§ 130 StGB (Volksverhetzung)
01 Allgemeines zu § 130 StGB
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§ 130 StGB
(Volksverhetzung) schützt den »öffentlichen Frieden« und die Würde von
Menschen.
Die Norm besteht aus 7 Absätzen:
-
Absatz 1: Schutzgut
ist der öffentliche Friede und die Menschenwürde vor Aufforderungen
zum Hass sowie vor Gewalt- oder Willkürmaßnahmen.
-
Absatz 2:
Verbreitung von Schriften in der Öffentlichkeit, die die o.g.
Schutzgüter bedrohen. Zu den Schriften im Sinne des § 130 StGB
gehören auch Inhalte, die mittels Rundfunk oder Telemedien der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dazu gehören auch das
Internet und die sozialen Netzwerke. Gemäß § 11 Abs. 3 StGB gehören
zu den Schriften auch Ton- und Bildträger, Datenspeicher,
Abbildungen und andere Darstellungen.
-
Absatz 3: Leugnung
von Handlungen, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
begangen wurden und die dazu geeignet sind, den öffentlichen Frieden
zu stören.
-
Absatz 4: Verbot
öffentlich oder anlässlich einer Versammlung den öffentlichen
Frieden oder die Würde der Opfer des Nationalsozialismus dadurch zu
stören, dass die nationalsozialistische Gewalt- und
Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht oder gerechtfertigt wird.
-
Absatz 5: Verweis
darauf, dass tatbestandliches Handeln auch durch die Verbreitung von
Schriften erfolgen kann, zu denen auch die Verbreitung von Inhalten
in den modernen Medien gehört.
-
Absatz 6: Hinweis
auf strafbewehrte Versuchshandlungen.
-
Absatz 7: Hinweis
auf die Anwendung von § 86 StGB (Verbreiten von
Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) durch
entsprechendes tatbestandliches Handeln im Sinne von
§ 130 StGB
(Volksverhetzung).
[Anmerkung zum
Deliktscharakter:] Bei § 130 StGB handelt es sich um ein Vergehen,
das von Amts wegen zu verfolgen ist (Offizialdelikt).
-
§ 130 Abs. 1 StGB ist ein so
genanntes abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt. Das
bedeutet, dass es durch die Tathandlung zu einer konkreten Gefahr
für den öffentlichen Frieden nicht gekommen sein muss.
Abzustellen ist ausschließlich auf die generelle Gefährlichkeit der
konkreten Tathandlung. Die muss dazu geeignet sein, den öffentlichen
Frieden zu gefährden.
-
Im Gegensatz dazu handelt es
sich bei § 130 Abs. 2 StPO um ein abstraktes
Gefährdungsdelikt, da die Eignung der Tathandlung zur Störung
des öffentlichen Friedens nicht erforderlich ist. Abstrakte
Gefährdungsdelikte erkennt man daran, dass sie weder die Verletzung
noch die konkrete Gefährdung eines Rechtsguts voraussetzen. Mit
anderen Worten: Es reicht aus, eine Schrift mit volksverhetzenden
Inhalten zum Beispiel bei Facebook zu veröffentlichen. Unerheblich
ist, was für eine Wirkung dadurch erzielt wird.
-
Bei § 130 Abs. 4 handelt es
sich um ein Erfolgsdelikt. Wird die Herbeiführung eines bestimmten
Erfolges unter Strafe gestellt, wird ein solches Begehungsdelikt
als Erfolgsdelikt bezeichnet. Wer öffentlich oder anlässlich einer
Versammlung die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft
billigt, verherrlicht oder rechtfertigt, erfüllt damit den
Tatbestand durch »Begehung«.
01.1 Geschützte Rechtsgüter
TOP
Der§ 130
Abs. 1 StGB
(Volksverhetzung) schützt vorrangig die nachfolgend aufgeführten
Rechtsgüter:
[Öffentlicher Friede:]
Unter »öffentlichem Frieden« versteht der Gesetzgeber einen objektiv
feststellbaren Lebenszustand allgemeiner Rechtssicherheit, der
insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen frei von Furcht,
ohne Sorge vor Angriffen anderer und im Vertrauen darauf, in »Ruhe und
Frieden« leben zu können, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Ein Klima, in dem Angst
vorherrscht, Unruhen drohen, Schrecken in der Bevölkerung verbreitet
oder durch Diffamierungen Bevölkerungsgruppen zum »Feind« erklärt
werden, den es zu bekämpfen gilt, ist der »öffentliche Friede« bedroht.
Das Erzeugen eines solchen Klimas durch Personen vermag den Tatbestand
der Volksverhetzung zu erfüllen.
Öffentlicher Friede im Sinne der
Norm ist ein politischer und gesamtgesellschaftlicher Zustand so
genannter Innerer Sicherheit.
Andere Rechtsauffassungen gehen
davon aus, dass § 130 StGB lediglich Individualrechtsgüter schützt,
woraus sich ergibt, dass das Klima in einer Gesellschaft von der Norm
nicht umfasst ist. Nach dieser Auffassung steht im Zentrum des
Rechtsschutzes von§ 130 StGB
(Volksverhetzung) eher der
Rechtsschutz von Individualinteressen als das gesamtgesellschaftliche
Interesse.
Hier wird die Auffassung
vertreten, dass
§ 130 StGB
(Volksverhetzung) sowohl den
subjektiven als auch den kollektiven inneren Frieden schützt. Insoweit
umfasst der »öffentliche Friede« im Sinne der Norm folgende Elemente:
-
die öffentliche Sicherheit im
Sinne des Polizeirechts
-
die Gesamtheit aller
geschützten Rechtsgüter
-
die Rechtsgüter des Einzelnen
sowie
-
die Rechtsgüter der
Allgemeinheit.
Der öffentliche Friede kann somit
mit dem Wertekonsens einer Gesellschaft gleichgesetzt werden.
[BGH 1961:] Im Urteil des
BGH vom 21.04.1961, Az.: 3 StR 55/60 heißt es zum Tatbestandsmerkmal
»öffentlicher Friede« wie folgt:
[Rn. 25:] Dieses Merkmal
des § 130 StGB setzt nicht voraus, dass der öffentliche Friede schon
gefährdet worden ist. Es genügt, dass berechtigte Gründe für die
Befürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen in die
öffentliche Rechtssicherheit erschüttern, sei es auch nur bei der
Bevölkerungsgruppe, gegen die er sich richtet. [En01] 1
[BGH 2002:] Im Urteil vom
10.04.2002 - 5 StR 485/01 heißt es im Hinblick auf die Gefährdung des
»öffentlichen Friedens« durch rechtsextremistische Propaganda wie folgt:
[Rn. 9:] Das zur Störung
des öffentlichen Friedens geeignete öffentliche Billigen, Leugnen oder
Verharmlosen einer dieser Völkermordhandlungen ist unter Strafe
gestellt; dadurch soll rechtsextremistische Propaganda, die zur
Vergiftung des politischen Klimas geeignet ist, verfolgt und verhindert
werden (...). Eine entsprechende Friedensgefährdung haftet derartigen in
die Öffentlichkeit gebrachten Äußerungen regelmäßig an. Sie tangieren
nicht nur Würde und Ansehen der Überlebenden sowie insbesondere der
Ermordeten und ihrer Angehörigen in einem für das ganze Gemeinwesen
unerträglichen Maße. Sie stellen auch sonst eine Gefährdung für ein
friedliches Zusammenleben dar. [En02] 2
[Hinweis:] Der öffentliche
Friede muss durch die Tat nicht wirklich gestört oder auch nur konkret
gefährdet werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Tat sowohl nach
Art und Inhalt der Äußerung sowie den Umständen ihrer Abgabe als auch
nach ihren voraussichtlichen Folgewirkungen und dem Kreis der
Erklärungsempfänger zur Störung des öffentlichen Friedens konkret
geeignet ist.
[Öffentlicher Friede BVerfG
2000:] Die Eignung zur Friedensstörung ist gemeinsames
Tatbestandsmerkmal von § 130 Abs. 1 und Abs. 3 StGB, die zusätzlich zu
der Äußerung hinzutreten muss.
[Rn. 33:] Mit der
Eignungsformel wird die Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 und Abs. 3
StGB zu einem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt (...); teilweise wird
diese Deliktsform auch als »potentielles Gefährdungsdelikt« bezeichnet
(...). Dabei ist die Deliktsbezeichnung von untergeordneter Bedeutung;
solche Gefährdungsdelikte sind jedenfalls eine Untergruppe der
abstrakten Gefährdungsdelikte (..).
[Rn. 34:] Für die Eignung
zur Friedensstörung ist deshalb (...) der Eintritt einer konkreten
Gefahr nicht erforderlich (...). Vom Tatrichter verlangt wird aber die
Prüfung, ob die jeweilige Handlung bei genereller Betrachtung
gefahrengeeignet ist (..).
[Rn. 35:] Notwendig ist
allerdings eine konkrete Eignung zur Friedensstörung; sie darf nicht nur
abstrakt bestehen und muss - wenn auch aufgrund generalisierender
Betrachtung - konkret festgestellt sein (...). Deshalb bleibt der
Gegenbeweis der nicht gegebenen Eignung zur Friedensstörung im
Einzelfall möglich.
[Rn. 37:] Für die Eignung
zur Friedensstörung genügt es danach, dass berechtigte - mithin konkrete
- Gründe für die Befürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen
in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern (...).
[Rn. 38:] Im Hinblick auf
die Informationsmöglichkeiten des Internets, also aufgrund konkreter
Umstände, musste damit gerechnet werden - und darauf kam es dem
Angeklagten nach den bisherigen Feststellungen auch an -, dass die
Publikationen einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland bekannt
werden. [En03] 3
[Hinweis:] Weitere Bezüge,
die für die Frage der Gefährdung des »öffentlichen Friedens« bedeutsam
sind, umfassen auch die nachfolgend aufgeführten Aspekte:
[Kontext volksverhetzender
Äußerungen:] Das bedeutet, dass es auch auf den Kontext ankommt, in
dem eine Äußerung erfolgt. Mit anderen Worten: In einer friedlich
verlaufenden Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik der
Bundesregierung kommt einem Plakat mit der Aufschrift »Ausländer raus«
eine andere Bedeutung zu, als wenn das gleiche Plakat von einer
emotional aufgeladenen und gewaltbereiten rechtsradikalen Gruppe in
unmittelbarer Nähe einer Flüchtlingsunterkunft gezeigt und mit
entsprechenden Sprechgesängen skandiert wird.
[Versenden von SMS oder
E-Mail:] Beim Versenden von Mitteilungen per SMS oder E-Mail gelten
dieselben Grundsätze. Die Versendung an einzelne Empfänger kann
ausreichen, wenn der Absender nicht auf deren Diskretion vertrauen kann
und deshalb damit rechnen muss, dass der Inhalt einer breiten
Öffentlichkeit bekannt wird. Werden Texte abrufbar ins Internet
gestellt, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie einer breiten
Öffentlichkeit bekannt werden. (LK-StGB, § 130 StGB, Rn. 70)
[Auschwitzlüge:] Im
Zusammenhang mit der Verbreitung der Auschwitzlüge im Internet hat der
BGHSt 2000 wie folgt entschieden:
[Rn. 18:] Durch das von
vornherein beabsichtigte öffentliche Zugänglichmachen dieser die
Menschenwürde verletzenden Beleidigungen und Verunglimpfungen habe der
Angeklagte zugleich auch die Gefahr begründet, dass dadurch der
öffentliche Friede gestört würde. Seine ins Internet gestellten Artikel
seien geeignet gewesen, das Sicherheitsempfinden und das Vertrauen in
die Rechtssicherheit insbesondere der jüdischen Mitbürger empfindlich zu
stören. [En04] 4
01.2 Anwendungsbereich der
Vorschrift
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Der Anwendungsbereich der
Vorschrift umfasst sowohl den Tatort als auch den Personenkreis, der vor
verbotenen Tathandlungen geschützt werden muss.
[Tatort:] Als Tatorte im
Sinne von
§ 130
Abs. 1 StGB
(Volksverhetzung) kommen
grundsätzlich nur Orte in Betracht, die sich im Inland befinden.
Dazu zählen zum Beispiel:
Werden volksverhetzende Inhalte
iSv
§ 130
Abs. 2 StGB
(Volksverhetzung) durch das Internet oder
in Form von MSM oder E-Mail verbreitet, kommt als Tatort jeder nur
denkbare Ort in Betracht, der die Nutzung dieser Medien ermöglicht. Der
Tatort kann sich dann auch im Ausland befinden.
[Geschützter Personenkreis:]
§ 130 StGB schützt sowohl Gruppen als auch Einzelpersonen. Gruppen
genießen nur dann den Schutz, wenn sie über eine gewisse Dauer ein
Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt haben.
Institutionalisierte
Personenvereinigungen zählen nicht zu den geschützten Teilen der
Bevölkerung.
Geschützt sind nicht:
-
Bundeswehr
-
Kirchen
-
Gewerkschaften
-
Polizei
Soldaten, Polizisten,
Gewerkschaftler oder Priester sind aber von § 130 StGB erfasst, wenn sie
von gewisser zahlenmäßiger Erheblichkeit sind und in dieser Eigenschaft
diskriminiert werden.
Als Teile der Bevölkerung werden
angesehen:
-
Katholiken
-
Protestanten
-
Juden
-
Muslime
-
Flüchtlinge
-
Asylanten
-
Migranten
-
Kommunisten
-
Sozialhilfeempfänger
-
Arbeiter
-
Bauern
-
Behinderte
-
etc.
01.3 Tatbegriffe von § 130 Abs. 1
StGB
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Zum Verständnis des
Straftatbestandes ist es erforderlich, die Tathandlungen zu kennen, die
den Straftatbestand der Volksverhetzung kennzeichnen.
[Tathandlungen des
§ 130
Abs. 1 Nr. 1 StGB:] Diese Nummer enthält zwei Tathandlungen:
[Tathandlungen des
§ 130
Abs. 1 Nr. 2 StGB:] Danach macht sich strafbar, wer:
-
Teile der Bevölkerung
beschimpft
-
böswillig verächtlich macht
oder verleumdet
-
und dadurch die Menschenwürde
angreift.
Diese Tathandlung beschränkt sich
auf besonders massive Schmähungen, Diffamierungen und Diskriminierungen
sowie deren Rechtfertigung.
[Beschimpfen:] Dabei
handelt es sich um Inhalte mit besonders verletzenden Worten, die eine
Missachtung zum Ausdruck bringen.
[Verächtlich machen:] Die
Äußerung lässt erkennen, dass jemand als unwert oder unwürdig
hingestellt wird.
[Verleumdung:] Dieser
Begriff lehnt sich an
§ 187 StGB (Verleumdung) an. Erforderlich
ist, dass unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt und verbreitet
werden.
[Auslegung volksverhetzender
Äußerungen:] Die Auslegung der Inhalte von Tathandlungen geschieht
unter Anlegung eines objektiven Maßstabs und unter Berücksichtigung
aller hierfür bedeutsamen Umstände. Abzustellen ist auf die Wahrnehmung
eines so genannten objektiven Beobachters, das heißt: Maßgeblich ist die
Bewertung gemachter Äußerungen aus der Sicht eines unbefangenen
Durchschnittsempfängers. Hinzuzuziehen sind die jeweiligen
Begleitumstände, in denen die Äußerungen gemacht wurden (vgl. LK-StPO, §
130, Rn. 35).
[Form der Äußerung:] Bei
den Tathandlungen des Abs. 1 ist es gleichgültig, in welcher Form der
Angriff erfolgt. Er kann sowohl mündlich als auch durch die Verbreitung
von Schriften oder durch Veröffentlichungen im Internet oder durch
Plakate begangen werden.
Es muss sich dabei um persönliche
Äußerungen handeln, das Wiedergeben von Äußerungen anderer reicht in der
Regel nicht aus.
[Aufstacheln zum Hass:]
Aufstacheln setzt voraus, dass eine feindliche Haltung gegenüber anderen
eingenommen wird, die dazu geeignet ist emotionale Ablehnung bzw.
Feindschaft gegenüber den Bevölkerungsteilen zu schüren, gegen die sich
die Hetze richtet.
Ausländerfeindliche Hetze richtet
sich gegen Ausländer, Flüchtlinge oder Asylanten.
Beispiele:
-
Euch Ausländer sollte man wie
Juden vergasen
-
Schade, dass Auschwitz zurzeit
außer Betrieb ist
-
In Dachau sind noch Plätze
frei
-
Zyklon B tut nicht weh.
[Angriff auf die
Menschenwürde:] Dabei muss es sich um eine besonders massive Form
der Diskriminierung und Diffamierung handeln. Die verfassungsrechtlich
gewährleistete Menschenwürde schützt den sozialen Wert und
den Achtungsanspruch des Menschen. Sie verbietet es, den Menschen zum bloßen
Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die
seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt.
01.4 Menschenwürde iSv § 130 StGB
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Die nachfolgenden Zitate aus
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts machen deutlich, wann
Handlungen die Würde des Menschen verletzen können.
Im Beschluss des BVerfG vom
19.12.1951 - 1 BvR 220/51 heißt es:
[Rn. 35:] Wenn Art. 1 Abs.
1 GG sagt: »Die Würde des Menschen ist unantastbar«, so will er sie nur
negativ gegen Angriffe abschirmen. Der zweite Satz: »... Sie zu achten
und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt« verpflichtet
den Staat zwar zu dem positiven Tun des »Schützens«, doch ist dabei
nicht Schutz vor materieller Not, sondern Schutz gegen Angriffe auf die
Menschenwürde durch an dere, wie Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung,
Ächtung usw. gemeint. [En05] 5
Im Beschluss des BVerfG vom
16.07.1969 - 1 BvL 19/63 heißt es:
[Rn. 33:] Im Lichte dieses
Menschenbildes kommt dem Menschen in der Gemeinschaft ein sozialer Wert-
und Achtungsanspruch zu. Es widerspricht der menschlichen Würde, den
Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen (...). Mit der
Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für
sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner
ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, sei es auch
in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn damit wie eine
Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung
zugänglich ist. [En06] 6
Und im Urteil des BVerfG vom
07.07.1970 - 2 BvF 1/69, 2 BvR 629/68 und 308/69 heißt es unter anderem:
[Rn. 101:] Die Behandlung
des Menschen durch die öffentliche Hand, die das Gesetz vollzieht, muss
also, wenn sie die Menschenwürde berühren soll, Ausdruck der Verachtung
des Wertes, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt, also in
diesem Sinne eine »verächtliche Behandlung« sein. [En07] 7
[Hinweis:] Der
Sprachgebrauch von § 130 Abs. 1 StGB entspricht im besonderen Maße dem
Inhalt der oben bereits zitierten Rn. 101. Danach macht sich strafbar,
wer »Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner
Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der
Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.
