warenlager, Fahrzeuge etc in Brand setzt oder durch eine Brandlegung
zerstört, kann gem. § 306 StGB nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Jedoch können andere Rechtsvorschriften verletzt sein, z. B.:
Danach kann wegen Versicherungsmissbrauchs (§ 265 StGB) bestraft werden, wer eine
gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder
Diebstahl versicherte Sache beschädigt, zerstört, in ihrer Brauchbarkeit
beeinträchtigt, beiseite schafft oder einem anderen überlässt, um sich oder einem
Dritten Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen.
Danach wird wegen schwerer Brandstiftung bestraft, wer u. a. ein Gebäude oder eine
Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient, in Brand setzt oder durch eine
Brandlegung ganz oder teilweise zerstört. Im Gegensatz zu § 306 StGB ist hier
unerheblich, wem das Gebäude oder die Räumlichkeit gehört.
Aus § 306a StGB folgt, dass Gebäude und Hütten i.S.v. § 306 StGB nur solche sein
können, die nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen.
03 Tathandlungen
TOP
Tathandlungen einer Brandstiftung sind:
- in Brand setzen oder
- eine Brandlegung
Eine Sache gilt als "in Brand gesetzt", wenn die Sache auch nach
Entfernen des Zündstoffs weiter brennt. Bei dieser Alternative kommt es nicht darauf an,
dass die in Brand gesetzte Sache ganz oder teilweise zerstört wird (BGH 1 StR 175/54 v.
13.07.1954 - BGHSt 7,38) "Brandlegung" setzt nicht voraus, dass eine in
§ 306 StGB genannte Sache im engeren Sinne gebrannt hat. Dieses Tatbestandsmerkmal ist z.
B. erfüllt, wenn durch offene Brände oder Schwelbrände des Inventars eine Sache i.S.v.
§ 306 StGB ganz oder teilweise zerstört wird. Diese allgemeinen Aussagen gelten für
alle in § 306 StGB genannten Sachen.
Demnach ist ein Gebäude in Brand gesetzt, wenn Gebäudeteile selbständig gebrannt
haben.
Dazu gehören außer Dachstuhl, brennbaren Wänden oder Stützen auch z. B.
Fensterrahmen, Fußböden, Zimmerwände und Treppen. Andererseits ist ein Gebäude noch
nicht in Brand gesetzt, solange lediglich die Tapete oder ein Papierkorb oder Mobiliar
(auch eingebaute Möbel bzw. Regale) brennt (BGH 4 StR 64/81 v. 19.03.1981 - NStZ 1981,
220).
Da Brandstiftung ein Verbrechen ist, kann jedoch ein strafbarer Versuch gegeben sein,
wenn der Täter etwa durch Anzünden eines gefüllten Papierkorbes oder von Möbeln das
Gebäude in Brand setzen wollte. Strafbarer Versuch kommt ferner in Betracht, wenn das
Zündmittel erlischt, bevor das Gebäude in Brand geraten konnte.
Teilweise Zerstörung geschützter Tatobjekte
Bei einer teilweisen Zerstörung geschützter Tatobjekte ist - wegen der hohen
Strafandrohung des § 306 StGB - eine Zerstörung von Gewicht einzufordern, damit
der Tatbestand der Brandstiftung begründet werden kann.
Der BGH hat dazu folgende Position eingenommen:
In einem Beschluss aus dem Jahr 2011 stellte der BGH fest, dass die teilweise
Zerstörung eines zu gewerblichen Zwecken genutzten Gebäudes wegen der hohen
Strafandrohung des § 306 StGB eine Zerstörung von Gewicht erfordert.
