01 Hausfriedensbruch gemäß §
123 StGB
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Wegen Hausfriedensbruchs wird bestraft, wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume
oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum
öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn
er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt
(§ 123 StGB).
§
123 StGB
Hausfriedensbruch ist ein Vergehen.
Das Delikt wird jedoch nur auf Antrag verfolgt (§ 123 Abs. 2 StGB). Der Strafantrag
ist Prozessvoraussetzung (absolutes Antragsdelikt). Das bedeutet, dass ohne Strafantrag
des Antragsberechtigten Hausfriedensbruch strafrechtlich nicht verfolgt werden darf.
Hausfriedensbruch ist gemäß § 374 StPO auch ein Privatklagedelikt.
§
374 StPO
Das bedeutet, dass das Delikt ohne vorherige Anrufung der Staatsanwaltschaft auf dem so
genannten "Privatklageweg" verfolgt werden kann. Auf diese Möglichkeit dürfen
Polizeibeamte Hausrechtsinhaber hinweisen, die einen Hausfriedensbruch anzeigen wollen.
Für den Fall, dass der Anzeigenerstatter darauf besteht, dass die Polizei eine
Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs aufnimmt, hat die Polizei die Anzeige jedoch
aufzunehmen und an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten (§ 163 Abs. 2 StPO). Die
Staatsanwaltschaft wird entscheiden, ob sie öffentliche Klage erhebt oder den
Geschädigten auf den Privatklageweg verweist.
02 Geschützte Räume
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Gemäß § 123 StGB sind geschützt:
- Wohnungen
- Geschäftsräume
- Befriedetes Besitztum
- Abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind.
Im Gegensatz zu § 244 Abs. 1 Ziff. 3 StGB (Wohnungseinbruchdiebstahl) braucht im
Zusammenhang mit § 123 StGB zwischen den Tatbestandsmerkmalen Wohnung, Geschäftsräume
und befriedetes Besitztum nicht genau unterschieden zu werden. Das
Bundesverfassungsgericht hat zu Art. 13 GG (und damit auch zu § 123 StGB) stets einen
extensiven Wohnungsbegriff vertreten und versteht unter Wohnung auch Arbeits- und
Geschäftsräume (BVerfG 32, 54). § 123 StGB erfasst darüber hinaus das gesamte
befriedete Besitztum. Im Zusammenhang mit § 123 StGB werden die Begriffe deshalb im
Folgenden nur grob voneinander abgegrenzt.
Wohnung
Zur Wohnung zählen Räumlichkeiten, deren Hauptzweck darin besteht, Menschen zum
Wohnen zu dienen, z.B.
- Wohnräume im engeren Sinne wie Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Diele, Bad.
- Nebenräume wie Boden, Keller, Treppenhaus, Waschküche, gemietete Zimmer in Hotels oder
Pensionen.
- Wohnmobile, Wohnanhänger und Schiffe, sofern sie zum Wohnen benutzt werden.
Geschäftsräume
Geschäftsräume sind Räumlichkeiten, die hauptsächlich für geschäftliche Zwecke
bereitgehalten werden.
- Erwerbsgeschäftliche Zwecke
- Künstlerische Zwecke
- Wissenschaftliche Zwecke
- Kulturelle Zwecke
In Betracht kommen
- Verkaufsräume, Geschäftspassagen,
- Marktbuden, Verkaufsstände,
- Büroräume, Diensträume und andere.
Befriedetes Besitztum
Eine Fläche gilt als befriedetes Besitztum, wenn sie erkennbar abgegrenzt bzw.
eingehegt ist. Im Wesentlichen kommen mit Zäunen, Mauern, Hecken oder anderen
Einfriedungen umgebende Höfe, Gewerbeflächen und Parkplätze in Betracht. Nicht
erforderlich ist, dass die Fläche zu allen Seiten hin eingefriedet ist.
Keine befriedeten Besitztümer sind:
- Fahrzeuge, sofern sie nicht als Wohnungen oder Geschäftsräume in Betracht kommen.
- Fußgängerpassagen, sofern sie nicht zugleich Geschäftsräume oder Bahnhöfe sind.
Beispiel
Die Polizei wird zum Einkaufszentrum E gerufen. In der Passage, vor dem Geschäft des E,
randalieren zwei Jugendliche. Mehrfache Aufforderungen des E, Ruhe zu geben oder die
Passage zu verlassen, wurden nicht befolgt. Hausfriedensbruch?
Voraussetzung für Hausfriedensbruch ist, dass die Passage
ein durch
§ 123 StGB geschützter Ort ist. Würde es sich ausschließlich um eine
Fußgängerpassage handeln, wären die begrifflichen Voraussetzungen eines
Geschäftsraumes oder von befriedetem Besitztum nicht erfüllt. Anders ist die Situation
jedoch, wenn die Passage selber Geschäftsraum ist (bestehend aus mehreren Geschäften).