01.5 Angriff auf die Menschenwürde
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Mit Urteil vom 15.03.1994 - BGH 1
StR 179/93 hat sich der BGH zu dem Tatbestandsmerkmal »Angriff auf die
Menschenwürde« als Tatbestandsmerkmal von
§ 130 StGB
(Volksverhetzung) wie folgt positioniert:
Leitsatz 2
§ 130 StGB verlangt einen Angriff
auf die Menschenwürde. Allein die Verletzung der Ehre einer Person
genügt hierfür nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der angegriffenen
Person ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der
staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als minderwertiges Wesen
behandelt wird. Der Angriff muss sich mithin gegen den ihre menschliche
Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit, nicht lediglich gegen
einzelne Persönlichkeitsrechte, richten. (Bearbeiter)
Leitsatz 3
Ein Angriff auf die Menschenwürde
ist, soweit es sich um Äußerungen handelt, die die jüdische Bevölkerung
berühren, insbesondere dann gegeben, wenn der Täter sich mit der
nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziert oder seine
Äußerungen sonst damit in Zusammenhang stehen (BGH NStZ 1981, 258). Er
steht gleichfalls nicht in Frage, wenn der Täter die Tatsache der
systematischen Morde an Juden als Lügengeschichte darstellt, absichtlich
erfunden zur Knebelung und Ausbeutung Deutschlands zugunsten der Juden.
(Bearbeiter)
[Rn. 23:] Das Aufstacheln zum Hass (§ 130
Nr. 1) muss objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sein (...), eine
gesteigerte, über die bloße Ablehnung und Verachtung hinausgehende
feindselige Haltung gegen die betreffenden Bevölkerungsteile zu erzeugen
oder zu steigern (...).
[Anmerkung:] Das gilt auch
für die
weitere Begehungsform des Beschimpfens, böswillig verächtlich Machens
und Verleumdens (§ 130 Nr. 3 Alt. 1-3 StGB).[En08] 8
01.6 Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts
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Die Richter des BVerfG haben mit
Urteil vom 04.02.2010 - BVerfG 1 BvR 369/04 Kriterien definiert, die
überschritten sein müssen, um aus einer zulässigen Meinungsäußerung eine
strafbewehrte Volksverhetzung werden zu lassen.
[Anlass:]
Im Juni 2002 führten die Mitglieder des Vereins »Augsburger Bündnis -
Nationale Opposition« so genannte »Aktionswochen«
durch, in deren Rahmen großformatige Plakate mit folgender Aufschrift
plakatiert wurden.
Aktion Ausländerrückführung Für ein lebenswertes deutsches
Augsburg Augsburger
Bündnis - Nationale Opposition
Die Beschwerdeführer waren auf der
Grundlage von § 130 Abs. 2 StGB vom AG, vom LG und auch vom OLG wegen
Volksverhetzung verurteilt worden.
Die
Rechtsauffassungen der Vorinstanzen, die vom Tatbestand der
Volksverhetzung ausgegangen waren, teilten die Richter des BVerfG
nicht.
Im Schlusssatz des Urteils des
BVerfG heißt es: Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte bei
Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen zu einer anderen für
die Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangen.
Im Urteil heißt es:
[Rn. 20:] Die Aussagen auf
dem Plakat »Aktion Ausländerrückführung - Für ein
lebenswertes deutsches Augsburg« fallen in den Schutzbereich des Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG. Meinungen genießen den Schutz der Meinungsfreiheit,
ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder
Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn
sie scharf und überzogen geäußert werden (...). In der Bestrafung wegen
dieser Aussage liegt ein Eingriff in dieses Grundrecht.
[Rn. 21:] Das Grundrecht
der Meinungsfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet.
Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet es seine Schranken unter anderem in den
Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch 130 Abs. 2 Nr. 1
Buchstabe b StGB gehört.
[Rn. 22:] Bei der Auslegung
und Anwendung strafrechtlicher Vorschriften haben die Gerichte dem
eingeschränkten Grundrecht der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen,
damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene
gewahrt bleibt (...). Die Bürger sind rechtlich nicht gehalten, die
Wertsetzungen der Verfassung persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut
zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der
Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität
aber nicht. Die Bürger sind grundsätzlich auch frei, grundlegende
Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen oder die Änderung tragender
Prinzipien zu fordern. Die plurale Demokratie des Grundgesetzes vertraut
auf die Fähigkeit der Gesamtheit der Bürger, sich mit Kritik an der
Verfassung auseinanderzusetzen und sie dadurch abzuwehren (...).
[Rn. 23:] Voraussetzung
jeder rechtlichen Würdigung von Meinungsäußerungen ist zum einen, dass
ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist. Die Deutung des objektiven
Sinngehalts einer Meinungsäußerung ist unter Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines unvoreingenommenen und
verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln (...). Hierbei dürfen
die Gerichte der Meinungsäußerung keine Bedeutung beilegen, die sie
objektiv nicht hat, und im Fall der Mehrdeutigkeit nicht von der zur
Verurteilung führenden Deutung ausgehen, ehe sie andere
Deutungsmöglichkeiten mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen haben.
Diese verfassungsrechtlichen
Anforderungen schließen zwar nicht aus, dass die Verurteilung auf ein
Auseinanderfallen von sprachlicher Fassung und objektivem Sinn gestützt
werden (...), wie dies insbesondere auf in der Äußerung verdeckt
enthaltene Aussagen zutrifft. Eine solche Interpretation muss aber
unvermeidlich über die reine Wortinterpretation hinausgehen und bedarf
daher der Heranziehung weiterer, dem Text nicht unmittelbar zu
entnehmender Gesichtspunkte und Maßstäbe. Diese müssen ihrerseits mit
Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar sein (...). Auf eine im Zusammenspiel der
offenen Aussagen verdeckt enthaltene zusätzliche Aussage darf die
Verurteilung zu einer Sanktion oder vergleichbar einschüchternd wirkende
Rechtsfolgen daher nur gestützt werden, wenn sich die verdeckte Aussage
dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängt
(...). Hierfür müssen die Gerichte die Umstände benennen, aus denen sich
ein solches am Wortlaut der Äußerung nicht erkennbares abweichendes
Verständnis ergibt. Fehlt es daran, so liegt ein Verstoß gegen Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG vor (...).
[Rn. 24:] Zum anderen ist
der wertsetzenden Bedeutung der Meinungsfreiheit auch auf der Ebene der
Auslegung Rechnung zu tragen. Die Wahrung dieser wertsetzenden Bedeutung
erfordert es grundsätzlich, dass eine Abwägung zwischen der
Meinungsfreiheit und dem durch die Meinungsfreiheit beeinträchtigten
Rechtsgut stattfindet. Die Meinungsfreiheit muss jedoch stets
zurücktreten, wenn die Äußerung einer Meinung die Menschenwürde eines
anderen antastet. Denn die Menschenwürde als Wurzel aller Grundrechte
ist mit keinem Einzelgrundrecht abwägungsfähig (...).
[Rn. 25:] Da aber nicht nur
einzelne, sondern sämtliche Grundrechte
Konkretisierungen der Menschenwürde sind, bedarf es stets einer
sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch
eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt (...).
Die Gerichte haben diesen die Belange der Meinungsfreiheit verdrängenden
Effekt bei der Normauslegung insbesondere von Straftatbeständen zu
beachten (...).
[Rn. 26:] Mit dem Begriff
der Menschenwürde ist der soziale Achtungsanspruch des Menschen
verbunden, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates
zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine
Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (...). Dabei wird der
Begriff der Menschenwürde häufig vom Verletzungsvorgang her beschrieben
(...). Angriffe auf die Menschenwürde können in Erniedrigung,
Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und damit in allen Verhaltensweisen
bestehen, die dem Betroffenen seinen Achtungsanspruch als Mensch
absprechen (...). Damit übereinstimmend geht der Bundesgerichtshof davon
aus, dass allein die Verletzung der Ehre einer Person nicht als ein
Angriff auf die Menschenwürde einzuordnen ist. Danach ist vielmehr
erforderlich, dass der angegriffenen Person ihr Lebensrecht als
gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft
abgesprochen und sie als unterwertiges Wesen behandelt wird. Der Angriff
muss sich mithin gegen den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der
Persönlichkeit, nicht lediglich gegen einzelne Persönlichkeitsrechte,
richten (...). Diese Auslegung des Bundesgerichtshofs hat die Kammer für
die Anwendung von § 130 StGB a.F. gebilligt (...). Bei der Subsumtion
der Parole »Ausländer raus« unter den Volksverhetzungstatbestand nehmen
die Fachgerichte grundsätzlich eine restriktive Auslegung des
Volksverhetzungstatbestandes vor (...), indem sie nur unter Hinzutreten
weiterer Begleitumstände von einem Angriff auf die Menschenwürde
ausgehen (...). Auch diese Auslegung begegnet verfassungsrechtlich
keinen Bedenken. [En09] 9
[Hinweis:] Die
Verpflichtung zur sorgfältigen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen
gilt für alle Begehungsarten des § 130 StGB (Volksverhetzung).
01.7 Anwendungsfälle aus der
Rechtsprechung
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Im Folgenden wird aus Urteilen
zitiert, die aufzeigen, welche Handlungen den Tatbestand von
§ 130
Abs. 1 StGB
(Volksverhetzung) verletzen.
Die Darstellung aktueller
Rechtsprechung beschränkt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit auf
folgende Bereiche:
01.7.1 Volksverhetzende
öffentliche Rede
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Mit Beschluss vom 15.08.200 -
Aktenzeichen: 2 Ss 147/00, entschied das OLG Frankfurt, dass die
Bezeichnung von Ausländern als »Sozialparasiten« den Tatbestand der
Volksverhetzung iSv § 130 Abs. 1 StGB (Volksverhetzung) verletze.
[Anlass:]
Auf einer Veranstaltung äußerte sich ein Redner wie folgt: »Anstatt
Millionen von deutscher Arbeit erwirtschaftete Deutsche Mark in die
biologische Explosion afrikanischer, asiatischer und
lateinamerikanischer Völker zu stecken oder eine Invasion unseres Volkes
mit nicht verpflichteten Sozialparasiten zu finanzieren, hat der Staat
erheblich mehr finanzielle Mittel und organisatorische Anstrengungen in
die Förderung deutscher Familien ... zu investieren.«
In dem Beschluss heißt es u.a.:
Die Aussage (...) betrifft Teile
der Bevölkerung, nämlich - alle Ausländer, die in die Bundesrepublik
Deutschland einreisen und hier Sozialleistungen in Anspruch nehmen, ohne
dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Diese zahlenmäßig erhebliche
Personengruppe ist aufgrund der genannten gemeinsamen Merkmale als
unterscheidbarer Teil von der Gesamtheit der Bevölkerung abgrenzbar. Mit
der Bezeichnung dieser Bevölkerungsteile als »Sozialparasiten« hat der
Angeklagte die Personengruppe verächtlich gemacht. Die betroffenen
Personen werden durch ein Werturteil als der Achtung der Staatsbürger
unwert und unwürdig hingestellt (...). Denn ihnen wird angelastet
zielgerichtet auf Kosten anderer, nämlich der deutschen Bevölkerung, in
der Bundesrepublik Deutschland zu leben. Diesen Vorwurf hat der
Angeklagte auch böswillig, also aus feindlicher Gesinnung mit der
Absicht zu kränken erhoben, wie sich aus der Wortwahl ergibt.
Der Angeklagte hat durch seine
Formulierung diese Bevölkerungsgruppe in ihrer Menschenwürde
angegriffen. Denn er hat den Personen ihr Lebensrecht als gleichwertige
Persönlichkeiten in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie
als minderwertige Wesen dargestellt. Der Angriff richtet sich gegen den
ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit, nicht
lediglich gegen einzelne Persönlichkeitsrechte, mit dem Ziel, die
Angegriffenen in der Entfaltung ihrer Individualität zu behindern und
sie gewissermaßen in einen Objektstatus zu versetzen. Das Landgericht
hat einen Angriff auf die Menschenwürde verneint. Es hat hierzu
lediglich ausgeführt, durch die Bezeichnung ausländischer Mitbürger als
Sozialparasiten würden diese nicht als menschlich unterwertig
dargestellt; auch werde ihnen hierdurch nicht das Lebensrecht innerhalb
der Gemeinschaft abgesprochen.
An anderer Stelle heißt es:
Die Bezeichnung der betreffenden
Bevölkerungsgruppe als »Sozialparasiten« knüpft daran an, dass diese
Menschen auf Kosten der Bundesrepublik Deutschland im Inland leben, ohne
ihrerseits Gegenleistungen zu erbringen.
In der Verwendung des Begriffs
Parasiten liegt jedoch nicht nur eine »bildhaft beschreibende Kritik in
volkssprachlicher Form«. Vielmehr haftet diesen Begriff nach dem
objektiven Sinngehalt in der betreffenden Situation ein deutlich
erkennbares erhebliches Unwerturteil an.
Ein Parasit ist gerade kein
menschliches Wesen, sondern ein tierischer oder pflanzlicher Schädling.
Dem steht nicht entgegen, dass im Tier- oder Pflanzenreich durchaus für
beide Teile nützliche Symbiosen existieren, der Angeklagte hat
ersichtlich keine wissenschaftlich korrekte Parallele ziehen wollen,
sondern eine seiner Ansicht entsprechende deutlich negative Bezeichnung
verwendet. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Begriff
»Parasit« schon deshalb eine ganz erhebliche verächtlichmachende
Bedeutung hat, weil er in der Vergangenheit bereits gegenüber Juden in
böswillig verächtlichmachender Weise verwendet wurde, was in den von dem
Angeklagten angesprochenen Kreisen als bekannt vorausgesetzt werden
konnte.
Die Bezeichnung der betreffenden
Menschen als »Sozialparasiten« beschreibt auch nicht lediglich bestimmte
Verhaltensweisen, sondern richtet sich gegen die angesprochenen Personen
als solche. Ebenso diente die Verwendung des Begriffs »Parasiten« in dem
gewählten Satzzusammenhang nicht lediglich der kritischen Beschreibung
eines Zustandes, sondern ist verknüpft mit dem erklärten Ziel, die
Invasion« des Volkes mit solchen Menschen eben nicht mehr zu
finanzieren, und spricht damit diesen Menschen das Recht ab, als
gleichwertige Persönlichkeiten in der staatlichen Gemeinschaft zu leben.
Sie werden vielmehr als unterwertig gekennzeichnet. [En10]
10
01.7.2 Ausländerfeindliche Parolen
TOP
Mit Urteil vom 28.11.2001 -
Aktenzeichen: 1 Ss 52/01 hob das OLG Brandenburg ein erstinstanzliches
Urteil auf, das davon ausgegangen war, dass es sich bei den Ereignissen
anlässlich der Feierlichkeiten der Jahrtausendwende nicht um
Volksverhetzung gehandelt habe.
[Anlass:]
Anlässlich der Jahrtausendwende (31.12.1999) befanden sich in einer
Gruppe von 50 Personen mehrere Teilnehmer, die in Kleingruppen unterwegs
waren und die Bomberjacken, Springerstiefel, hochgekrempelte Hosen und
kurze Haare trugen und eine Reichskriegsflagge des 1. Weltkrieges mit
sich führten. Die Person, gegen die ein Strafverfahren u.a. wegen
Volksverhetzung eingeleitet wurde, wechselte ständig von einer Gruppe in
die nächste. Aus diesen Gruppen wurden nachfolgende Parolen zum Teil
mehrfach, gerufen: »Sieg heil«, »Ausländer raus«, »Hoch die nationale
Solidarität«, »Deutschland den Deutschen.« Da dem Angeklagten nicht
nachgewiesen werden konnte, welche Parolen er selbst skandiert hatte,
wurde er vom Amtsgericht freigesprochen.
Gegen diesen Freispruch legte die
StA Revision ein.
Daraufhin
wurde vom Brandenburgischen Oberlandesgericht das
Urteil des Amtsgerichts - soweit der Angeklagte vom Vorwurf der
Volksverhetzung freigesprochen worden war - aufgehoben.
Im Urteil heißt es:
Das angefochtene Urteil kann
keinen Bestand haben. Die Erwägungen, aufgrund derer das Amtsgericht den
Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen hat, sind
rechtsfehlerhaft. Das Gericht hätte bei zutreffender rechtlicher
Würdigung des festgestellten Sachverhalts den Angeklagten nicht mit der
Begründung freisprechen dürfen, der objektive Tatbestand der
Volksverhetzung sei nicht erfüllt. Das Gegenteil ist der Fall. Auch die
Verneinung vorsätzlichen Handelns hält rechtlicher Überprüfung nicht
stand.
Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht
sich strafbar, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen
Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert. Beide
Alternativen liegen, soweit es den objektiven Tatbestand betrifft, vor;
der Angeklagte hat insoweit entgegen der Annahme des Amtsgerichts sogar
beide Handlungsvarianten erfüllt.
Das Aufstacheln zum Hass ist eine
verstärkte, auf die Gefühle des Aufgestachelten gemünzte, über die bloße
Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer
emotional gesteigerten feindseligen Haltung (...). Diese feindselige
Haltung sollte hier durch die Parole »Ausländer raus« erzeugt werden.
Vor dem Hintergrund der allgemein bekannten gewalttätigen
Ausschreitungen gegen Ausländer in G und die seit Jahren zu
verzeichnenden Übergriffe gegen Ausländer insbesondere auch im Land
Brandenburg, die im allgemeinen Bewusstsein sind, lässt sich die aus
einer größeren Personengruppe heraus gegrölte Parole »Ausländer raus«
unter den gegebenen Umständen aus der Sicht eines objektiven
Durchschnittsbeobachters nur dahin deuten, dass im Hörer dieser Parole
gegen die Ausländer nicht nur Vorbehalte und Ablehnung, sondern eine
aggressive Missachtung und Feindschaft erzeugt oder gesteigert werden
sollten. Eine unmittelbare Aktion brauchte damit nicht beabsichtigt zu
sein; es genügte, dass die Parole objektiv geeignet und subjektiv dazu
bestimmt war, auf den Adressaten der Parole in dieser Weise einzuwirken
(...). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im konkreten Fall
dieser Parole eine andere, insbesondere nicht mit dieser Zielrichtung
verbundene Bedeutung zukam. Im Gegenteil sprechen auch die gesamten
sonstigen Umstände für die Annahme einer bewussten Volksverhetzung durch
die Personen, die diese Parole gegrölt haben. Dabei ist insbesondere zu
berücksichtigen, dass zeitgleich noch weitere Parolen gerufen wurden,
deren geistige Quelle aus dem rechtsradikalen, menschenverachtenden
Gedankengut stammt. Die Parole »Sieg Heil« lässt zweifelsfrei auf eine
nationalsozialistische Gesinnung schließen; sie ist Ausdruck
feindseliger Haltung gegen die freiheitliche Rechtsordnung und eine
Gesellschaft, die verhindern will, dass das Gedankengut des braunen
Unrechtsregimes mit den für die Menschen verheerenden Konsequenzen Platz
greift. Ähnliches gilt für die weiteren Parolen »Hoch die nationale
Solidarität« und »Deutschland den Deutschen«, zumal da diese Parolen
nicht losgelöst von den anderen aus der Gruppe gerufenen Parolen
bewertet werden können. Auch die Tatsache, dass diesen Parolen durch
ihre mehrfache Wiederholung besonderer Nachdruck verliehen werden
sollte, gewinnt für diese Beurteilung Bedeutung. Dagegen ist es entgegen
der Ansicht des Verteidigers für die Tatbestandsverwirklichung des § 130
Abs. 1 Nr. 1 (erste Tatalternative) StGB irrelevant, dass die Parolen
nicht »aus der Personengruppe im Sinne eines festen Chores gerufen
wurden, sondern vereinzelt und aus verschiedenen Untergruppen, die
lediglich in lockerer Verbindung (standen)«. Auf die Größe und
Einheitlichkeit der Gruppe kommt es bei der Frage, ob zum Hass gegen
Teile der Bevölkerung aufgestachelt wird, nicht an; es genügt die
Verhetzung durch einen Einzelnen, sofern die Tat in einer Weise begangen
wird, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Das aber
steht nach den Urteilsfeststellungen außer Zweifel. Denn abgesehen
davon, dass die Tat nach § 130 StGB kein konkretes, sondern ein
potentielles Gefährdungsdelikt ist, hat das festgestellte Verhalten
mehrere Zeugen veranlasst, vorsorglich die Polizei zu verständigen, weil
sie zu Recht durch das Auftreten von Personen mit Bomberjacken und
Springerstiefeln und die gegrölten Parolen den Zustand allgemeiner
Rechtssicherheit gefährdet sahen.
