VVPolG NRW zu § 34a
Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot zum Schutz vor häuslicher
Gewalt (zu § 34 a)
34a.0
Die Broschüre „Häusliche Gewalt und polizeiliches Handeln –
Information für die Polizei und andere Beteiligte“ ist als verbindliche
Handlungsanweisung zu beachten (RdErl. vom 21.3.2002 – 42.1-2761).
Die Broschüre kann über den folgenden Link aufgerufen werden.
Häusliche Gewalt und polizeiliches Handeln
01 Kurzkommentar
TOP
Im Januar 2002 trat das »Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor
Gewalttaten und Nachstellungen (GewSchG)« in Kraft. Dieses Gesetz
gewährt einem Opfer häuslicher Gewalt das Recht, beim zuständigen Familiengericht
die Anordnung von Maßnahmen zum persönlichen Schutz vor häuslicher
Gewalt zu beantragen, wenn die Voraussetzungen des
§ 1 GewSchG
greifen.
Ist das der Fall, dann kann auf Antrag des Opfers ein
angerufener Familienrichter gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt
und Nachstellungen anordnen.
»Das Gericht kann insbesondere
anordnen, dass der Täter es unterlässt,
1. die Wohnung der
verletzten Person zu betreten,
2. sich in einem bestimmten Umkreis
der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3. zu bestimmende
andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig
aufhält,
4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung
von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
5. Zusammentreffen mit
der verletzten Person herbeizuführen,
soweit dies nicht zur
Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist« (§ 1 Abs. 1
GewSchG).
[Polizeilicher Schutz:] Der Polizei
erwachsen aus dem GewSchG keinerlei Befugnisse. Deshalb wurden in vielen
Polizeigesetzen spezielle Regelungen aufgenommen, auf deren Grundlage
vorübergehende Wohnungsverweisungen bzw. Rückkehrverbote von der Polizei
im Anschluss an festgestellter häuslicher Gewalt ausgesprochen werden
können. Diese Ermächtigungen ermöglichen es der Polizei, sofort
intervenieren zu können, um akute Auseinandersetzungen, die mit Gefahren
für Leib oder Leben oder der Freiheit einer Person verbunden sind,
vorübergehend zu unterbinden.
In NRW beträgt die Dauer einer
Wohnungsverweisung maximal 10 Tage (§ 34a PolG NRW).
Innerhalb
dieser Frist von 10 Tagen soll dem Opfer die Möglichkeit gegeben werden,
sich zu entscheiden, ob es einen Antrag nach dem GewSchG stellt.
Außerdem soll durch diese Frist erreicht werden, dass die Person, die
häusliche Gewalt erlitten hat, während dieser Zeit vom Täter nicht
beeinflusst, nicht belästigt und insbesondere nicht erneut Opfer
häuslicher Gewalt werden kann.
[Tatbestandsmerkmale des
§ 34a PolG NRW: ] Einschlägige Befugnis für diese Maßnahme ist
§ 34a PolG NRW (Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot zum
Schutz vor häuslicher Gewalt).
Danach kann die Polizei eine
Person zur Abwehr einer von ihr ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit einer anderen Person aus einer Wohnung, in der
die gefährdete Person wohnt, sowie aus deren unmittelbaren Umgebung
verweisen und ihr die Rückkehr in diesen Bereich untersagen. Der
räumliche Bereich, auf den sich Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot
beziehen, ist nach dem Erfordernis eines wirkungsvollen Schutzes der
gefährdeten Person zu bestimmen und genau zu bezeichnen. In besonders
begründeten Einzelfällen können die Maßnahmen (…) auf Wohn- und
Nebenräume beschränkt werden (§ 34a PolG NRW).
[Gegenwärtige Gefahr:] Darunter ist eine Gefahr zu verstehen,
die bereits zu einem Schadenseintritt geführt hat oder wenn von dem
eingetretenen Schaden weitere Gefahren ausgehen oder jederzeit mit hoher
Wahrscheinlichkeit ein erneuter Schadenseintritt zu erwarten ist, so
dass zur Abwehr dieser (unmittelbar bevorstehenden) Gefahr sofortiges
Handeln erforderlich ist.
Unbestritten ist sowohl in der
Rechtslehre als auch in der Rechtsprechung, dass dieser Gefahrenbegriff
insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass »in allernächster Zeit«
erneut mit dem Eintritt eines Schadens zu rechnen ist. Eine gegenwärtige
Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person liegt vor, wenn
aufgrund der festzustellenden Gesamtumstände zu befürchten ist, dass es
in der Gewaltbeziehung in allernächster Zeit zu erneuten Straftaten
kommt. Es muss also nicht nur eine aktuelle Gefahrensituation bestehen,
sondern es muss auch eine Gefahrenprognose für die Zukunft vorgenommen
werden.
Eine Wohnungsverweisung ist mithin zukunftsorientiert und nicht
vergangenheitsorientiert. [En01]
[Gefahrenprognose:] Um anlässlich »häuslicher Gewalt«
eine gegenwärtige Gefahr begründen zu können, ist eine Gefahrenprognose
zu erstellen. Hinsichtlich der zeitlichen Nähe der geforderten
»Wiederholungsgefahr« werden dafür von der Polizei Erkenntnisse
verwendet, die vor Ort festgestellt werden und die zeigen, dass sich die
Tat jederzeit wiederholen kann (Beispiel: Täter ist renitent und droht
dem Opfer erneut Gewalt an, sobald die Polizei die Wohnung verlassen
hat).
Unabhängig davon wird zur Begründung der Gefahr auch auf die
deliktsspezifische Besonderheit häuslicher Gewalt als
Wiederholungsdelikt sowie auf polizeibekannte in der Vergangenheit
liegende Fälle häuslicher Gewalt zurückgegriffen.
[Geschützte Personen:] Geschützt sind die Personen, die mit dem
»Täter häuslicher Gewalt« in einer »Lebensgemeinschaft« zusammenwohnen
(gemeinsam genutzte Wohnung). Geschützt sind Lebenspartner, Eheleute,
Mitglieder von Wohngemeinschaften, Personen, die in Wohnungen ihren
Lebensmittelpunkt haben, in denen es zu häuslicher Gewalt kommt.
Besucher, die im häuslichen Bereich einer anderen Person gewalttätig
werden, so dass polizeiliches Einschreiten erforderlich wird, werden
nicht auf der Grundlage von § 34a PolG NRW der Wohnung, sondern auf der
Grundlage von § 34 PolG NRW des Platzes verwiesen, nachdem deren
Identität festgestellt wurde, um gegen diese Person das Strafverfahren
betreiben zu können (Körperverletzung, Hausfriedensbruch etc.).
[Geschützter Bereich:] Schutzraum ist die gemeinsam
genutzte Wohnung und die sich daran anschließende unmittelbare Umgebung.
Das sind die Bereiche, die zum weitgefassten Wohnungsbegriff gehören
(Flure, Garagen, das Grundstück, auf dem das Haus steht, etc.). Als
Tatort für häusliche Gewalt kommen aber auch andere Örtlichkeiten in
Betracht, zum Beispiel ein Lokal, in dem in häuslicher Gemeinschaft
lebende Personen miteinander in Streit geraten und ein »Teil dieser
Lebensgemeinschaft« dadurch körperlich zu Schaden kommt.
[Adressat der Maßnahme:] Diejenige Person, die
»häusliche Gewalt anwendet«. Grundsatz: Der Täter geht, das Opfer
bleibt.
[Annäherungsverbot:] Annäherungsverbote
können auf der Grundlage von § 34a PolG NRW nur in dem Umfang erlassen
werden, als diese den unmittelbaren Bereich der Wohnung betreffen, aus
denen »Täter häuslicher Gewalt« verwiesen werden können. Weitergehende
Annäherungsverbote können in NRW nur durch einen Familienrichter auf der
Grundlage von
§ 1 GewSchG
angeordnet werden.
[Dauer der
Wohnungsverweisung:] Die Dauer einer Wohnungsverweisung bzw.
eines erteilten Rückkehrverbotes auf der Grundlage von § 34a PolG NRW
beträgt 10 Tage. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Anordnung,
also mit dem Beginn des Folgetages und endet von dort an gezählt, mit
dem Ablauf des 10. Tages.
In besonders gelagerten Fällen kann die Dauer
einer polizeilich verfügten Wohnungsverweisung bzw. eines
Rückkehrverbotes zeitlich reduziert werden. Das ist zum Beispiel der
Fall, wenn der »Täter« glaubhaft nachweist, dass er in den nächsten
Tagen eine neue Wohnung beziehen wird oder bereits eine längere Reise
gebucht hat, die von ihm in Kürze angetreten wird.
