§ 303 ff StGB (Sachbeschädigung)
01 Einleitung
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Sachbeschädigung ist im siebenundzwanzigsten Abschnitt des StGB geregelt. Dort werden
unter Sachbeschädigung erfasst:
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
- Datenveränderung (§ 303a StGB)
- Computersabotage (§ 303b StGB)
- Gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 StGB)
- Zerstörung von Bauwerken (§ 305 StGB)
- Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel (§ 305a StGB).
Es handelt sich jeweils um selbständige Tatbestände.
Folglich ist § 303 StGB nicht Grundtatbestand für die anderen
Sachbeschädigungsdelikte. Dies gilt auch im Verhältnis von § 303 zu § 304 StGB.
§
303 StGB
§ 303a
StGB
§ 303b StGB
§ 304 StGB
§ 305 StGB
§ 305a StGB
§ 303 StGB schützt private Interessen. Deshalb ist die Fremdheit der Sache
wesentliches Tatbestandsmerkmal. § 304 StGB schützt dagegen dort genannte Sachen gegen
Beschädigung und Zerstörung im öffentlichen Interesse (Abs. 1 Satz 1). Deshalb kommt es
dort auf die Fremdheit der Sache nicht an, so dass - sofern die Voraussetzungen von § 304
StGB erfüllt sind - der Eigentümer wegen Beschädigung eigener Sachen bestraft werden
kann. Die neu eingefügte Tathandlung (Abs. 1 Satz 2) verlangt als Voraussetzung für die
Strafbarkeit jedoch, dass das Erscheinungsbild einer fremden Sache strafrechtlich relevant
verändert wird. Insoweit schützt diese Tatalternative nicht ausschließlich
öffentliche, sondern wohl auch private Interessen.
Im Verhältnis zu § 303 StGB gilt folglich, dass Sachen, die unter § 304 StGB fallen,
vom Anwendungsbereich des § 303 StGB nicht erfasst sind. Letzteres gilt auch für §§
303a, 303b, 305 und 305a StGB.
Das StGB enthält weitere Tatbestände, bei denen die Beschädigung oder Zerstörung
von Sachen Voraussetzung der Strafbarkeit ist.
Als Beispiele seien genannt:
- Störung der Totenruhe (§ 168 StGB)
- Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB)
- Brandstiftung (§ 306 - 306 d StGB)
- Störung öffentlicher Betriebe (§ 316 b StGB)
- Störung von Telekommunikationsanlagen (§ 317 StGB)
- Beschädigung wichtiger Anlagen (§ 318 StGB).
Diese Delikte hat der Gesetzgeber nicht unter dem Gesichtspunkt der Sachbeschädigung
geregelt. Deshalb wird im Folgenden nicht darauf eingegangen.
02 Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
TOP
Wegen Sachbeschädigung kann mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft werden,
- wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört oder
- wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht
nur vorübergehend verändert.
Der Versuch ist strafbar. Geschütztes Rechtsgut ist das Eigentum Privater.
§
303 StGB
Rechtswidrigkeit / unbefugtes Handeln
Die Rechtswidrigkeit bzw. das unbefugte Handeln ist bei § 303 StGB als
Tatbestandsmerkmal vorgegeben. Wer seine Handlung auf einen Rechtfertigungsgrund stützen
kann, erfüllt folglich den Tatbestand der Sachbeschädigung nicht.
Bei beiden Tatalternativen kommen als Rechtfertigungsgründe in Betracht:
- rechtfertigende Einwilligung des Verfügungsberechtigten
- Notwehr (§ 32 StGB)
- rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB)
- erlaubte Selbsthilfe (§ 229 BGB)
- verteidigender Notstand (§ 228 BGB)
- angreifender Notstand (§ 904 BGB).
Antragsdelikt
Sachbeschädigung i. S. v. § 303 StGB ist ein Antragsdelikt (§ 303c StGB). Ein
Strafantrag ist jedoch nicht erforderlich, wenn die Staatsanwaltschaft wegen des
besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen
für geboten hält (relatives Antragsdelikt). In Ziff. 86 RiStBV ist umschrieben, unter
welchen Voraussetzungen in der Regel öffentliches Interesse angenommen werden kann.
Danach ist öffentliches Interesse in der Regel gegeben, wenn der Rechtsfrieden über den
Lebenskreis des Verletzten hinaus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges
Anliegen der Allgemeinheit ist, z. B. wegen des Ausmaßes der Rechtsverletzung, wegen der
Rohheit oder Gefährlichkeit der Tat, der niedrigen Beweggründe des Täters oder der
Stellung des Verletzten im öffentlichen Leben.
Diese Festlegungen können bei relativen Antragsdelikten entsprechend angewendet
werden.
Gleichwohl hat die Polizei nicht zu entscheiden, ob eine Sachbeschädigung auch ohne
Strafantrag verfolgt wird oder nicht. Wenn jedoch nach Beurteilung eines Polizeibeamten
vor Ort mit hinreichender Wahrscheinlichkeit öffentliches Interesse angenommen werden
kann, sollte Strafanzeige auch dann vorgelegt werden, wenn der Verletzte keinen
Strafantrag stellt.
Privatklagedelikt
Sachbeschädigung im Sinne des § 303 StGB ist auch ein Privatklagedelikt
(§ 374
StPO). Der Verletzte kann also eine Sachbeschädigung auf dem Wege der Privatklage
verfolgen, ohne dass es einer Anrufung der Staatsanwaltschaft bedarf, wenn nicht die
Staatsanwaltschaft wegen öffentlichen Interesses die öffentliche Klage erhebt (§ 376
StPO).
§
374 StPO
§ 376 StPO
Unter welchen Voraussetzungen in der Regel öffentliches Interesse angenommen werden
kann, ist in Ziff. 86 RiStBV ist umschrieben (siehe oben).
Besteht nach Ansicht der Behörden oder Beamten des Polizeidienstes kein öffentliches
Interesse an der Strafverfolgung, darf die Polizei den Geschädigten auf den
Privatklageweg hinweisen. Die Entscheidung über die Verweisung auf den Privatklageweg
trifft die Staatsanwaltschaft (Ziffer 87 RiStBV). Besteht der Verletzte trotz Hinweises
auf den Privatklageweg auf Aufnahme einer Anzeige, wird die Anzeige ohne weitere
Ermittlungen der StA vorgelegt.
Beispiel
N wurde von einem Polizeibeamten gestellt, nachdem N am Pkw des P, der vor dessen Haus
abgestellt war, die Fahrzeugantenne abgeknickt hat. P will nur den Schaden ersetzt haben.
Strafantrag will er nicht stellen. Sollte der Beamte dennoch eine Anzeige vorlegen?
N hat eine Sachbeschädigung gem. § 303 StGB begangen. Die
Tat ist ein Antragsdelikt, es sei denn, dass besonderes öffentliches Interesse besteht.
Die Tat kann auch auf den Privatklageweg verfolgt werden (Privatklagedelikt).
Da P keinen Strafantrag stellt, kommt es im Beispielsfall darauf an, ob besonderes
öffentliches Interesse angenommen werden kann.
Öffentliches Interesse besteht in der Regel, wenn durch die Tat über den Lebenskreis
des Verletzten hinaus der Rechtsfrieden empfindlich gestört ist, weil z.B. die
Sachbeschädigung die Öffentlichkeit berührt oder wenn der Antragsberechtigte unter
Druck gesetzt wurde, keinen Strafantrag zu stellen.
Ob diese Voraussetzungen gegeben sind oder nicht, kann der Beamte vor Ort nicht
verbindlich entscheiden. U.E. wird der Rechtsfrieden empfindlich gestört, wenn im
öffentlichen Verkehrsraum abgestellte Fahrzeuge mutwillig beschädigt werden. Der Beamte
sollte deshalb eine Anzeige fertigen.