Die getroffenen Feststellungen
erfüllen darüber hinaus den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung
auch insoweit, als es um die Handlungsalternative »Auffordern zu Gewalt-
oder Willkürmaßnahmen« geht. Diese Tathandlung liegt vor, wenn der Täter
durch seine Erklärung nicht nur eine Handlung befürwortet, sondern auf
die Erklärungsempfänger mit dem Ziel einzuwirken versucht, in ihnen den
Entschluss hervorzurufen, derartige Maßnahmen gegen den durch § 130 StGB
geschützten Personenkreis zu ergreifen (...). Wer die Parole »Ausländer
raus« gegenüber einem unbestimmten Adressatenkreis grölt, wird damit
regelmäßig nicht nur seine Ablehnung oder Verachtung dieses Teils der
Bevölkerung kundtun, sondern damit auch die Absicht verbinden, auf den
Parolenempfänger in der Weise einzuwirken, dass er sich diesen Imperativ
zu eigen macht und daraus seine Handlungskonsequenzen zieht. Wollte er
mit dieser Parole diese Aufforderung nicht verbinden, dann würde sie
schon ihrer eigentlichen semantischen Bedeutung entkleidet. Jedenfalls
aber lässt auch hier eine Gesamtwürdigung aller aufgeführten Umstände
nur die Deutung zu, dass ein objektiver Betrachter der Szene die Parolen
als eine derartige Aufforderung verstehen konnte.
An anderer Stelle heißt es:
Das dem Angeklagten bekannte
Erscheinungsbild der Gruppe kann auch keinen Zweifel daran lassen, dass
die Forderung nach der Entfernung der Ausländer im rechtsradikalen
Bereich ihren Ursprung hatte und ihm dies bewusst war. Wenngleich nur
einige der Teilnehmer der Silvesterfeier mit sogenannten Bomberjacken
und Springerstiefeln bekleidet waren und kurze Haare trugen, vermittelte
die Gruppe wegen dieses Erscheinungsbildes, der skandierten Parolen und
der mitgeführten Reichskriegsflagge darüber hinaus sogar den Eindruck
eines Aufmarsches von Rechtsradikalen, die bis in jüngster Zeit zu
gewalttätigen ausländerfeindlichen Ausschreitungen geführt haben.
Der Umstand, dass die Gruppe von
etwa 50 Personen ungeordnet und in Einzelgruppen von 3 bis 15 Personen
liefen, steht diesem Eindruck nicht entgegen, wie im Übrigen die vom
Amtsgericht festgestellte Tatsache belegt, dass mehrere Zeugen diese
Gruppe als gefährlich eingeschätzt und deshalb die Polizei verständigt
haben (...). Unter diesen Umständen kann dem Tragen der
Reichskriegsflagge nur eine die Parolen und das erkennbar vorhandene
Gewaltpotential verstärkende Bedeutung zukommen und wird von dem
Angeklagten kaum anders verstanden worden sein.
Das Urteil war demnach aufzuheben
und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen, dem weitere
Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, soweit sie mit den vorliegenden
nicht im Widerspruch stehen, nicht verwehrt sind, das insbesondere
jedoch die innere Tatseite zu prüfen haben wird. [En11] 11
01.7.3 Strafbare Parolen im
Überblick
TOP
Beispielhafte Aufzählung
strafbarer volksverhetzender Äußerungen (§ 130 StGB):
-
Die ... sollte man vergasen
-
Die ... sind Untermenschen
-
Gleichstellung einer
bestimmten Bevölkerungsgruppe mit Tieren, die man abschießen könne
-
Forderung nach einem Eheverbot
zwischen .... und »Ariern«
-
Parole »Nationaler Widerstand«
Hinsichtlich dieser Parole heißt es in einem Urteil des VG Freiburg:
Auch hinsichtlich des Verbots von Parolen mit der Wortfolge
»Nationaler Widerstand« besteht ein öffentliches Interesse am
Sofortvollzug. Die Stadt Freiburg weist insoweit zu Recht darauf
hin, dass diese Parole in der rechtsextremen Szene mittlerweile wohl
fest etabliert ist und als Erkennungszeichen gewaltbereiter
rechtsextremistischer Aktivisten gilt. [En12]12
-
Asylbetrüger Auch auf die
Gruppe der Asylbewerber ohne Anerkennungsanspruch ist das Merkmal
anwendbar. Ein solcher Angriff ist in Handlungen zu erblicken, durch
die Menschen derart im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen werden,
dass sie als menschlich unterwertig dargestellt werden und ihnen das
Lebensrecht in der Gemeinschaft abgesprochen wird. Somit fällt auch
das Bestreiten eines »sozialen« Lebensrechts in den
Anwendungsbereich des Tatbestandes. [En13] 13
-
Parole »Jude verrecke«
-
Bezeichnung von Asylbewerber
als Wirtschaftsschmarotzer, Tagediebe, Faulenzer und Zigeuner
-
Gleichsetzung von Ausländern
mit »Sozialparasiten«
-
Äußerung bei einer
öffentlichen Meinungsumfrage zur Unterbringung von Asylanten: Leider
sind Asylanten nicht zum Abschuss freigegeben
-
Leider sind die
Kz zurzeit geschlossen
-
In Dachau ist noch Platz in
den Öfen
-
Nein zum Heim! Asylflut
stoppen
-
Kriminelle Ausländer raus
-
Wir sind nicht das Sozialamt
der Welt
-
Kein Schwein will dieses Heim
-
Heimreise, statt Einreise
-
Deutschland, wach auf
-
Deutschland den Deutschen,
Ausländer raus
-
Standrechtlich erschießen
-
Jude, Jude, feiges Schwein,
komm heraus und kämpf allein.
[Hinweis:] Einige dieser
Parolen oder Sprüche fallen erst dann unter den Tatbestand von
§ 130 StGB
(Volksverhetzung), wenn sie in einem Kontext radikalisierter
Gewaltbereitschaft vorgetragen werden.
01.7.4 Schießen auf Flüchtlinge
TOP
Seit 2015 suchten mehr als eine
Million Flüchtlingen und Migranten in Deutschland Schutz vor Verfolgung
und Bürgerkrieg. Diese Flüchtlingsbewegung ist Teil einer europaweiten
Flüchtlingskrise und hat in Deutschland eine kontroverse
gesellschaftlichen Debatte über die deutsche Flüchtlingspolitik
ausgelöst, deren
Ende zurzeit noch nicht abzusehen ist (Februar 2016). Hunderttausende
Asylsuchende wurden bisher noch nicht registriert, haben noch keinen
Asylantrag gestellt oder warten auf die Bearbeitung ihrer Anträge. Eine
zahlenmäßig nicht bekannte große Anzahl von Flüchtlingen leben im Land,
ohne von den Behörden überhaupt registriert worden zu sein.
Am 30.01.2016 informierte das ZDF
und andere Medien die deutsche Öffentlichkeit über ein Statement, das
die Vorsitzende der AfD Frauke Petry im Rahmen eines Interviews gegeben
hatte.
[Schusswaffengebrauch gegen
Flüchtlinge:] Petry hatte am 31.01.2016 in einem Interview
gefordert, die Bundespolizei müsse »notfalls auch von der Schusswaffe
Gebrauch machen«, um die Einreise unregistrierter Flüchtlinge aus
Österreich zu verhindern. Die im Bundestag vertretenen Parteien
reagierten mit Entsetzen.
Sendebeitrag des ZDF
Dieses Interview nahm ein
Rechtsanwalt zum Anlass, gegen Frau Petry eine Strafanzeige wegen
Volksverhetzung zu erstatten. Die Aussagen der AfD-Chefin
seien geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Diese Aufforderung
sei als eine »rechtswidrige Gewalt- und Willkürmaßnahme« gegen
Flüchtlinge anzusehen. [En14] 14
[Handelt es sich um
Volksverhetzung:] Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung ist das
nicht der Fall. Zwar wurde durch diese Äußerung einer
Parteivorsitzenden das politische Klima in Deutschland nachhaltig
»aufgemischt«, das aber ist eine Wirkung, die durchaus zum
Selbstverständnis von Parteien gehört, deren Aufgabe es ist, bei der
Willensbildung des »Volkes« mitzuwirken.
So auch die Entscheidung der
Staatsanwaltschaft, die in den Äußerungen der Vorsitzenden der AfD
keinen Grund sahen, gegen sie ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung
einzuleiten. Die Staatsanwaltschaft begründet ihre Entscheidung damit,
dass »selbst als abwegig und sogar gefährlich empfundene Meinungen« noch
als Meinungsfreiheit angesehen werden müssen.« [En15] 15
Auch das Einfordern einer
Obergrenze für Asylsuchende entspricht nicht dem geltenden
Verfassungsrecht und zeugt von der gleichen Unkenntnis, wie die
Behauptung, dass Grenzübertritte erforderlichenfalls sogar durch
Schusswaffengebrauch unterbunden werden können.
Mit anderen Worten:
Dummheit ist Bestandteil der
menschlichen Natur und unausrottbar.
Das Verbreiten von Dummheiten
gehört auch in der politischen Auseinandersetzung zur gesellschaftlichen
Realität.
01.8 Anwendungsfälle § 130 Abs. 1
Nr. 2
TOP
Diese Alternative setzt voraus,
dass die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen wird, dass eine
vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder eine Einzelperson
wegen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil
der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder
verleumdet wird.
»Dieser Begehungsvariante kommt
nicht die Funktion eines erweiterten Ehrenschutzes zu. Es muss sich
vielmehr um einen menschenwürdefeindlichen Angriff handeln. Das
Abgrenzungskriterium gegenüber den von §§ 185 ff StGB erfassten
Ehrverletzungen liegt darin, dass die verletzenden Äußerungen nach § 130
Abs. 1 Nr. 2 StGB die Angehörigen des betreffenden Bevölkerungsteils in
ihren grundlegenden Lebensrechten als gleichwertige Persönlichkeiten in
der Gemeinschaft treffen sollen und sie eine den unverzichtbaren
Persönlichkeitsbereich tangierende soziale Abwertung erhalten« (LK-StPO,
§ 132, Rn. 46).
Was damit gemeint ist, wird an
zwei Beispielen illustriert, die Gegenstand richterlicher
Urteilsfindungen gewesen sind.
Siehe folgende Randnummer.
01.8.1 Affe, verpiss dich
TOP
Mit Urteil vom 19.05.2015 - 844 Ds
111 Js 132270/15, befand das AG München einen Mann der Volksverhetzung
(§ 130 StGB) in Tateinheit mit Beleidigung (§ 185 StGB) für schuldig.
[Anlass:]
Am 09.02.2015 hatte der Mann den Anzeigenerstatter, bei dem es sich um
einen dunkelhäutigen Mann handelte in München mit den Worten »Affe,
verpiss dich«, »das kannst du bei deiner IS machen, geh zu deiner IS
zurück« und »man sieht dir an, dass du von einem Volk abstammst, das von
Affen abstammt« beschimpft.
Im Urteil heißt es:
Die Äußerungen des Angeklagten,
die in aller Öffentlichkeit erfolgten und zumindest auch vom Zeugen XY
wahrgenommen wurden, waren geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.
Dies nahm der Angeklagte zumindest billigend in Kauf.
Zudem wollte der Angeklagte mit
diesen Äußerungen seine Missachtung gegenüber dem Geschädigten zum
Ausdruck bringen.
[Anmerkung:] Dieser kurze
Begründung im Urteil ist ein - wenn auch unzureichender - Nachweis eines
Angriffs auf die Menschenwürde eines Mannes, der einer Gruppe angehört
und
dessen Persönlichkeitswert dadurch in Frage gestellt wird. Gleiches gilt
für die damit verbundene soziale
Abwertung der Person.
Im Urteil heißt es weiter:
Bei der
Befragung zum Sachverhalt der Verurteilung (...) hat der Angeklagte
wörtlich formuliert, es habe sich um einen Vorfall gehandelt, bei dem
die Polizei gekommen sei. Bei den eingesetzten Polizeibeamten sei auch
irgend so ein Neger dabei gewesen, also ein dunkler Mann, die
Polizeibeamten hätten sich nicht ordnungsgemäß um den damaligen
Sachverhalt gekümmert. [En16] 16
Das reichte aus, um gegen den
Angeklagten eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu verhängen.
01.8.2 Botschaft an das deutsche
Volk
TOP
§ 130 StGB verlangt einen
Angriff auf die Menschenwürde. Allein die Verletzung der Ehre einer
Person genügt hierfür nicht.
Diesbezüglich hat sich der BGH mit
Urteil vom 15. März 1994 - BGH 1 StR 179/93 gegen den Tatbestand der
Volksverhetzung entschieden, weil es dem Anlass an der »Würdeverletzung
im Sinne von
§ 130 StGB
(Volksverhetzung) fehlte.
[Anlass:]
Der Angeklagte hatte eine Vortragsveranstaltung mit dem amerikanischen
»Hinrichtungsexperten« Fred Leuchter geplant. Thema der Veranstaltung
sollten die Ergebnisse der Nachforschungen sein, die Leuchter über die
Existenz von Gaskammern und die Größe von Krematorien in den ehemaligen
Konzentrationslagern von Auschwitz, Birkenau und Majdanek angestellt
hatte. Zu dem Vortragsabend lud der Angeklagte alle Mediengruppen und -
durch persönlich abgefasste Einladungen - einen größeren Personenkreis
ein. Die Veranstaltung wurde am 19. November 1991 in einer Gaststätte in
Weinheim durchgeführt und vom Angeklagten geleitet. Auf seine
Veranlassung hin wurde die Veranstaltung vollständig auf ein Videoband
aufgezeichnet. An ihr nahmen etwa 120 Zuhörer sowie ein Fernsehteam des
Südwestfunks teil. Von der Videoaufzeichnung ließ der Angeklagte später
Kopien herstellen, von denen er zwischen 12 und 24 Stück an einen Verlag
zum Weitervertrieb verkaufte.
Seine Ausführungen schloss
Leuchter mit einer »Botschaft an das deutsche Volk«. Darin heißt es
u.a.: »Die Deutschen waren seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges
Weltbürger zweiter Klasse. Auf Grund der Gaskammerlüge, die den
Deutschen aufgezwungen wurde, trägt ein ehemals stolzes Volk die Schuld
einer abscheulichen Sünde mit sich herum, die es nie begangen hat.
Heinrich der IV. tat Buße, indem er barfuß mitten im Winter über die
Alpen nach Rom pilgerte. Wohin geht das deutsche Volk jetzt? Nach
Israel? 45 Jahre Buße sind genug! Insbesondere für eine Sünde, die nie
begangen wurde« (UA S. 64). Er forderte die Deutschen auf, sein
Verlangen nach einer Untersuchung der »angeblichen Gaskammern« zu
unterstützen und sich »von dieser Lüge der Erfindung« (im Original:
»fabrication of history«) zu befreien.
Die von Leuchter mehrfach
verwendeten Begriffe »Gaskammerlüge« und »Gaskammermythos« übersetzte
der Angeklagte wörtlich.
In den Leistätzen des BGH-Urteils
vom 15.03.1994 - BGH 1 StR 179/93 heißt es:
§ 130 StGB verlangt einen Angriff
auf die Menschenwürde. Allein die Verletzung der Ehre einer Person
genügt hierfür nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der angegriffenen
Person ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der
staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als minderwertiges Wesen
behandelt wird. Der Angriff muss sich mithin gegen den ihre menschliche
Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit, nicht lediglich gegen
einzelne Persönlichkeitsrechte, richten (BGHR StGB § 130 Menschenwürde
1). (Bearbeiter)
3. Ein Angriff auf die
Menschenwürde ist, soweit es sich um Äußerungen handelt, die die
jüdische Bevölkerung berühren, insbesondere dann gegeben, wenn der Täter
sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziert oder
seine Äußerungen sonst damit in Zusammenhang stehen (BGH NStZ 1981,
258). Er steht gleichfalls nicht in Frage, wenn der Täter die Tatsache
der systematischen Morde an Juden als Lügengeschichte darstellt,
absichtlich erfunden zur Knebelung und Ausbeutung Deutschlands zugunsten
der Juden. (Bearbeiter)
Einen solchen Angriff vermochten
die Richter des BGH nicht zu erkennen.
Im Urteil heißt es diesbezüglich:
[Rn. 22:] Für die Erfüllung
des Tatbestandes des § 130 StGB ist weiter erforderlich, dass der
Angriff auf die Menschenwürde durch eine der in § 130 Nr. 1-3 StGB
aufgeführten Handlungen erfolgt; das Landgericht hat sich insoweit
darauf beschränkt, die Nr. 1 und 3 des Tatbestandes als gegeben
anzusehen, ohne darzulegen, welche Äußerungen des Angeklagten welche der
sehr unterschiedlichen Begehungsweisen erfüllen sollen.
[Rn. 23:] Das Aufstacheln
zum Hass (§ 130 Nr. 1) muss objektiv geeignet und subjektiv bestimmt
sein (...), eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung und Verachtung
hinausgehende feindselige Haltung gegen die betreffenden
Bevölkerungsteile zu erzeugen oder zu steigern (...). Insoweit fehlen
insbesondere Feststellungen des Landgerichts dazu, inwieweit die
Äußerungen des Angeklagten dazu bestimmt waren, zum Rassenhass
aufzustacheln.