Von Letzterem kann im Beispielsfall wohl ausgegangen werden, so dass Hausfriedensbruch in
Betracht kommt, wenn auch die übrigen Merkmale von § 123 StGB erfüllt sind.
Zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt / abgeschlossene Räume
Ein zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmter Raum gilt als abgeschlossen, wenn
die Fläche vergleichbar dem befriedetem Besitztum baulich begrenzt ist.
Als Räume des öffentlichen Verkehrs kommen danach in Betracht:
- Bahnhofshallen, Warteräume
- Busse und Bahnen, öffentliche Telefonzellen.
Zu den Räumen des öffentlichen Dienstes zählen:
- Amtsräume von Behörden
- Sitzungssäle.
Beispiel
Gegen 22.00 Uhr wird die Polizei zum U-Bahnhof X-Straße gerufen. Dort zeigt der
Fahrdienstleiter auf einen angetrunkenen Stadtstreicher, der in der Halle auf einer Bank
schläft. Der Aufforderung des Fahrdienstleiters, den Bahnhof zu verlassen, kommt der
Stadtstreicher nicht nach. Hausfriedensbruch?
Die Bahnhofshalle ist eine Räumlichkeit, die dem
öffentlichen Verkehr dient. Die Bahnhofshalle ist auch ein abgeschlossener Raum i.S.v. §
123 StGB, weil sie räumlich durch Wände begrenzt ist. Daran ändert sich auch nichts,
wenn die Bahnhofshalle zugleich die Funktion einer Passage hat. Die Halle gehört folglich
zu den gemäß § 123 StGB geschützten Räumen. Nach Aufforderung des Fahrdienstleiters
an den Stadtstreicher, die Halle zu verlassen, verweilt der Stadtstreicher unbefugt in der
Halle. Er begeht folglich einen Hausfriedensbruch.
Beispiel
Die Polizei wird zur Bushaltestelle X gerufen. Dort hält ein Fahrausweisprüfer eine Frau
fest und erklärt: "Ich habe diese Frau im Bus ohne Fahrausweis angetroffen. Weil sie
mir Namen und Anschrift verweigerte, habe ich sie mehrfach aufgefordert, an der nächsten
Haltestelle den Bus zu verlassen. Da sie sich weigerte, musste ich sie förmlich aus dem
Bus ziehen. Rechtslage?
Nach den gegebenen Umständen hat die Frau in der Absicht die
Beförderung durch ein Verkehrsmittel in Anspruch genommen, das Fahrtentgelt nicht zu
bezahlen. Folglich hat sie den Tatbestand der Leistungserschleichung (§ 265 a StGB)
verwirkt. Ferner kommt Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB in Betracht. Der Bus ist ein
Raum, der zum öffentlichen Verkehr bestimmt ist. Weil die Frau keine Fahrkarte hat,
verweilt sie unbefugt in dem Bus. Da sie nach Aufforderung eines Berechtigten den Bus
nicht verließ, kann ihr auch Hausfriedensbruch im Sinne von § 123 StGB vorgeworfen
werden.
Mehrere geschützte Räume im Zusammenhang
Innerhalb eines geschützten Raumes können mehrere geschützte Räume gegeben sein. So
sind z.B. Bahnhöfe oft in mehrere geschützte Bereiche aufgeteilt. Die Bahnhofshalle als
solche ist ein gemäß § 123 StGB geschützter Raum, weil sie zum öffentlichen Verkehr
bestimmt ist. In der Bahnhofshalle gibt es oftmals aber auch Geschäfte, Verkaufsstände
und Gaststätten. Als Geschäftsräume sind auch diese Räume gemäß § 123 StGB
geschützt. Entsprechend der Anzahl unterschiedlicher Räumlichkeiten kann es auch
verschiedene Hausrechtsinhaber geben. So steht das Hausrecht im Geschäft A dem A, in der
Gaststätte G dem G, in der Bahnhofshalle als solcher den Berechtigten der Bundesbahn oder
der Verkehrsgesellschaft zu.
Entsprechendes gilt auch für Werks- bzw. Firmengelände, soweit auf dem Gelände
Fremdfirmen angesiedelt sind. Als Geschäftsräume sind auch diese Räume gem. § 123 StGB
geschützt.
03 Tathandlungen
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Tathandlungen des Hausfriedensbruches sind:
- Widerrechtliches Eindringen
- Unbefugtes Verweilen nach Aufforderung sich zu entfernen.
Die erste Alternative (widerrechtliches Eindringen) ist ein Begehungsdelikt.