03 Sachen / fremde Sachen
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Sachen sind körperliche Gegenstände (§ 90 BGB). Auf den Aggregatzustand kommt es
nicht an. Sachen können feste Körper, Flüssigkeiten oder Gase sein. Unerheblich ist
auch, ob Sachen beweglich oder unbeweglich, wertvoll oder nur von geringem
wirtschaftlichen Wert sind.
Körperliche Gegenstände im Sinne von § 90 BGB sind zum Beispiel:
- Geld
- Fahrzeuge
- Gebrauchs- und Verbrauchsgegenstände (z. B. Kleidung, Batterien, Lebensmittel,
Genussmittel und andere bewegliche Sachen)
- Flüssigkeiten (Wasser, Öle, Benzin)
- Gase
- Grundstücke, Gebäude, Mauern Schaufenster u. a.
Leichen sind keine Sachen i. S. v. § 303 StGB.
Für Leichen und Beisetzungsstätten gilt § 168 StGB.
Danach wird bestraft,
- wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers
eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche
eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt (§ 168
Abs. 1 StGB),
- wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte
zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt (§ 168 Abs. 2
StGB).
Die Tat wird von Amts wegen verfolgt (Offizialdelikt). Der Versuch ist strafbar.
§ 168 StGB ist im Verhältnis zu § 303 StGB das speziellere Delikt, so dass
§ 303
StGB in solchen Fällen nicht anwendbar ist. Dies gilt insbesondere für
§ 168 Abs. 2
StGB.
Elektrische Energie ist ebenfalls keine Sache. Sie kann folglich nicht i. S. v.
§ 303
StGB beschädigt werden.
Der unerlaubte Entzug elektrischer Energie ist allerdings gemäß § 248c StGB mit
Strafe bedroht.
Auch Tiere sind keine Sachen. Auf Tiere sind jedoch die für Sachen geltenden
Vorschriften anwendbar (§ 90a BGB). Folglich können Tiere i. S. v. § 303 StGB
"zerstört oder beschädigt" werden.
Jedoch gelten für Tiere auch die Vorschriften des Tierschutzgesetzes.
Gem. § 17 wird
mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer
- ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
- einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende
oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt.
§ 17 Tierschutzgesetz droht höhere Strafe an als § 303 StGB. Außerdem ist
§ 17
Tierschutzgesetz ein Offizialdelikt. Soweit die Voraussetzungen von § 17 Tierschutzgesetz
erfüllt sind, ist diese Vorschrift im Verhältnis zu § 303 StGB das speziellere Delikt
und geht vor.
Eine Sache ist fremd, wenn sie entweder ganz oder teilweise einem anderen
gehört. Teilweise gehört jemandem eine Sache, wenn ein anderer Miteigentum daran hat.
Wer eigene Sachen beschädigt oder zerstört, kann gemäß § 303 StGB nicht bestraft
werden. Bestrafung wegen Beschädigens oder Zerstörens eigener Sachen
ist möglich, wenn das in anderen Vorschriften vorgeschrieben ist, z. B.:
§ 304 StGB Die Vorschrift schützt öffentliche Interessen. Deshalb kommt es nicht auf das
Eigentum an der beschädigten oder zerstörten Sache an, so dass auch der Eigentümer
einer in § 304 StGB genannten Sache daran gemeinschädliche Sachbeschädigung begehen
kann.
§
304 StGB
§ 306a StGB Danach wird wegen Brandstiftung bestraft, wer ein ihm gehörendes Gebäude oder eine
ihm gehörende andere Räumlichkeit in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder
zum Teil zerstört, wenn die Wohnung bzw. Räumlichkeit von Menschen bewohnt ist.
§
306a StGB
§ 265 StGB Danach wird wegen Versicherungsmissbrauchs bestraft, wenn jemand eine ihm gehörende
versicherte Sache in betrügerischer Absicht beschädigt, zerstört oder anderweitig
missbraucht.
§
265 StGB
Nicht erforderlich ist es, festzustellen, wer Eigentümer der Sache ist. Das ist auch
oft nicht ohne Weiteres möglich. Für den Täter ist eine Sache immer fremd, sofern sie
überhaupt einem anderen gehört.
Herrenlose Sachen sind nicht fremd. Unter welchen Voraussetzungen eine Sache als
herrenlos gilt, ist im BGB geregelt.
Gemäß § 959 BGB sind solche Sachen herrenlos, an denen der Eigentümer in der
Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz aufgegeben hat.
Das kann bei Sperrmüll der Fall sein, wenn nicht nach Gemeinderecht mit dem
Herausstellen der Gegenstände das Eigentum bereits an die Gemeinde übergegangen ist.
Fundsachen sind in der Regel nicht herrenlos, weil nicht davon ausgegangen werden kann,
dass der Eigentümer an solchen Sachen das Eigentum aufgegeben hat.
Wilde Tiere (auch Fische) sind herrenlos, solange sie sich in Freiheit befinden (§ 960
BGB).
Wer jedoch unter Verletzung fremden Jagdrechts dem Wild nachstellt, es fängt, erlegt
oder sich oder einem Dritten zueignet, kann wegen Jagdwilderei zur Verantwortung gezogen
werden (§ 292 StGB).
Wegen Fischwilderei kann bestraft werden, wer unter Verletzung fremden Fischereirechts
Fische fängt (§ 293 StGB).
04 Zerstören / Beschädigen
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Eine Sache ist zerstört, wenn ihre Gebrauchsfähigkeit völlig aufgehoben ist,
z. B.
- Einwerfen von Scheiben
- Töten von Tieren
- Zerstechen von Reifen
- Einfüllen von Klebemasse in Schlösser
- Verbrennen von Materialien
- Zertreten von Pflanzen u. a.
In allen aufgeführten Fällen wird die Substanz der jeweiligen Sache derart
beeinträchtigt, dass die Gebrauchsfähigkeit aufgehoben ist. Die Sachen werden folglich
zerstört.
Das Tatbestandsmerkmal "zerstört" ist relativ einfach feststellbar. Ob
dagegen eine Sache i. S. v. § 303 StGB als beschädigt gilt, kann problematisch sein.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Sache beschädigt,
- wenn die Substanz einer Sache erheblich verletzt wurde
oder
- wenn die technische Brauchbarkeit einer Sache nachhaltig beeinträchtigt worden ist.
Demnach ist eine Sache unstreitig i. S. v. § 303 StGB beschädigt, wenn eine nicht
völlig unerhebliche Substanzbeeinträchtigung der Sache gegeben ist.
Beispiele
- Randalierer haben einen parkenden Pkw verbeult.
- Jugendliche haben den Gartenzaun des G stark verbogen.
- B hat in der Straßenbahn Sitze zerschnitten, Gravuren geritzt u. a.
- C hat den Anzug eines Polizeibeamten, Busfahrers o. a. eingerissen.
In den aufgeführten Fällen wurde die Substanz der jeweiligen
fremden Sachen nicht nur völlig unerheblich beeinträchtigt. Folglich ist das Merkmal
"beschädigt" erfüllt.
Beispiele
- A hat in den Bauzaun des B ein Herz geritzt.
- Jugendliche haben den Gartenzaun des G nur leicht verbogen.
In diesen Fällen ist eine derart geringfügige Substanzverletzung
gegeben, dass das Tatbestandsmerkmal "beschädigt" offenkundig nicht als
erfüllt angesehen werden kann.
Keine Sachbeschädigung ist auch gegeben, wenn Tiere lediglich freigelassen werden.
Nach Auffassung des BGH verlangt der Begriff der Beschädigung einer Sache keine
Verletzung ihrer Substanz. Es genügt, dass durch körperliche Einwirkung auf die Sache
die bestimmungsgemäße (technische) Brauchbarkeit nachhaltig gemindert wird.