Der Entscheidung lag folgender Ausgangsfall zugrunde:
Ausgangsfall
Ein Firmenmitarbeiter hatte vorsätzlich eine auf einer Arbeitsplatte stehende
Kaffeemaschine auf die linke hintere Herdplatte gestellt, eingeschaltet und auf die
Maximalstufe eingestellt, um die Kaffeemaschine in Brand zu setzen. Ihm war dabei bewusst,
dass durch sein Vorgehen trotz des Vorhandenseins eines Rauchmelders die Gefahr
erheblicher Brandschäden am Gebäude bestand. Dies nahm er billigend in Kauf, da er den
Eindruck erwecken wollte, dass ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes den Brand durch
Unaufmerksamkeit verursacht habe. Wie geplant geriet die Kaffeemaschine in Brand, wodurch
es an der Küchendecke zu Putzabplatzungen kam und von der Wandverkleidung über dem
unmittelbaren Brandherd zwei Fliesen abfielen. Darüber hinaus wurde der gesamte
Küchenraum bis zur Unbenutzbarkeit verrußt. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von
15.000 bis 18.000 Euro.
In dem Beschluss heißt es sinngemäß, dass das Gebäude für eine nicht
unbeträchtliche Zeit wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen oder ein für die
ganze Sache zwecknötigen Teil hätte unbrauchbar gemacht worden sein müssen, um
tatbestandliches Handeln im Sinne von § 306 StGB begründen zu können.
Nach Ansicht des BGH liegt dies bei einer Teeküche aufgrund ihrer untergeordneten
Bedeutung für den Widmungszweck des Firmengebäudes eher fern. Eine Teeküche könne auch
nicht als zwecknötiger Teil des Gebäudes angesehen werden.
Das für die Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 StGB erforderliche Gewicht wurde demnach
nicht erreicht (BGH 4 StR 344/11 - Beschluss vom 20. Oktober 2011 (LG München II).
Nähere Einzelheiten siehe Rdn. 9 des BGH-Beschlusses aus dem Jahre 2011.
BGH-Beschluss
Hinweis:
Solche abschließenden Entscheidungen im Hinblick auf die Zuordnung des Tatbestandes
gehören jedoch nicht zu den Aufgaben der Polizei. In solchen Fällen sollte immer ein
Verfahren wegen Brandstiftung gegen den Tatverdächtigen eingeleitet werden.
In-Brand-Setzen von Wald
Wald ist in Brand gesetzt, wenn Waldbestandteile (Waldboden, Sträucher, Bäume) auch
nach Löschen der Zündmittel selbständig weiterbrennen.
Ein Wald ist folglich (noch) nicht in Brand gesetzt, wenn jemand im Wald lediglich eine
offene Feuerstelle eingerichtet hat oder einen Holzkohlegrill betreibt oder im Walde
raucht oder brennende oder glimmende Gegenstände fallen lässt, fortwirft oder
unvorsichtig handhabt. Solch gefährliches Verhalten ist jedoch aufgrund Landesrechts
unzulässig.
So ist es z. B. gem. § 47 Landesforstgesetz NRW verboten
- im Wald oder in einem Abstand von weniger als einhundert Meter vom Waldrand außerhalb
einer von der Forstbehörde errichteten oder genehmigten und entsprechend gekennzeichneten
Anlage Feuer anzuzünden oder ein Feuer zu unterhalten oder ein Grillgerät zu benutzen
oder leichtentzündliche Stoffe zu lagern
- im Wald in der Zeit vom 1. März bis 31. Oktober zu rauchen.
Verstöße sind gem. § 70 Landesforstgesetz Ordnungswidrigkeiten, wenn nicht im
Einzelfall solche Verhaltensweisen als versuchte Brandstiftung gewertet werden können.
In-Brand-Setzen von Kraftfahrzeugen
Der Wortlaut des § 306 bestimmt, dass Kraftfahrzeuge (Pkw, Lkw, Kräder etc.)
geschützte Tatobjekte sind und somit in Brand gesetzt werden können. Wegen der
Häufigkeit solcher Taten ist das In-Brand-Setzen von Kraftfahrzeugen für die Polizei ein
echtes Problem geworden, zumal die Ermittlung der Täter schwierig ist, wenn dafür
Brandmittel benutzt werden, die erst zu einem späteren Zeitpunkt aktiv werden (dann, wenn
der Täter bereits den Tatort verlassen hat).