Die zweite Alternative (unbefugtes Verweilen) ist ein Unterlassungsdelikt, weil der
Täter es unterlässt, sich zu entfernen.
Eindringen
Eindringen im Sinne von § 123 StGB setzt nach herrschender Meinung voraus, dass der
Täter gegen den Willen des Berechtigten entweder ganz oder mit einem Teil seines Körpers
in eine geschützte Räumlichkeit gelangt. Typische Formen des Eindringens sind
- Betreten geschützter Räumlichkeiten trotz erklärten entgegenstehenden Willens.
- Betreten geschützter Räumlichkeiten trotz erkennbaren entgegenstehenden Willens.
- Betreten von Räumen ohne Eintrittskarte.
- Betreten von Bussen und Bahnen ohne Fahrkarte.
Beispiel
A steigt in eine Straßenbahn, ohne eine Fahrkarte gelöst zu haben. Hausfriedensbruch?
Eine Straßenbahn ist ein gemäß § 123 StGB geschützter
Raum. Indem A in die Bahn einsteigt, gelangt er in diese geschützte Räumlichkeit. Dies
geschieht auch gegen den erkennbaren Willen der Verkehrsgesellschaft, denn diese erlaubt
die Nutzung nur, wenn zuvor eine Fahrkarte gekauft wurde. Folglich ist A i.S.v. § 123
StGB widerrechtlich in die Bahn eingedrungen.
Beispiel
Weil A im Stadion randaliert hat, wurde ihm vom Stadionbetreiber ein Stadionverbot
erteilt. Trotz des Verbotes wird A beim nächsten Heimspiel im Stadion angetroffen.
Hausfriedensbruch?
Das Stadion ist befriedetes Besitztum i.S.v. § 123 StGB.
Indem A das Stadion trotz Verbots betritt, hat er das Merkmal "Eindringen"
erfüllt. Weil kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich ist, der ihm das Betreten trotz des
erklärten Verbots erlauben könnte, ist Hausfriedensbruch gegeben.
Beispiel
Ein Mann hat im Bahnhof die Tür eines Verkaufsstandes aufgebrochen und daraus mehrere
Flaschen Alkohol gestohlen. Außer Diebstahl auch Hausfriedensbruch?
Der Verkaufsstand ist ein Geschäftsraum. Indem der Mann die
Tür aufbricht und den Verkaufsstand betritt oder hineinlangt, dringt er in den
geschützten Raum ein. Dies geschieht offensichtlich gegen den Willen des Inhabers.
Folglich ist auch Hausfriedensbruch gegeben.
Widerrechtliches Eindringen
Das Eindringen in geschützte Räume ist widerrechtlich, wenn der Eindringende keinen
Rechtfertigungsgrund dazu hat. Da begrifflich ein Eindringen in geschützte Räume einen
entgegenstehenden Willen des Berechtigten voraussetzt, ist grundsätzlich jedes Eindringen
auch widerrechtlich. Ausnahmsweise kann jedoch ein Rechtfertigungsgrund gegeben sein, der
trotz entgegenstehenden Willens das Betreten (Eindringen) in geschützte Räume erlaubt.
Beispiel
Nach einem Einbruchsdiebstahl werden N und O verfolgt und gestellt. Weil die Beamten in
der Wohnung des N weitere Beweismittel vermuten, durchsuchen sie gegen den Willen des N
dessen Wohnung. Hausfriedensbruch durch die Polizeibeamten?
Die Beamten haben ohne Einwilligung des N dessen Wohnung
betreten und durchsucht. Folglich sind sie in Räume eingedrungen, die durch § 123 StGB
geschützt sind. Die Beamten hatten jedoch einen Rechtfertigungsgrund. Gemäß §§ 102,
105 StPO durften sie als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzuge
gegen einen Verdächtigen eine Durchsuchung der Wohnung anordnen und durchführen, wenn
die Vermutung bestand, dass bei der Durchsuchung möglicherweise Beweismittel gefunden
werden konnten.
Beispiel
A wurde auf offener Straße überfallen. Der Täter hat ihn zu Boden gestoßen und ihm die
Brieftasche geraubt. Der flüchtende Täter wird von A verfolgt. An einer Bushaltestelle
springt der Täter in einen gerade haltende Bus. Ohne zu zögern steigt auch
A ein, obwohl
er keinen Fahrausweis hat. Hausfriedensbruch durch A?
Der Bus ist ein Raum, der gemäß § 123 StGB geschützt ist.