So hat der BGH z. B. Sachbeschädigung auch angenommen, wenn jemand in der Absicht, die
Benutzung eines Schienenweges zu unterbinden, auf den Gleisen ein Hindernis anbringt, das
mit diesen fest verbunden und nur mit erheblichem Aufwand zu entfernen ist (BGH 4 StR
428/97 v. 12.02.1998 - BGH 44, 34).
In diesem Zusammenhang entschied das OLG Köln, dass das Überkleben eines
Verkehrsschildes mit einem anderen Zeichen auch dann eine Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
darstelle, wenn sich die Folie ohne Beschädigung des überklebten Zeichens entfernen
ließ, weil dadurch die bestimmungsgemäße (technische) Brauchbarkeit nachhaltig
gemindert worden sei (OLG Köln vom 15.09.98).
Letzteres gilt auch für das Ablassen von Luft aus Reifen.
Stellt man auf die Luft ab, ist eine Beschädigung oder Zerstörung nicht ersichtlich.
Stellt man auf den Pkw ab, ist im Grunde ebenfalls nichts beschädigt. Es fehlt lediglich
Luft in dem Reifen. Gleichwohl hat die Rechtsprechung in solchen Fällen unter der
Voraussetzung Sachbeschädigung angenommen, wenn das Wiederauffüllen der Reifen einen
beachtlichen "Aufwand an Zeit und Mühe" verursacht (BGH 1 StR 296/59).
05 Beschmutzen / Beschmieren / Plakatieren / Bemalen / Graffiti
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Durch das 39. StrÄndG vom 01.09.2005 (BGBL I Nr. 56) wurde § 303 StGB um eine
Tathandlung ergänzt (Abs. 2), die auf die unbefugte nicht nur unerhebliche und nicht nur
vorübergehende Veränderung des Erscheinungsbildes einer Sache abstellt. Danach kann
wegen Sachbeschädigung auch bestraft werden, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer
fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
Wie bereits erläutert, hat der BGH nach der bisherigen Rechtsprechung den Tatbestand
der Sachbeschädigung nur dann als verwirklicht angesehen, wenn die Substanz einer Sache
erheblich verletzt oder deren technische Brauchbarkeit erheblich beeinträchtigt war.
So wertete der Bundesgerichtshof das Aufkleben von Plakaten nur dann als
Sachbeschädigung, wenn dadurch die Substanz des Untergrundes oder seine technische
Brauchbarkeit erheblich verletzt ist (BGH 5 StR 166/79).
Demnach konnte Plakatieren nur dann Sachbeschädigung sein, wenn Plakate etwa mit stark
haftenden Klebern über Türen, Fenster oder Verteilerkästen geklebt wurden, so dass sie
nicht mehr ohne weiteres geöffnet werden konnten oder wenn beim Entfernen der Untergrund
in erheblicher Weise beschädigt wurde.
Demgegenüber hat das OLG Celle das Beschmieren von Wänden mit Parolen oder das
Ankleben von Plakaten bereits als Sachbeschädigung gewertet, wenn dadurch ein nicht
unerheblicher Instandsetzungsaufwand verursacht wird (OLG Celle MDR 78, 507).
Nach Ansicht des OLG Frankfurt erfüllt auch das Beschmutzen des Diensthemdes eines
Polizeibeamten (Schütten von Bier aus einer Bierdose) die Merkmale der Sachbeschädigung
(OLG Frankfurt NJW 87, 389).
Eine dem Gestaltungswillen des Eigentümers zuwiderlaufende Veränderung der äußeren
Erscheinung einer Sache reichte nicht aus. Im Einzelfall war zur Feststellung, ob eine
Substandverletzung gegeben war oder nicht die Einholung kostenträchtiger Gutachten
erforderlich.
Durch die neu in § 303 StGB eingefügte Tathandlung werden alle unbefugten, nicht nur
völlig unerheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderungen des Erscheinungsbildes
einer fremden Sache strafrechtlich erfasst. Damit will der Gesetzgeber dem Missstand des
Besprühens und Bemalens durch Graffiti, tags, pieces u.a. auch in Bezug auf Sachen, die
nicht unter § 304 StGB fallen, effektiver begegnen. Die Tatalternative ist auch auf
Plakatieren anwendbar. Die unterschiedliche Rechtsprechung zu diesem Problemkreis ist
folglich überholt und wird deshalb hier nicht mehr aufgegriffen.
Fraglich ist allerdings, was unter "nicht nur unerheblich und nicht nur
vorübergehend" zu verstehen ist. Hier wurde möglicherweise eine neue Spielwiese
für Winkeladvokaten eröffnet. Die dazu zu erwartende Rechtsprechung wird das
konkretisieren müssen.
Bestehen Zweifel an der Erheblichkeit oder Zeitdauer, sollte der polizeiliche
Vollzugsdienst Anzeige erstatten und der StA zur Entscheidung vorlegen.
Die neue Tathandlung setzt unbefugtes Handeln voraus. Mit Erlaubnis des Berechtigten
ist es folglich (nach wie vor) zulässig, dessen Fassaden, Wände, Zäune etc. durch
Graffitis oder Plakate "künstlerisch" zu gestalten.
Wahlplakate: Zerstören Beschmieren - Entfernen
Das Zerstören, Beschädigen, Beschmieren oder gar das Entfernen von Wahlplakaten ist
kein Kavaliersdelikt.
Beispiel
Anlässlich des Bundestagswahlkampfes 2013 beobachten Sie zwei Männer, die sich im
Innenstadtbereich an Wahlplakaten zu schaffen machen. Einige Plakate werden abgerissen,
andere beschmiert. Sie stellen die beiden, als diese gerade mit roter Farbe ein Hakenkreuz
auf zwei Plakaten aufsprühen.
Rechtslage?
Wahlplakate gehören nicht zu den Gegenständen, welche zum öffentlichen Nutzen oder
zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen. Dies hat das LG
Wiesbaden entschieden (NJW 78, 2107).
Im Zusammenhang mit Wahlplakaten kommen dennoch folgende Straftaten in Betracht:
Während es sich bei Diebstahl von und beim Aufsprühen verfassungsfeindlicher Zeichen
auf Wahlplakate um Offizialdelikte handelt, die von Amts wegen zu verfolgen sind, handelt
es sich bei der Sachbeschädigung von Wahlplakaten um Antragsdelikte.
§ 303c Strafantrag
In den Fällen der §§ 303, 303a Abs. 1 und 2 sowie § 303b Abs. 1 bis 3 wird die Tat nur
auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen
öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für
geboten hält.
Anlässlich von Sachbeschädigungen an Wahlplakaten kann
jedoch aufgrund der Bedeutung von Wahlen für das demokratische Gemeinwesen der
Bundesrepublik Deutschland davon ausgegangen werden, dass stets öffentliches Interesse an
der Strafverfolgung besteht, wenn Täter beim Begehen der o. g. Delikte auf frischer Tat
betroffen werden.
Die einschreitenden Beamten werden folglich von Amts wegen Strafverfahren gegen die
Täter einleiten.
06 Gemeinschädliche Sachbeschädigung
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Gem. § 304 Abs. 1 StGB wird wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer rechtswidrig folgende
Gegenstände beschädigt oder zerstört:
- Gegenstände der Verehrung einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft oder
Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind
- Grabmäler
- öffentliche Denkmäler
- Naturdenkmäler
- Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen
Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind
- Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher
Wege, Plätze oder Anlagen dienen
Gem. § 304 Abs. 2 StGB wird ebenso wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung
bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Abs. 1 bezeichneten Sache oder eines
dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend
verändert.
Die Tat wird von Amts wegen verfolgt (Offizialdelikt). Ein Strafantrag ist nicht
erforderlich. Der Versuch ist strafbar.