[Rn. 24:] Auch für die
weitere Begehungsform des Beschimpfens, böswillig verächtlich Machens
und Verleumdens (§ 130 Nr. 3 Alt. 1-3 StGB) fehlt jede Darlegung, welche
Begehungsform durch welche Handlungsweise des Angeklagten erfüllt sein
soll; auch insoweit versteht es sich nicht von selbst, dass diese
Begehungsweisen erfüllt sind.
[Rn. 25:] Die Aufhebung der
Verurteilung wegen Volksverhetzung führt zur Aufhebung des
Schuldspruches insgesamt, weil die übrigen vom Landgericht angenommenen
Tatbestände hiermit in Tateinheit stehen. [En17] 17
01.8.3 Scheiß
Moslem
TOP
Im Februar 2016 wurde gegen einen
Abgeordneten in Münster wegen Volksverhetzung und Körperverletzung
ermittelt, weil er einem türkischen Taxifahrer als »scheiß Moslem«
bezeichnet hatte. Danach hatte der Abgeordnete seiner Meinung durch eine
Handgreiflichkeit eine ganz besondere Note verliehen.
Ob es zu einem Verfahren gegen den
Abgeordneten kommen wird, hängt davon ab, ob dem Ersuchen um Aufhebung
der Immunität beim Landtag NRW entsprochen wird. In einer Meldung der
Grafschafter Nachrichten vom 18.02.2016 heißt es,
dass darüber der Rechtsausschuss zu entscheiden habe. Am Ende stehe ein
Beschluss, der dann durch das Plenum des Landtages beraten werde.
Das
kann dauern.
Als Anwendungsfall einer
Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 1 StGB eignet sich insoweit eher
ein fiktives Fallbeispiel.
[Beispiel:] Als ein Mann an einem Taxistand in ein dort stehendes
Taxi einsteigen will, stellt er fest, dass es sich bei dem Fahrer
erkennbar um einen Ausländer handelt. Als der Taxifahrer dem Mann zu
verstehen gibt, dass er auf einen anderen Fahrgast wartet, rastet der
Mann aus. Er sagt: »Es ist nicht zu fassen, dass sich ein Deutscher
schon von einem Kanaken sagen lassen muss, was geht und was nicht geht.
Du gehörst ganz einfach in einen Wagon und dann ab in ein Lager. Ihr
Türken seit sowieso alle nur Wirtschaftsschmarotzer, Tagediebe,
Faulenzer und Zigeuner.« Rechtslage?
Dass in diesem Beispiel die Grenze
von Beleidigungen, die durch § 185 StGB (Beleidigung) unter
Strafe stehen, überschritten wird, ist offenkundig, denn mit dem Begriff
der Menschenwürde ist der soziale Achtungsanspruch des Menschen
verbunden, der es verbietet, den Menschen einer Behandlung auszusetzen,
die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellen. Angriffe auf die
Menschenwürde können in Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung
und damit in allen Verhaltensweisen bestehen, die dem Betroffenen seinen
Achtungsanspruch als Mensch absprechen.
Festzustellen ist jedoch, dass
allein die Verletzung der Ehre einer Person nicht als ein Angriff auf
die Menschenwürde anzusehen ist.
Es ist vielmehr erforderlich, dass
der angegriffenen Person ihr Lebensrecht als gleichwertige
Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als
»unterwertiges« Wesen behandelt wird. Der Angriff muss sich mithin gegen
den die menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit richten.
[En18] 18
Das ist im o.g. Beispiel
offensichtlich der Fall.
02 § 130 Abs. 2 StGB
TOP
§ 130 Abs. 2 StGB
(Volksverhetzung) stellt die Verbreitung volksverhetzender Inhalte
durch:
unter Strafe,
soweit durch diese Form der Verbreitung ein fremdenfeindliches Klima
geschaffen und eine emotionale Aufladung gegen betroffene Gruppen oder
Einzelpersonen erzielt wird, gegen die sich die Hetze richtet.
Auch in dieser Alternative steht
die Erhaltung des öffentlichen Friedens im Zentrum des Schutzzweckes des
Straftatbestandes. Das schließt aber nicht aus, dass auch hier die Würde
einzelner Gruppenmitglieder vom Schutzgut der Norm erfasst ist.
§ 130 Abs. 2 StPO verweist
hinsichtlich volksverhetzender Tatbestandsmerkmale auf § 130 Abs. 1 StGB
(öffentlicher Frieden, Bezeichnung möglicher Tatopfer und Tathandlungen:
beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder verleumden). Diese
Tatbestandsmerkmale wurden bereits oben erörtert.
[Tatmittel:] Voraussetzung
für die Begehung einer Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 2 StGB
ist, dass die Tat durch
begangen
wird.
[Schriften:] Die Schrift
als Tatgegenstand des § 130 StGB geht über das reine geschriebene Wort
hinaus. Was unter einer Schrift zu verstehen ist, regelt
§ 11 Abs. 3
StGB (Personen- und Sachbegriffe). Danach sind, neben traditionellen
Schriften, auch Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und
andere Darstellungen vom Schriftbegriff umfasst. Eine Verbreitung ist
jedoch dann nicht gegeben, wenn die Schriften i.S.d. § 11 Abs. 3
StGB nur einem beschränkten Personenkreis zur Verfügung gestellt werden.
[Auslegung des Inhalts von
Schriften:] Maßgeblich für die Auslegung einer Schrift oder einer
Darstellung mit volksverhetzenden Inhalten ist die Sichtweise eines so
genannten »objektiven Beobachters«. Darunter ist ein umsichtiger
Beobachter zu verstehen, der sich gewissenhaft erkundigt hat und der
Überzeugung ist, dass es sich bei der verbreiteten Information um eine
volksverhetzende Schrift/Darstellung handelt.
Hinsichtlich der Inhalte von
Schriften mit volksverletzenden Inhalten gelten die gleichen Kriterien,
die bereits oben erörtert wurden. Deshalb werden die möglichen
Tathandlungen hier nur stichpunktartig skizziert:
Eine Schrift gilt als
Volksverhetzung, wenn sie
-
zum Hass aufstachelt
-
zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen auffordert
-
die Menschenwürde durch
Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden angreift.
[Rundfunk:] Hierbei handelt
es sich um einen weit auszulegenden Begriff, der sowohl den
öffentlich-rechtlichen als auch den privatrechtlichen Hör- und
Fernsehfunk umfasst.
[Tele- und Mediendienste:]
Was darunter einem Telemediendienstanbieter zu verstehen ist, ist im
§ 2 TDG
(Begriffsbestimmungen) geregelt. Aufgabe von Telemediendiensteanbietern im Sinne
von
§ 1 TDG
(Anwendungsbereich) ist es, »durch technologieneutrale Regulierung den
Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation und leistungsfähige
Telekommunikationsinfrastrukturen zu fördern und flächendeckend
angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten«.
Telemediendiensteanbieter in
diesem Sinne sind alle Provider sowie die Anbieter von sozialen Medien.
Im Prinzip handelt es sich um die gesamte Technik des Internets:
Websites, E-Mail, SMS, soziale Medien, Twitter, Facebook & Co.
02.1 Verbreiten - Zugänglichmachen
iSv § 130 Abs. 2 StGB
TOP
Das Tatbestandsmerkmal des Verbreitens
von
Ton- und Filmaufnahmen im Sinne von
§ 130
Abs. 2 StGB
(Volksverhetzung) ist verwirkt, wenn volksverhetzende Inhalte einem
größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird, zum Beipsiel durch Abspielen oder Vorführen.
Für die Ausstrahlung durch Radio-
oder Fernsehsendungen reicht es aus, wenn die Inhalte auf Ton- oder
Bildträgern gespeichert sind. Das ist immer der Fall, wenn Sendungen im
Rundfunk oder Fernsehen gesendet werden. Auch Live-Übertragungen werden
während der Übertragung gespeichert.
[BGH zum Verbreiten im
Internet:] Bezüglich der Datenübertragung im Internet geht der BGH
von einem besonderen Verbreitungsbegriff aus.
Die Kurzfassung vorab:
Ein Verbreiten im Internet ist
gegeben, wenn die Datei auf dem Rechner des Internetnutzers - und sei es
nur im flüchtigen Arbeitsspeicher oder auf einem ständig vorgehaltenen
Datenspeicher (z.B. Festplatte) angekommen ist.
[BGH 2013:] Im Urteil des
BGH vom 27. Juni 2001 - BGH 1 StR 66/01 haben die Richter sich
zum Verbreitungsbegriff des § 184 StGB (Verbreitung
pornografischer Schriften) geäußert. Da der Begriff des »Verbreitens«
im § 184 StGB identisch ist mit dem von § 130 StGB, gelten für den
Tatbestand der Volksverhetzung die nachfolgenden Zitate analog:
In dem Beschluss heißt es:
[Verbreiten:] »Ein
Verbreiten (§ 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB) im Internet liegt vor, wenn die
Datei auf dem Rechner des Internetnutzers angekommen ist. Dabei ist es
unerheblich, ob dieser die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten
genutzt, oder ob der Anbieter die Daten übermittelt hat. Ein
Zugänglichmachen (§ 184 Abs. 3 Nr. 2 StGB) im Internet liegt vor, wenn
eine Datei zum Lesezugriff ins Internet gestellt und dem Internetnutzer
so die Möglichkeit des Zugriffs auf die Datei eröffnet wird. Nicht
erforderlich ist, dass auch ein Zugriff des Internetnutzers erfolgt.« [En19]
19
An anderer Stelle heißt es:
[Rn. 33:] Die
Datenübertragung im Internet erfordert daher einen für diese Form der
Publikation spezifischen Verbreitensbegriff. Ein Verbreiten im Internet
liegt danach dann vor, wenn die Datei auf dem Rechner des
Internetnutzers - sei es im (flüchtigen) Arbeitsspeicher oder auf einem
(permanenten) Speichermedium - angekommen ist. Dabei, ist es
unerheblich, ob dieser die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten,
genutzt oder ob der Anbieter die Daten übermittelt hat.
[Rn. 34:] Der Senat hat
erwogen, weiter danach zu differenzieren, ob die Daten durch eine
explizite Handlung des Anbieters zum Nutzer geschickt werden (Upload)
oder ob es ausreicht, dass der Nutzer angebotene Daten »abholt«
(Download). Im Hinblick darauf, dass die jeweiligen technischen Vorgänge
ineinander übergehen und deswegen kaum praktikabel unterschieden werden
können, hat der Senat von einer solchen Differenzierung abgesehen. In
diesem Sinne kann es keinen relevanten Unterschied machen, ob der
Anbieter - etwa auf ein »Abonnement« des Nutzers - diesem Dateien
zusendet, oder ob der Nutzer durch Aktivieren eines Links auf der
Internetseite des Anbieters die Dateien anfordert. Denn schon mit dem
Einrichten des Links wird der Anbieter aktiv. Die Grenzen verfließen
vollends, wenn sich der Nutzer in eine Mailingliste des Anbieters
einträgt, über die womöglich sogar in Form eines »Tauschrings« Dateien
gegenseitig zugesandt werden. [En20] 20
[Zugänglichmachen:] Ein
Zugänglichmachen ist gegeben, wenn eine Datei zum Lesezugriff ins
Internet gestellt wird. Es reicht aus, dass der Zugriff möglich ist. Es
kommt nicht darauf an, dass es zu einem Zugriff durch User kommt.
02.2 Ungewolltes Aufrufen von
Webseiten mit strafbaren Inhalten
TOP
Das ungewollte Aufrufen und Öffnen
von Webseiten mit strafbaren Inhalten zieht keine strafrechtlichen
Konsequenzen nach sich.
Diese Rechtsauffassung deckt sich
mit EU-Recht.
[EU-Richtlinie C 1 2011/93:]
In Anlehnung an die EU-Richtlinie C1 2011/93/EU
zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung
von Kindern kann davon ausgegangen werden, dass auch beim zufälligen
Aufruf von Websites mit volksverhetzenden Inhalten, die nachfolgend
aufgeführten Regelungen der Richtlinie greifen:
In der Richtlinie heißt es:
[Rn. 18:] Eine Person
sollte dann strafrechtlich belangt werden können, wenn sie auf eine
Website mit Kinderpornographie sowohl absichtlich als auch in dem
Wissen, dass derartige Bilder dort zu finden sind, zugreift. Für
Personen, die unabsichtlich auf Seiten mit Kinderpornographie zugreifen,
sollten keine Sanktionen gelten. [En21] 21
Diese Aussage kann analog auch auf
Webseiten mit volksverhetzenden Inhalten angewendet werden.
[Hinweis:] Wäre das anders,
würde wohl kaum jemand freiwillig die Polizei davon in Kenntnis setzen,
dass sie oder er im Internet eine Website mit »strafbaren Inhalten« aufrufen hat.
02.3 Verlinkung auf
volksverhetzende Internetseiten
TOP
Das Setzen eines Links auf der
eigenen Website, der den Zugang zu strafbaren Inhalten ermöglicht, die
ein anderer Anbieter vorhält, kann
nur dann strafrechtlich belangt werden, wenn beim Setzen des Links der
verbotene Inhalt bekannt war und der Links vorsätzlich eingerichtet
wird, um den Zugriff auf rechtswidrige Inhalte zu ermöglichen.
Diese Aussage wurde durch die
Rechtsprechung bestätigt.
[Anlass:]
Eine Studentin hatte auf ihrer Internetseite einen Link gesetzt, der den
Zugriff auf einen »Kleinen Leitfaden zur Behinderung von Bahntransporten
aller Art« ermöglichte und der sich inhaltlich mit Sabotageakten gegen
die Deutsche Bahn befasste.
Die Studentin wurde
freigesprochen.
[AG Berlin Tiergarten:] Im
Urteil vom 30. Juni 1997 - 260 DS 857/96 heißt es u.a.: »Nach den
getroffenen Feststellungen lag zum Zeitpunkt der ursprünglichen
Schaltung des Links, der im übrigen auch nicht Gegenstand der Anklage
war, keine Haupttat vor, zu der die Angeklagte hätte Beihilfe leisten
können. Für den angeklagten Zeitraum (...) ließen sich keine
Feststellungen darüber treffen, ob und vor allem wann die Angeklagte von
der inzwischen erfolgten Einspeisung der Ausgabe Nr. 154 der »RADIKAL«
Kenntnis erlangt hatte.
Die bloße Weiterexistenz des Links
kann eine Strafbarkeit der Angeklagten jedenfalls dann nicht begründen,
wenn nicht positiv festgestellt werden kann, dass die Angeklagte den
Link bewusst und gewollt in Kenntnis der Existenz und des Inhalts (...)
weiter aufrechterhielt.
Wollte man daneben für eine
Strafbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Inhärenz (Anhaften von
Eigenschaften an Dinge zu denen sie gehören = AR) an das Unterlassen
einer regelmäßigen Überprüfung des eigenen Links anknüpfen, würde sich
zunächst die Frage stellen, in welchen Zeitabständen eine solche
Überprüfung zu fordern wäre, was zu erheblichen Rechtsunsicherheiten
führte. Darüber hinaus wäre der Angeklagten in dieser Hinsicht im
vorliegenden Fall allenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen, nicht jedoch
Vorsatz nachzuweisen.
Die Angeklagte war daher unter den
genannten Umständen von dem ihr gemachten Vorwurf freizusprechen, ohne
dass es einer näheren Erörterung der Frage bedurfte, ob die Schaltung
bzw. die Aufrechterhaltung des Links den objektiven Tatbestand einer
Beihilfehandlung erfüllt. [En22] 22
02.4 Anwendungsfälle aus der
Rechtsprechung
TOP
Im Folgenden wird aus Urteilen
zitiert, die aufzeigen, wie unter Nutzung des Internets und der sozialen
Medien der Tatbestand der Volksverhetzung begangen werden kann.
[Hinweis:] Die
Volksverhetzung nach
§ 130 StGB (Volksverhetzung) setzt voraus, dass die Tat geeignet ist,
den öffentlichen Frieden in Deutschland zu stören. Der tatsächliche
Eintritt einer Friedensstörung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung; die
Volksverhetzung ist deshalb ein so genanntes abstraktes
Gefährdungsdelikt.
02.4.1 Auschwitzlüge im Internet
TOP
Ob solche abstrakten
Gefährdungsdelikte einen Erfolgsort im Sinne des
§ 9 StGB (Ort
der Tat) haben können, war lange Zeit höchstrichterlich nicht
entschieden und in der Literatur umstritten.
[BGH 2000:] Diesbezüglich
entschied der BGH mir Urteil vom 12.12.2000 - 1 StR 184/00 wie folgt:
Im Urteil heißt es:
Stellt ein Ausländer von ihm
verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung im Sinne
des § 130 Abs. 1 oder des § 130 Abs. 3 StGB erfüllen (Auschwitzlüge),
auf einem ausländischen Server in das Internet, der Internetnutzern in
Deutschland zugänglich ist, so tritt ein zum Tatbestand gehörender
Erfolg (§ 9 Abs. 1, 3. Alternative
StGB) im Inland ein, wenn diese Äußerungen konkret zur
Friedensstörung im Inland geeignet sind. [En23] 23
02.4.2 Tatort Internet
TOP
2006 wurden zwei Autoren vom BGH
rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt, weil sie im Internet
einen Text mit dem Titel »Deutsches Kolleg - Ausrufung des Aufstandes der
Anständigen« veröffentlicht hatten, der ab dem 15. Oktober 2000
zumindest unter folgenden Internetadressen für jedermann abrufbar und
lesbar: www.w., www.h., www.d.
Zitate aus der
Internetveröffentlichung:
-
Beendigung der
Ausländerbeschäftigung
-
Pflicht zur Meldung aller von
Ausländern besetzten Arbeitsplätze beim Arbeitsamt als freie
Arbeitsplätze, die an volksdeutsche Bewerber vergeben werden müssen,
die das Arbeitsamt als geeignet bezeichnet
-
Einstellungsverbot für
ausländische und volksfremde Arbeitskräfte am deutschen
Arbeitsmarkt, und zwar auch für Arbeitsplätze, die ausländisches
Eigentum sind
-
Beschäftigungsverbot für
ausländische und volksfremde Arbeitskräfte am deutschen Arbeitsmarkt
ein Jahr nach Erlass des Einstellungsverbotes
-
Hohe Geld- und Arbeitsstrafen
für unerlaubten Aufenthalt
-
Ausweisung aller arbeitslos
gewordenen Ausländer
-
Ausweisung aller zum Straf-
oder Sozialfall gewordenen Ausländer
-
Freiräumung aller
Asylantenunterkünfte und Ausweisung der Asylbewerber
-
Verbot von
Ausländerorganisationen in Deutschland
-
Entlastung der deutschen
Volksschule von Hilfs- und Fremdschülern, um sie der deutschen
Kultur zurückzugeben.