A ist in den Bus eingestiegen, obwohl erkennbar ist, dass die Verkehrsgesellschaft nur
solchen Personen Zutritt gewähren will, die einen Fahrausweis oder eine andere
Berechtigung haben. Mutmaßliche Einwilligung des Berechtigten zu Verfolgungsakten in
öffentlichen Verkehrsmitteln kann nicht einfach unterstellt werden. Folglich ist A
eingedrungen. A kann für sich jedoch einen Rechtfertigungsgrund geltend machen. Weil eine
gegenwärtige Gefahr für sein Eigentum auf andere Weise nicht abgewendet werden konnte
und das Verhalten des A offensichtlich auch ein angemessenes Mittel zur Abwehr der Gefahr
war, waren die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes
(§ 34 StGB) gegeben. A ist
folglich nicht widerrechtlich in den Bus eingedrungen.
Beispiel
Als F angetrunken nach Hause kam, hat Frau F ihm die eheliche Wohnung nicht geöffnet.
Daraufhin hat er die Wohnungstür aufgebrochen und ist in die Wohnung eingedrungen.
Hausfriedensbruch?
Fraglich ist allein, ob F widerrechtlich in die Wohnung
eingedrungen ist. Diese Frage ist immer dann problematisch, wenn mehreren Personen an
einer Wohnung oder einem Raum das Hausrecht zusteht. Für die Wohnung von Eheleuten gilt
grundsätzlich, dass beide das Hausrecht gleichrangig ausüben. Folglich hat die eine
"Ehehälfte" kein Recht, der anderen den Zutritt zu versagen. F ist also nicht
widerrechtlich eingedrungen, so dass Hausfriedensbruch ausscheidet.
Beispiel
Frau F bittet gegen 23.00 Uhr die Polizei um Hilfe: "Mein Mann hat soeben seine
Freundin V mit in unsere Wohnung gebracht. Von mir hat er verlangt, dass ich das
Schlafzimmer räume und in der Küche schlafe. Bitte, weisen Sie die V aus meiner Wohnung.
Ich erstatte auch Anzeige wegen Hausfriedensbruchs." Hausfriedensbruch durch V?
Die V hat Hausfriedensbruch begangen, wenn sie widerrechtlich
in die Wohnung des F eingedrungen ist. Laut Sachverhalt ist davon auszugehen, dass V mit
Einverständnis des Herrn F die Wohnung betreten hat. Jedoch war das Einverständnis von
Frau F nicht gegeben. Grundsätzlich steht Eheleuten das Hausrecht gleichrangig zu.
Davon gibt es jedoch Ausnahmen. So darf der eine Ehegatte das ihm zustehende Hausrecht
dem anderen gegenüber nicht missbrauchen. In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung
anerkannt, dass der räumlich gegenständliche Bereich der Ehewohnung zugunsten der Frau
gegen unzumutbare Einwirkungen geschützt ist.
Frau F braucht deshalb nicht zu dulden, dass sie von einer fremden Frau quasi aus ihrer
Wohnung verdrängt wird. In dieser Ausnahmesituation ist das Hausrecht der F stärker als
das Recht ihres Ehemanns. Die Zustimmung von Herrn F ist deshalb kein rechtfertigender
Grund für seine Freundin V, in der Wohnung zu bleiben. Folglich begeht V
Hausfriedensbruch, wenn sie sich über die höherrangigen Interessen der Ehefrau des F
hinwegsetzt.
Unbefugtes Verweilen
Hausfriedensbruch begeht auch, wer unbefugt in geschützten Räumen verweilt und sich
auf Aufforderung des Berechtigten nicht entfernt. Jemand verweilt unbefugt, wenn er für
das Verweilen keinen Rechtfertigungsgrund hat. Das Merkmal "unbefugt" hat die
gleiche Bedeutung wie das Merkmal "widerrechtlich". Der Täter kann zunächst
durchaus befugt die geschützte Räumlichkeit betreten haben.
Beispiel
Etwa 20 Fußballfans haben die Bahnhofshalle des Hauptbahnhofes betreten und verhalten
sich zunächst ruhig. Kurz bevor der Sonderzug mit gegnerischen Fans einläuft, beginnen
sie zu lärmen. Die Bahnpolizei fordert sie daraufhin auf, die Halle zu verlassen. Die
Fans weigern sich. Hausfriedensbruch?
Obwohl die Fans die Halle in der Absicht betreten haben, dort
(später) Randale zu machen, sind sie nicht widerrechtlich eingedrungen, denn sie haben
einen der Öffentlichkeit zugänglichen Ort in verkehrsüblicher Weise betreten und
zunächst Ruhe und Ordnung bewahrt. Aus triftigem Anlass wurden sie jedoch
von den Beamten der Bundespolizei aufgefordert, die Halle zu verlassen.
Es wird davon ausgegangen, dass diese Aufforderung mit dem Hinweis
verbunden ist, dass in Anlehnung an die Hausordnung der Deutschen
Bundesbahn AG es nicht erlaubt ist, Fahrgäste zu belästigen und dass
sich die Deutsche Bundesbahn in solchen Fällen das Recht vorbehält,
gegen die Täter Hausverbote zu erlassen oder Strafantrag wegen
Hausfriedensbruch zu stellen.