§
304 StGB
§ 304 Abs. 2 StGB wurde ebenfalls durch das 39. StrÄndG vom 01.09.2005 BGBL I Nr. 56)
eingefügt.
§ 304 StGB regelt zwei Tatalternativen:
- Beschädigen oder Zerstören von Sachen i.S.v. § 304 StGB und
- erhebliche und auf Dauer angelegte Veränderungen des Erscheinungsbildes von Sachen
i.S.v. § 304 Abs. 1 StGB.
Sachen i.S.v. § 304 StGB
Für die polizeiliche Praxis bedeutsam sind, Grabmäler, Denkmäler und Gegenstände
der Kunst oder des Gewerbes, die öffentlich aufgestellt sind und vor allem die
Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen dienen, weil diese Gegenstände häufig
verwüstet (Grabmäler), verunstaltet, beschmiert oder mit Graffiti verändert werden.
Zu den Gegenständen, welche dem öffentlichen Nutzen dienen, zählen z.B.
- Öffentliche Bauwerke (z. B. Straßen, Gebäude, Unterführungen, Brücken, Passagen,
Bahnhöfe, Schallschutzwände)
- Öffentliche Verkehrsmittel
- Rettungswagen der Feuerwehr (auch der Werksfeuerwehr)
- Verkehrszeichen, Verkehrssignalanlagen im öffentlichen Verkehrsraum
- Wartehäuschen an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel
- Straßenbeleuchtung
- Parkbänke u. a.
Einsatzfahrzeuge der Polizei und der Bundeswehr sind von § 304 StGB nicht erfasst. Wer
solche Fahrzeuge ganz oder zum Teil zerstört, wird gem. § 305a StGB bestraft.
Wegen der auch in § 304 StGB neu eingefügten Tatalternative (Abs. 2), können nunmehr
insbesondere im öffentlichen Verkehrsraum aktive Sprayer strafrechtlich verfolgt werden,
ohne dass man ihnen Substanzverletzung nachweisen muss.
Wortgleich wie bei § 303 StGB muss bei der neu eingefügten Tatalternative das
äußere Erscheinungsbild einer Sache i.S.v. § 304 StGB nicht nur unerheblich und nicht
nur vorübergehend verändert werden. Beide Merkmale müssen erfüllt sein, so dass auch
eine erhebliche Veränderung nicht ausreicht, wenn sie vorübergehender Natur ist.
Sofern nicht Offenkundigkeit gegeben ist, bleibt auch hier abzuwarten, wie die
Rechtsprechung diese unbestimmten Gesetzesbegriffe konkretisiert.
Straßenmaler
Ohne eine Sondernutzungserlaubnis eingeholt zu haben, ist ein Straßenmaler dabei, in der
Fußgängerzone mit wasserlöslicher Kreide ein zwei mal drei Meter großes Gemälde zu
schaffen. Viele Menschen bleiben begeistert stehen. Der Fußgängerverkehr wird nur
unerheblich beeinträchtigt. Gemeinschädliche Sachbeschädigung?
Die Fußgängerzone ist eine Sache, die dem öffentlichen
Nutzen dient. Ohne Zweifel hat der Maler auch das äußere Erscheinungsbild dieser Sache
verändert. Ob er das Erscheinungsbild erheblich oder nur unerheblich verändert hat, mag
dahingestellt bleiben, jedenfalls hat er es offenkundig nur vorübergehend verändert,
denn spätestens nach dem nächsten Regen ist das Kunstwerk verschwunden.
Gemeinschädliche Sachbeschädigung ist folglich nicht gegeben.
Eine andere Frage ist, ob dem Maler sein "Schaffen" untersagt werden darf.
Als Befugnis für eine Unterlassungsverfügung kommt § 8 PolG NRW in Betracht. Allerdings
kann sich der Maler auf die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) berufen.
Die Kunstfreiheit ist ein bedeutsames Grundrecht, das nur so genannten immanenten
Schranken unterliegt und nur eingeschränkt werden darf, wenn durch Inanspruchnahme dieser
Freiheit die Grundrechte anderer erheblich beeinträchtigt werden. Der Verstoß gegen die
Verpflichtung, eine Sondernutzungserlaubnis einzuholen ist ein Formalverstoß. Da
Sondernutzungserlaubnisse für solche Tätigkeiten üblicherweise erteilt werden, darf
davon ausgegangen werden, dass der Maler auf Antrag die Erlaubnis bekommen hätte. § 8
PolG NRW rechtfertigt deshalb wohl keine Unterlassungsverfügung, obwohl die
Voraussetzungen der Norm im Übrigen erfüllt sind. Die Beamten können jedoch wegen der
begangenen Ordnungswidrigkeit eine Anzeige vorlegen.
Rechtswidrigkeit / unbefugtes Handeln
Für beide Tathandlungen hat der Gesetzgeber die Rechtswidrigkeit bzw. das unbefugte
Handeln zum Tatbestand erhoben. Im Gegensatz zu § 303 StGB werden durch § 304 StGB
öffentliche Interessen geschützt. Rechtsgut ist das Interesse der Allgemeinheit an der
Erhaltung der bezeichneten Gegenstände.
Deshalb kommt es nicht auf das Eigentum an der beschädigten oder zerstörten Sache an,
so dass auch der Eigentümer einer in § 304 StGB genannten Sache daran gemeinschädliche
Sachbeschädigung begehen kann.
Folglich kann zugunsten Privater rechtfertigende Einwilligung als Rechtfertigungsgrund
nicht greifen, weil über solche Sachen verfügungsberechtigte Private den Schutzzweck der
Vorschrift nicht dadurch unterlaufen dürfen, dass sie Einverständnisse für
Beschädigungen oder Zerstörungen erteilen.
Als Rechtfertigungsgründe kommen in diesem Zusammenhang deshalb wohl nur in Betracht:
- Notwehr (§ 32 StGB)
- rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB)
- erlaubte Selbsthilfe (§ 229 BGB)
- verteidigender Notstand (§ 228 BGB)
- angreifender Notstand (§ 904 BGB)
Allerdings muss man schon konstruieren, um einen Sachverhalt zu finden, bezüglich
dessen einer der genannten Rechtfertigungsgründe greift.
Beispiel
Die Handwerkskammer hat eine Handwerksfigur "Schmied mit Hammer in der erhobenen
Hand" gestiftet. Die Figur ist auf dem Marktplatz aufgestellt. Heute wird A auf dem
Marktplatz von mehreren Skinheads angegriffen. Um sich verteidigen zu können, bricht er
dem Schmied den Hammer aus der erhobenen Hand und schlägt die Angreifer in die Flucht.
Rechtslage?
Die Figur ist ein Gegenstand des Gewerbes, die öffentlich
aufgestellt ist. Folglich handelt es sich um eine Sache, die dem Schutzbereich von § 304
StGB unterfällt. Indem A der Figur den Hammer aus der Hand bricht, hat er ohne Zweifel
die Figur nicht nur unerheblich beschädigt. Die Handlung war jedoch nicht rechtswidrig,
weil A sich auf § 904 BGB (zivilrechtlicher angreifender Notstand) stützen kann. Danach
darf ist der Eigentümer einer Sache nicht berechtigt, die Einwirkung eines anderen auf
die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr
notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer
entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist.
Bei gegebener Lage sind die Voraussetzungen von § 904 BGB wohl erfüllt.
A hat
folglich den Tatbestand von
§ 304 StGB nicht verwirklicht.
Abgesehen von den allgemein anerkannten Rechtfertigungsgründen (s.o.), schließt im
Zusammenhang mit § 304 StGB auch rechtmäßiges Handeln der zuständigen Behörde oder
eine Erlaubnis der zuständigen Behörde die Rechtswidrigkeit der Tathandlung aus. Der
zuständigen Behörde muss es doch erlaubt sein, einen Gegenstand, der dem öffentlichen
Nutzen dient, abzubauen, zu entsorgen und durch einen anderen zu ersetzen, falls der
Gegenstand reparaturbedürftig oder zerstört ist.