Im Urteil heißt es:
[Rn. 21:] Der
veröffentlichte Text stachelt durch die Summierung der oben genannten
Postulate zum Hass gegen Teile der Bevölkerung, nämlich gegen die in
Deutschland lebenden Ausländer, partiell darunter insbesondere die
Asylbewerber, auf. Der Aufruf geht zunächst dahin, alle Ausländer von
jeder bestehenden oder künftigen Beschäftigung in einem
Arbeitsverhältnis in Deutschland und parallel von der
Arbeitslosenversicherung auszuschließen und sie alsdann - zum
»Sozialfall« geworden - auszuweisen. Die Schulen sollen von
»Fremdschülern« entlastet werden. Mit der Forderung einer »Freiräumung
aller Asylunterkünfte und Ausweisung der Asylbewerber« wird die
umfassende Missachtung des Asylrechts reklamiert. Mit alledem wird die
Gesamtheit der in Deutschland lebenden Ausländer - wie das Landgericht
es zutreffend bewertet hat - als bloße »Vertreibungsmasse«, die
»loszuwerden« es gelte, gekennzeichnet. Eine solche Stigmatisierung
stachelt zum Hass gegen den betroffenen Bevölkerungsteil auf.
[Rn. 22:] Dass die
veröffentlichte Schrift nur »politische Utopie« sei, »deren Umsetzung
völlig außerhalb der derzeitigen politischen Realität« liege, schließt
die genannte Tatbestandsmäßigkeit nicht aus. [En24] 24
02.4.3 Tatmittel E-Mail
TOP
Mit Urteil vom 06.06.2011 - 7 Ns
85 JS 4476/09 bestätigte das Landgericht Freiburg ein Urteil des
Amtsgerichts Lörrach vom 18.10.2010.
[Anlass:]
Der Angeklagte hatte als Inhaber eines E-Mail-Accounts sich mit seiner
E-Mail-Anschrift in einer öffentlich zugänglichen Newsgroup an einer
politischen Diskussion beteiligt und dort im Zeitraum von Dezember 2007
bis zum Februar 2009 insgesamt 323 Beiträge gepostet.
Wegen nachfolgender Äußerungen
wurde auf Volksverhetzung im Sinne von § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB erkannt:
-
Das Lügen hat dieses Stück
Scheiße vom Juden gelernt
-
Der Jude ist ein notorischer
Lügner
-
Der deutsche Richterdreck
wurde vom Juden eingestellt wie ein Pawlowscher Hund: Deutsche sind
Scheiße, Kanaken gut
-
Der Juden-Dreck verträgt keine
Kritik
-
Der Juden-Dreck bestimmt in
der EU
-
Noch mehr Juden-Dreck im
Fernsehen
-
Liebe Araber, Eure
Verteidigung gegen die jüdischen Kindermörder scheint mir nicht
besonders effizient. Ich empfehle, sich an historischen Vorbildern
zu orientieren
-
Natürlich, das jüdische
Hetzerschwein
-
Juden-Dreck auf allen Kanälen.
Nennt sich gelebte Vielfalt in der Juden-Diktatur Deutschland
-
Was würde passieren, wenn alle
Juden aus Deutschland verschwänden? Naja, man darf ja mal von einer
Welt ohne Diffamierung, Denunziation, Lügen, Betrügen und Fälschen
träumen
-
Ein CIA-Schwein als
Bundesanwalt. Na, wen wundert das denn bei dieser korrupten Justiz
in der Juden-Diktatur Deutschland. [En25]25
Dem ist nichts hinzuzufügen.
02.4.4 Tatort Facebook
TOP
2014 entschied das
AG Emden über die E-Mail eines Mannes, die
dieser am 25. Juli 2013 unter einem Pseudonym mit nachfolgend zitiertem
Text zum Thema Asylbewerber geschrieben hatte:
»Welche Fachkräfte? Abschieben.
Oder Zyklon B. Hat vor 75 Jahren auch geholfen.«
Der Mann war unter einem falschen
Namen in dem sozialen Netzwerk unterwegs, konnte aber trotzdem von den
Behörden ausfindig gemacht werden.
Das Amtsgericht Emden verurteilte
den 34-Jährigen wegen Volksverhetzung zu fünf Monaten Freiheitsstrafe,
ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Zudem muss der Verurteilte 120
Sozialstunden ableisten. [En26] 26
[Hinweis:] Die o.g. Urteile
machen deutlich, dass es sich weder beim Internet noch bei den sozialen
Netzwerken um rechtsfreie Räume handelt. Dennoch handelt es sich bei den
Verurteilungen, über die auf Hetze im Internet zurückzuführen
sind, um
Einzelfälle.
Es kann davon ausgegangen werden,
dass dann, wenn die Polizei gezielt und mit nennenswertem Aufwand nach
solchen Delikten in der virtuellen Welt suchen und festgestellte
Verstöße zur Anzeige bringen würde, die Kriminalstatistik ungeheuere
»Wachstumsraten« zu verzeichnen hätte.
02.4.5 Shitstorm
-
Schmähgewitter oder Volksverhetzung
TOP
Im Juni 2015 mussten Prominente
auf ihren jeweiligen Twitter-Accounts so genannte Shitstorms über sich
ergehen lassen. Betroffen war auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in
einer Live-Sendung ein Flüchtlingsmädchen zum Weinen gebracht hatte, und
für öffentlich gezeigtes Mitleid einen Sturm persönlicher
Beschimpfungen einkassierte.
Auch Till Schweiger, der für eine
Spendenaktion für Flüchtlinge aufrief, wurde mit einem Sturm
ausländerfeindlicher Kommentare bedacht.
Der Presse konnte nicht entnommen
werden, welche der Kommentare den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130
StGB) erfüllten. Es kann davon ausgegangen werden, dass »der
Sprachgebrauch so genannter Wutbürger« diesbezüglich keine Wünsche
(Anforderungen an tatbestandliches Handeln im Sinne von § 130 StGB)
offen gelassen haben bzw. offen lassen, denn solche Hetzkampagnen
scheinen in Mode gekommen zu sein.
In Anbetracht von Äußerungen im
Netz, wie sie im Zusammenhang mit Urteilen wegen Volksverhetzung
dargestellt wurden (siehe oben), kann davon ausgegangen werden, dass die
Polizei gegen eine Vielzahl dieser »anonymen« Täter Strafverfahren hätte
einleiten müssen, wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, solchermaßen
der Öffentlichkeit zugängliche Accounts entsprechend auszuwerten.
Würde die Polizei die im Internet
und in sozialen Netzwerken geposteten volksverhetzenden Inhalte in Gänze
verfolgen und zur Anzeige bringen, dann würde das nach der hier
vertretenen Auffassung zur Folge haben, dass die Polizei dann wohl keine
Zeit mehr haben dürfte, sich um andere Sachen zu kümmern.
In diesem Sinne kann durchaus dem
Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen gefolgt werden, wenn er sagt:
»Wir müssen lernen, den Shitstorm zu lesen.« Deshalb fordert Pörksen zu einer
gleichmütigeren Interpretation des oftmals ungefilterten Protestes auf.
[En27]27
In den Westfälischen
Nachrichten vom 22.07.2015 wird Pörksen wie folgt zitiert:
»Die Öffentlichkeit demokratisiert sich einfach.
Die digitalen Öffentlichkeiten sind sehr viel härter als all das, was
früher in der massenmedialen Welt passiert ist.«
[Anmerkung:] Ob damit auch
strafrechtlich relevante Äußerungen in der virtuellen Welt gemeint sind,
darf, bzw. muss bezweifelt werden. Befremdend ist zumindest, dass
volksverhetzende, rassistische oder beleidigende Inhalte so leichtfertig
in die Nähe des Stammwortes: »Demokratie« gerückt werden. Fatal wäre,
davon auszugehen, dass alles hab so schlimm ist und deshalb auch
strafbare Äußerungen, zumindest die von »Wutbürgern« (und das auch noch
aus gegebenem Anlass), als »besondere Formen der Demokratisierung«
anzusehen sind, etwa nach dem Motto: Augen zu und durch bis zum nächsten
Hype, der dann schon zur Gewohnheit geworden und wahrscheinlich
verbal noch verletzender geworden ist.
[Hype:] Eine Form der
Werbung, die sehr ungewöhnlich, aggressiv oder spektakulär ist und die
eine besondere Begeisterung für das Produkt beim Verbraucher hervorruft
(oder für menschenverachtende Meinungen/Überzeugungen wirbt).
Gerade die
durch einen Hype ausgelöste emotionale Bereitschaft Gemeinheiten
jeglicher Art zu verbreiten entspricht dem, was bereits die Gebrüder
Grimm in ihrem Wörterbuch zum Wort »Verhetzung« ausführten.
Im Wörterbuch der Gebrüder Grimm
hat das Wort Verhetzung unterschiedliche Wortbedeutung, zum Beispiel:
-
jemanden durch Hetzerei in
Verwirrung bringen
-
infolge von Aufhetzen einen
Zustand verschärfen, verschlimmern
-
durch Hetze jemanden
aufreiben, beschädigen
-
jemanden in Wut und
Feindseligkeit versetzen
-
auf eine Verschwörung oder
Revolution vorbereiten, um das Ganze zu retten
-
jemanden zum Schlimmen
(besonders zum Unfrieden) drängen
-
durch böswillige Aufreizung
jemand gegen einen oder andere aufbringen.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
02.4.6 Rassismus und Fremdenhass
im Internet
TOP
Die Kulturzeit-Nachrichten auf
Sat3 vom 30.07.2015 enthielt folgende Meldung:
Hetze gegen Asylbewerber ist
Terrorismus.
Die zunehmende Hetze gegen
Asylbewerber müsse endlich beim Namen genannt werden, fordert der
Kolumnist und Blogger Sascha Lobo auf Spiegel-online. Er
bezeichnet die aktuelle Entwicklung als neue Form des Terrorismus.
Bürgerwehren würden sich zusammenschließen und aus einer
herbeifantasierten Notwehr in dem Gefühl der Selbstverteidigung handeln.
Ein neuer völkischer, im Internet angeheizter Terrorismus sei im
Entstehen. Lobo beklagt das Zögern von Politik und Medien, Brandangriffe
auf Unterkünfte und Angriffe auf Asylbewerber als terroristischen Akt zu
verurteilen. Die Verharmlosung sei Teil des Problems und nicht die
Lösung. [En28] 28
Sascha Lobo ist ein
deutscher Blogger, Buchautor, Journalist und Werbetexter. Thematisch
befassen sich Lobos Texte meist mit dem Internet.
Beispiel eines rassistischen
Beitrags bei Facebook:
Torsten H.: Passauer Ecke ist es ganz schlimm,
die kommen wie die fliegen hab es auch gehört und dann laufen sie auf
der B 12. Die Polizei kann es kaum noch bewältigen darum mein Appell
saubere Straßen in Deutschland brummifahrer haltet drauf.
Die zitierte Hassbotschaft
wurde in der oben wiedergegebenen Schreibweise Facebook anonym gemeldet.
Die Antwort von Facebook:
Danke, dass du dir die Zeit
nimmst, etwas zu melden, was eventuell gegen unsere
Gemeinschaftsstandards verstößt. Meldungen wie deine sind ein wichtiger
Beitrag zur Sicherheit auf Facebook und tragen zu einer einladenden
Umgebung bei. Wir haben den von dir wegen Hassbotschaften und -symbole
gemeldeten Kommentar geprüft und festgestellt, dass er nicht gegen
unsere Gemeinschaftsstandards verstößt. [En29] 29
Im August 2015 nahmen die
fremdenfeindlichen Beiträge auf Facebook ein solches Ausmaß an, dass
sich sogar der Bundesjustizminister aufgefordert sah, Facebook
aufzufordern, solche Einträge zu löschen.
In der Zeit online vom 27.08.2015
wird Bundesjustizminister Heiko Maas wie folgt zitiert:
»Das Internet sei kein
rechtsfreier Raum, in dem rassistische Hetze und strafbare Äußerungen
unkontrolliert verbreitet werden könnten. Gegenüber Internetnutzern, die
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus offensiv propagieren, darf es keine
falsch verstandene Toleranz geben. Facebook sei verpflichtet,
rechtswidrige Inhalte - etwa mit volksverhetzendem Charakter -
unverzüglich zu löschen«. [En30] 30
Auf die Tatsache, dass es sich bei
Volksverhetzung um ein Offizialdelikt handelt, das von Amts wegen zu
verfolgen ist, wies der Minister nicht hin.
02.5 Verantwortlichkeit der
Mediendiensteanbieter
TOP
Konsens der Auseinandersetzung
über die Verantwortlichkeit von Mediendiensteanbietern sozialer
Netzwerke scheint zurzeit die Auffassung zu sein, dass sich im Internet
Menschen leichter radikalisieren und die sozialen Netzwerke vorhandenen
Hass schneller verbreiten können, als das bisher jemals der Fall war.
Dennoch scheint Einigkeit
dahingehend zu bestehen, dass z.B. Facebook keine Zensurbehörde werden
darf.
Dennoch hat sich Facebook dazu
bereit erklärt, sein Netzwerk zu beobachten und Standards zu entwickeln,
wie problematische Inhalte entfernt werden können.
Erwartet werden darf hingegen
nicht, dass nach dem Prinzip der so genannten politischen Korrektheit
auch freche Sprüche getilgt werden.
Einzufordern aber ist, dass
fremdenfeindliche, rassistische und zum Hass auffordernde Einträge
möglichst schnell gelöscht werden.
[Forderung der Politik:] In
Die Zeit online vom 15.09.2015 heißt es: Bundesjustizminister Maas will
Hasskommentare binnen eines Tages löschen lassen. Der
Bundesjustizminister hat seine Forderung an Facebook präzisiert.
Fremdenfeindliche Inhalte müssten innerhalb von 24 Stunden entfernt
werden. [En31] 31
[Position von Facebook:] In
einer Meldung von Focus online vom 16.01.2016 heißt es:
Gegen Hetze im Netz: Facebook will
nun von Deutschland aus gegen Hass-Kommentare vorgehen und künftig
Kontrolleure in dreistelliger Zahl von Berlin aus gegen die Hasstiraden
einsetzen, weil die »Facebook Gemeinschaftsstandards« Hass-Reden,
Terrorismus sowie bestimmte Gewaltandrohungen und Mobbing verbieten.
Facebook investiere mit wachsender Größe verstärkt in entsprechende
Teams und arbeite mit Partnern in aller Welt, die unter der Leitung der
Firmenzentrale in Dublin agieren. [En32] 32
[Anzeige gegen Mark Zuckerberg:] Im Frebruar 2016 haben
zwei deutsche Rechtsanwälte Mark Zuckerberg, den Gründer und
Vorstandsvorsitzender des Unternehmens Facebook, wegen Beihilfe zur
Volksverhetzung angezeigt.
Diesbezüglich heißt es in der Süddeutschen Zeitung online vom 22.02.2016
sinngemäß:
Obwohl Facebook dem Justizminister
versprochen habe, deutsches Recht zu akzeptieren, setze das Unternehmen
seine Absichtserklärung nach wie vor nicht um, sagte einer der beiden
Anwälte. »Wenn wir linke oder rechte Gewaltaufrufe, Volksverhetzung oder
Gewaltdarstellungen melden, bekommen wir von Facebook immer wieder die
gleiche Antwort: Es verstößt nicht gegen unsere
Gemeinschaftsrichtlinien.
Als Vorstandsvorsitzender der
Facebook Inc. sei Zuckerberg aber für die Straftaten verantwortlich, die
auf der Plattform begangen würden. Natürlich sei es unrealistisch, dass
Zuckerberg verhaftet werde. Aber es reiche schon, wenn Facebook den
öffentlichen Druck wahrnehme. Wörtlich heißt es in dem Artikel: »Sie
haben sich schon ein bisschen bewegt, von ungenügend auf mangelhaft.
Aber das reicht uns nicht, jetzt wollen wir mehr.« [En33] 33
Ob diese Anzeige Erfolg haben
wird, bleibt abzuwarten.
03 § 130 Abs. 3 StGB
TOP
Die Tathandlungen des
§ 130
Abs. 3 StGB
(Volksverhetzung) richten sich gegen die Würde und das
Ansehen der Überlebenden des Holocaust sowie gegen die Würde der
Ermordeten und ihrer Angehörigen.
Diese Regelung stellt:
unter Strafe.
Schutzgut ist die im
Art. 1 GG
verankerte Anerkennung der persönlichen Betroffenheit der Opfer
staatlicher Menschenrechtsverletzungen.
§ 130 Abs. 3 StGB soll verhindern,
dass ein Erwachen des »Rassenwahns« und eine damit verbundene Vergiftung
des Klimas sich aufgrund dieses Straftatbestandes entfalten können. Das
Wiedererwachen nationalsozialistischen Gedankenguts soll dadurch
verhindert werden.
Tathandlungen im Überblick:
[Billigen:] Darunter ist
das ausdrückliche oder konkludente Gutheißen solcher Taten zu verstehen.
Billigen setzt voraus, dass Gewalttaten der NS-Gewaltherrschaft als:
-
richtig
-
akzeptabel oder
-
notwendig
hingestellt
werden.
Eine ausdrückliche Billigung der
Gewalttaten verlangt § 130 Abs. 3 StGB nicht. Für Außenstehende muss
aber deutlich werden, dass eine konkludente Billigung gegeben ist.
Rechtssprachlich ist konkludentes Handeln dann gegeben, wenn eine
Handlung eine Willenserklärung impliziert.
[Leugnen:] Darunter ist das
In-Abrede-Stellen oder Verneinen von historischen Tatsachen zu
verstehen. Derjenige, der den Massenmord in Auschwitz für eine
»Auschwitz-Lüge« hält, leugnet eine historische Tatsache.
[Verharmlosen:] Dieses
Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn historische Tatsachen
-
heruntergespielt
-
beschönigt
-
bagatellisiert
-
relativiert oder
-
verschleiert werden.
Das Billigen, Leugnen oder
Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen gegen die
Menschlichkeit muss sich auf Handlungen beziehen, die im
§ 6 Abs. 1 des
Völkerstrafgesetzbuches benannt sind.
[Hinweis:] Das bedeutet,
dass sich die Tathandlungen nur gegen rassische, religiöse oder
ethnische Gruppen richten können. Dazu zählen aber auch Einzelpersonen,
wenn diese den zuvor genannten Gruppen zugeordnet werden können. Dazu
gehören insbesondere Juden, Sinti und Roma.
Die Tathandlung muss öffentlich
oder in einer Versammlung erfolgen und dazu geeignet sein, den
öffentlichen Frieden zu stören.
Im Folgenden dazu zwei Beispiele
aus der Rechtsprechung.
03.1 Das U-Bahn Lied
TOP
Tatbestandlich im Sinne von
§ 130
bs. 3 StGB
handelt auch, wer öffentlich das so genannte U-Bahn
Lied singt.
Voraussetzung ist aber, dass ein
eindeutiger Bezug zum Holocaust hergestellt werden kann. Lässt sich
solch ein Bezug nicht herstellen, ist in Anlehnung an ein Urteil des OLG
Rostock davon auszugehen, dass keine Volksverhetzung gegeben ist.