Ob gegen die Fans tatsächlich
Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch eingeleitet werden, ist eine ganz
andere Frage. Da es sich um Antragsdelikte handelt, entscheidet darüber
als Hausrechtsinhaber die Deutsche Bundesbahn AG.
Tatsache ist,
dass § 38 des Bundespolizeigesetzes (Platzverweisung) die Bundespolizei
dazu ermächtigt,
zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von
einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes
verbieten zu können. Dazu reicht es bereits aus, wenn von einer Gefahr
für die Rechtsordnung ausgegangen werden kann (möglicher
Hausfriedensbruch als Dauerdelikt = gegenwärtige Gefahr für die
Rechtsordnung).
Beispiel
Die Polizei wird zur Bahnhofsgaststätte gerufen. Dort ist es zwischen dem Wirt und einem
Gast zu Streit gekommen. Der Wirt erklärt: "Weil sich der Mann überheblich benahm,
habe ich ihn aus dem Lokal verwiesen. Er weigert sich jedoch zu gehen. Um Gewalt zu
vermeiden, habe ich Sie gerufen." Der Mann erklärt: "Das hier ist eine
öffentliche Gaststätte. Da lasse ich mich doch nicht einfach
hinauskomplimentieren." Hausfriedensbruch?
Die Gaststätte ist ein durch § 123 StGB geschützter Raum.
Offensichtlich ist der Mann nicht widerrechtlich eingedrungen, denn er hat sich, was
das Betreten der Gaststätte angeht, verkehrsüblich verhalten.
Fraglich ist, ob der Mann in der Gaststätte unbefugt verweilt, nachdem der Wirt ihm
zum Verlassen aufgefordert hat.
Da die Gaststätte ein privater Geschäftsraum ist, kann der Inhaber darüber
entscheiden, wen er dulden will und wen nicht. Er kann also, ohne einen besonderen Grund
angeben zu müssen, jemandem die Befugnis zum Verweilen entziehen.
Der Gast kann rechtswirksam nicht entgegenhalten, dass der Wirt anderen Gästen das
Verweilen gestattet. Der Mann begeht also Hausfriedensbruch.
Hausrecht - Ausübungsberechtigte
Das Hausrecht darf nur durch berechtigte Personen ausgeübt werden. Wer Berechtigter
ist, bestimmt der Hausrechtsinhaber.
Der Hausrechtsinhaber ist also kraft Hausrechts berechtigt, innerhalb seines
befriedeten Besitztums für Ruhe und Ordnung zu sorgen, Zugangsberechtigungen zu regeln
und bestimmte Tätigkeiten zuzulassen oder zu untersagen.
Er kann das Hausrecht auch durch Berechtigte ausüben lassen (z.B. Werkschutz, private
Sicherheitsdienste u.a.).
Bloße Störungen des Hausfriedens
Wird der Hausfrieden auf andere Weise als durch Eindringen oder Verweilen gestört, ist
Hausfriedensbruch nicht gegeben.
Typische Beispiele sind:
- Jugendliche spielen "Klingelmännchen"
- Schlagen und Klappern gegen Türen und Fenster
- Störanrufe, Ankleben von Plakaten und Beschriften von Wänden
- Arbeiter lärmen vor der Hauptverwaltung, der Dienstbetrieb wird gestört.
- Angetrunkene Arbeiter provozieren Mitarbeiter im Werksgelände.
- Arbeitsverweigerungen, weil Entlassungen drohen.
- Unzulässiges Verteilen von Zeitschriften und Flugblättern im Werksbereich.
Solche Verhaltensweisen können jedoch eine Ordnungswidrigkeit sein.
Gemäß § 118 Abs. 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer eine grob ungehörige Handlung
vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die
öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen.
§ 118 OWiG
Allerdings ist Hausfriedensbruch gegeben, wenn der Täter zunächst in befriedetes
Besitztum eindringt, um zu klingeln, zu klopfen oder zu lärmen usw.