[Formvorschriften:] Diesbezüglich ist der Wortlaut von
§ 34a PolG NRW sowohl im Hinblick auf die Belehrung des Opfers
als auch im Hinblick auf die Belehrung des Täters einschlägig.
[Fazit:] Die Wohnungsverweisung ist eine flankierende
polizeiliche Maßnahme zur Abwehr akuter Gefahren, ohne die das
Gewaltschutzgesetz seinen Schutzzweck nicht im gebotenen Maße nachkommen
könnte.
Voraussetzung für eine Wohnungsverweisung bzw. für ein
Rückkehrverbot ist eine akute Krisensituation.
Mit anderen Worten:
Es
handelt sich sozusagen um »Nothilfe« für das jeweilige Opfer, denn bei
einer polizeirechtlichen Wohnungsverweisung handelt es sich nicht um
eine Sanktion für geschehenes begangenes Unrecht. Die Wohnungsverweisung
soll vielmehr einer bevorstehenden Gefahr begegnen, d.h. eine Gefahr
abwehren, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in allernächster Zeit
zu erwarten ist, wenn Maßnahmen zur Gefahrenabwehr unterblieben.
[Rechtsnatur:] Bei der Wohnungsverweisung bzw. beim
Rückkehrverbot handelt es sich um eine so genannte polizeiliche
Sofortmaßnahme. Das hat zur Folge, dass bei einem eingelegten
Widerspruch seitens des von der Maßnahme Betroffenen die aufschiebende
Wirkung des Rechtsbehelfs entfällt. Obwohl die Maßnahme in vielen Fällen
durch einschreitende Beamte vor Ort ausgesprochen werden kann, ist es
dennoch üblich, die Maßnahme auch Stunden nach der Tat zu
verfügen. Wird der Störer in Gewahrsam genommen, wird in der Regel ein
Rückkehrverbot in seine Wohnung erst dann ausgesprochen, wenn er aus dem
Polizeigewahrsam entlassen wird.
Nähere Einzelheiten zur
Wohnungsverweisung und zum Rückkehrverbot stehen in der folgenden
umfangreichen und fallorientierten Kommentierung zur Verfügung.
02 Allgemeines zur häuslichen Gewalt
TOP
[Phänomen häusliche Gewalt:] Häusliche Gewalt hat
meist eine lange Vorgeschichte. Auch handelt es sich bei häuslicher
Gewalt in aller Regel nicht um ein einmaliges Ereignis, sondern um ein
Wiederholungsdelikt, das durch zunehmende Intensität der Gewaltanwendung
und durch wiederholte Gewaltausbrüche gekennzeichnet ist. Häusliche
Gewalt ist mit einer Gewaltspirale vergleichbar, die eine besondere
Eigendynamik entwickelt und die Wahrscheinlichkeit in sich trägt, dass
künftig erneut Gewalt angewendet wird. In der Regel handelt es sich bei
dem Vorfall, der Anlass für ein Einschreiten der Polizei ist, um die
»Zuspitzung« von Beziehungskonflikten. Aus gegebenem Anlass hat die
Polizei anlässlich solcher akuter Krisensituationen Maßnahmen zu
treffen, um das Opfer häuslicher Gewalt zumindest »vorübergehend« vor
häuslicher Gewalt zu schützen.
[Fakten:]
Jährlich fliehen ca. 44.000 geschlagene Frauen vor ihren schlagenden
Partnern in Frauenhäuser. »Rund 25 Prozent der Frauen im Alter von 16
bis 85 Jahren haben körperliche oder sexuelle Gewalt - oder auch beides
- durch Beziehungspartnerinnen und Beziehungspartner mindestens einmal
oder auch mehrmals in ihrem Leben erlebt. Dies belegt die 2004
veröffentlichte repräsentative Studie »Lebenssituation, Sicherheit und
Gesundheit von Frauen in Deutschland«. Bei den körperlichen Übergriffen
handelt es sich um ein breites Spektrum unterschiedlich schwerwiegender
Gewalthandlungen. Die Übergriffe reichen von wütendem Wegschubsen und
Ohrfeigen bis hin zum Schlagen mit Gegenständen, Verprügeln und
Gewaltanwendungen mit Waffen. Die Angaben zu sexuellen Übergriffen
beziehen sich in der o.g. Studie auf eine enge Definition erzwungener
sexueller Handlungen, das heißt: Vergewaltigung und sexuelle Nötigung.
Zwei Drittel der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen haben schwere
oder sehr schwere körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlitten.« [En02]
[Zahlen aus NRW:] Immer mehr Männer in NRW
werden wegen häuslicher Gewalt gegen Frauen der Wohnung verwiesen.
»Gegen 13.617 Männer wurde 2013 ein solches Rückkehrverbot
ausgesprochen, wie die Landesregierung am Mittwoch (18.06.2014) in
Düsseldorf mitteilte. 323 Wohnungsverweisungen mehr als 2012 von der
Polizei in NRW angeordnet wurden. Seit 2002 steige die Zahl der
Wohnungsverweise kontinuierlich an. Die angezeigten Straftaten wegen
häuslicher Gewalt gegen Frauen gingen jedoch 2013 im Vergleich zum
Vorjahr, um 96 auf 27.284 zurück. Um 273 auf 9.156 gestiegen ist die
Zahl der Frauen, die an Beratungsstellen weitervermittelt wurden.«
[En03]
[Bundesweite Erhebung 2017:]
Im November 2018 stellte Familienministerin Franziska Giffey die
neuesten Zahlen vor.
Auch 2017 haben die Fälle häuslicher Gewalt zugenommen.
2017 wurden dabei fast 150 Frauen getötet. Mehr als zwei Drittel der
Täter sind Deutsche.
138.893 Menschen wurden 2017 in Deutschland von
ihrem Partner oder Expartner misshandelt, gestalkt oder bedroht.
Darunter waren 113.965 Frauen, also 82 Prozent.
[Polizeialltag:] Häusliche Gewalt wird
angenommen, wenn es in einer häuslichen Gemeinschaft zur Gewaltanwendung
kommt. Damit werden in der Bundesrepublik Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamte täglich konfrontiert. Die Tatorte befinden sich in den
Lebensbereichen aller gesellschaftlichen Schichten. Die folgenden
Beispiele können nur die Spitze eines Eisberges aufzeichnen, denn sowohl
die Dunkelziffer als auch die Art der Anwendung häuslicher Gewalt ist
groß:
- Ein Vater
schlägt seiner 15-jährigen Tochter ins Gesicht und zerrte
sie an den Haaren
- Ein 21-jähriger Sohn droht seiner
Mutter, sie anzuzünden
- Ein 58-jähriger Ehemann schlägt seine Frau
mit der Faust ins Gesicht.
- Eine 28-Jährige wird von ihrem Mann
krankenhausreif geschlagen
- Eine alte Frau wird von ihrem Sohn
geschlagen und in ein Zimmer gesperrt, nur weil sie nervt
- Eine Frau
quält ihren pflegebedürftigen Ehemann sowohl psychisch als auch physisch
- Eine andere hat aus ihrem ehemaligen Geliebten ein williges Opfer
gemacht, das gedemütigt, weggestoßen und bei Bedarf auch geschlagen
werden kann.
[Die Opfer:] »2012 wurden Frauen
dreimal so oft Opfer häuslicher Gewalt wie Männer. Die Dunkelziffer ist
jedoch hoch, insbesondere die der männlichen Opfer. Nach Angaben des
Vereins Opferhilfe Berlin melden sich im Laufe eines Jahres nur fünf bis
zehn Männer bei der Beratungsstelle - im Vergleich zu 7000 Frauen. Den
Zahlen der Kriminalstatistik entsprechend müsste die Anzahl männlicher
Opfer häuslicher Gewalt aber bei etwa 1750 liegen.« [En04]
03 Definition häusliche Gewalt
TOP
Häusliche Gewalt umfasst alle Formen physischer, sexueller und
psychischer Gewalt zwischen Personen, die in einer häuslichen
Gemeinschaft zusammenleben. Auf die Art des Rechtsverhältnisses, das
dieser Lebensform zugrunde liegt, kommt es nicht an.
Als häusliche
Gemeinschaft kommen in Betracht:
- Ehegemeinschaft,
- Lebensgemeinschaft,
- Partnerschaft,
- Wohngemeinschaft,
- Senioren-WG
- andere Formen der gemeinsamen Lebensführung mit einem
gemeinsamen Lebensmittelpunkt.
Das Alter, das Geschlecht oder
die sexuelle Ausrichtung spielen für die Form der Lebensgemeinschaft
keine Rolle. Zentrales Merkmal häuslicher Gewalt ist, dass es in solch
einer Gemeinschaft zu gewaltsamen Übergriffen kommt.