Das Landgericht Berlin hat 2012 einen 28jährigen Mann wegen einer Serie von
Autobrandstiftungen (100 Inbrandsetzungen) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren
verurteilt.
Serientäter verurteilt
04 Schwere Brandstiftung
TOP
Gemäß § 306 a Abs. 1 StGB wird wegen schwerer Brandstiftung bestraft, wer folgende
Sachen in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört:
- ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung
von Menschen dient
- eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude
- eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in
der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen.
Gem. § 306 a Abs. 2 StGB wird ebenso bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6
bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört
und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.
§ 306 Abs. 1 StGB ist als abstraktes, § 306 Abs. 2 StGB als konkretes
Gefährdungsdelikt ausgestaltet.
§
306a StGB
Der Unterschied zu § 306 StGB besteht zunächst darin, dass § 306a StGB höhere
Strafe androht.
§ 306 StGB droht Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren; § 306a StGB
Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr an. Letzteres bedeutet, dass gem.
§ 38 Abs. 2
StGB auf eine Höchststrafe von 15 Jahren erkannt werden kann.
Zum anderen ist es bei § 306a StGB unerheblich ist, ob eine dort aufgeführte Sache
fremdes Eigentum ist oder dem Täter selber gehört. Im Falle von § 306a StGB kommt es
auf die Eigentumsverhältnisse nicht an.
Wenn also der Eigentümer eines Hauses sein eigenes Haus in Brand setzt, ist schwere
Brandstiftung gemäß
§ 306a StGB gegeben, wenn das Gebäude der Wohnung von Menschen dient.
Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen ein Gebäude der Wohnung von Menschen
dient.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist das "Dienen zur Wohnung" ein
tatsächliches Verhältnis. Damit dient ein Gebäude zur Wohnung von Menschen, wenn es
tatsächlich als Wohnung benutzt wird, wenn auch nur zu bestimmten Zeiten oder nur
vorübergehend. Diese Funktion entfällt auch nicht, wenn sich zur Zeit der Tat keine
Menschen in dem Gebäude aufhalten. Die Funktion kann jedoch dadurch aufgehoben werden,
wenn der einzige Bewohner das Gebäude in Brand setzt, weil er es nicht mehr weiter für
sich benutzen will (BGH 3 StR 140/01).
Ob und in welchem Umfang der einzige Bewohner seine bewegliche Habe vorher entfernt
hat, ist unerheblich (BGH 2 StR521/61 v. 20.11.1961 - BGHSt 16,394).
In einem solchen Fall scheidet folglich schwere Brandstiftung (§ 306 a StGB) und für
den Fall, dass ihm das Gebäude gehört, auch Brandstiftung gem. § 306 StGB aus, weil im
letzteren Fall ein fremdes Gebäude Voraussetzung ist.
Gasexplosion
A hat in seinem Einfamilienhaus eine Gasexplosion herbeigeführt. Das Haus brannte bis
auf die Grundmauern nieder. Er selbst konnte schwerverletzt gerettet werden. Die
Ermittlungen ergaben, dass A sich das Leben nehmen wollte, weil seine Frau sich nach 30
Ehejahren einem anderen Mann zugewandt hat. Zum Zeitpunkt der Tat war Frau A einkaufen.
Rechtslage?
A hat durch Herbeiführen einer Gasexplosion ein Gebäude in Brand gesetzt. Er kann
gem. § 306a StGB wegen schwerer Brandstiftung zur Verantwortung gezogen werden, wenn das
in Brand gesetzte Gebäude der Wohnung von Menschen diente.
Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es nicht an.