04 Hausfriedensbruch im Zusammenhang mit Streik
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Im Falle eines rechtmäßigen Streiks kommt Hausfriedensbruch in Betracht:
- wenn rechtmäßig ausgesperrte Arbeitnehmer ohne Erlaubnis das Werk betreten
- wenn nicht ausgesperrte Arbeitnehmer widerrechtlich in Geschäftsräume eindringen oder
unbefugt darin verweilen
Ein Streik ist rechtmäßig, wenn er von einer Gewerkschaft geführt wird, nachdem die
Friedenspflicht abgelaufen ist und alle Verhandlungen zur Vereinbarung eines neuen
Tarifvertrages gescheitert sind. Ein Streik ist also nur zur Durchsetzung tariflich
regelbarer Ziele und nur dann zulässig, wenn nach Überzeugung der verhandelnden
Gewerkschaft der Tarifkonflikt im Verhandlungswege nicht beigelegt werden kann. Ein Streik
zur Durchsetzung politischer Ziele ist nach geltendem Recht nicht zulässig. Ist der
Streik von der streikführenden Gewerkschaft rechtmäßig beschlossen und verkündet,
dürfen alle Arbeitnehmer der bestreikten Betriebe die Arbeit verweigern. Weitere Rechte
stehen den Arbeitnehmern aus Anlass eines Streiks nicht zu.
Gegen einen Streik dürfen sich die Arbeitgeber mit der Aussperrung wehren.
Solange keine Aussperrung verfügt ist, dürfen die Arbeitnehmer selbstverständlich
ihren Arbeitsplatz aufsuchen. Das gilt insbesondere für arbeitswillige Arbeitnehmer. Das
Betreten des Werkes allein führt in dieser Lage also nicht zum Hausfriedensbruch. Wer
jedoch den Betriebsfrieden erheblich stört, deshalb zum Verlassen des Werkes aufgefordert
wird und der Aufforderung nicht Folge leistet, verweilt i.S.v. § 123 StGB unbefugt im
Werk.
Hat der Arbeitgeber jedoch die Aussperrung angeordnet, müssen alle Arbeitnehmer (auch
arbeitswillige Arbeitnehmer), die nicht eine besondere Erlaubnis erhalten, das Werk
verlassen. Wer dann ohne Erlaubnis das Werk betritt, dringt i.S.v. § 123 StGB
widerrechtlich in befriedetes Besitztum ein.
05 Schwerer Hausfriedensbruch
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Wegen schweren Hausfriedensbruchs wird bestraft, wer sich mit einer Menschenmenge
öffentlich zusammenrottet und in der Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder
Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in
das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum
öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt (§ 124 StGB).
§
124 StGB
Im Gegensatz zu einfachem Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), ist schwerer
Hausfriedensbruch (§ 124 StGB) eine Straftat, die von Amts wegen zu verfolgen ist. Ein
Strafantrag des Berechtigten ist nicht erforderlich.
Schwerer Hausfriedensbruch setzt voraus:
- Menschenmenge, die sich öffentlich zusammengerottet hat
- Absicht der Menge, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften
zu begehen
- Teilnahme an der Zusammenrottung und Eindringen in geschützte Räume
Schwerer Hausfriedensbruch kommt in der polizeilichen Praxis relativ selten vor.
Denkbare Fälle sind:
- Sturm auf das Rathaus.
- Gewaltsame Besetzung von Redaktionen, Ämtern, Konsulaten, Betrieben u.a.
Da in solchen Fällen in der Regel ein geschlossener Polizeieinsatz erforderlich wird,
soll hier nur ein Überblick über § 124 StGB gegeben werden.
Menschenmenge
Das Tatbestandsmerkmal "Menschenmenge" ist sowohl in § 124 StGB (Schwerer
Hausfriedensbruch) als auch in § 125 StGB (Landfriedensbruch) enthalten. Die
Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal sind jeweils gleich, so dass insoweit
Entscheidungen zum Landfriedensbruch auch beim schweren Hausfriedensbruch zugrunde gelegt
werden können.
Der Begriff Menschenmenge liegt zahlenmäßig nicht fest. Die Personenmehrheit muss so
groß sein, dass sie auf den ersten Blick nicht überschaubar ist, der Einzelne also nicht
mehr in der Lage ist, mit jedem anderen einzelnen sich unmittelbar auszutauschen.
Der BGH hat bei einer Personenzahl von 50 - 60 Demonstranten eine Verurteilung wegen
Landfriedensbruchs bestätigt und nur das Strafmaß für rechtsfehlerhaft gehalten. Das
setzt voraus, dass er das Tatbestandsmerkmal "Menschenmenge" als erfüllt
angesehen hat (BGH 5 StR 664/99). Allerdings hat der BGH bei einer Personenmehrheit von
"kaum mehr als 10 Personen" eine Menschenmenge verneint, weil außer der
Personenzahl von möglicherweise nur zehn Personen keine besondere Unübersichtlichkeit am
Tatort feststellbar gewesen sei und auch sonstige besondere Umstände nicht gegeben
gewesen wären (BGH 5 StR 199/02).
Der BGH verneint also nicht für jeden Fall einer Zusammenrottung von nur etwa 10
Personen das Merkmal "Menschenmenge". Allerdings wird nicht mitgeteilt, welche
Anforderungen an "Unübersichtlichkeit" oder an "sonstige besondere
Umstände" gestellt werden.