07 Vorsatz und Fahrlässigkeit
TOP
Sachbeschädigung (§ 303 StGB), gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 StGB) und
Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel (§ 305a StGB) setzen vorsätzliches Handeln voraus.
Die fahrlässige Begehung der genannten Delikte ist nicht strafbar.
Spezialgesetzlich geregelte Fälle einer fahrlässigen Sachbeschädigung sind
allerdings gemäß §§ 306, 306a StGB i. V. m. § 306d StGB geregelt.
08 Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel
TOP
Dem öffentlichen Nutzen dienen auch wichtige Arbeitsmittel von öffentlichen Verkehrs-
und Versorgungsunternehmen und Fahrzeuge der Polizei und der Bundeswehr. Gleichwohl sind
diese Sachen nicht von § 304 StGB erfasst, soweit die Voraussetzungen von § 305a StGB
erfüllt sind.
Danach wird wegen Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel bestraft, wer solche Sachen ganz
oder zum Teil zerstört. Die Tat ist ein Vergehen und wird von Amts wegen verfolgt
(Offizialdelikt). Der Versuch ist strafbar.
Zu den Eisenbahnanlagen gehören auch Werks- und Privatbahnen.
Energieversorgungsanlagen im o. a. Sinne sind solche, die der öffentlichen Versorgung
mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft dienen. Versorgungsanlagen, die ausschließlich der
Versorgung eines Betriebes dienen, fallen nicht darunter.
Soweit solche Mittel nicht ganz oder zum Teil zerstört, sondern nur beschädigt oder
besprüht, beschmiert, plakatiert usw. werden, ist der Anwendungsbereich von § 304 StGB
gegeben.
09 Datenveränderung
TOP
Gemäß § 303a StGB wird bestraft, wer rechtswidrig Daten i. S. v. § 202a Abs. 2 StGB
löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert. Daten i. S. v.
§ 202a Abs. 2
StGB sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar
wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden.
Datenveränderung gemäß § 303a StGB ist ein Vergehen; der Versuch ist strafbar.
Gemäß § 303c StGB wird die Tat - wie Sachbeschädigung - jedoch nur auf Antrag
verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen
öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für
geboten hält.
§ 303 a StGB erweitert den strafrechtlichen Schutz auf Daten, die mangels
Körperlichkeit nicht unter § 303 StGB fallen.
§
303a StGB
So wird in Bundestagsdrucksache 10/5058 auf Seite 34 u.a. ausgeführt, dass das
geltende Recht nicht ausreiche, weil die Anwendbarkeit des § 303 StGB (Sachbeschädigung)
umstritten und zumindest nicht in allen Fallgestaltungen gesichert sei.
Das Vernichten oder Verändern von Daten während der Übermittlungsphase sei z.B. von
§ 303 StGB nicht erfasst.
Der Tatbestand lehne sich weitgehend an § 303 StGB an. Durch Aufnahme verschiedener,
sich teilweise überschneidender Tatbestände solle erreicht werden, dass alle
rechtswidrigen Beeinträchtigungen der Verwendbarkeit von Daten erfasst werden.
Die Vorschrift ist demnach wohl nur anwendbar, soweit Daten während der
Übermittlungsphase vernichtet oder verändert werden.
Werden Daten durch Beschädigen oder Zerstören von Hardware vernichtet oder
unbrauchbar gemacht, greift § 303a StGB nicht. In solchen Fällen ist Sachbeschädigung
(§ 303 StGB) oder, soweit fremde Betriebe, Unternehmen oder Behörden betroffen sind,
Computersabotage (§ 303b StGB) gegeben.
10 Computersabotage
TOP
Gemäß § 303b StGB wird bestraft, wer eine Datenverarbeitung, die für einen fremden
Betrieb, ein fremdes Unternehmen oder eine Behörde von wesentlicher Bedeutung ist,
dadurch stört, dass er
- eine Datenveränderung i. S. v. § 303a Abs. 1 begeht oder
- eine Datenverarbeitungsanlage oder einen Datenträger zerstört, beschädigt,
unbrauchbar macht, beseitigt oder verändert.
§
303b StGB
Geschütztes Rechtsgut ist das Interesse am störungsfreien Funktionieren der
Datenverarbeitung. Die Tat ist ein Vergehen; der Versuch ist strafbar.
Ebenso wie Sachbeschädigung wird die Tat gemäß § 303c StGB nur auf Antrag verfolgt,
es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen
Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
Computersabotage ist ein Sonderfall der Sachbeschädigung. Schutzgegenstand von § 303b
StGB ist allerdings nur eine Datenverarbeitung, die für fremde Betriebe oder für eine
Behörde von wesentlicher Bedeutung ist. Damit fällt unter diese Strafbestimmung
sicherlich auch, wenn Viren in Datennetze eingeschleust oder aber Programme installiert
werden, die eigenständig Veränderungen in Datenbeständen bewirken.
Sabotageakte von unwesentlicher Bedeutung, z. B. vorsätzliches Zerstören oder
Beschädigen eines Taschenrechners, einer elektronischen Schreibmaschine oder eines
Notebooks sind demnach wohl keine Anwendungsfälle von § 303b StGB. In solchen Fällen
ist jedoch Sachbeschädigung (§ 303 StGB) gegeben.
11 Sachbeschädigung durch Feuer
TOP
Die durch Vandalismus angerichteten Schäden sind enorm, so dass die Haushalte der
Kommunen dadurch nachhaltig belastet werden. Die im Zusammenhang mit Vandalismus
möglichen Tathandlungen lassen sich jedoch nicht immer eindeutig zuordnen.
Hier soll der Versuch unternommen werden, die für die Polizei bedeutsamen Fälle
vorzustellen.
Es gibt Fälle von Brandlegungen, bei denen es sich nicht um Brandstiftung
(§ 306
StGB), sondern um Sachbeschädigung ( § 303 StGB) handelt.
§ 303
StGB
§ 306
StGB
Beispiel
Sie erhalten über Funk den Auftrag, sich um ein Feuer zu kümmern, das anlässlich eines
Straßenfestes zu später Stunde angezündet wurde. Bei Ihrem Eintreffen stellen Sie fest,
dass dort Materialien in Brand gesetzt wurden, die an den Brandort verbracht wurden (alte
Autoreifen, Bauholz etc.). Auf dem Pflaster des Vorplatzes sind deutlich erkennbare Spuren
des Brandes zurückgeblieben.
Rechtslage?
Brandstiftung würde voraussetzen, dass Gegenstände durch Brand ganz oder zumindest
teilweise zerstört werden, die im § 306 StGB namentlich aufgeführt sind.
§ 306
StGB
Ist das nicht der Fall, kann es sich nicht um Brandstiftung, sondern nur um
Sachbeschädigung handeln, wenn durch die jeweilige Tathandlung Menschen weder gefährdet
noch geschädigt wurden und die Brandlegung auch nicht die Voraussetzungen einer
versuchten Brandstiftung nahelegt (Brandgefahr für Gebäude etc.).
Im Beispielsfall wurden Gegenstände verbrannt, die nicht im § 306 StGB aufgeführt
sind und die von den Täter mit zum Tatort gebracht wurden, um diese anlässlich des
Straßenfestes zu verbrennen.
Insoweit scheidet Brandstiftung aus.
Dennoch wurde durch das Feuer vorsätzlich Schaden verursacht, denn das Pflaster, auf
dem das Feuer angezündet wurde, wurde durch die Hitze des Feuers beschädigt. Dadurch ist
es zu einem nicht nur völlig unbedeutenden Vermögensschaden gekommen.