Ein Gebäude dient zur Wohnung von Menschen, wenn es tatsächlich als Wohnung benutzt
wird. Diese Funktion entfällt auch nicht, wenn sich zur Zeit der Tat keine Menschen in
dem Gebäude aufhalten. Außer A wohnte auch seine Frau in dem Haus. Dass sie zur Zeit der
Tat nicht anwesend war, ändert nichts an der Funktion des Gebäudes der Wohnung von
Menschen zu dienen. Da A nicht der einzige Bewohner war, konnte er die Funktion
"Dienen zur Wohnung" durch in Brand setzen auch nicht aufheben. Folglich hat A
den Tatbestand von
§ 306a StGB rechtswidrig erfüllt.
Bei einem Doppelhaus kann der Tatbestand des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt werden,
wenn es sich nach natürlicher Auffassung um ein einheitliches Gebäude handelt, das
wenigstens zu einem Teil Räumlichkeiten enthält, die zum Wohnen von Menschen dienen und
ein nicht hierzu dienender Teil in Brand gesetzt wird (BGH 3 StR 140/01).
Räumlichkeiten im Sinne von § 306a Abs. 1 Nr. 3 sind mit Ausnahme von Wohnungen alle
Räume die zum Aufenthalt von Menschen geeignet sind z. B. Geschäfte, Bürogebäude,
Hallen, Werkstätten, Busse und Bahnen, Theater, Museen u. a. Nach der Rechtsprechung des
BGH sind jedoch Pkw - wegen ihrer geringen Größe - keine Räumlichkeiten in diesem Sinne
(BGH 2 StR 508/56 v. 09.02.1957 - BGHSt 10, 208).
§ 306a StGB greift nur, wenn die Tat während der üblichen Aufenthaltszeit geschieht.
Ob Menschen tatsächlich anwesend sind, ist auch hier unerheblich. Geschieht die Tat nicht
zur üblichen Aufenthaltszeit, ist Brandstiftung gem.
§ 306 StGB gegeben.
05 Besonders schwere Brandstiftung (§ 306b StGB)
TOP
Eine besonders schwere Brandstiftung (§ 306b StGB) ist gegeben, wenn durch eine
Brandstiftung
- eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder
- eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen
verursacht wird.
Besonders schwere Brandstiftung wird mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren
bestraft.
§
306b StGB
Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter in den
Fällen des § 306a
- einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt,
- in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken
oder
- das Löschen des Brandes verhindert oder erschwert
Besonders schwere Brandstiftung ist also z. B. gegeben, wenn ein Bauwagen oder eine
andere "Notunterkunft" in Brand gesetzt wird und dadurch ein anderer eine
schwere Gesundheitsschädigung erleidet oder aber in einer Gemeinschaftsunterkunft ein
Brand gelegt wird und dadurch eine große Zahl von Menschen Gesundheitsschädigungen
erleiden.
Wie viele Personen betroffen sein müssen, damit das Merkmal "große Zahl"
erfüllt ist, hat die Rechtsprechung bislang nicht entschieden. Die Frage ist für die
polizeiliche Praxis aber wohl auch von untergeordneter Bedeutung, weil die Tat gem. .§
306a StGB verfolgt werden kann, wenn die Zahl nicht ausreicht.
§ 306a StGB ist ebenso wie § 306b StGB ein Verbrechenstatbestand.
Brandanschlag auf Asylantenheim
Rechtsradikale haben einen Brandsatz in ein Asylantenheim geworfen. Mehrere Räume
brannten aus. Zehn Personen mussten mit Rauchverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert
werden.
Rechtslage?
Die Täter können wegen besonders schwerer Brandstiftung (§ 306b
StGB) zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie durch die Brandstiftung entweder eine
schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung
einer großen Zahl von Menschen verursacht haben. Ob die Rauchverletzungen als schwere
Gesundheitsbeschädigungen angesehen werden können, teilt der Sachverhalt nicht mit.