Es handelt
sich folglich um Übergriffe, deren Ursprung die häusliche Gemeinschaft
ist, in der Konflikte entstehen und, falls sie nicht verbal gelöst
werden, dort bis hin zu Tötungsdelikten eskalieren können. Da die
Gewaltbereitschaft in dieser Lebensgemeinschaft entsteht, ist es eher
unbedeutend, an welchem Ort »häusliche Gewalt« zur Anwendung kommt. Zwar
wird es sich bei den in Betracht kommenden Tatorten in den meisten
Fällen um die gemeinsam genutzte Wohnung handeln. Als Tatorte kommen
aber auch Bereiche außerhalb der Wohnung in Betracht (Geschäfte,
gemeinsame Treffpunkte, öffentlicher Verkehrsraum).
Häusliche
Gewalt ist meist strafbare Gewalt, denn fast alle Erscheinungsformen
häuslicher Gewalt stellen Handlungen dar, die nach dem Strafgesetzbuch
mit Strafe bedroht sind: Sie reichen von der Beleidigung, Bedrohung und
Nötigung, der Freiheitsberaubung und Körperverletzung über verschiedene
Sexualdelikte bis hin zur versuchten und vollendeten Tötung.
Hinsichtlich der Definition »häusliche Gewalt« sind in NRW die
Ausführungen in der Broschüre des Innenministers »Häusliche Gewalt und
polizeiliches Handeln – Information für die Polizei und andere
Beteiligte« für dort tätige Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte als
verbindliche Handlungsanweisung zu beachten (RdErl. vom 21.3.2002 –
42.1-2761).
Das ergibt sich aus der VVPolG NRW zu § 34a PolG NRW. [En05]
Da die Broschüre als eine verbindliche Ermessensregelung
anzusehen ist, wird an dieser Stelle aus dieser Broschüre zitiert:
Häusliche Gewalt wird angenommen, wenn es in einer
häuslichen Gemeinschaft
- ehelicher oder - unabhängig von
der sexuellen Orientierung - nicht ehelicher Art
oder
- sonstiger
Art (z.B. Mutter / Sohn, Seniorenwohngemeinschaft
die entweder
- noch besteht (z.B. Täter und Opfer leben in einer gemeinsamen Wohnung
oder verfügen bei bestehender Lebensgemeinschaft über unterschiedliche
Meldeanschriften)
oder
- in Auflösung befindlich ist (z.B. Beginn
eines Trennungsjahres mit oder ohne Auszug aus der gemeinsamen Wohnung,
auch bei nicht ehelicher Beziehung mit oder ohne Auszug aus der
gemeinsamen Wohnung)
- oder
- seit einiger Zeit aufgelöst ist (z.B.
laufendes Trennungsjahr mit getrennten Wohnungen, wobei gewisse
Gemeinsamkeiten oder Kontakte noch fortbestehen, gemeinsames Sorgerecht
für Kinder, geschäftliche Abwicklungen bereits geschiedener Eheleute,
die vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens noch Kontakte
unterhalten, ohne in einer gemeinsamen Wohnung zu leben).
zur Gewaltanwendung kommt.
04 Mögliche Tatorte
TOP
Obwohl sich die meisten Fälle häuslicher Gewalt in der von Täter und
Opfer gemeinsam benutzten Wohnung ereignen werden, können
Wohnungsverweisungen bzw. Rückkehrverbote auch dann ausgesprochen
werden, wenn sich häusliche Gewalt an anderen Orten ereignet. Auch in
der Broschüre des Innenministers NRW »Häusliche Gewalt und polizeiliches
Handeln – Information für die Polizei und andere Beteiligte« heißt es,
»dass häusliche Gewalt nicht die Tatbegehung in der gemeinsamen Wohnung
voraussetzt. Tatorte können auch Geschäftsräume oder der öffentliche
Raum sein. In Zweifelsfällen wird die Polizei häusliche Gewalt
annehmen.«
[Beispiel:]
Beim Besuch einer Disko gerät ein in häuslicher Gemeinschaft
zusammenlebendes Paar dermaßen miteinander in Streit, dass der Täter von
Gästen daran gehindert werden muss, auf seine Begleiterin wie ein
»Berserker« einzuschlagen. Hinzugezogene Polizeibeamte stellen am Ort
der Tat fest, dass die Begleiterin erheblich verletzt wurde. Ihr
Begleiter sagt zu ihr, als die Polizeibeamten die Frau zum Tatmotiv
befragen: »Wenn du Schlampe den Beamten sagst, warum du hier deine
verdiente Tracht Prügel bekommen hast, dann kannst du dich auf einiges
gefasst machen, wenn wir erst einmal wieder zu Hause sind.« Die Beamten
entschließen sich dazu, den Täter für die Dauer von 10 Tagen aus der
gemeinsam mit dem Opfer genutzten Wohnung zu verweisen. Rechtslage?
In diesem Beispiel ist es nicht in einer gemeinsam genutzten Wohnung
zu Gewalthandlungen getroffen.
Da der Täter aber in häuslicher
Gemeinschaft mit dem Opfer zusammenlebt, besteht aufgrund der Drohungen,
die der Täter im Beisein der Polizeibeamten ausgesprochen hat, die
Gefahr, dass mit erneuten Gewalthandlungen jederzeit zu rechnen ist,
sobald das »Paar« sich in der gemeinsam genutzten Wohnung befindet.
Um
diese »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartende
Gefahr« abwenden zu können, ist es erforderlich, durch eine
vorübergehende Wohnungsverweisung die bereits zum Opfer häuslicher
Gewalt gewordene Frau zu schützen. Offenkundig ist in einer
Lebensgemeinschaft ein Konflikt so eskaliert, dass Sofortmaßnahmen zur
Gefahrenabwehr unverzichtbar sind, zumal der Täter der Frau sogar im
Beisein der Polizei Gewalt androht.
05 Überblick - § 34a PolG NRW
TOP
§ 34a PolG NRW
enthält im Hinblick auf die materiellen
Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Wohnungsverweisung bzw. für ein
Rückkehrverbot nur wenige nachzuweisende Tatbestandsmerkmale.
Eine Wohnungsverweisung bzw. ein Rückkehrverbot kommt nur dann in
Betracht, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben
oder Freiheit einer Person erforderlich ist.
Ist das der Fall,
können Personen, die häusliche Gewalt ausüben, sowohl aus der Wohnung
als auch aus der unmittelbaren Umgebung der gefährdeten Person verwiesen
werden. Die Wohnungsverweisung kann gleichzeitig mit dem Aussprechen
eines Rückkehrverbotes verbunden werden.
Darüber hinausgehend
enthält § 34a PolG NRW eine Fülle zu beachtender Formvorschriften, die
an dieser Stelle nicht aufgelistet werden. Diesbezüglich ist der
Wortlaut der Befugnis einschlägig.
Wesentliches
Tatbestandsmerkmal des § 34a PolG NRW ist der unbestimmte Rechtsbegriff
einer »gegenwärtigen Gefahr« für Leib, Leben oder Freiheit einer Person.
Bei einer Wohnungsverweisung bzw. einem ausgesprochenen
Rückkehrverbot handelt es sich um einen Verwaltungsakt, bei dem im Falle
eines Widerspruchs die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsbehelfs
entfällt (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Das heißt:
Eine solche Maßnahme kann
(weil es sich um eine polizeiliche Sofortmaßnahme handelt) sofort
vollzogen werden. Im Falle eines Antrags auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 VwGO) durch die Person, die von der
Maßnahme betroffen ist, ist der dadurch erwirkte vorläufige Rechtsschutz
zudem »oberflächlicher«, weil das angerufene Verwaltungsgericht nur
summarisch prüft, ob der Antragsteller im Hauptverfahren obsiegt oder
nicht.
Besondere Sorgfalt ist deshalb immer dann geboten, wenn am
Einsatzort keine Spuren von Gewaltanwendungen feststellbar sind, der
Betroffene die Vorwürfe bestreitet und sich die Aussagen von Zeugen
widersprechen.
Ein solcher Fall liegt dem Beschluss des OVG NRW
vom 15.02.2002 - 5 B 278/02 zugrunde.
Bei der summarischen
Prüfung hat das Gericht es für geboten erachtet, eine Güterabwägung
zwischen den betroffenen Grundrechten des Betroffenen und den
möglicherweise gefährdeten Rechtspositionen der Gefährdeten mit dem
Ergebnis vorzunehmen, dass das Interesse des Antragstellers (Betroffener
der Maßnahme) an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs
zurücktreten musste.