Den Feuerlegern kann Sachbeschädigung vorgeworfen werden. Dieses Delikt setzt
vorsätzliches Handeln voraussetzt. Davon kann in diesem Fall ausgegangen werden.
§ 303
StGB
12 Teilweise Zerstörung geschützter Tatobjekte
TOP
Bei einer teilweisen Zerstörung geschützter Tatobjekte ist - wegen der hohen
Strafandrohung des § 306 StGB - eine Zerstörung von Gewicht einzufordern, damit
der Tatbestand der Brandstiftung begründet werden kann.
Der BGH hat dazu folgende Position eingenommen:
In einem Beschluss aus dem Jahr 2011 stellte der BGH fest, dass die teilweise
Zerstörung eines zu gewerblichen Zwecken genutzten Gebäudes wegen der hohen
Strafandrohung des § 306 StGB eine Zerstörung von Gewicht erfordert.
Der Entscheidung lag folgender Ausgangsfall zugrunde:
Ausgangsfall
Ein Firmenmitarbeiter hatte vorsätzlich eine auf einer Arbeitsplatte stehende
Kaffeemaschine auf die linke hintere Herdplatte gestellt, eingeschaltet und auf die
Maximalstufe eingestellt, um die Kaffeemaschine in Brand zu setzen. Ihm war dabei bewusst,
dass durch sein Vorgehen trotz des Vorhandenseins eines Rauchmelders die Gefahr
erheblicher Brandschäden am Gebäude bestand. Dies nahm er billigend in Kauf, da er den
Eindruck erwecken wollte, dass ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes den Brand durch
Unaufmerksamkeit verursacht habe. Wie geplant geriet die Kaffeemaschine in Brand, wodurch
es an der Küchendecke zu Putzabplatzungen kam und von der Wandverkleidung über dem
unmittelbaren Brandherd zwei Fliesen abfielen. Darüber hinaus wurde der gesamte
Küchenraum bis zur Unbenutzbarkeit verrußt. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von
15.000 bis 18.000 Euro.
In dem Beschluss heißt es sinngemäß, dass das Gebäude für eine nicht
unbeträchtliche Zeit wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen oder ein für die
ganze Sache zwecknötigen Teil hätte unbrauchbar gemacht worden sein müssen, um
tatbestandliches Handeln im Sinne von § 306 StGB begründen zu können.
Nach Ansicht des BGH liegt dies bei einer Teeküche aufgrund ihrer untergeordneten
Bedeutung für den Widmungszweck des Firmengebäudes eher fern. Eine Teeküche könne auch
nicht als zwecknötiger Teil des Gebäudes angesehen werden.
Das für die Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 StGB erforderliche Gewicht wurde demnach
nicht erreicht (BGH 4 StR 344/11 - Beschluss vom 20. Oktober 2011 (LG München II).
Nähere Einzelheiten siehe Rdn. 9 des BGH-Beschlusses aus dem Jahre 2011.
BGH-Beschluss
Hinweis:
Solche abschließenden Entscheidungen im Hinblick auf die Zuordnung des Tatbestandes
gehören jedoch nicht zu den Aufgaben der Polizei. In solchen Fällen sollte immer ein
Verfahren wegen Brandstiftung gegen den Tatverdächtigen eingeleitet werden.
13 Brennende Mülltonnen Müllsäcke und Sperrmüll
TOP
In der Regel handelt es sich auch bei den nachfolgend aufgeführten Brandfällen nicht
um Brandstiftungen, sondern um Sachbeschädigung:
- Inbrandsetzen von Mülltonnen, die an der Straße liegen, um von der Müllabfuhr
abgeholt zu werden (Gelbe Säcke)
- Anzünden von Papierkörben in der Innenstadt
- Inbrandsetzen freistehender Müllcontainer
- Inbrandsetzen von Sperrmüll
- Inbrandsetzen von Müllbeuteln
soweit dadurch keine Gefahren für durch § 306 StGB geschützte Tatobjekte
verbunden sind.
Unbestritten ist, dass, wenn Rowdys nachts Mülltonnen "nur" umwerfen, es
sich dabei um Ordnungswidrigkeiten handel. Wenn Vandalen aber die Tonnen anzünden, ist
das eine Straftat und damit auch eine Angelegenheit der Polizei.
Brandstiftung
Brandstiftung kommt aber nur dann in Betracht, wenn durch das Anzünden von
Müllbeuteln oder Mülltonnen das Feuer auf Gebäude oder Kraftfahrzeuge übergegriffen
ist oder aber dies zu erwarten gewesen wäre, wenn das Feuer nicht rechtzeitig gelöscht
worden wäre.
Sachbeschädigung
Beim Anzüngen von Mülltonnen, Müllbeuteln und Sperrmüll düfte es sich hingegen um
Sachbeschädigungen handeln.
Bei Mülltonnen ist das offenkundig, weil Mülltonnen einen wirtschaftlichen Wert haben
und soweit es sich um Mülltonnen aus Plastik handelt diese durch Feuer
zerstört werden. Da es sich bei Mülltonnen zudem um Gegenstände handelt, die dem
öffentlichen Nutzen dienen und auch im Eigentum der Stadt verbleiben, wenn sie den
Bürgern zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden, kommt als Tatvorwurf sogar § 304
StGB (Gemeinschädliche Sachbeschädigung) in Betracht.
§ 304
StGB
Bei Müllbeuteln und Sperrmüll dürfte die Rechtslage komplizierter sein, denn diese
Sachen gehen erst dann in das Eigentum der Kommune über, wenn sie von der örtlichen
Müllabfuhr abgeholt wurden. Andererseits sehen die einschlägigen
Abfallbeseitigungssatzungen der Kommunen vor, dass es Unbefugten nicht gestattet ist,
angefallene und zur Abholung bereitgestellten Abfälle zu durchsuchen oder wegzunehmen.
Einige kurze Zitate aus der Abfallsatzung der Stadt Münster sollen skizzieren, wie
brennende Müllbeutel und brennender Sperrmüll rechtlich zu bewerten sind.
§ 20 Anfall der Abfälle, Eigentumsübergang
(1) Als angefallen gelten Abfälle, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will
oder entledigen muss (§ 3 Abs. 1 KrWG).
(2) Die Abfälle gehen in das Eigentum der Stadt über, sobald sie eingesammelt oder
bei den städtischen Abfallentsorgungsanlagen bzw. Recyclinghöfen angenommen sind.
(3) Die Stadt ist nicht verpflichtet, im Abfall nach verlorenen Gegenständen suchen zu
lassen. Im Abfall vorgefundene Wertgegenstände werden als Fundsachen behandelt.
(4) Unbefugten ist es nicht gestattet, angefallene und zur Abholung bereitgestellten
Abfälle zu durchsuchen oder wegzunehmen. Dies gilt auch für die Recyclinghöfe.
§ 10 Benutzung der Abfallbehälter
(1) Die Abfallbehälter werden von den AWM oder den von ihr beauftragten Dritten
gestellt und unterhalten. Sie bleiben ihr Eigentum
(2) ....
§ 23 Ordnungswidrigkeiten
Abs. 1 Nr. 6) entgegen § 10 Abs. 4 Abfallbehälter überfüllt, Abfall darin
verdichtet bzw. verbrennt oder brennende, glühende oder heiße Abfälle in
Abfallbehälter einfüllt,
Abs. 1 Nr. 13) entgegen § 20 Abs. 4 angefallene Abfälle, Abfallbehälter oder -säcke
durchsucht oder wegnimmt,
Abs. 2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00
geahndet werden, soweit nicht andere gesetzliche Bestimmungen hierfür eine höhere
Geldbuße vorsehen.