Insoweit müsste eine Bewertung eines Facharztes herbeigeführt werden. Werden die
Verletzungen nicht als schwere Gesundheitsbeschädigung eingestuft, könnte § 306b StGB
noch unter dem Gesichtpunkt greifen, dass durch die Brandstiftung eine
Gesundheitsbeschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht wurde. In diesem Fall
ist nicht Voraussetzung, das eine schwere Gesundheitsbeschädigung verursacht worden ist.
Fraglich ist jedoch, ob 10 Personen ausreichen, das Merkmal "große Zahl" zu
erfüllen. Die Frage ist durch die Rechtsprechung noch nicht entschieden. Reicht die Zahl
nicht aus, kann die Tat wegen schwerer Brandstiftung (§ 306a StGB) verfolgt werden. §
306a StGB ist ebenso wie § 306b StGB ein Verbrechenstatbestand.
06 Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c StGB)
TOP
Mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren wird
bestraft, wer durch eine Brandstiftung wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen
Menschen verursacht hat. Die Tat ist also ein erfolgsqualifiziertes Delikt. § 18 StGB
gilt jedoch nur mit der Einschränkung, dass hinsichtlich der Folge Leichtfertigkeit
gegeben sein muss. Einfache Fahrlässigkeit reicht bei § 306c StGB nicht aus.
§
306c StGB
07 Vorsatz / Fahrlässigkeit
TOP
Wegen Brandstiftung (§§ 306 bis 306c StGB) kann bestraft werden, wer die Tat
vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat (§§ 15 StGB, 306d StGB). Der Täter handelt
vorsätzlich, wenn er bewusst und gewollt die Tatbestandsmerkmale einer Strafrechtsnorm
erfüllt. Wenn ein gesetzlicher Tatbestand Vorsatz voraussetzt, kann die Straftat in jeder
Vorsatzform begangen werden. Das trifft für vorsätzlich begangene Brandstiftungsdelikte
zu. Folgende Vorsatzformen sind anerkannt:
Absicht
Absicht ist gegeben, wenn es dem Täter darauf ankommt, den tatbestandsmäßigen Erfolg
herbeizuführen. Der Wille des Täters muss auf den Taterfolg gerichtet sein.
Unmittelbarer Vorsatz
Unmittelbarer Vorsatz ist gegeben, wenn es dem Täter zwar nicht darauf ankommt, einen
bestimmten tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen, er aber wohl weiß oder
voraussieht, dass er den Erfolg herbeiführen wird, wenn er eine bestimmte Handlung
begeht. In einigen Tatbeständen setzt der Gesetzgeber "wissentliches" Handeln
voraus. Wissentliches Handeln ist gleichbedeutend mit unmittelbarem Vorsatz.
Bedingter Vorsatz
Bedingter Vorsatz (Eventualvorsatz) ist gegeben, wenn der Täter die Erfüllung eines
Tatbestandes zwar nicht anstrebt (Absicht) und auch nicht weiß bzw. erkennt, dass er
einen Tatbestand erfüllen wird (unmittelbarer Vorsatz), wohl aber die
Tatbestandsverwirklichung für möglich hält und für den Fall, dass der Tatbestand
verwirklicht wird, dies in Kauf nimmt. Bedingter Vorsatz ist durch das Inkaufnehmen eines
für möglich erkannten tatbestandsmäßigen Erfolges gekennzeichnet.
Die Anforderungen an bedingten Vorsatz hat der BGH im Zusammenhang mit
§ 306 c StGB
(Brandstiftung mit Todesfolge) näher erläutert (BGH 4 StR 86/01). Danach ist das
Vertrauen auf ein Ausbleiben des für möglich gehaltenen tödlichen Erfolges in der Regel
zu verneinen, wenn der vorgestellte Ablauf eines Geschehens einem tödlichen Ausgang so
nahe ist, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann.