Dazu später mehr.
Mit Beschluss vom 01.12.2015 hat
das OLG Hamm ein Urteil des AG Dortmund bestätigt, das die
Angeklagten mit Urteil vom 3. Juni 2015 wegen Volksverhetzung jeweils zu
einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60,00 € verurteilt hatte.
[Anlass:]
2014 sangen Fans nach einem Bundesligaspiel im Bereich des
Westfalenstadions in Dortmund das so genannte »U-Bahn Lied« mit dem
Text: »Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem
bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir!« Das Singen dieses
Liedes war für die umstehenden Personen deutlich hörbar.
Das Urteil des AG Dortmund wurde
durch das OLG Hamm bestätigt.
[Hinweis:] Die Richter
gingen davon aus, dass durch die beiden im Anlass fett
gekennzeichneten Wörter, sich ein eindeutiger Bezug zum Holocaust
herstellen ließe.
Im Beschluss des OLG Hamm vom
01.12.2015 - 1 RVs 66/15 heißt es:
[Rn. 23:] Wegen
Volksverhetzung wird gemäß § 130 Abs. 3 StGB bestraft, wer eine unter
der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6
Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die
geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in
einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost. Sowohl bei dem
Billigen als auch bei dem Verharmlosen und dem Leugnen handelt es sich
um Äußerungsdelikte. Mit den verschiedenen Handlungsmodalitäten, die mit
dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 in die Vorschrift
des § 130 StGB eingefügt wurden, wollte der Gesetzgeber alle insoweit
denkbaren Facetten agitativer Hetze wie auch verbrämter
diskriminierender Missachtung erfassen und zu erwartenden Bemühungen um
eine Nuancierung, Verfeinerung und Anpassung der Äußerungen an die neue
Gesetzeslage vorbeugen (...).
Der Gesetzgeber wollte damit einen
Beitrag zur Verhinderung rechtsextremistischer Propaganda leisten. Wegen
deren gefährlicher Auswirkungen auf das politische Klima sollte die
Anwendung des § 130 StGB in der Praxis erleichtert und die
generalpräventive Wirkung der Strafvorschrift der Volksverhetzung erhöht
werden, namentlich im Blick auf die Diffamierung und Diskriminierung
jüdischer Mitbürger (...).
[Rn. 25:] Das ist der Fall,
wenn der Täter die Gewalttaten als richtig, akzeptabel oder notwendig
hinstellt, sich hinter die Willkürmaßnahmen stellt oder seine
zustimmende Befriedigung äußert. Dabei muss die zustimmende Kundgebung
aus sich heraus verständlich und als solche unmittelbar, „ohne Deuteln“,
erkennbar sein.
[Rn. 26:] Ein Verharmlosen
ist gegeben, wenn der Täter das betreffende Geschehen in tatsächlicher
Hinsicht herunterspielt, beschönigt, in seinem wahren Gewicht
verschleiert oder in seinem Unwertgehalt (quantitativ oder qualitativ)
bagatellisiert bzw. relativiert.
[Rn. 31:] Die vom
Amtsgericht festgestellte Verlautbarung der Angeklagten erfüllt, wie vom
Amtsgericht angenommen, den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130
Abs. 3 StGB zumindest in der Handlungsvariante des Verharmlosens.
[Rn. 33:] Nach den im
angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen ist ohne Weiteres davon
auszugehen, dass der gesungene Text »Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine
U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen
wir!«, sich auf unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene
Handlungen der in § 6 Abs. 1 VStGB bezeichneten Art beziehen. Dafür
steht schon das Synonym »Auschwitz«.
Das Lied wurde auch in der
Öffentlichkeit gesungen.
[Rn. 37 - 44:] Die
Angeklagten haben nach den bisherigen Feststellungen das NS-Gewalt- und
Massenvernichtungsunrecht im Konzentrationslager Auschwitz, das eine
geschichtliche Tatsache ist (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2004, a.a.O.)
gebilligt. Der im Liedtext »Eine U-Bahn von Jerusalem nach Auschwitz
bauen wir!« gesungene Startort Jerusalem kann aus Sicht eines
verständigen Zuhörers angesichts der offenkundigen Bezugnahme auf die
massenhafte Vernichtung von Juden durch Nazi-Deutschland nur als Synonym
für die Juden selbst verstanden werden. Dabei ist unerheblich, ob
insoweit lediglich die in Jerusalem, die in Deutschland oder die
weltweit lebenden Juden gemeint sind, da sich die in § 130 Abs. 3 StGB
angeführten Handlungen im Gegensatz zu § 130 Abs. 1 StGB nicht gegen
eine bestimmte Gruppe oder einen bestimmten Teil der Bevölkerung oder
ein bestimmtes Individuum richten müssen.
Die »Verbildlichung« der Juden
wird dem verständigen Zuhörer gerade auch durch die Verbindung von »Jerusalem«
und »Auschwitz« durch ein »direktes« Transportmittel – einer
»U-Bahn« - verdeutlicht, indem eine direkte Bezugnahme zu den
Transporten der Opfer des Holocaust nach Auschwitz hergestellt wird. Da
die »U-Bahn« erst noch gebaut werden soll, und zwar von den Sängern
(»bauen wir«), wird auch deutlich, dass die Bezüge aus der Vergangenheit
in einen Kontext zu einem zukünftigen Geschehen gestellt werden, auf das
der Sänger nach dem Inhalt des gesungenen Textes hinwirken will oder
dieses allerdings zweifelsfrei eher symbolisch geschilderte Unterfangen
zumindest unterstützt. Für die Bewertung dieser Äußerung im Kontext zu
den Massenvernichtungen an dem jüdischen Volk während der Zeit des
Nationalsozialismus ist es unerheblich, dass das von den Angeklagten
besungene Vorhaben zumindest von ihnen und nach ihren Vorstellungen wohl
auch generell ersichtlich tatsächlich nicht umsetzbar wäre. Unabhängig
von der ersichtlich mangelnden Ernsthaftigkeit, tatsächlich eine U-Bahn
von Jerusalem bis Auschwitz bauen zu wollen, bringt der Text des Liedes
durch die darin symbolisch dargestellte Möglichkeit einer Wiederholung
der Transporte jüdischer Menschen an den Ort eines früheren
Vernichtungslagers zum Ausdruck, dass der Völkermord der
Nationalsozialisten an den Juden in seinem Unwertgehalt zumindest
begrenzt, mithin nicht schwer wiegend und der Gedanke einer
entsprechenden Wiederholung billigenswert erscheint. Das Absingen, das
nach den Urteilsfeststellungen zudem „Arm in Arm“, und damit in
gelockerter bzw. „beschwingter“ Atmosphäre erfolgt ist, konnte und kann
mithin aus Sicht eines verständigen Zuhörers offenkundig nur als Akt der
Identifikation bzw. Zustimmung zu den Transporten der Juden in die
Vernichtungslager und damit auch zu den dort begangenen NS-Verbrechen
aufgefasst werden.
[Rn. 45:] Der verständige
Zuhörer muss das spontane (...) Absingen dieses Textes angesichts der
Ungeheuerlichkeit des Ausmaßes der als historische Wahrheit anzusehenden
Verbrechen der Nationalsozialisten, für die der Begriff »Auschwitz« zur
eindrucksvollen Versinnbildlichung geworden ist, als Akt der –
qualitativen - Verharmlosung begreifen.
[Rn. 47:] Ein anderes
Verständnis des festgestellten Verhaltens mit einem Erklärungsinhalt,
der zumindest kein Verharmlosen darstellt, ist dagegen nicht möglich.
[Hinweis:] Die Richter des
OLG Hamm stellten fest, dass das U-Bahn Lied zwar unmittelbar nach Ende
eines Fußballspiels gesungen worden war, der Wortlaut des Liedes
allerdings keine Interpretation dahingehend zuließ, dass der Gesang sich
gegen die gegnerischen Fans des FSV N gerichtet habe. N ist nicht
Jerusalem und Jerusalem war an dem genannten Fußballbundesligaspiel
nicht beteiligt.
Mit anderen Worten:
Die Strafbarkeit des U-Bahn Liedes
rechtfertigt sich durch die Verwendung der Wörter »Jerusalem« und
»Auschwitz«. Hätten die Fußballfans das U-Bahn Lied mit folgendem
Wortlaut gesungen, wäre der Tatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllt
gewesen.
»Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine
U-Bahn bauen wir, von Dortmund bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen
wir!«
Dazu gleich mehr.
Im Beschluss des OLG Hamm heißt es weiter:
[Rn. 52:] Die Verlautbarung
der Angeklagten war auch geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.
Ausreichend ist schon die konkrete Eignung zur Friedensstörung. Bei §
130 Abs. 3 StGB handelt es sich um ein abstrakt-konkretes
Gefährdungsdelikt (...).
[Rn. 53:] Ein anderes
Ergebnis stünde auch im Widerspruch zur Existenz des als Erfolgsdelikt
ausgestalteten § 130 Abs. 4 StGB, nach dem bestraft wird, wer öffentlich
oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde
der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die
nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, leugnet
oder verharmlost. [En34] 34
[OLG Rostock zum U-Bahn Lied:]
2007 hatte das OLG Rostock über die Zulässigkeit eines Fan-Gesanges zu
entscheiden, das folgenden Wortlaut hatte:
»Ihr könnt nach Hause fahrn, Ihr
könnt nach Hause fahrn. Eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von St.
Pauli bis nach Ausschwitz, eine U-Bahn bauen wir.«
Die Richter erkannten darin kein
strafbares Handeln im Sinne von
§ 130 StGB
(Volksverhetzung).
Im
Urteil des OLG Rostock vom 23. Juli 2007 · Az. 1 Ss 080/06 I 42/06, 1 Ss
80/06 I 42/06 heißt es sinngemäß, dass in dem Absingen des U-Bahn-Liedes
mit dem oben zitierten Text keine Volksverhetzung iSv § 130 StGB
zu sehen sei. [En35] 35
03.2 Zwei Briefe an Pressehäuser
TOP
Der Tatbestand der Volksverhetzung
kann auch dadurch verwirkt werden, indem Briefe allein in der Annahme an
Pressehäuser verschickt werden, dass die darin enthaltenen
volksverhetzenden Inhalte veröffentlicht werden.
[BGH 1979:] Über solch
einen Fall hatte der BGH mit Urteil 20.06.1979 - Az.: 3 StR 131/79 zu
entscheiden.
[Anlass:]
Zwei Männer hatten sowohl an die Hannoversche
Presse als auch an die Hannoversche
Allgemeine Zeitung Briefe geschickt, die folgende Überschriften
trugen:
Gauleitung Hannover-Ost, Presseamt
NSDAP-AO. In diesen Briefen, bei denen es sich um Kopien handelte,
stand:
»So wie die Juden immer sagen:
»Ein toter Deutscher ist ein guter Deutscher!«, so nehmen wir uns das
Recht, das gleiche über die Juden zu sagen.«
[Anmerkung:] Die Eignung
dieser Zeilen für tatbestandliches Handeln im Sinne von
§ 130 StGB
(Volksverhetzung) hielten die Tatrichter für ausreichend, den
öffentlichen Frieden zu stören, wenn sie veröffentlicht worden wären.
Die Richter des BGH erkannten in dieser tatrichterlichen Würdigung
keinen Rechtsfehler.
Im amtlichen Leitsatz heißt es:
Eine Zuschrift mit
»volksvernetzendem« Inhalt an eine Zeitung kann einen Angriff im Sinne
des § 130 StGB darstellen, der geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören.
Im Urteil heißt es:
[Rn. 4:] Zur Eignung, den
öffentlichen Frieden zu stören, genügt es, dass berechtigte Gründe für
die Befürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen in die
öffentliche Rechtssicherheit erschüttern (...). Eine Handlung gegenüber
einem Einzelnen kann genügen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu
rechnen ist, dass der Angriff einer breiteren Öffentlichkeit bekannt
wird (...). Die Eignung zur öffentlichen Friedensstörung kann einer
Zuschrift an eine Zeitungsredaktion auch dann gegeben sein, wenn der
Einsender zwar nicht mit einem kommentarlosen Abdruck als »Leserbrief«
(...), sondern wie hier, nach den Umständen allenfalls zu erwarten,
lediglich mit einer Berichterstattung rechnen kann, die dem
volksverhetzenden Angriff kritisch-ablehnend gegenübertritt und in der
möglicherweise vor den Gefahren der in ihm zum Ausdruck kommenden
politischen Bestrebungen nachdrücklich gewarnt wird.
An anderer Stelle heißt es in
derselben Randnummer:
Eine solche Gefährdung kann etwa
dadurch eintreten, dass Teile der Bevölkerung durch die in dem
Zeitungsbericht zutage tretende Tatsache, dass volksverhetzende
Tendenzen der Art, über die berichtet wird, in der
Bundesrepublik Deutschland bestehen, in
ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt werden. Eine solche Wirkung einer
berichtenden Wiedergabe des volksverhetzenden Angriffs kann dieser
gerade dann zukommen, wenn der Journalist, der die Öffentlichkeit von
dem Vorgang unterrichtet, aktuelle politische Gefahren für die Freiheit
von Teilen der Bevölkerung vor Angriffen der in § 130 StGB umschriebenen
Art sieht und diese - vor einer solchen Entwicklung warnend - in seinem
Artikel stark hervorhebt. Ziel des Täters kann es sein, seinen »Ideen«
auf diese Weise die von ihm gewünschte, anders möglicherweise gar nicht
erreichbare Publizität zu verschaffen und - ohne dass der Tatbestand
eine solche Absicht voraussetzte - dadurch den ihm verhassten
Bevölkerungsteil in seinem Vertrauen in die Rechtssicherheit zu
erschüttern oder zu einem psychischen Klima beizutragen, in dem die Saat
seiner Hetze aufgeht (...). Anlass zu Bedenken, das
Landgericht habe die Möglichkeit unterschiedlicher Auswirkungen der
Zuschriften, soweit es die Eignung zur Friedensstörung angeht, verkannt,
bietet das Urteil trotz der insoweit knappen Begründung letztlich nicht.
Denn der Sachverhalt drängte hier zur Annahme einer solchen Eignung, da
die Täter auf die Art und Weise der Berichterstattung, von der die
Gefahr einer Friedensstörung unmittelbar ausgehen konnte und mit der sie
allgemein einverstanden waren, nicht etwa einen einer solchen Störung
entgegenwirkenden Einfluss nahmen. Die Tatsache, dass sie den Brief an
die beiden Zeitungen einsandten, spricht im Gegenteil dafür, dass sie an
einer möglichst spektakulären, die Öffentlichkeit erregende
Berichterstattung interessiert waren. [En36] 36
Die Regelung des
§ 130
Abs. 3 StGB
(Volksverhetzung)
entspricht der Absicht des Gesetzgebers, die Verharmlosung und
Leugnung der Verbrechen des NS-Regiems dadurch entgegenzutreten, indem
die Billigung, Leugnung oder Verharmlosung dieser Verbrechen gegen die
Menschheit als besonderen Straftatbestand zu benennen.
Durch diese Regelung wollte der
Gesetzgeber der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für
begangene NS-Völkermordhandlungen entsprechen.
04 § 130 Abs. 4 StGB
TOP
§ 130 Abs. 4 StGB
(Volksverhetzung) setzt eine öffentliche Versammlung voraus, auf
der volksverhetzende Inhalte geäußert werden oder zu erwarten sind.
Sinn und Zweck der Regelung von
§ 130
Abs. 4 StGB
(Volksverhetzung) ist es:
-
Verbote rechtsextremistischer
Versammlungen zu erleichtern, deren Ziel es ist,
nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft zu
verherrlichen
-
Unerträgliche Provokationen zu
verhindern, deren Zweck es ist, das Gedenken an die Opfer der
Nazi-Verbrechen zu missachten
-
Das Verherrlichen oder
Verharmlosen nationalsozialistischer Gewalttaten durch
Volksverhetzung besonders hervorzuheben und zu regeln.
Bei einer Volksverhetzung im Sinne
von § 130 Abs. 4 StGB handelt es sich um ein Erfolgsdelikt, nicht um ein
»Gesinnungsdelikt«.
[Erfolgsdelikt:] Als
Erfolgsdelikt wird ein Delikt bezeichnet, dessen Tatbestand einen
bestimmten von der Handlung getrennten Erfolg voraussetzt.
Beispiele:
-
Eintritt des Todes bei dem
Opfer eines Totschlags
-
Beschädigung einer Sache bei
Sachbeschädigung oder:
-
Würdeverletzung der Opfer
nationalsozialistischer Gewalttaten oder
-
Verletzung des öffentlichen
Friedens anlässlich einer Volksverhetzung.
Es handelt sich insoweit um
Tathandlungen, mit denen der Täter einen mechanischen Kausalablauf
herbeiführt. Wenn ein Täter sagt: »Schade, dass die Kz zurzeit
geschlossen sind«, dann löst er durch diese Tathandlung einen Erfolg im
Sinne von § 130 Abs. 4 StGB aus, wenn er diese Äußerung auf einer
Versammlung verbreitet.
[Tathandlungen:]
Tathandlungen im Sinne von § 130 Abs. 4 StGB sind das Billigen,
Verherrlichen und Rechtfertigen der nationalsozialistischen Gewalt- und
Willkürherrschaft unter Einbeziehung des jeweiligen Kontextes, in dem
die volksverhetzenden Inhalte öffentlich vorgetragen werden.
[Verherrlichen:] Diese
Tathandlung sieht in den nationalsozialistischen Gewalttaten etwas
Großartiges, Imponierende, Heldenhaftes.
[Rechtfertigen:] Eine
Handlung als richtig, gerechtfertigt, dem geltenden Recht entsprechend
anzusehen. Frei jeglichen Vorwurfs, dass durch eine
nationalsozialistische Gewalttat Menschenrechte verletzt wurden.
[Hinweis:] Diese Handlungen
müssen öffentlich anlässlich einer Versammlung erfolgen bzw. zu erwarten
und dazu geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören bzw. die
Würde der Opfer zu verletzen.
04.1 Versammlungsverbot am Grab
von Rudolf Heß
TOP
Mit Beschluss vom 04. November
2009 - 1 BvR 2150/08, hat das BVerfG ein erlassenes Versammlungsverbot
anlässlich des Gedenkens an Rudolf Heß, das auf der Grundlage von
§ 130
Abs. 4 StGB
(Volksverhetzung) erlassen worden war, bestätigt.
[Anlass:]
Verbot einer Versammlung anlässlich des Gedenkens an Rudolf Heß am 20.
August 2015. Die Gedenkfeier sollte am Grab von Heß in der Stadt
Wunsiedel stattfinden. Sie stand unter dem Motto: »Seine Ehre galt ihm
mehr als die Freiheit«.