Abfallbeseitigungssatzung der Stadt Münster
Werden durch das Abbrennen von Müllsäcken oder durch das In-Brand-Setzen von
Sperrmüll Hecken, Sträucher, Bäume, Zäune oder andere Sachen beschädigt, die nicht zu
den Tatobjekten des § 306 StGB gehören, dürfte es sich insoweit immer um
Sachbeschädigungen handeln.
Bei der rechtlichen Bewertung der Tathandlung wird es aber immer auf die Würdigung des
jeweiligen Einzelfalls ankommen.
Jährlich entstehen durch Vandalismus Schäden, die in die Millionen gehen. Die
Schäden, die dadurch in Saarbrücken entstehen, können der folgenden Meldung der
Saarbrücker Zeitung Online vom 23.07.2013 entnommen werden:
Dort heißt es u. a.:
Vandalismus kommt die Bürger teuer zu stehen
In die Tausende gehen wegen der hohen Zahl der Straftaten auch die Ausgaben des
städtischen Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetriebes (ZKE). Ein Beispiel: Seit Ende
vorigen Jahres häufen sich die Attacken auf Papierkörbe, ob mit Feuer oder roher Gewalt.
Jeden Monat muss der ZKE zwischen 15 und 30 zerstörte Behälter ersetzen. Schaden pro
Papierkorb: 120 Euro. Der ZKE appelliert an alle Bürger, sofort die Polizei zu
informieren, wenn sie eine Attacke auf öffentliches Eigentum sehen.
Rund 70 000 Euro pro Jahr gibt die Saarbahn GmbH aus, um die Spuren von Zündlern,
Schmierern und Zerstörern in Bussen und Straßenbahnen sowie an Haltestellen zu
beseitigen.
Saarbrücker Zeitung
Die Aufklärungsquote bei Vandalismus in den Städten sieht bedauerlicherweise eher
bescheiden aus.
Brandstifter zünden Müll am Hauptbahnhof an
Solingen (RP). In der Nacht zu gestern wurden in Ohligs gleich zwei Feuer gelegt.
Zunächst brannte gegen 1.20 Uhr in der Unterführung des Hauptbahnhofs an der Bahnstraße
ein Haufen Müll. Rund 20 Minuten später entdeckten Einsatzkräfte der Feuerwehr dann
einen brennenden Müllstapel vor einer Papiertonne an der Kleinen Kamper Straße. In
beiden Fällen gelang es den Wehrleuten, die Feuer schnell zu löschen, so dass keine
Schäden entstanden. Die Brandstifter konnten allerdings entkommen.
Zwar kontrollierte die Polizei nach den Bränden einige Personen, doch die Täter
befanden sich anscheinend nicht darunter.
RP-Online
14 Feuerlegung als Ordnungswidrigkeit
TOP
Abbrennen von Wiesen, Stoppelfeldern etc.
Gemäß § 7 des LImschG NRW ist im Freien das Verbrennen von pflanzlichen Abfällen
grundsätzlich verboten, soweit die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit hierdurch
gefährdet oder erheblich belästigt werden kann.
§ 7 LImschG
Dies gilt auch für das Abflämmen von Stoppelfeldern.
Im § 3 Abs. 4 der DirektZahlVerpflV heißt es dazu:
(4) Das Abbrennen von Stoppelfeldern ist verboten. Die nach Landesrecht zuständige
Behörde kann abweichend von Satz 1 das Abbrennen von Stoppelfeldern genehmigen, sofern
Gründe des Pflanzenschutzes im Sinne des § 1 Nummer 1 und 2 des Pflanzenschutzgesetzes
dies erfordern und schädliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt nicht zu besorgen sind.
§
3 DirektZahlVerpflV
Übersetzt:Verordnung über die Grundsätze der Erhaltung landwirtschaftlicher
Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand
(Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung - DirektZahlVerpflV).
Bei nicht genehmigten Abflämmaktionen handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, die
jedoch weder im LImschG NRW noch in der DirketZahlVerpflV als solche benannt sind.
Aus Gründen der Verständlichkeit erfolgt der Nachweis ordnungswidrigen Verhaltens
deshalb nur im Zusammenhang mit dem Verbrennen pflanzlicher Abfälle in Anlehnung an die
Bestimmungen des Naturschutzgesetzes des Bundes (BNatSchG).
Gemäß § 39 Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG iVm. § 69 Abs. 1 Nr. 12 handelt
ordnungswidrig, wer die Bodendecke abbrennt oder eine dort genannte Fläche behandelt.
§ 39 Abs. 5 BNatSchG
(5) Es ist verboten,
1. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen und ungenutzten Grundflächen
sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder
fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- oder
Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird,
§
39 BNatSchG
Entsprechende Regelungen enthalten auch die Naturschutzgesetze der Länder.
Hinsichtlich der Höhe der für Verstöße in Betracht kommenden Bußgelder heißt es
zum Beispiel im Bußgeldkatalog des Landes Thüringen:
Zitat:
16.1 Abbrennen der Pflanzendecke von Wiesen, Feldrainen, Gelände an Straßen und
Wegrändern, an Hängen, Böschungen oder Bahndämmen oder Abbrennen von Hecken,
Gebüschen oder Stoppelfeldern sowie die erhebliche Beeinträchtigung der Pflanzen- und
Tierwelt dieser Biotope durch das Ausbringen von Stoffen unabhängig von der Jahreszeit
(§ 30 Abs. 1 Nr. 1 ThürNatG)
16.1.1
bis 50 m2 (50 bis 1 000 Euro)
16.1.2
bis 200 m2 (150 bis 2 000 Euro)
16.1.3
über 200 m2 (250 bis 25 000 Euro )
Quelle:
Bußgeldkatalog zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Umweltschutzes -
Bußgeldkatalog Umwelt - Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Landwirtschaft,
Naturschutz und Umwelt vom 29.06.2002
Bußgeldkatalog Thüringen
Vergleichbare Regelungen dürften auch in anderen Bundesländern zur Verfügung stehen.
Beispiel
Nachbarn beschweren sich bei der Polizei über starke Rauchbelästigungen. Ursache dafür
sind Böschungen, deren trockenes Gras in Brand gesetzt wurde. Bei der Anfahrt zum
Einsatzort fällt den beauftragten Beamten ein Mann auf, der an anderer Stelle trockenes
Gras in Brand setzt. Es handelt sich um den Landwirt A, der verhindern möchte, dass sich
das Unkraut am Bahndamm, so seine Worte, auf seinen Felder ausbreiten kann.
Rechtslage?
Das Abbrennen von Böschungen, Bahndämmen, Hängen, Wegrändern und anderen Flächen
ist verboten und kann mit einem Bußgeld als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
- § 7 LImschG
- § 3 DirektZahlVerpflV
- § 39 Abs. 5 BNatSchG bzw. vergleichbare Länderregelung
- § 70 Landesforstgesetz NRW.
Die Beamten werden deshalb die Identität des Landwirtes feststellen und gegen ihn ein
Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten.
Beispielsfortschreibung
Durch das Abbrennen einer Böschung gerät ein Waldstück in Brand. Der Brand kann jedoch
von der Feuerwehr gelöscht werden, bevor größerer Schaden eintritt.
Rechtslage?
In diesem Fall wird zu prüfen sein, ob tatbestandliches Handeln im Sinne von
§ 306
Abs. 1 Nr. 6 gegeben ist. Danach wird als Brandstiftung bestraft, wer Wälder, Heiden oder
Moore in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.
Auch hier wird es bedeutsam sein, wie groß die in Brand gesetzten Waldflächen
tatsächlich sind.