U.E. kann bei einer Personenzahl um zehn unter Berücksichtigung der Anforderungen des
BGH das Merkmal "Menschenmenge" als erfüllt angesehen werden, wenn die
Personenzahl vor Ort wechselt und nur zeitweise etwa zehn Personen anwesend sind oder die
Personen aggressiv hin und her und durcheinander laufen.
Zusammenrottung
Das Tatbestandsmerkmal "zusammenrotten" ist erfüllt, wenn eine Menschenmenge
zu einem Handeln räumlich zusammenkommt, obwohl das zu erwartende bedrohliche Handeln in
seiner Rechtswidrigkeit erkennbar ist. Die Definition ist recht schwammig. Eine genauere
Fassung ist aber wohl kaum möglich. Die Menschenmenge muss sich öffentlich
zusammenrotten, d.h., dass die Möglichkeit des Anschlusses anderer besteht.
Absicht
Die Absicht der Menschenmenge muss auf Gewalt gegen Personen oder Sachen gerichtet
sein. Die Vorstellungen lediglich einzelner sind unerheblich.
Eindringen
Schwerer Hausfriedensbruch ist nur in Form des widerrechtlichen Eindringens möglich.
Durch "bloß" unbefugtes Verweilen kann schwerer Hausfriedensbruch nicht
begangen werden. Die Menschenmenge selbst - zumindest aber eine Teilmenge - muss in
geschützte Räumlichkeiten eindringen. Das Eindringen eines Einzelnen reicht nicht.
Tathandlung
Tathandlung ist die Teilnahme "an diesen Handlungen", also an der
Zusammenrottung und/oder am Eindringen. Teilnahme bedeutet physische Beteiligung im
Wirkbereich der Menschenmenge.
Beispiel
Nachdem bekannt wurde, dass ihre Firma Konkurs anmelden will, versammelt sich ein großer
Teil der Belegschaft (ca. 100 Leute) auf der Straße vor dem Bürogebäude. Weil der
Firmeninhaber sich nicht blicken lässt, wird die Stimmung immer bedrohlicher. Plötzlich
werden Rufe laut, die Bude zu stürmen; andere mahnen zur Besinnlichkeit. Die Gruppe der
Radikalen wird jedoch größer. Als der Anführer mit der Aufforderung "Mir
nach!" zur Eingangstür rennt, folgen ihm etwa 20 Personen. Sie brechen die Tür auf,
dringen in das Gebäude ein und verprügeln den Firmeninhaber. Der alarmierten Polizei
gelingt es, fünf Eindringlinge festzunehmen. Rechtslage?
Die eingedrungenen Personen könnten schweren
Hausfriedensbruch
(§ 124 StGB) begangen haben. Voraussetzung ist, dass sie sich mit einer
Menschenmenge öffentlich zusammengerottet haben und in der Absicht, Gewalttätigkeiten
gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in die Geschäftsräume
widerrechtlich eingedrungen sind. Die Versammlung der ca. 100 Personen auf der Straße
erfüllt zwar das Merkmal Menschenmenge, jedoch lässt sich nicht erkennen, dass sie sich
öffentlich zusammengerottet hat. Jedoch haben sich etwa 20 Personen ausgesondert und eine
neue Menschenmenge gebildet, obwohl für jeden erkennbar war, dass widerrechtlich in die
Geschäftsräume eingedrungen werden sollte, um Gewalttätigkeiten zu begehen.
Folglich hat sich eine Menschenmenge zusammengerottet. Die Zusammenrottung war auch
öffentlich, weil andere sich hätten anschließen können. Weil die Personen in die
Geschäftsräume eingedrungen sind, ist somit schwerer Hausfriedensbruch gegeben. Weil der
Firmeninhaber verprügelt wurde, können sie ferner gem. § 224 StGB wegen gefährlicher
Körperverletzung (... mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich) zur Verantwortung
gezogen werden.
06 Landfriedensbruch
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Gem. § 125 StGB begeht Landfriedensbruch (Vergehen/Offizialdelikt), wer sich an
- Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder
- Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise
mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf
die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern.
§
125 StGB
Geschütztes Rechtsgut ist primär die öffentliche Sicherheit. Landfriedensbruch ist
eine schwierig nachweisbare Straftat.
In der Praxis bedeutsame Fallgruppen sind:
- Randalierende Demonstranten
- Angriffe auf Polizei
- Steine werfen
- Passanten angreifen
- Pflaster aufreißen
- Fahrzeuge umwerfen, beschädigen
- Schneisen in Kaufhäuser schlagen
- Randalierende Fußballfans
- Angriffe auf gegnerische Fans
- Angriffe auf Polizei
- Randale in Bahnhöfen, Zügen, Straßenbahnen
- Randalierende Skinheads, Rocker, Punker u.a.