Unter welchen Umständen das der Fall ist, könne nicht allgemein beantwortet werden,
sondern hinge von den Umständen des Einzelfalles ab. Zu berücksichtigen seien
insbesondere
- die Beschaffenheit des angegriffenen Hauses (Fluchtmöglichkeiten)
- die Brennbarkeit der beim Bau verwendeten Materialien
- Angriffszeit wegen der erhöhten Schutzlosigkeit der Bewohner zur Nachtzeit
- die Belegungsdichte
- die konkrete Angriffsweise
Fahrlässig handelt, wer diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach
seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und fähig ist. Im
Zusammenhang mit Brandstiftung handelt insbesondere fahrlässig, wer
- achtlos brennende oder glimmende Gegenstände wegwirft
- bei Schweiß- oder Brennarbeiten vorgeschriebene Schutzmaßnahmen unterlässt
- im Falle konkreter Brandgefahr keine Gegenmaßnahmen ergreift und deshalb ein Brand
entsteht
- in Gebäuden (Wohnungen) nicht sorgfältig mit offenem Feuer (z. B. Kerzen) umgeht
Waldbrand
Seit Wochen hat es nicht ausreichend geregnet. Bereits mehrfach wurde vor hoher
Waldbrandgefahr gewarnt. Gleichwohl hat ein Pkw-Fahrer aus seinem Cabrio eine glimmende
Zigarettenkippe im hohen Bogen auf die Böschung eines angrenzenden Waldes geworfen. Im Nu
fingen das trockene Waldgras und Gebüsch Feuer. Ein nachfolgender Pkw-Fahrer alarmierte
über Handy die Feuerwehr und gab die Kennzeichendaten des Täters (T) an die Polizei. Die
Feuerwehr musste etwa 500 m2 Waldfläche löschen.
Rechtslage?
T könnte wegen Brandstiftung (§ 306 StGB) zur Verantwortung
gezogen werden, wenn er einen Wald in Brand gesetzt hat.
Wald ist in Brand gesetzt, wenn Waldbestandteile (Waldboden, Sträucher, Bäume) auch
nach Löschen der Zündmittel selbständig weiterbrennen.
Ein Wald ist folglich (noch) nicht in Brand gesetzt, wenn jemand im Wald lediglich
glimmende Gegenstände fallen lässt, fortwirft oder unvorsichtig handhabt.
Durch die glimmende Zigarettenkippe hat trockenes Gras und Gebüsch auf einer
Waldfläche von ca. 500 m2 Feuer gefangen. Weil T die Kippe geworfen hat, hat er folglich
einen Teil des Waldes in Brand gesetzt.
Fraglich ist, ob T vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Das hängt davon ab,
welche Vorstellungen T zum Tatzeitpunkt gehabt hat.
Nach dem Sachverhalt kann wohl ausgeschlossen werden, dass T absichtlich oder mit
direktem Vorsatz den Wald in Brand gesetzt hat.
Denkbar ist jedoch, dass T die Möglichkeit der Entstehung eines Waldbrandes gesehen
und für den Fall des Eintritts in Kauf genommen hat. Lässt sich das nachweisen, hat T
den Wald mit Eventualvorsatz in Brand gesetzt. Er könnte dann wegen vorsätzlicher
Brandstiftung zur Verantwortung gezogen werden.
Lässt sich Vorsatz nicht belegen, kann T auf jeden Fall wegen fahrlässiger
Brandstiftung verfolgt werden.
Gem. § 306d StGB ist die fahrlässige Brandstiftung strafbar.
Wer bei Trockenheit eine glimmende Zigarettenkippe achtlos an einen Waldrand wirft,
lässt die Sorgfalt außer acht, zu der er verpflichtet und fähig ist. Folglich hat T den
Wald zumindest fahrlässig in Brand gesetzt.
Anmerkung
Wäre es nicht zu einem Brand gekommen, könnte T gem. § 70 Landesforstgesetz NRW wegen
einer Ordnungswidrigkeit zur Verantwortung gezogen werden.
Nähere Ausführungen zur In-Brand-Setzung von trockenen Böschungen in Waldrandnähe
im Sommer und damit verbundene Folgen, finden Sie im Kapitel Sachbeschädigung
ab Randnummer 11.