Da die genaue tatbestandliche Zuordnung verbotenen Handelns nicht durch die Polizei,
sondern durch die StA und den Richter erfolgt, wird die Polizei in solchen oder ähnlich
gelagerten Fällen gegen den Landwirt A ein Strafverfahren einleiten, weil zumindest vom
Verdacht einer Brandstiftung ausgegangen werden kann und folglich das Legalitätsprinzip
die Polizei dazu verpflichtet, auf der Grundlage eines begründeten Anfangsverdachtes ein
Strafverfahren einzuleiten, zumal es für Brandstiftung ausreicht, wenn der Täter
fahrlässig handelt (§ 306d StGB). Davon kann im oben geschilderten Beispielsfall
ausgegangen werden.
§
306d StGB
Anmerkung:
Sollte Wald nur in geringem Umfang in Brand gesetzt worden sein, so dass tatbestandliches
Handeln im Sinne von § 306 StGB fraglich erscheint, kommt zumindest ordnungswidriges
Verhalten gem. § 70 Landesforstgesetz NRW in Betracht.
Dort heißt es:
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. (aufgehoben)
2. entgegen § 47 Abs. 1 im Wald oder
in einem Abstand von weniger als einhundert Meter vom Waldrand außerhalb einer von der
Forstbehörde errichteten oder genehmigten und entsprechend gekennzeichneten Anlage Feuer
anzündet oder unterhält, ein Grillgerät benutzt oder leichtentzündliche Stoffe lagert,
sofern nicht eine Befreiung von dem Verbot erteilt wurde,
3. entgegen § 47 Abs. 3 Satz 1 in der
Zeit vom 1. März bis 31. Oktober im Wald raucht,
4. ein im Wald von ihm oder auf seine
Veranlassung angezündetes Feuer unbeaufsichtigt läßt,
5. im Wald brennende oder glimmende
Gegenstände fallen läßt, fortwirft oder unvorsichtig handhabt,
6. es im Wald unterläßt, Tore von
Wild- und Kulturgattern oder andere zur Sperrung von Wegen oder Zugängen zu
eingefriedeten Grundstücken dienende Einrichtungen, die er geöffnet hat, zu schließen.
§ 70 Landesforstgesetz NRW
15 Abbrennen von Stoppelfeldern
TOP
Beispiel
Landwirt A hat darauf verzichtet, bei der Ernte seiner niedrigwachsenden Wintergerste das
anfallende Stroh zu bündeln und einzufahren. Er möchte den beim Mähvorgang automatisch
gehexelten Strohanteil einfach unterpflügen, um den Boden dadurch aufzulockern. Das sagte
er zumindest den ermittelnden Beamten, als diese dem Landwirt eröffneten, dass eines
seiner brennt und große Flächen davon betroffen sind. Der Feuerwehr sei es jedoch
gelungen, den Brand zu löschen und ein Übergreifen der Flammen auf eine Hecke zu
verhindern.
Rechtslage?
Brandstiftung scheidet aus, weil lediglich brennfähige Abfallprodukte in Brand gesetzt
wurden, die nicht als Tatobjekte im § 306 StGB benannt sind. Tatbestandliches
Handeln im Sinne von § 306 StGB würde voraussetzen, dass gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 6
StGB:
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse in Brand
gesetzt und dabei ganz oder teilweise zerstört wurden.
Hier wird davon ausgegangen, dass Strohhexel kein landwirtschaftliches Erzeugnis im
Sinne von § 306 StGB ist, denn dann müsste es einen Marktwert haben, der nicht völlig
unbedeutend ist. Wenn schon Vorräte von landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder von Bau-
oder Brennmaterialien nicht nur einen gewissen Umfang, sondern auch einen gewissen Wert
haben müssen, um von tatbestandlichem Handeln im Sinne von § 306 StGB ausgehen zu
können, dann kann daraus geschlossen werden, dass dies erst recht für Abfallprodukte
gilt, deren wirtschaftlicher Wert marginal ist.
§ 306 Abs. 1 Nr. 6 StGB schützt Früchte auf dem Feld, auch wenn diese schon
vom Boden abgetrennt sind. Abgeerntete Feldfrüchte bleiben landwirtschaftliche
Erzeugnisse. Da die Wintergerste bereits geerntet ist und somit nicht in Brand gesetzt
wurde, wird hier davon ausgegangen, dass Strohhexel nicht unter die im § 303 Abs. 1 Nr. 6
StGB geschützten Tatobjekte fällt.
Anders wäre zu entscheiden, wenn es sich um abgeschnittenes Gras handelt, das als Heu
eingefahren werden soll oder aber um aufgeschichtetes Stroh, das genutzt werden soll.
Sachbeschädigung
Ob es sich im oben geschilderten Fall um Sachbeschädigung handelt, soll an dieser
Stelle nicht geprüft werden. Sollte es möglich sein, den Brandleger zu ermitteln, wird
vorgeschlagen - je nach Größe der abgebrannten Flächen und der damit verbundenen
möglichen Gefahren für geschützte Tatobjekte in Absprache mit der StA zu
entscheiden, was für ein Verfahren gegen den Feuerleger einzuleiten ist.
In jedem Fall handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit.
16 Brauchtumsfeuer zu Ostern
TOP
Beispiel
Osterfeuer haben in vielen Gemeinden eine lange Tradition. Auch in diesem Jahr soll in der
Nacht vom Ostersamstag auf Ostersonntag ein Osterfeuer angezündet werden. Um dies zu
verhindern, haben "Osterfeuerattentäter aus der Nachbargemeinde" bereits in der
Freitagnacht den großen Holzhaufen angezündet. Offensichtlich haben die Täter
Brandbeschleuniger verwendet, so dass ein Löschen nicht mehr möglich war.
Rechtslage?
Brauchtumsbedingtes Abbrennen von Abfall ist gesetzlich nur dann sanktioniert, wenn
dort Abfälle verbrannt werden, die üblicherweise nicht in einem Osterfeuer zu suchen
haben (Altreifen, Grünabfälle, sonstige Gegenstände, die auf diese Art und Weise
"kostengünstig" entsorgt werden sollen).
Durch das Abbrennen unerlaubter Stoffe werden Ordnungswidrigkeitentatbestände nach dem
Abfallbeseitigungsgesetz begangen.
Werden, wie in diesem Fall, brauchtumsbedingte Osterfeuer vor ihrer Zweckbestimmung in
Brand gesetzt, dann ist es äußerst fraglich, ob es sich hierbei um Sachbeschädigung
handelt, denn der Zweck dieser Abfallhaufen besteht ja geradezu darin, verbrannt
(zerstört) zu werden. Das gilt auch für den Untergrund, auf dem das Osterfeuer abbrennt.
Auch der dort eintretende Schaden ist bei dem vorgesehenen Abbrennen des Holzhaufens zu
erwarten.
Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich bei solchen Aktionen um eine
Belästigung der Allgemeinheit im Sinne von § 118 OWiG.
§
118 OWiG
Um solche unerwünschten "Inbrandsetzungen ihrer Traditionsfeuer" zu
verhindern, ist es in vielen ländlichen Gemeinden üblich, dass die Reisighaufen,
die Ostern brennen sollen, von Jugendlichen rund um die Uhr bewacht werden, denn in
einigen Regionen gilt es als besonders "schick", das Osterfeuer in der
Nachbargemeinde früher als vorgesehen abzubrennen . Es ist auch schon vorgekommen, dass
die Wächter dabei meist alkoholbedingt eingeschlafen sind und erst wach
wurden, als ihre Kleidung schon brannte.
In solchen Fällen kann natürlich nicht mehr von grobem Unfug ausgegangen werden.
Dem folgenden Link können Sie entnehmen, vor welchen Problemen die Feuerwehr in den
Nächten dieser Traditionsfeuer steht. Dem Artikel kann auch entnommen werden, wie
unterschiedlich das Genehmigungsverfahren für Osterfeuer in NRW geregelt sind.
Brauchtum ohne Regeln
TOP
StGB: Sachbeschädigung
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