Im Beschluss heißt es u.a.:
»Im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
gegen eine Wohnungsverweisung wegen Gewalttätigkeiten des Mannes, in dem
die Vorwürfe noch nicht aufgeklärt sind, wiegt das Interesse der Frau an
ihrer körperlichen Unversehrtheit schwerer als das Interesse des Mannes
gegen eine zeitlich befristete Wegweisung.«
In der Rn. 10
heißt es:
»Ob die in § 34a Abs. 1 PolG festgelegten
Voraussetzungen für ein polizeiliches Einschreiten vorliegen, lässt sich
mit Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidung im vorliegenden
Verfahren nicht abschließend feststellen. Es sprechen aber gewichtige
Anhaltspunkte für die Richtigkeit der polizeilichen Gefahrenprognose.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Polizei bei Gewalttaten, die
sich im häuslichen Bereich und damit typischerweise unter Ausschluss der
Öffentlichkeit abspielen, für ihre Beurteilung der Sachlage in
besonderem Maße auf Feststellungen angewiesen ist, die sich bei den
unmittelbar beteiligten Personen treffen lassen.«
In der
Rn. 11 heißt es:
»Da die Erfolgsaussichten des
Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht abschließend beurteilt werden
können, stützt sich der Senat für seine Entscheidung maßgeblich auf eine
Abwägung der Folgen, die sich im Falle einer Stattgabe oder
Zurückweisung der Beschwerde ergäben. Sollte sich nach Zurückweisung der
Beschwerde die Unrichtigkeit der polizeilichen Gefahrenprognose
herausstellen, so würde das bedeuten, dass der Kläger zu Unrecht
gravierende Beeinträchtigungen seiner persönlichen Sphäre hätte
hinnehmen müssen.«
[Sofortmaßnahmen:] Dazu
gehören alle Maßnahmen, die anlässlich polizeitypischer Sofortlagen,
unmittelbar am Ort des Geschehens angeordnet werden müssen (jetzt und
sofort). Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung gehören dazu aber
auch Maßnahmen, die zuvor einer sorgfältigen Prüfung der Sachlage
unterzogen werden müssen, um einer sachgerechten Lösung zugeführt werden
zu können.
Das ist bei Wohnungsverweisungen offensichtlich der Fall
denn:
- Die Polizei hat im
Falle einer Wohnungsverweisung die betroffene Person
aufzufordern, eine Anschrift oder eine
zustellungsbevollmächtigte Person zum Zweck von Zustellungen
behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen zu benennen.
- Der
Person, die der Wohnung verwiesen wurde, auf Verlangen eine schriftliche
Bestätigung der erteilten Verfügung auszuhändigen.
- Eine Vielzahl
von Belehrungen durchzuführen.
- Eine Gefahrenprobnose zu erstellen
etc. pp.
Außerdem ist es nach der hier vertretenen Rechtsauffassung in der
Regel erforderlich, dem Adressaten der Maßnahme eine schriftliche
Bestätigung auszuhändigen, zumindest dann, wenn er
verwaltungsgerichtlichen Schutz in Anspruch nehmen will.
Weiterhin ist zu regeln, wo der Verwiesene für die Dauer der
Wohnungsverweisung untergebracht werden kann. Er darf nicht einfach auf
die Straße verwiesen und damit quasi sich selbst überlassen werden, wenn
ihm z.B. die dafür erforderlichen Mittel fehlen.
Schließlich muss
abgewogen werden, ob die Personen, die in der Wohnung verbleiben dürfen,
überhaupt dazu in der Lage sind, die Wohnung sachgerecht zu verwalten
und ob sie über die erforderlichen Mittel verfügen, für ihren
Lebensunterhalt zu sorgen.
Diese Problembereiche können nicht
zwischen Tür und Angel erledigt werden.
Auch ist es sinnvoll,
Vorgesetzte in die Entscheidung mit einzubeziehen.
[Schriftform:] Die Schriftform einer Wohnungsverweisung
empfiehlt sich auch immer dann, wenn beim Erlass der Maßnahme bereits
abzusehen ist, dass sich der Adressat dieser Maßnahme nicht daran halten
wird, so dass es sinnvoll erscheint, der Befolgung der erlassenen
Wohnungsverweisung durch Androhung eines Zwangsgeldes mehr Nachdruck
zu verleihen.
Da die Androhung eines Zwangsgeldes selbst ein
Verwaltungsakt ist, kommt in einem solchen Fall wohl nur eine
schriftliche Anordnung in Betracht (Wohnungsverweisung und Festsetzung
eines Zwangsgeldes in einem Schriftsatz), zumal Zwangsmittel, die nicht
sofort angewendet werden können, schriftlich anzudrohen sind (§ 13 VwVG
Bund). Da Zwangsgeld ein Beugemittel ist, kann es erst dann greifen,
wenn der davon Betroffene sich nicht an den erlassenen Verwaltungsakt
hält, der durch die Festsetzung von Zwangsgeld erzwungen werden soll.
[Fazit:] Wohnungsverweisungen und
Rückkehrverbote sind polizeiliche Sofortmaßnahme, die aber, aufgrund des
Ermittlungsaufwandes, der anlässlich solcher polizeilicher Einsatzlagen
erforderlich wird, nicht zwangsläufig am Einsatzort selbst ausgesprochen
werden müssen. Es ist durchaus denkbar, dass dem Adressaten der
polizeilichen Maßnahme erst Stunden nach ausgeübter »häuslicher Gewalt«
eröffnet wird, was zum »Schutz vor häuslicher Gewalt« von ihm erwartet
wird.
06 Zugelassene Rechtsfolgen
TOP
Auf der Grundlage von
§ 34a PolG NRW können Wohnungsverweisungen
und/oder Rückkehrverbote erlassen werden.
Annäherungsverbote, wie
sie von einem Familienrichter auf der Grundlage von
§ 1 GewSchG erlassen
werden können, sieht § 34a PolG NRW (im Gegensatz zu Regelungen in
anderen Länderpolizeigesetzen) nicht vor.
[Wohnungsverweisung:] Die Anordnung einer solchen Maßnahme
setzt voraus, dass zum Zeitpunkt ihrer Anordnung sich der »Täter
häuslicher Gewalt« noch in der Wohnung befindet.
[Rückkehrverbot:] Befindet sich der Täter nicht mehr am »Ort
häuslicher Gewalt«, also »nicht mehr in der gemeinsam genutzten
Wohnung«, kommt nur ein Rückkehrverbot in Betracht.
Annäherungsverbote können von der Polizei nur in dem Umfang verfügt
werden, als dass davon die Wohnung betroffen ist, die der »Täter
häuslicher Gewalt« entweder verlassen muss oder für die Dauer der
Maßnahme nicht mehr betreten darf. Dazu gehören auch Bereiche im
unmittelbaren Umfeld der jeweiligen Wohnung (Grundstück, Flure,
unmittelbar an die Wohnung angrenzende Bereiche).
In besonders
begründeten Fällen ist es möglich, auch Arbeits-, Betriebs- und
Geschäfts räume, mit in die Maßnahme einzubeziehen.
[Spurensicherung:] Am Tatort sowie am Körper des Opfers
vorhandene Spuren häuslicher Gewalt sind umfassend zu dokumentieren.
Hierzu gehören: Sicherstellung von Tatwerkzeugen, Fotos von
Verletzungen, Nachweise über Alkohol- oder Rauschmittelkonsum, Zustand
der Wohnung, etc. Soweit es erforderlich ist, sind ärztliche
Untersuchungen anzuordnen und Zeugen anzuhören. Da es sich bei der
Sicherung von Spuren nicht um Maßnahmen der Gefahrenabwehr, sondern um
Maßnahmen der Strafverfolgung handelt, sind Befugnisse der StPO
anzuwenden. Soweit es sich um die Sicherung von Spuren am Tatort
handelt, greift die Eingriffsgeneralermächtigung der StPO (§ 163 StPO).
Setzt die Sicherung der Spuren am Körper des Opfers eine »körperliche
Untersuchung« voraus, sind § 81c StPO (Untersuchung anderer Personen)
oder § 81d StPO (Durchführung körperlicher Untersuchungen durch Personen
gleichen Geschlechts) einschlägig. Im Zusammenhang mit § 81c StPO ist
der Richtervorbehalt zu beachten, außerdem dürfen körperliche
Untersuchungen mit Zwang nur dann durchgesetzt werden, wenn ein Richter
das angeordnet hat.
[Hinweis:]
Wohnungsverweisungen und Rückkehrverbote sind Verwaltungsakte, die gemäß
§§ 50 ff. PolG NRW mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden können. In
Betracht kommt auch die Festsetzung von Zwangsgeld gemäß §§ 53, 56 PolG
NRW sowie unmittelbarer Zwang. Darüber hinaus kann die Polizei die
betroffene Person zur Durchsetzung der Maßnahme in Gewahrsam (§§ 35 ff.
PolG NRW) nehmen.