[Rudolf Heß:] Rudolf Walter
Richard Heß war ein deutscher Nationalsozialist. Heß war ab 1933
Reichsminister ohne Geschäftsbereich und ab 1939 Mitglied des
Ministerrates für Reichsverteidigung. Öffentlich trat Heß als
fanatischer Anhänger des Führerkultes hervor. 1933 ernannte ihn Adolf
Hitler zu seinem Stellvertreter. 1941 flog Heß nach Großbritannien, um
die britische Regierung zu einem Friedensschluss zu bewegen. Er wurde in
Kriegsgefangenschaft genommen und 1945 dem Internationalen
Militärgerichtshof in Nürnberg überstellt. Er war einer der 24
Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Heß
wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von vier Anklagepunkten schuldig
gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 17. August 1987 starb
er im Kriegsverbrechergefängnis Spandau durch Suizid (Quelle:
Wikipedia.org).
Bereits in den Leitsätzen heißt
es:
-
§ 130 Abs. 4 StGB ist auch als
nichtallgemeines Gesetz mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG vereinbar.
Angesichts des sich allgemeinen Kategorien entziehenden Unrechts und
des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über
Europa und weite Teile der Welt gebracht hat, und der als
Gegenentwurf hierzu verstandenen Entstehung der Bundesrepublik
Deutschland ist Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der
propagandistischen Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt-
und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des
Sonderrechts für meinungsbezogene Gesetze immanent.
-
Die Offenheit des Art. 5 Abs.
1 und 2 GG für derartige Sonderbestimmungen nimmt den materiellen
Gehalt der Meinungsfreiheit nicht zurück. Das Grundgesetz
rechtfertigt kein allgemeines Verbot der Verbreitung rechtsradikalen
oder auch nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug auf
die geistige Wirkung seines Inhalts.
[Meinungsfreiheit:] Im
Urteil heißt es im Hinblick auf die Meinungsfreiheit, die durch § 130
Abs. 4 StGB (Volksverhetzung) in verfassungsgemäßer Weise eingegriffen
werden kann wie folgt:
[Rn. 48:] § 130 Abs. 4 StGB
greift in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ein.
[Rn. 49:] Art. 5 Abs. 1
Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu
äußern und zu verbreiten. Meinungen sind durch die subjektive Beziehung
des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage geprägt (...). Für sie ist das
Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend (...).
Insofern lassen sie sich auch nicht als wahr oder unwahr erweisen. Sie
genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankommt, ob die
Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist, als
wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird (...).
Die Bürger sind dabei rechtlich auch nicht gehalten, die der Verfassung
zugrunde liegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz
baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte
der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die
Werteloyalität aber nicht (...).
[Rn. 50:] Geschützt sind
damit von Art. 5 Abs. 1 GG auch Meinungen, die auf eine grundlegende
Änderung der politischen Ordnung zielen, unabhängig davon, ob und wie
weit sie im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung durchsetzbar sind. Das
Grundgesetz vertraut auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als
wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und
menschenverachtender Ideologien. Dementsprechend fällt selbst die
Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als radikale
Infragestellung der geltenden Ordnung nicht von vornherein aus dem
Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus. Den hierin begründeten
Gefahren entgegenzutreten, weist die freiheitliche Ordnung des
Grundgesetzes primär bürgerschaftlichem Engagement im freien politischen
Diskurs sowie der staatlichen Aufklärung und Erziehung in den Schulen
gemäß Art. 7 GG zu.
Zulässige Beschränkung der
Meinungsfreiheit durch § 130 Abs. 4 StGB (Volksverhetzung):
[Rn. 64:] § 130 Abs. 4 StGB
ist auch als nichtallgemeines Gesetz mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG
vereinbar.
[Rn. 65:] Von dem
Erfordernis der Allgemeinheit meinungsbeschränkender Gesetze gemäß Art.
5 Abs. 2 GG ist eine Ausnahme anzuerkennen für Vorschriften, die auf die
Verhinderung einer propagandistischen Affirmation der
nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft zwischen den
Jahren 1933 und 1945 zielen. Das menschenverachtende Regime dieser Zeit,
das über Europa und die Welt in unermesslichem Ausmaß Leid, Tod und
Unterdrückung gebracht hat, hat für die verfassungsrechtliche Ordnung
der Bundesrepublik Deutschland eine gegenbildlich identitätsprägende
Bedeutung, die einzigartig ist und allein auf der Grundlage allgemeiner
gesetzlicher Bestimmungen nicht eingefangen werden kann.
[Rn. 67:] Die Offenheit des
Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für derartige Sonderbestimmungen, die sich auf
Äußerungen zum Nationalsozialismus in den Jahren zwischen 1933 und 1945
beziehen, nimmt den materiellen Gehalt der Meinungsfreiheit nicht
zurück.
[Rn. 69:] § 130 Abs. 4 StGB
genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die
Vorschrift verfolgt mit dem Schutz des öffentlichen Friedens einen
legitimen Zweck, zu dessen Erreichung sie geeignet, erforderlich und
angemessen ist.
[Rn. 71:] Voraussetzung für
einen Eingriff in Art. 5 Abs. 1 GG und maßgeblich für dessen
Verhältnismäßigkeit ist die Bestimmung eines legitimen Zwecks (...).
[Rn. 72:] Für Eingriffe in
Art. 5 Abs. 1 GG folgt hieraus, dass ihre Zielsetzung nicht darauf
gerichtet sein darf, Schutzmaßnahmen gegenüber rein geistig bleibenden
Wirkungen von bestimmten Meinungsäußerungen zu treffen. Die Absicht,
Äußerungen mit schädlichem oder in ihrer gedanklichen Konsequenz
gefährlichem Inhalt zu behindern, hebt das Prinzip der Meinungsfreiheit
selbst auf und ist illegitim (...).
[Rn. 73:] Legitim ist es
demgegenüber, Rechtsgutverletzungen zu unterbinden. Soweit der
Gesetzgeber darauf zielt, Meinungsäußerungen insoweit einzuschränken,
als mit ihnen die Schwelle zur individualisierbaren, konkret fassbaren
Gefahr einer Rechtsverletzung überschritten wird, verfolgt er einen
legitimen Zweck. Der Gesetzgeber kann insoweit insbesondere an
Meinungsäußerungen anknüpfen, die über die Überzeugungsbildung hinaus
mittelbar auf Realwirkungen angelegt sind und etwa in Form von Appellen
zum Rechtsbruch, aggressiven Emotionalisierungen oder der Herabsetzung
von Hemmschwellen rechtsgutgefährdende Folgen unmittelbar auslösen
können.
[Rn. 81:] § 130 Abs. 4 StGB
definiert als unter Strafe gestellte Tathandlungen die Billigung,
Verherrlichung und Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt-
und Willkürherrschaft. Bestraft wird damit das Gutheißen nicht von
Ideen, sondern von realen Verbrechen, die in der Geschichte einmalig und
an Menschenverachtung nicht zu überbieten sind. Das Gesetz richtet sich
gegen das Wachrufen und Billigen der Untaten eines Regimes, das zur
Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen schritt und sich als Schreckbild
unermesslicher Brutalität in das Bewusstsein der Gegenwart eingebrannt
hat.
[Rn. 105:] Die angegriffene
Entscheidung ist nach diesen Maßstäben verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. [En37] 37
04.2 Redeverbot für NPD-Redner
TOP
Auf der Grundlage des
Versammlungsgesetzes können Redeverbote erteilt werden, wenn mit
tatbestandlichem Handeln im Sinne von
§ 130
Abs. 4 StGB
(Volksverhetzung) zu rechnen ist.
[Anlass:]
Von der zuständigen Versammlungsbehörde wurde ein Redeverbot erteilt,
nachdem die NPD Hessen eine Demonstration angemeldet hatte, die als
»Wahlkundgebung« deklariert worden war. Die Veranstaltung stand unter
dem Motto: »Wir räumen auf - NPD - Alternative für Hessen«. Als Redner
sollte ein Mann auftreten, der im Vorfeld bereits mehrfach wegen
Volksverhetzung verurteilt worden war.
Im Urteil des VG Darmstadt vom
25.01.2008 - Az. 3 L 126/08, 3 L 126/08.DA heißt es im Leitsatz:
»Ist der für eine Versammlung
vorgesehene Redner bereits einmal wegen Volksverhetzung (§ 130 StGB)
verurteilt worden und besteht aufgrund seiner seither getätigten
Äußerungen hinreichender Grund für die Annahme, dass seine zu
erwartenden Äußerungen wiederum strafbar sein werden, rechtfertigt dies
ein Redeverbot.«
Ermächtigung für das erlassene
Redeverbot:
Diesbezüglich heißt es in dem
Urteil:
[Rn. 9:] Die für den Erlass
der Verfügung erforderliche Ermächtigungsgrundlage ergibt sich aus
§
15 Abs. 1 VersG. Nach dieser Vorschrift
kann die zuständige Behörde eine Versammlung verbieten, wenn nach den
zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung
oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.
[Rn. 10:] Der
Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom
01.12.2006 -6 TG 2932/06- ausgeführt, dass zu berücksichtigen sei, dass
die Vorschriften des Versammlungsgesetzes nur dann den
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügten, wenn sie unter
Berücksichtigung der grundsätzlichen Bedeutung der Versammlungsfreiheit
ausgelegt und angewendet würden. Die Meinungsfreiheit werde in der
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seit langem zu den
unentbehrlichen und grundlegenden Funktionselementen eines
demokratischen Gemeinwesens gezählt. Für die Versammlungsfreiheit als
Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe könne nichts grundsätzlich
anderes gelten. Verbot oder Auflösung von Versammlungen seien nur dann
mit Artikel 8 GG vereinbar, wenn bei Auslegung und Anwendung von § 15
VersG sichergestellt bleibe, dass von der Befugnis nur zum Schutz
wichtiger Gemeinschaftsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit und nur dann Gebrauch gemacht werde, wenn eine
unmittelbare, aus erkennbaren Umständen herleitbare Gefährdung dieser
Rechtsgüter drohe. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Sinne
von § 15 VersG werde in der Regel dann angenommen, wenn eine strafbare
Verletzung des Schutzes zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit,
Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die
Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen
drohe. Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung von Äußerungen durch
Gerichte hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof
ausgeführt, dass der Sinn dieser Äußerungen zutreffend erfasst werden
müsse. Wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen der Entscheidung
eine Bedeutung zu Grunde lege, ohne die anderen möglichen Deutungen mit
nachvollziehbaren Gründen ausgeschlossen zu haben, liege ein Verstoß
gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 GG vor.
[Rn. 14:] Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt ein Redeverbot nur
unter strengen Auflagen in Betracht; zu berücksichtigen ist nämlich,
dass es als präventive Maßnahme besonders intensiv in die
Meinungsäußerungsfreiheit des Betroffenen aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
eingreift. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu weiter ausgeführt,
dass infolge des Redeverbots weitere Abklärungen darüber, ob die zu
erwartenden Äußerungen wirklich strafbar wären, unmöglich würden. Zudem
unterbinde ein Redeverbot nicht nur einzelne, möglicherweise strafbare
Aussagen, sondern auch rechtlich unbedenkliche Bestandteile der Rede.
Zähle ein Redebeitrag zu den Programmpunkten einer öffentlichen
Versammlung, so beeinträchtige das Redeverbot die Möglichkeit
kommunikativer Entfaltung in Gemeinschaft mit anderen
Versammlungsteilnehmern und beeinträchtige damit auch das Grundrecht der
Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG (...).
[Rn. 16:] Es bestehen
hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr, dass Herr X. die
geplante Veranstaltung nutzen wird, erneut Äußerungen zu tätigen, die
den Straftatbestand der Volksverhetzung im Sinne des § 130 StGB erfüllen
können. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, dass er am 07.08.2007
durch das Amtsgericht Friedberg wegen Volksverhetzung zu einer
Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung verurteilt worden ist. [En38]
38
[Hinweis:] Zu befürchten
war, dass der Redner aus dem von ihm selbst verfassten Leitfaden der
»Freien Nationalisten« Bezug nehmen würde, in dem es u.a. heißt:
-
Wir sehen die BRD und ihr
Gesellschaftsmodell als ein künstlich geschaffenes Gefüge der
internationalen Hochfinanz. Wir sehen Sie nicht als Repräsentanten
des deutschen Volkes und lehnen daher sie und ihr Grundgesetz sowie
sämtliche geschlossenen Staatsverträge ab
-
Unser Ziel ist das Deutsche
Reich
-
Das Parteiensystem wird
abgeschafft
-
Sämtliche Einbürgerungen,
welche nach dem 08. Mai 1945 stattfanden, werden geprüft und ggf.
annuliert. Eheschließungen, Lebenspartnerschaften und
Geschlechtsverkehr zwischen Deutschen und Ausländern artfremden
Blutes sind untersagt
-
Multikulturelle Experimente
lehnen wir bedingungslos ab.
-
Jedem Volk sein Land
-
Deutschland uns Deutschen
-
Recht ist, was Deutsche als
Recht empfinden.
05 § 130 Abs. 5 - 7 StGB
TOP
Die in diesen Absätzen enthaltenen
Regelungen werden nur skizziert:
[Absatz 5:] Dieser Absatz
stellt das Verbreiten von Schriften mit volksverhetzenden Inhalten unter
Strafe, wozu auch die Verbreitung im Internet und in sozialen Netzwerken
gehört.
Die Norm bezieht sich auf die im
§ 11 Abs. 3 StGB
(Personen- und Sachbegriffe) benannten Schriften.
Nach Absatz 2 Nummer 2 wird auch
bestraft, wer einen in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalt mittels
Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder
der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Siehe auch folgende Randnummer.
[Absatz 6:] § 130 Abs. 6
StGB nimmt Bezug auf
§ 86 Abs. 3 StGB
(Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen). Danach entfällt der
Tatbestand der Volksverhetzung, wenn die Schrift oder Darbietung etc.
der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger
Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der
Lehre bzw. der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder
der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.
Mit anderen Worten:
Die in diesem Aufsatz
nachlesbaren volksverhetzenden Parolen sind deshalb nicht strafbar, weil
sie unter die Regelung des § 83 Abs. 3 StGB fallen. Darauf nimmt § 130
Abs. 6 StGB ausdrücklich Bezug.
06 Jugendschutz und rechtsextreme
Musik als Volksverhetzung
TOP
§ 130 StGB
(Volksverhetzung) enthält auch Regelungen, die insbesondere Personen
unter 18 Jahren vor volksverhetzenden Inhalten schützen sollen.
Entsprechende Hinweise enthalten:
Die beiden letztgenannten
Regelungen stellen auch die Verbreitung volksverhetzender Inhalte
mittels Rundfunk oder Telemedien an Jugendliche unter Strafe.
Insbesondere handelt es sich bei
diesen volksverhetzenden Inhalten um Songs oder Musikvideos so genannter
rechtsextremer Musikgruppen (Neonazi-Bands).
In den Texten so genannter
Neonazi-Bands wird nicht nur der Holocaust geleugnet, sondern offen zum
Mord aufgerufen. Verfassungsschutzberichten kann entnommen werden, dass
mit solchermaßen hasserfüllter Musik im rechten Lager Nachwuchs
rekrutiert wird.
Es sind Bands mit Namen wie:
-
Sturmkommando
-
Werwolf oder
-
Volkszorn.
Volksverhetzende Tonträger werden
nicht nur kostenlos im Umfeld von Schulen verteilt, der Vertrieb erfolgt
auch über das Internet.
Auf der, seit August 2007
indizierten CD »Der Wahnsinn geht weiter« der Band »Sturmkommando« heißt
es etwa laut Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV):
»Semitenpack, Kanakenbanden werden vertrieben aus deutschen Landen.
Sauber und rein soll das Vaterland sein, nicht besudelt wie das
dreckigste Schwein. (…) das Urteil ist gesprochen. Tod durch den Strang.
(…) Hängt sie auf, steinigt sie.« [En39] 39
06.1 Musiktitel »Geschwür am
After« ist Volksverhetzung
TOP
2014 bestätigte das OLG Oldenburg
eine Entscheidung des Landgerichts Osnabrück, dass der Musiktitel
»Geschwür am After« einer Neonazi-Band, der auf der CD »Adolf Hitler lebt!«
verbreitet wurde, den Tatbestand der
Volksverhetzung erfüllt.
In dem Liedtext wurde der
begangene Holocaust unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
geleugnet.
In der Pressemitteilung des OLG
Oldenburg vom 27.03.2014 heißt es u.a.:
Der Verurteilte hatte auf einer CD
mit dem Titel »Adolf Hitler lebt!« drei Lieder mit den Titeln
»Döner-Killer«, »Bis nach Istanbul«, und »Geschwür am After«
veröffentlicht. Während das Amtsgericht davon ausging, dass alle drei
Lieder den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten, sah das Landgericht
allein bei dem Titel »Geschwür am After« den Tatbestand verwirklicht und
reduzierte deshalb das Strafmaß.
Zur Überzeugung des Senats sei der
Liedtext zweifelsfrei eindeutiger Natur und leugne im Kern das gegen die
jüdische Bevölkerung gerichtete Massenvernichtungsunrecht.
Die Annahme
des Verurteilten, ein unvoreingenommener und verständiger
Durchschnittsleser oder -hörer könne den Text anders verstehen, sei
wirklichkeitsfern. [En40] 40
Die Entscheidung ist
rechtskräftig.
Der Text des Liedes wird hier
allein aus dem Grunde wiedergegeben, um der Freiheit der Lehre zu
entsprechen. Im Art. 5 Abs. 3 GG heißt es: (3) Kunst und Wissenschaft,
Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht
von der Treue zur Verfassung.
Geschwür am After
Heute weiß ein jeder stümperhafte
Schreiberling: Wessen Brot ich ess, dessen Lüge ich sing. All die
geschmierten „Historikerkommissionen“, mit den Lieblingsthemen:
Massenmord und Perversionen. Doch Wahrheiten von heute sind die Lügen
von morgen und so viele ihrer Leichen sind bis heute nicht gestorben.
Sie sind Teil des Systems und
haben mit Bedacht die Geschichte auf den neuesten Stand der Lüge
gebracht. So verbreiten es die Umerziehungsakademien, wir leben im Land,
in dem die Schuldneurosen blühen. Und sie greifen wieder tief in ihre
Mottenkisten, Geschichten aus der Gruft für echte Masochisten.
Diese Geschichtswissenschaftler
sind wie ein Geschwür am After. Sie nennen sich Wissenschaftler, doch
sind nur ein Geschwür am After.
In einer Endlosschleife zeigt man
nach wie vor Bilder von den Schienen und vom Eingangstor. Die Nasen
immer tief im Dreck, so wie ein Trüffelschwein – alles andere wär‹ zu
wahr um schön zu sein. Unsere Geschichtsbücher werden zu
Verbrecheralben, ihre Lügen kehren wieder wie im Frühjahr die Schwalben.