- Angriffe auf den jeweiligen Gegner
- Überfälle auf Asylanten, Ausländer
Bei "Tumulten" aus Anlass von Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen
wird zwar in der Regel Landfriedensbruch begangen, jedoch scheitert die strafrechtliche
Verfolgbarkeit allzu häufig an der Möglichkeit, die Täter zu ergreifen, bzw. ihnen die
Tat nachzuweisen. Ausgeklügelte, aufwendige Beweissicherungskonzepte (z.B. GeSa-Konzepte)
haben nur in Teilbereichen Erfolge gehabt.
Menschenmenge
Der Begriff Menschenmenge ist derselbe wie zu § 124 StGB; vgl. zuvor.
Landfriedensbruch ist nur aus einer Menschenmenge heraus begehbar. Die Menschenmenge
braucht sich jedoch im Gegensatz zu § 124 StGB nicht öffentlich zusammengerottet zu
haben. Die Menge als solche braucht auch nicht unfriedlich zu sein. Landfriedensbruch ist
also auch möglich, wenn aus einer an sich friedlichen Menge heraus mehrere Personen mit
vereinten Kräften Gewalttätigkeiten begehen.
Beispiel
In einem Aufzug von ca. 2.000 Teilnehmern befinden sich etwa 20 aggressive Personen.
Als die Gruppe im Aufzug an einer Filiale der Deutschen Bank vorbeikommt, werden unter
Gejohle aus der Gruppe heraus Steine gegen die Scheiben der Filiale geworfen. Das
Verhalten stößt auf erheblichen Protest der übrigen friedlich demonstrierenden
Teilnehmer.
Ohne Zweifel erfüllt der Aufzug die Merkmale einer Menschenmenge. Die Menge als solche
ist friedlich zu einem Aufzug zusammengekommen und verhält sich auch friedlich. Jedoch
haben aus dieser Menschenmenge heraus einige Personen mit vereinten Kräften
Gewalttätigkeiten gegen Sachen begangen. Damit sind die Merkmale des Landfriedensbruches
erfüllt.
Eine ganz andere Frage ist, ob jemandem aus der Gruppe eine Beteiligung als Täter oder
Teilnehmer nachgewiesen werden kann. Letzteres ist zur Strafverfolgung aber erforderlich.
Gewalttätigkeiten
Gewalttätiger Landfriedensbruch ist gegeben, wenn aus einer Menschenmenge heraus,
Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen begangen werden.
Gewalttätigkeiten sind physische Kraftentfaltungen gegen Personen oder Sachen.
In Betracht kommen alle denkbaren Formen körperlicher Kraftentfaltung,
z.B. Schlagen,
Drücken, Ziehen, Brechen, Werfen, Stoßen, Brennen, Gießen, Schießen, Hebeln u.a.
Gewalttätigkeiten sind begangen, sobald physiche Kraft aggressiv eingesetzt worden
ist.
Ein schädigender Erfolg braucht nicht eingetreten zu sein.
Beispiel
Aus einer Gruppe randalierender Fußballfans heraus, werden Polizeibeamte mit
Leuchtmunition beschossen. Die Geschosse verfehlen.
Allein das Schießen auf Menschen erfüllt das Merkmal
"Gewalttätigkeiten". Zu einem schädigenden Erfolg braucht es nicht gekommen zu
sein.
Beispiel
Eine Gruppe von etwa 20 angetrunkenen Skinheads greift in der Bahnhofshalle Ausländer an.
Ohne Zweifel werden hier aus einer Menschenmenge heraus
Gewalttätigkeiten gegen Personen begangen. Gewalttätiger Landfriedensbruch ist folglich
gegeben.
Bedrohungen
Bedrohender Landfriedensbruch ist gegeben, wenn aus einer Menschenmenge heraus Menschen
mit einer Gewalttätigkeit bedroht werden.
Die Tathandlung ist begangen, wenn die Drohung demjenigen zur Kenntnis gekommen ist,
auf den Einfluss genommen werden soll.
Beispiel
Aggressive Gegendemonstranten fordern die Teilnehmer einer Kundgebung unter Drohgebärden
auf: "Verpisst Euch oder wir machen Euch platt!" Die eingesetzten Polizeibeamten
haben Mühe, die Gegendemonstranten zurückzuhalten.
Die Bedrohung "... oder wir machen Euch platt!" ist
eindeutig eine Drohung mit einer Gewalttätigkeit.
Da die Bedrohung mit vereinten Kräften aus einer Menschenmenge heraus in einer die
öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise erfolgt, ist Landfriedensbruch gegeben. Nicht
erforderlich ist, dass die Drohenden ihre Drohungen auch umsetzen.