07 Tangierte Grundrechte
TOP
Im Zusammenhang mit Wohnungsverweisungen und Rückkehrverboten können
die nachfolgend aufgeführten Grundrechte tangiert sein:
Artikel
13 GG - Unverletzlichkeit der Wohnung
[Betreten der
Wohnung:] Um einen Wohnungsverweis aussprechen zu können, muss
zuvor in vielen Fällen die Wohnung betreten werden, in der es zu
häuslicher Gewalt gekommen ist. Geschieht dies gegen den Willen des
Wohnungsinhabers, dann dringt die Polizei sozusagen in den privaten
Lebensbereich eines Grundrechtsinhabers ein. Das Grundrecht schützt die
Privatheit der Wohnung vor staatlichen Eingriffen. Geschützt ist der
elementare Lebensraum und damit die räumliche Sphäre, in dem das
Privatleben stattfindet.
[Beispiel:] Nachbarn haben die Polizei um Einschreiten ersucht,
weil in einer Wohnung laute Hilferufe zu hören waren und es dort
offensichtlich zu erheblichen Auseinandersetzungen gekommen ist. Als die
Beamten schellen, öffnet ein Mann die Tür und sagt: »Hier habt ihr
nichts verloren.« Als der Mann die Tür wieder schließen will,
verschaffen sich die Beamten Zutritt zur Wohnung, indem sie den Mann
zurückdrängen. Im Wohnzimmer finden sie eine weinende Frau mit
aufgeschlagenen Augenbrauen. Rechtslage?
Bei dem Mann, der die Tür öffnet, handelt es sich offensichtlich um
den Wohnungsinhaber. Gegen dessen Willen darf die Wohnung nur auf der
Grundlage einer Befugnis betreten werden, die diese Rechtsfolge zulässt.
In diesem Fall kann die Wohnung gegen den Willen des Wohnungsinhabers
auf der Grundlage von § 41 Abs. 1 Nr. 4 PolG NRW betreten werden, weil
das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit
einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert erforderlich ist. Nach
den glaubwürdigen Angaben der Nachbarn hat eine Person in der Wohnung
laut um Hilfe gerufen. Außerdem ist es dort zu lautstarken
Auseinandersetzungen gekommen. Zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr
kann die Wohnung gegen den Willen des Wohnungsinhabers betreten werden.
Keiner Ermächtigung hätte es bedurft, wenn die Geschädigte selbst
die Tür geöffnet und die Polizei aufgefordert hätte, die Wohnung zu
betreten, um sich dort um ihren Mann zu kümmern, der sie im
alkoholisierten Zustand geschlagen hat. In solch einem Fall ist Art. 13
GG nicht tangiert, weil der Polizei durch rechtfertigende Einwilligung
Zugang zur Wohnung gewährt wird.
[Wohnungsverweisung:]
Fraglich ist, ob die Wohnungsverweisung als Eingriff in das Grundrecht
auf Unverletzlichkeit der Wohnung anzusehen ist.
In einem Beschluss des
VG Osnabrück vom 10. Dezember 2010 - Az. 6 B 83/10 heißt es in der Rn.
4: »Mit einer Wohnungsverweisung wird in das Grundrecht der
»berechtigten« Person auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs.
1 GG eingegriffen.«
Solche oder vergleichbare Aussagen finden
sich in vielen Urteilen, in denen »Wohnungsverweisungen oder
Rückkehrverbote« gerichtlich überprüft wurden. Dennoch ist umstritten,
ob eine Wohnungsverweisung bzw. ein Rückkehrverbot als ein Eingriff in
das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zu werten ist, denn die
Gerichte belassen es oftmals bei der bloßen Feststellung, dass in Art.
13 GG eingegriffen wurde, ohne diese näher zu begründen. Meist begnügen
sich die Richter damit, eine Wohnungsverweisung bzw. ein Rückkehrverbot
als einen »erheblichen« beziehungsweise »nachhaltigen« Eingriff unter
anderem in die Unverletzlichkeit der Wohnung anzusehen.
[Position des BVerfG:] In Anlehnung an BVerfGE 89, 1
(Besitzrecht des Mieters) sei zur Problemstellung Folgendes ausgeführt:
Das Grundrecht aus Art. 13 GG - Unverletzlichkeit der Wohnung - schützt
diese nur gegen bestimmte Beeinträchtigungen. Geschützt ist nicht das
Besitzrecht an einer Wohnung, sondern nur das Recht an deren Privatheit.
Art. 13 Art. 1 GG schützt damit nicht das Interesse, eine bestimmte
Wohnung zum Lebensmittelpunkt zu machen und sie hierfür zu behalten. Der
Schutz der Wohnung nach Art. 13 GG verfolgt nur den Zweck, Störungen vom
privaten Leben fernhalten. Schutzgut ist die räumliche Sphäre, in der
sich das Privatleben entfaltet. Art. 13 GG gewährleistet somit das
Recht, in diesen Räumen in Ruhe gelassen zu werden. Im Beschluss heißt
es weiter: »Zu den möglichen Verletzungsbehandlungen können auch
substantielle Eingriffe zählen, bei denen die Wohnung der Verfügung und
Benutzung des Inhabers ganz oder teilweise entzogen wird. Aber auch
derartige berühren nur dann den Schutzbereich des Art. 13 GG, wenn durch
sie die Privatheit der Wohnung ganz oder teilweise aufgehoben wird.«
[En06]
Das ist bei vorübergehenden Wohnungsverweisungen und
Rückkehrverboten nicht der Fall. Durch eine Wohnungsverweisung ist somit
ein Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht
möglich, denn der Adressat der Wohnungsverweisung hat weiterhin eine
diese Berechtigung begründende Besitzerstellung inne, da ihn die
Maßnahmen nur vorübergehend an der Ausübung des Besitzes hindern.«
[Anmerkung:] Eine Wohnungsverweisung gleicht
sozusagen im übertragenen Sinne einer Urlaubsabwesenheit, einer längeren
Abwesenheit aus beruflichen Gründen oder einem Gefängnisaufenthalt.
Art. 11 GG - Freizügigkeit
Andere Gerichte
gehen anlässlich von Wohnungsverweisungen auf Art. 13 GG gar nicht ein,
sondern stellen das Recht auf Freizügigkeit, die persönliche
Handlungsfreiheit oder das Eigentumsrecht in den Mittelpunkt der
Grundrechte, in die durch eine Wohnungsverweisung eingegriffen wird.
In einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim heißt es
diesbezüglich: »Durch die polizeiliche Maßnahme des Wohnungsverweises
mit Rückkehrverbot wird in den Schutzbereich des Grundrechts auf
Freizügigkeit (Art 11 Abs. 1 GG) eingegriffen. Sie ist daher
grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen (Art 11 Abs. 2
GG) zulässig. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 11 Abs.
2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz und unter anderem
nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine derartige
Einschränkung erforderlich ist, »um strafbaren Handlungen vorzubeugen«.
»Freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Wohnungsverweis
sind demnach grundsätzlich nur zur Vorbeugung strafbarer Handlungen,
mithin regelmäßig nur in Fällen häuslicher Gewalt zur Verhinderung von
Gewalt- und Nötigungsdelikten zulässig.« [En07]
Art. 2
GG - Freiheit der Person
[Gewahrsamnahme der
Person:] Muss eine Person zur Durchsetzung einer
Wohnungsverweisung in Gewahrsam genommen werden, handelt es sich um
einen Eingriff in das Recht auf Bewegungsfreiheit in Form einer
Freiheitsentziehung. Ein solcher Eingriff ist zulässig, wenn die
Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 Nr. 4 gegeben sind. Danach kann die
Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn das unerlässlich ist, um
eine Wohnungsverweisung oder ein Rückkehrverbot nach § 34a PolG NRW
durchzusetzen.
Art. 2 Abs. 1 GG - Eingriff in Verfügungs-
bzw. Nutzungsrechte
[Sicherstellung der
Haustürschlüssel:] Anlässlich von Wohnungsverweisungen sollte
durch eine Sicherstellung der Haustürschlüssel durch die Polizei dafür
Vorsorge getroffen werden, dass die Person, die der Wohnung verwiesen
wurde, diese nicht ohne Einverständnis des dort verbliebenen Opfers
erneut betreten kann.
Zu diesem Zweck kann die Person, die der
Wohnung verwiesen wird, auf der Grundlage von
§ 39 Abs. 1 Nr. 2 PolG
NRW
durchsucht werden. Das ist zulässig, wenn Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass die Person Sachen mit sich führt, die sichergestellt
werden dürfen. Gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 PolG NRW können Sachen
sichergestellt werden, die von einer Person mitgeführt und von dieser
verwendet werden können, um Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen.
Eine solche Gefahrenlage ist anlässlich von Wohnungsverweisungen
gegeben.