Lieber ein
Geschwür am After als diese Geschichtswissenschaftler. Lieber ein
Geschwür am After als diese Geschichtswissenschaftler. Lieber ein
Geschwür am After. [En41] 41
06.2 Stress ohne Grund von
Shindy/Bushido
TOP
Auch die CD »NWA« des Rappers
Shindy wurde 2014 durch das VG Köln indiziert. Auf der CD ist u.a. das
gemeinsam mit dem Rapper Bushido produzierte Lied »Stress ohne Grund«
enthalten, in dem Gewaltaufrufe gegen Politiker und diskriminierende
Äußerungen über Homosexuelle getätigt werden. Aufgrund dieses Liedes
sowie mehrerer anderer Lieder wurde eine Listenaufnahme ausgesprochen.
[Vom Index wieder entfernt:]
Diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
Nordrhein-Westfalen vom 3. Juni 2015 (Az. 19 B 463/14) aufgehoben, d.h.
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Indizierungsentscheidung
angeordnet.
Die CD und das Video wurden aus
der Index-Liste gestrichen.
Im Beschluss des OVG Münster vom
03.06.2015, Az. 19 B 463/14 heißt es:
Das OVG Münster hat entschieden,
dass die Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
über die Indizierung des Musikvideos »Stress ohne Grund« rechtswidrig
ist, weil die Bundesprüfstelle den Kunstgehalt des Tonträgers und des
Videos nicht hinreichend ermittelt habe.
Nach Ansicht des Senats sind die
Indizierungsentscheidungen rechtswidrig, weil die Bundesprüfstelle den
Kunstgehalt des Tonträgers und des Videos nicht hinreichend
ermittelt habe. Nach § 18 Abs. 3 Nr. 2 Jugendschutzgesetz darf ein
Medium nicht in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen werden,
wenn es der Kunst dient. [En42] 42
§ 18 JuSchG (Liste
jugendgefährdender Medien)
[Persönliche Anmerkung:]
Über den folgenden Link kann der Text von »Stress ohne Grund« aufgerufen
werden. Diese »Kunstsprache« zu verstehen, fällt mir in der Tat schwer.
Noch schwerer aber fällt es mir, in diesem Text volksverhetzende Inhalte
zu finden. Insoweit ist dem Künstler Recht zu geben, dass das als Kunst
anzusehen ist, was er für Kunst hält. Im Übrigen ist es Aufgabe von
Kunst, zu provozieren. Weder das eine: Kunst noch das andere:
Provokation vermochte ich in dem Text zu erkennen. Wer sich so etwas
freiwillig anhört, sollte daran nicht gehindert werden.
Stress
ohne Grund
Wem das Musikvideo lieber ist,
kann auch das Gesamtkunstwerk zur Kenntnis nehmen.
Stress ohne Grund
07 Karneval 2016 - Panzer gegen
Flüchtlinge
TOP
Bild.de vom 07.02.2016 berichtet
über Karnevalsumzüge in Bayern und in Thüringen, in denen durch
Karnevalswagen gegen Flüchtlinge gehetzt wurde.
Zitat aus der Meldung:
Satire oder Volksverhetzung? Die Karnevals-Züge der Schande Panzer-Wagen: Jetzt ermittelt der
Staatsanwaltschaft
Bild des volksverhetzenden Panzers
Bild des »volksverhetzenden« Panzers
Video über diese närrische Volksverhetzung
An anderer Stelle heißt es:
In Karnevalsumzügen in Bayern und
Thüringen wurde gegen Flüchtlinge gehetzt. Riesen-Aufregung gab es beim
kleinen Karnevals-Umzug in Steinkirchen (Bayern). Sonntag Nachmittag
fuhren 30 Wagen durch die Straßen. Einer davon: ein grauer Panzer mit
Kanone und der Aufschrift »Ilmtaler Asylabwehr«.
Bei der Polizei gingen mehrere
Anzeigen wegen Volksverhetzung und Beleidigung ein.
Der Panzer-Wagen ist inzwischen
ein Fall für den Staatsanwalt:
Es sei ein Ermittlungsverfahren
eingeleitet worden, sagte am Montag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft
in Ingolstadt. [En43] 43
[Persönliche Anmerkung:]
Diese Republik leidet an einer Neurose von Besorgnis erregendem Ausmaß.
Wer die Mohammed-Karikaturen für Pressefreiheit hält, der muss auch
solch einen Panzerwagen unter Narrenfreiheit abheften können.
Im Übrigen dürften dann viele
Büttenredner gleichermaßen als Volksverhetzer anzuzeigen sein, wenn sie
zu Karnevalszeiten all das ausreizen, was zu anderen Zeiten nicht geht.
Und auch diejenigen, die sich durch karnevalistischen Wortwitz in
Lächkrämpfe ergießen, könnten durch volksverhetzendes Lachen schnell in
den Dunstkreis von Volksverhetzung geraten.
08 Vorsatz
TOP
Für die Erfüllung des subjektiven
Tatbestandes der Volksverhetzung ist Vorsatz erforderlich. Dieser
Vorsatz muss sich auf alle Tatbestandsmerkmale und somit auch auf die
Eignung der volksverhetzenden Inhalte zur Friedensstörung bzw. zur
Verletzung der Menschenwürde erstrecken.
Grundsätzlich genügt bedingter
Vorsatz.
[Bedingter Vorsatz:] Ein
mit bedingtem Vorsatz handelnder Täter muss die
Tatbestandsverwirklichung weder anstreben noch für sicher halten. Es
reicht aus, wenn er sie für möglich hält.
Das führt zwangsläufig dazu, dass
bedingter Vorsatz sorgfältig von bewusster Fahrlässigkeit abzugrenzen
ist.
Bewusste Fahrlässigkeit ist
dadurch gekennzeichnet, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der
als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf
ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde
mit dem Eintreten des Erfolges in dem Sinne einverstanden ist, dass er
ihn billigend in Kauf nimmt.
Diese Nahtstelle zu prüfen ist
Aufgabe des Tatrichters.
Im Urteil des BGH vom 09.05.1990 -
Az.: 3 StR 112/90 heißt es dazu:
[Rn. 7:] Die Entscheidung,
ob im Einzelfall unbewusste Fahrlässigkeit, bewusste Fahrlässigkeit oder
bedingter Vorsatz in Betracht kommt, ist nur auf der Grundlage
sorgfältiger Feststellungen zur inneren Tatseite möglich. Bewusste
Fahrlässigkeit oder bedingter Vorsatz in Betracht kommt, ist nur auf der
Grundlage sorgfältiger Feststellungen zur inneren Tatseite möglich.
Während der unbewusst fahrlässig Handelnde den tatbestandsmäßigen Erfolg
nicht voraussieht, er sich aber der Gefahr und damit der Möglichkeit
eines Schadenseintritts hätte bewusst werden können, erkennt der bewusst
fahrlässig Handelnde die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung, ist
nicht mit ihr einverstanden und vertraut ernsthaft - nicht nur vage -
darauf, dass der Erfolg nicht eintritt; der bedingt vorsätzlich
Handelnde dagegen nimmt den Erfolg billigend in Kauf oder findet sich um
des erstrebten Zieles willen wenigstens mit der
Tatbestandsverwirklichung ab (...). [En44] 44
[Hinweis:] Es gehört nicht
zu den polizeilichen Aufgaben, die Schuld eines Tatverdächtigen zu
prüfen. Das fällt allein in den Zuständigkeitsbereich des Tatrichters.
Ende des Kapitels
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09 Quellen
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Endnote_01 Öffentlicher Friede BGH, Urteil vom 21.04.1961,
Az.: 3 StR 55/60
https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1961-04-21/3-StR-55_60 Aufgerufen
am 23.02.2016 Zurück
Endnote_02 Volksverhetzung durch
Verteidigerhandeln BGHSt, Urteil vom 10.04.2002 - 5 StR 485/01
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bs047278.html Aufgerufen am 23.02.2016
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Endnote_03 Öffentlicher Friede BGHSt 46, 212 -
Volksverhetzung im Internet BVerfG, Urteil vom 12.12.2000 - 1 StR
184/00 http://www.servat.unibe.ch/dfr/bs046212.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_04 Auschwitzlüge im Internet
BGHSt 46, 212 - Volksverhetzung im Internet BGHSt, Urteil vom
12.12.2000 - 1 StR 184/00
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bs046212.html Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_05 BVerfGE 1, 97 - Hinterbliebenenrente I
BVerfG, Beschluss vom 19.12.1951 - 1 BvR 220/51
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv001097.html Aufgerufen am 23.02.2016
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Endnote_06 BVerfGE 27, 1 - Mikrozensus BVerfG,
Beschluss vom 16.07.1969 - 1 BvL 19/63
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv027001.html Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_07 BVerfGE 30, 1 BVerfGE 30, 1 - Abhörurteil
BVerfG, Urteil vom 07.07.1970 - 2 BvF 1/69, 2 BvR 629/68 und 308/69
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv030001.html Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_08 Volksverhetzung BGH 1 StR 179/93 - Urteil
vom 15. März 1994 (LG Mannheim)
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/93/1-179-93.php Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_09 Meinungsfreiheit oder
Volksverhetzung BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2010 - 1 BvR 369/04
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100204_1bvr036904 Aufgerufen
am 23.02.2016 Zurück
Endnote_10 Bezeichnung Ausländer als
Sozialparasiten OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.08.2000,
Aktenzeichen: 2 Ss 147/00
http://www.judicialis.de/Oberlandesgericht-Frankfurt_
2-Ss-147-00_Beschluss_15.08.2000.html?sid= 2Hv0Jvo1qNhOkUuBkgapsRRo
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_11 Volksverhetzung
Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht Urteil verkündet am
28.11.2001 Aktenzeichen: 1 Ss 52/01 Rechtsgebiete: StPO, StGB
http://www.judicialis.de/Brandenburgisches-Oberlandesgericht
_1-Ss-52-01_Urteil_28.11.2001.html?sid=TOZnQT3OBtyZ41lzpbF5JVxR
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_12 Parole:
Nationaler Widerstand
http://vgfreiburg.de/pb/,Lde/1216628/?LISTPAGE=1216452 Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_13 Asylbetrüger KG, 26.11.1997
- 1 Ss 145/94 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung: Volksverhetzung,
»Asylbetrüger« So auch BayObLG NJW 1995, 145; OLG Karlsruhe MDR 1995,
735. Zurück
Endnote_14 Strafanzeige gegen AfD-Chefin Petry
Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der Grenze Zeitonline.de
vom 02.02.2016 http://www.zeit.de/news/2016-02/02/deutschland-anwalt
-stellt-strafanzeige-gegen-afd-chefin-petry-02094609 Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_15 Vorwurf der Volksverhetzung
Keine Ermittlungen gegen Petry Tagesschau.de vom 10.02.2016 12:11 Uhr
http://www.tagesschau.de/inland/petry-schusswaffen-105.html
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_16 Affe, verpiss
dich AG München, Urt. v. 19.05.2015 - 844 Ds 111 Js 132270/15
Leitsatz: Zur Volksverhetzung und Beleidigung.
http://www.burhoff.de/insert/?/asp_weitere_beschluesse/
inhalte/3186.htm Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_17
BGH 1 StR 179/93 - Urteil vom 15. März 1994 (LG Mannheim)
Strafbarkeit der Leugnung des Massenmords an Juden (Holocaust);
Straftatbestand der Volksverhetzung (Angriff gegen die Menschenwürde
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/93/1-179-93.php Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_18 Vergleiche: Meinungsfreiheit
oder Volksverhetzung BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2010 - 1 BvR
369/04 http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100204_1bvr036904
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_19 Verbreiten im
Internet Leitsatz des Bearbeiters
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/01/1-66-01.php3 Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_20 Verbreiten pornografischer
Inhalte im Internet BGH 1 StR 66/01 - Urteil v. 27. Juni 2001 (LG
Würzburg) http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/01/1-66-01.php3
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_21 EU-Richtlinie
zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeugung von Kindern
https://www2.jurion.de/files/lexsoft/share/
pdf/cl2011l0093de0000010.0001.pdf Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_22 Verantwortlichkeit für Links Verlinkung zu
Inhalten, die zu Straftaten auffordern. Amtsgericht Berlin-Tiergarten
Urteil vom 30. Juni 1997 - 260 DS 857/96
http://www.linksandlaw.de/urteil62.htm Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_23 Volksverhetzung im Internet BGHSt 46, 212
- Volksverhetzung im Internet BGH, Urteil vom 12.12.2000 - 1 StR
184/00 http://www.servat.unibe.ch/dfr/bs046212.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_24 Volksverhetzung im Internet
BGH 5 StR 405/05 - Urteil vom 8. August 2006 (LG Berlin)
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/5/05/5-405-05-1.php Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_25 Volksverhetzung im Internet
LG Freiburg, Urteil vom 06.06.2011 – 7 Ns 85 Js 4476/09 AK 129/10
http://www.internet-strafrecht.com/urteile-internet-strafrecht/
volksverhetzung-lg-freiburg-7-ns-85-js-447609-ak-12910/ Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_26 Facebook: Haftstrafe für
rassistische Hetzerei Urteil des Amtsgerichts Emden
http://www.chip.de/news/Facebook-Haftstrafe-fuer-
rassistische-Hetzerei_69749380.html oder Emder Zeitung online
Verurteilung nach Eintrag bei Facebook Ein 34-jähriger Emder wurde am
Donnerstag vom Amtsgericht Emden wegen Volksverhetzung schuldig
gesprochen. Den Mann konnten die Beamten ausfindig machen, obwohl er mit
einem Pseudonym geschrieben hatte.
https://www.emderzeitung.de/emden/~/verurteilung-
nach-eintrag-bei-facebook-122770/ Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_27 Meedia.de 21.07.2015 »Wir müssen lernen, den
Shitstorm zu lesen«
http://meedia.de/2015/07/21/medienwissenschaftler-poerksen-
kontert-nuhr-kritik-wir-muessen-lernen-den-shitstorm-zu-lesen/
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_28 Hass gegen
Asylbewerber ist Terrorismus.
http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/ news/182779/index.html
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_29
Ausländerfeindlicher Beitrag auf Facebook
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10205492181076907
&set=a.1144360202175.22709.1022605989&type=3&theater Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_30 Vergleiche Zeit online vom
27.08.2015 http://www.zeit.de/news/2015-08/27/fluechtlinge-maas-will-
mit-facebook-ueber-extremistische-inhalte-reden-27082202 Aufgerufen
am 23.02.2016 Zurück
Endnote_31 Zeit online vom 15.09.2014
Hasskommentare löschen http://www.zeit.de/digital/internet/2015-09/
facebook-hasskommentare-maas-forderung-loeschen Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_32 Facebook will gegen Hetze
vorgehen Focus online vom 16.01.2016
http://www.focus.de/finanzen/news/wirtschaftsticker/
gegen-hetze-im-netz-facebook-will-nun-von-deutschland-
aus-gegen-hass-kommentare-vorgehen_id_5214558.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_33 Süddeutsche Zeitung online vom
22.02.2016 Anwälte zeigen Mark Zuckerberg wegen Beihilfe zur
Volksverhetzung an
http://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-anwaelte-zeigen-
mark-zuckerberg-wegen-beihilfe-zur-volksverhetzung-an-1.2875696
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_34 U-Bahn Lied
Beschluss des OLG Hamm vom 01.12.2015 - 1 RVs 66/15
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2015/1_
RVs_66_15_Beschluss_20151001.html Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_35 Fan-Gesang: U-Bahn nach Auschwitz OLG Rostock ·
Beschluss vom 23. Juli 2007 · Az. 1 Ss 080/06 I 42/06, 1 Ss 80/06 I
42/06 In dem Absingen des U-Bahn-Liedes mit dem Text: »Ihr könnt nach
Hause fahrn, Ihr könnt nach Hause fahrn. Eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen
wir, von St. Pauli bis nach Ausschwitz, eine U-Bahn bauen wir,« liegt
keine Volksverhetzung nach § 130 StGB.
https://openjur.de/u/341874.html Aufgerufen am 23.02.2016
Zurück
Endnote_36 Verbreiten von Propagandamitteln einer
verfassungswidrigen Organisation sowie Volksverhätzung durch Gefährdung
des öffentlichen Friedens Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.06.1979,
Az.: 3 StR 131/79 (S)
https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1979-06-20/3-StR-131_79-_S
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_37
Versammlungsverbot anlässlich Rudolf-Heß-Gedenken verfassungsgemäß
BVerfG, Beschluss vom 04. November 2009 - 1 BvR 2150/08
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/
Entscheidungen/DE/2009/11/rs20091104_1bvr215008.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_38 Redeverbot für NPD-Redner
VG Darmstadt · Beschluss vom 25. Januar 2008 · Az. 3 L 126/08, 3 L
126/08.DA https://openjur.de/u/299905.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_39 Volksverhetzung durch
Neonazi-Bands Stern.de vom 15.05.2008 Volksverhetzung im
Viervierteltakt Sie tragen die tumben Parolen der Rechtsextremen
unters Volk: Neonazi-Bands, die in ihren Liedern den Holocaust leugnen
oder zum Mord aufrufen. Der aktuell vorgelegte Verfassungsschutzbericht
zeigt auch: Mit der hasserfüllten Musik rekrutiert das rechte Lager
Nachwuchs. http://www.stern.de/kultur/musik/rechtsextreme-musik-
volksverhetzung-im-viervierteltakt-3857622.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_40 Volksverhetzung durch
Neonazi-Band Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 24.03.2014
- 1 Ss 170/13 - Musiktitel »Geschwür am After« auf der CD »Adolf
Hitler lebt!« erfüllt Tatbestand der Volksverhetzung Liedtext stellen
Leugnung des unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen
Holocaust dar http://app.olg-ol.niedersachsen.de/cms/presse/
presseanzeigen.php4?id=1098&aktion=anzeigen&bid=30 Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_41 Zitiert nach
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=
0ahUKEwiS4YvBzOrKAhVIIJoKHXnKDUEQFggcMAA&url=http%3A%2F%2
Fkaffeebraun88.ucoz.com%2FLiedertexte%2FGigi_Die_Braunen_
Stadtmusikanten-Adolf_Hitler_lebt.rtf&usg=AFQjCNFWO4Obx
VQD3wMoJQwISyFKE3P1fg&bvm=bv.113943665,d.bGs&cad=rja Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_42 Bushidos Video „Stress ohne
Grund“ darf nicht ohne Weiteres indiziert werden OVG Münster,
Beschluss vom 03.06.2015, Az. 19 B 463/14
http://www.damm-legal.de/ovg-muenster-bushidos-video-
stress-ohne-grund-darf-nicht-ohne-weiteres-indiziert-werden
Aufgerufen am 23.02.2016 Zurück
Endnote_43 Bild.de vom
07.02.2016 Karnevalsumzug in Bayern Panzer gegen Flüchtlinge
http://www.bild.de/news/
inland/karneval/satire-beim-karneval-44469964.bild.html Aufgerufen am
23.02.2016 Zurück
Endnote_44 Bedingter Vorsatz
Bundesgerichtshof, Urt. v. 09.05.1990, Az.: 3 StR 112/90
https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1990-05-09/3-StR-112_90 Aufgerufen
am 23.02.2016 Zurück
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StGB AT: Wenn Sie Fragen
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