[Verfügungsgewalt über Eigentum:] Eine
Wohnungsverweisung bzw. ein Rückkehrverbot führt dazu, dass zumindest
vorübergehend dem Betroffenen die Verfügungsgewalt über sein Eigentum
(falls ihm die Wohnung gehört), bzw. dessen Verfügungs- oder
Nutzungsrecht entzogen wird, das sich aus dem Besitzrecht bzw. aus
Vertragsrechten (Rechte des Mieters) ergibt. Dabei handelt es sich um
Eingriffe in das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit, das sich aus
Art. 2 Abs. 1 GG ableiten lässt.
Art. 12 GG -
Berufsfreiheit
Durch Wohnungsverweisungen kann auch in
das Recht auf Berufsfreiheit eingegriffen werden. Das ist immer dann der
Fall, wenn eine Person, gegen die eine Wohnungsverweisung bzw. ein
Rückkehrverbot ausgesprochen wird, dort beruflichen Tätigkeiten
nachgeht.
[Beispiel:]
In der Familie von Herrn Jedermann ist es mehrfach zu
Familienstreitigkeiten gekommen, die polizeiliches Einschreiten
erforderlich machten. Heute hat er seine Frau zusammengeschlagen. Mit
weiteren Eskalationen ist zu rechnen. Herr Jedermann wird der Wohnung
verwiesen. Seinen Lebensunterhalt verdient Herr Jedermann jedoch mit
einem Versandhandel. Die dafür benötigten Räume befinden sich im
Lebensbereich der Familie (angrenzende Garage und ein dahinter
befindlicher Schuppen). Rechtslage?
In
solch einem Fall ist zu prüfen, ob es Herrn Jedermann erlaubt werden
kann, seiner beruflichen Tätigkeit weiter nachgehen zu können. Das wird
davon abhängig sein, wie kooperationsbereit er ist.
Art.
6 GG - Schutz von Ehe und Familie
Im Rahmen
polizeilicher Wohnungsverweisungen ist stets zu berücksichtigen, dass
Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung
stehen. Es ist nicht polizeiliche Aufgabe, Eheprobleme zu lösen, die dem
jeweils zuständigen Familienrichter vorbehalten sind. Nur zur Abwehr
gegenwärtiger Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit von Personen kann
die Polizei zum Schutz vor häuslicher Gewalt vorübergehende
Wohnungsverweisungen und Rückkehrverbote anordnen.
08 Gegenwärtige Gefahr
TOP
Das Tatbestandsmerkmal »gegenwärtige Gefahr«
beinhaltet Problemstellungen, die von den Verwaltungsgerichten nur
selten thematisiert werden. Würden sie das tun, dann hätte dies
weitreichende Konsequenzen, möglicherweise auch im Hinblick auf die
Häufigkeit polizeilicher Wohnungsverweisungen.
Da es sich bei der
»gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit« um das zentrale
Tatbestandsmerkmal dieser Befugnis handelt, ist es erforderlich, diesen
unbestimmten Rechtsbegriff mit gebotener fachlicher Gründlichkeit zu
erörtern.
Ein kurzes Zitat aus einem Beschluss des VG Lüneburg
vom 13. Juni 2003 - 3 B 47/03, soll verdeutlichen, worum es dabei zuerst
einmal geht:
Dort heißt es:
»Bei
häuslicher Gewalt ist ein polizeilicher Platzverweis zulässig. (...).
Der Platzverweis setzt die Gefahr weiterer oder erneuter Gewalt voraus,
er ist nicht Sanktion für vergangenes Unrecht. Bei wechselseitigen
Körperverletzungen entspricht es der Verhältnismäßigkeit, denjenigen
Partner der Wohnung zu verweisen, der den größeren Anteil am Streit
trägt oder dem - bei gleichen Anteilen - der Auszug aus der gemeinsamen
Wohnung für kurze Zeit am ehesten zugemutet werden kann. Hierüber
entscheidet der Einsatzbeamte vor Ort nach seinem pflichtgemäßen
Ermessen« [En08].
[Hinweis:] Der § 17 Abs. 1
NGefAG, auf den das o.g. Urteil Bezug nimmt, lässt eine Platzverweisung
zur Abwehr einer »gegenwärtigen erheblichen Gefahr« aus einer Wohnung
zu. Der Paragraf trägt die Überschrift: Platzverweisung, deshalb wird in
dem Beschluss von der Zulässigkeit eines polizeilichen Platzverweises
ausgegangen.
[Definition: gegenwärtige Gefahr:]
Eine Gefahr kann zeitlich so dringlich sein, dass jederzeit mit dem
Eintritt eines Schadens zu rechnen ist. Sie ist gegenwärtig, wenn die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung bereits gestört ist und von der
bereits eingetretenen Störung weiterhin Gefahren ausgehen, oder wenn ein
Schaden in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Um eine Wohnungsverweisung
anordnen zu können, müssen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen
folglich aufgrund einer gegebenen zeitlichen Dringlichkeit so
gegenwärtig bedroht sein, dass zur Abwehr dieser Gefahr sofortiges
polizeiliches Einschreiten geboten ist.
Die besondere zeitliche
Nähe einer Gefahr für bedeutsame Rechtsgüter (Leben, Gesundheit und
Freiheit einer Person) führt aber im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt
in der Praxis zu erheblichen Begründungsproblemen. Lösen lässt sich
diese Schwierigkeit nur dadurch, indem nicht mehr auf die zeitliche
Dringlichkeit einer »unmittelbar bevorstehenden Gefahr«, sondern auf die
deliktstypische Wiederholungswahrscheinlichkeit häuslicher Gewalt
abgestellt wird. Dazu später mehr.
Im Handbuch des Polizeirechts
von Lisken/Denninger (4. Auflage, S. 577, Rn. 535) heißt es
diesbezüglich:
»Als in der Praxis
problematisch könnte sich das Merkmal der Gegenwärtigkeit einer Gefahr
erweisen. Die Voraussetzungen für ihr Vorliegen - ein mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit in allernächster Zeit zu erwartender
Schadenseintritt - sind streng. Würde die Rechtsprechung dieses den
Gefahrenbegriff qualifizierende Merkmal problematisieren, träten in der
Praxis erhebliche Rechtsanwendungsprobleme auf.«
Dieser
Sichtweise ist zuzustimmen. Aus diesem Grunde verzichten einige
Länderpolizeigesetze auch auf diese »Gegenwärtigkeit« einer Gefahr im
Zusammenhang mit Wohnungsverweisungen. Dazu zwei Beispiele:
§ 29a ASOG (Berlin):
(1) Die Polizei kann eine
Person aus ihrer Wohnung und dem unmittelbar angrenzenden Bereich
verweisen, wenn Tatsachen, insbesondere ein von ihr begangener tätlicher
Angriff, die Annahme rechtfertigen, dass diese Maßnahme zur Abwehr einer
von der wegzuweisenden Person ausgehenden Gefahr für Körper, Gesundheit
oder Freiheit von Bewohnerinnen und Bewohnern derselben Wohnung
erforderlich ist.
§ 12b SOG (Hamburg):
(1)
Eine Person darf aus ihrer Wohnung und dem unmittelbar angrenzenden
Bereich verwiesen werden, wenn dies erforderlich ist, um eine Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit von Bewohnern derselben Wohnung abzuwehren;
unter den gleichen Voraussetzungen kann ein Betretungsverbot angeordnet
werden.
Eine vergleichbar einfach zu begründende Gefahr enthält
der § 34a PolG NRW nicht. Voraussetzung für eine Wohnungsverweisung im
Sinne von § 34a PolG NRW ist vielmehr, dass eine »gegenwärtige Gefahr«
nachzuweisen ist.
[Zitat aus der Rechtsprechung:]
In einem Urteil des VG Münster vom 11.12.2009 - 1 K 1855/08 - heißt es
diesbezüglich: »Eine Wohnungsverweisung sowie das Rückkehrverbot nach §
34a Abs. 1 S. 1 PolG NRW ist rechtmäßig, wenn der handelnde Polizist
davon ausgehen konnte, dass vom Betroffenen eine gegenwärtige
Leibesgefahr für die mit ihm in der Wohnung lebende Ehefrau ausgeht. Die
Frage, ob in der konkreten Situation eine gegenwärtige Gefahr vorgelegen
hat, unterliegt der vollen gerichtlicher Überprüfung am Maßstab einer
ex-ante-Sicht. Die Grenze zur unzulässigen Gefahrenabwehr ist
überschritten, wenn der handelnde Beamte nur subjektiv eine Gefahr
annimmt, obwohl er bei pflichtgemäßer Beurteilung hätte erkennen müssen,
dass keine Gefahr bestand (sog. Schein- oder Putativgefahr).« [En09]
Im Urteil heißt es weiter:
Rn. 25:
Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 PolG
NRW. Danach kann die Polizei eine Person zur Abwehr einer von ihr
ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer
anderen Person aus einer Wohnung, in der die gefährdete Person wohnt,
sowie aus der unmittelbaren Umgebung zu verweisen und ihr die Rückkehr
in diesen Bereich untersagen. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser
Vorschrift waren hier gegeben.
Rn. 26:
Nach
allgemeiner Auffassung liegt eine Gefahr vor, wenn eine Sachlage oder
ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden
Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut
schädigen wird.
Rn. 28:
Der in
§ 34a PolG NRW
qualifizierte Gefahrenbegriff der gegenwärtigen Gefahr stellt erhöhte
Anforderungen an die zeitliche Nähe des Schadenseintritts und dessen
Wahrscheinlichkeit. Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn der
Eintritt eines Schadens unmittelbar oder in allernächster Zeit und mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Die
gegenwärtige Gefahr muss für Leib, Leben oder Freiheit einer anderen in
der Wohnung lebenden Person bestehen, also besonders hochrangig zu
erachtende Rechtsgüter betreffen. Der Begriff der Leibesgefahr erfordert
die Gefahr einer nicht nur leichten Körperverletzung. Es kann also nicht
jede körperliche Auseinandersetzung eine Maßnahme nach § 34a PolG NRW
rechtfertigen, weil ansonsten die vom Gesetzgeber mit Blick auf den
intensiven Grundrechtseingriff bewusst hoch gesetzte Eingriffschwelle
unbeachtet bliebe.
Rn. 32
Nach dem
herrschenden polizeirechtlichen Gefahrenbegriff ist es nicht
erforderlich, dass objektiv eine Gefahr gegeben ist. Es kommt vielmehr
darauf an, ob der handelnde Beamte bei verständiger Würdigung der Sach-
und Rechtslage vertretbar von einer Sachlage ausgeht, die bei
ungehindertem Ablauf des Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein
polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen wird. Die polizeiliche
Gefahrenprognose ist allein daran zu messen, ob sie aus ex-ante-Sicht,
d.h. nach den Verhältnissen und dem möglichen Erkenntnisstand zur Zeit
des Erlasses der präventivpolizeilichen Maßnahme, vertretbar ist«
[En10].
[Fazit:] Die besonderen Anforderungen,
denen eine Gefahr entsprechen muss, um deren Gegenwärtigkeit zu
begründen zu können, wird in dem o.g. Urteil hervorgehoben, nicht aber
an den eigenen Vorgaben einer Prüfung unterzogen.
[Beispiel:] Anlässlich eines
Hilfeersuchens stellen einschreitende Polizeibeamte fest, dass es bei
der Familie Jedermann zu einer handfesten Auseinandersetzung gekommen
ist. Der stark alkoholisierte Ehemann war mit seiner Frau in Streit
geraten und hatte diese sowohl mit Fäusten als auch mit einem
Aschenbecher erheblich verletzt. Beim Eintreffen der Polizeibeamten
wurden diese von dem Mann ebenfalls angegriffen. Da Herr Jedermann nicht
zu beruhigen ist, wird er zur Durchsetzung einer Wohnungsverweisung in
Gewahrsam genommen und in die Gewahrsamszelle des Polizeipräsidiums
gebracht. Besteht eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von § 34a PolG NRW?
»Der Begriff der »Gefahr« entzieht sich genauer wissenschaftlicher
Umschreibung. Er ist nicht allgemeingültig bestimmbar und überwiegend
tatsächlicher, nicht rechtlicher Natur (...). Nach dem Sprachgebrauch
besteht dann eine »Gefahr«, wenn der Eintritt eines Schadens naheliegt.
Das ist der Fall, wenn nicht nur die gedankliche Möglichkeit, sondern
eine auf festgestellte tatsächliche Umstände gegründete
Wahrscheinlichkeit eines schädigenden Ereignisses besteht. Die für die
Besorgnis eines Schadens maßgeblichen Umstände können unterschiedliches
Gewicht haben. Welches Gewicht ihnen im Einzelfall zukommt, lässt sich
allenfalls schätzen, dagegen nicht rechnerisch sicher bestimmen, zumal
wenn, wie im Regelfall, eine Reihe von Umständen vorliegt, die auch in
ihrem Zusammen- oder Gegeneinanderwirken bewertet werden müssen.« (BGH
vom 15.02.1963 - 4 Str 404/62)«. [En11]
Eine solche Gefahr für
wichtige Rechtsgüter ist in dem Beispielfall offensichtlich gegeben.
[Gegenwärtigkeit der Gefahr:] Gegenwärtig ist eine
Gefahr, wenn die Rechtsgutbedrohung bei natürlicher Weiterentwicklung
jederzeit in einen Schaden umschlagen kann. Mit anderen Worten: Eine
gegenwärtige Gefahr besteht, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine
bestimmte Sachlage zu einem Schaden weiter entwickeln könnte, sehr groß
ist und das Ereignis, von dem ein Schaden zu erwarten ist und von dem
die gegenwärtige Gefahr ausgehen soll, entweder bereits begonnen hat,
oder aber in allernächster Zeit damit zu rechnen ist, dass dieser
Schaden eintreten wird. Mit anderen Worten: Sofortiges Einschreiten ist
zur Abwehr einer Gefahr »jetzt und sofort« erforderlich.
[Problematische Fälle:] Fraglich ist, ob eine »sofortiges«
Handeln einfordernde »gegenwärtige Gefahr« auch in den folgenden
Beispielen gegeben ist.
[Beispiel:] Vor Ort stellen die einschreitenden Polizeibeamten
fest, dass Frau Jedermann vor ihrem aggressiven Mann die Flucht
ergriffen hat und beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen, beim
Hinuntergehen einer Treppe gestolpert und sich dabei verletzt hat, als
sie sich bei Nachbarn in Sicherheit bringen wollte. Als die Polizei
eintrifft, erwartet die weinende Frau die Beamten im Flur. Die
Polizeibeamten finden Herr Jedermann im Wohnzimmer, vor dem
Fernsehapparat sitzend. Auf Befragen gibt er an: »Was kann ich denn
dazu, wenn diese dumme Kuh nicht dazu in der Lage ist, wie ein normaler
Mensch die Treppe hinunterzugehen? Vor mir braucht die Alte keine Angst
zu haben. Das hier ist ein ganz normaler Familienstreit, ich weiß gar
nicht, warum Sie einfach hier in meinem Wohnzimmer auftauchen und sich
in unsere Privatangelegenheiten mischen.« Besteht eine gegenwärtige
Gefahr, die eine Wohnungsverweisung zu rechtfertigen vermag?
In diesem Beispiel lässt sich eine »gegenwärtige Gefahr für Leib,
Leben oder Freiheit von Frau Jedermann« nur dann begründen, wenn,
»häusliche Gewalt« auch dann angenommen wird, wenn der Täter selbst
»keine« Gewalt angewendet, wohl aber Angst erzeugt hat, die dazu führte,
dass das Opfer die gemeinsam genutzte Wohnung verließ, im Treppenhaus
stolperte und sich dabei verletzte. Ein solches Verhalten reicht zwar
nach dem Gewaltschutzgesetz aus, um einen Richter in die Lage zu
versetzen, erforderliche Schutzmaßnahmen anordnen zu können. Ob
aggressives Verhalten, das Fluchtreaktionen auslöst, ausreicht, um eine
»gegenwärtige Gefahr« im Sinne von § 34a PolG NRW begründen zu können,
wird deshalb insbesondere davon abhängig sein, welche Argumente zur
Begründung herangezogen werden. Für sich allein gesehen dürften die
Voraussetzungen einer solchen Gefahr noch nicht gegeben sein. Anders
könnte das aussehen, wenn die Frau tägliche Gewalterfahrungen gemacht
hat und polizeiliche Erkenntnisse die Annahme rechtfertigen, dass
»jederzeit erneut mit häuslicher Gewalt« zu rechnen ist.
[Beispiel:] Am Samstag, um
23.00 h, ist es zu einem erneuten Streit bei der Familie Jedermann
gekommen. Bevor die Polizei am Tatort eintrifft, hat sich der Täter
bereits entfernt. Nach Angaben von Frau Jedermann befindet ihr Mann sich
jetzt in der »Oase«, seiner Stammkneipe, um sich dort zu betrinken. Sie
sagt zu den Beamten: »Bis morgen werde ich vor meinem Mann nichts mehr
sehen und hören. Der wird sich betrinken und dann bei Freunden seinen
Rausch ausschlafen. Wenn der am Sonntag zurückkommt, muss ich aber mit
dem Schlimmsten rechnen.« Sie zeigt den Beamten daraufhin ihre Arme und
ihre Schultern, die voller blauer Flecke sind. Sie sagt: »Fast jeden Tag
werde ich von meinem Mann geschlagen. Die Schwellung in meinem Gesicht,
sie zeigt dabei auf ihr angeschwollenes Auge, stammt von heute. Ich kann
einfach nicht mehr, bitte helfen Sie mir. Wenn es sein muss, stelle ich
auch einen Strafantrag. Auf jeden Fall werde ich am Montag einen Anwalt
aufsuchen und die Scheidung einreichen. Besteht eine gegenwärtige
Gefahr, die eine Wohnungsverweisung zu rechtfertigen vermag?
Die Schwierigkeit eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder
Freiheit einer Person begründen zu können nimmt zu, wenn der Täter nicht
mehr am Tatort ist und nicht damit zu rechnen ist, dass er in Kürze
zurückkommen wird.
[Beispiel:]
Frau Jedermann hat die Polizei um sofortiges Einschreiten
gebeten, weil ihr Mann die Wohnung »auseinandernimmt« und sie selbst und
ihre Kinder bedroht. Als die Beamten am Einsatzort eintreffen und Frau
Jedermann ihnen die Tür öffnet, stellen die Beamten Folgendes fest: In
der Wohnung ist es offensichtlich zu einer handfesten Auseinandersetzung
gekommen (umgestoßene Stühle und Sessel, zerschlagenes Geschirr,
umgestürzter Garderobenständer etc.). Frau Jedermann hat außerdem ein
aufgeschlagenes Auge, die Kinder sitzen weinend und verängstigt auf dem
Sofa. Herr Jedermann aber liegt im Bett und schläft laut schnarchend
seinen Rausch aus. Besteht eine gegenwärtige Gefahr, die eine
Wohnungsverweisung zu rechtfertigen vermag?
Auch in diesem
Falle lässt sich die zeitliche Dringlichkeit nur dadurch begründen,
indem von Wiederholungen häuslicher Gewalt ausgegangen wird, deren
zeitlicher Eintritt aller Voraussicht nach nicht »unmittelbar bevorsteht
oder mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit jederzeit zu
erwarten ist.« Niemand weiß, wann Herr Jedermann seinen Rausch
ausgeschlafen hat. Die Erfahrung zeigt, dass das Stunden dauern kann.
Es gibt auch Fälle, in denen eine Wohnungsverweisung nicht in
Betracht kommt, weil die im § 34a PolG NRW aufgeführten Rechtsgüter
nicht gefährdet sind.
[Beispiel:] Gegen 23.00 Uhr haben Nachbarn die Polizei gerufen,
weil Frau Jedermann aus ihrer Wohnung um Hilfe gerufen hat.
Polizeibeamte stellen Folgendes fest: Herr Jedermann ist gegen 22.30 Uhr
angetrunken nach Hause gekommen. Weil seine Frau ihm wegen der
Geldverschwendung Vorhaltungen gemacht hat, ist es zum Streit gekommen.
Nachdem man sich wechselseitig beleidigt hat, hat Herr Jedermann nach
seiner Frau geschlagen, ohne sie jedoch zu treffen. Außerdem hat er
einen Aschenbecher in die Scheibe des Wohnzimmerschranks geworfen.
Tatsache ist, dass beide Eheleute beim Eintreffen der Polizei sehr
erregt sind und sich im Beisein der Beamten weiterhin verbal
attackieren. Die Beamten gewinnen die Überzeugung, dass man die Parteien
vorübergehend trennen muss, damit sie sich erst einmal beruhigen.
Deshalb wird Herr Jedermann aufgefordert, das Wohnzimmer zu verlassen
und sich in die Küche zu begeben. In der Küche versuchen die Beamten,
den Mann zu beruhigen. Das gelingt nicht. Herr Jedermann ist weiterhin
so aggressiv, dass man es nicht riskieren kann, ihn in seinem stark
angetrunkenen Zustand mit seiner Frau in der Wohnung zu belassen. Herr
Jedermann wird deshalb zur Ausnüchterung ins Gewahrsam eingeliefert.
Weil Herr Jedermann bislang nicht auffällig war und seine Frau ihren
Mann als verträglichen und freundlichen Mann beschreibt, der nur im
alkoholisierten Zustand zu Aggressionen neigt, wird er nach
Ausnüchterung aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Rechtslage?
Die Anordnung gegenüber Herrn Jedermann, das Wohnzimmer zu verlassen
und in die Küche zu gehen, ist ein Platzverweis. Gleichwohl hat das mit
einer Wohnungsverweisung i.S.v. § 34 a PolG NRW nichts zu tun, weil der
Platzverweis keine längerfristige Geltung beansprucht. Auch bei der
Ingewahrsamnahme handelt es sich nicht um die Durchsetzung einer
Wohnungsverweisung, sondern lediglich um die Durchsetzung eines
Platzverweises auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 3 PolG NRW. Danach
kann die Polizei eine »Person in Gewahrsam nehmen, wenn das unerlässlich
ist, um eine Platzverweisung nach § 34 PolG NRW durchzusetzen«.
Die Situationsschilderung lässt es nicht zu, Herrn Jedermann
vorübergehend seiner Wohnung zu verweisen. Bisher ist es noch nicht zu
Auseinandersetzungen gekommen, die als Körperverletzungen anzusehen
sind. Aller Voraussicht nach wird sich Herr Jedermann auch wieder
beruhigt haben, wenn er seinen Rausch erst einmal ausgeschlafen hat.
09 Gegenwärtige Gefahr in anderen
Befugnissen
TOP
Um die Schwierigkeit der Begründung einer
»gegenwärtigen Gefahr« besser nachvollziehen zu können, werden zur
Erklärung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes Situationen geschildert,
die auch aus der Sicht eines so genannten »objektiven Beobachters«
offensichtlich gegenwärtig gefährlich sind.
Abgesehen von den
Zwangsbefugnissen, in denen der Begriff der »gegenwärtigen Gefahr« in 4
Paragrafen des PolG NRW verwendet wird, ist dieser Gefahrenbegriff in 9
Befugnissen des PolG NRW enthalten, § 34a PolG NRW eingeschlossen. An
ausgewählten Beispielen soll kurz skizziert werden, was eine
»gegenwärtige Gefahr« tatsächlich ist.
[Beispiel:] Ein Polizeibeamter wird von einer Person,
die mit einem Messer nach ihm schlägt, angegriffen. Da der Beamte dem
Angriff nicht ausweichen kann, zieht er seine Dienstwaffe und schießt
dem Angreifer ins Bein. Rechtslage?
§ 64 Abs. 1 Nr. 1 PolG
NRW lässt den Gebrauch von Schusswaffen gegen Personen zu, um eine
gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren.
Dass in der
vorgefundenen Situation sofort gehandelt werden muss, um Gefahren für
Leib oder Leben des Angegriffenen abzuwenden, dürfte offenkundig sein.
[Beispiel:] Ein Bulle ist
aus dem Schlachthof »ausgerissen« und konnte, nachdem er parkende Autos
beschädigt hat, von Polizeibeamten in einen Innenhof getrieben werden.
Als der Bulle wieder auf die Straße rennen will, wird er von
Polizeibeamten erschossen. Rechtslage?
Rechtlich wird in
diesem Beispiel durch den Gebrauch der Schusswaffe gegen Sachen (ein
Bulle ist zwar ein Tier, rechtlich aber einer Sache gleichgestellt), die
Sicherstellung des Bullen durchgesetzt. Das ist auf der Grundlage von §
43 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW (Sicherstellung) zulässig, um eine gegenwärtige
Gefahr abzuwehren.
Ein wildgewordener Bulle, der Anstalten
macht, erneut auszubrechen schafft eine Situation, in der in
allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der
Eintritt eines Schadens zu erwarten ist.
[Beispiel:] Frau Meier ist in
Sorge, weil ihre 80-jährige Nachbarin Gertrude nicht wie gewohnt,
zusammen mit ihr nachmittags eine Tasse Kaffee trinkt. Auch auf Schellen
hat die alte Dame nicht reagiert. Polizeibeamte betreten die Wohnung der
alten Frau und finden diese bewusstlos in ihrem Schlafzimmer.
Rechtslage?
Die Polizei kann die Wohnung ohne Einwilligung
des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn das u.a. zur Abwehr einer
gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person
erforderlich ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 4 PolG NRW).
In diesem
Beispiel ist offenkundig, dass aufgrund des fortgeschrittenen Alters der
Wohnungsinhaberin und ihres untypischen Verhaltens davon auszugehen ist,
dass der alten Frau etwas zugestoßen ist. Sofortiges Handeln ist somit
erforderlich, denn es könnte bereits zu einem Schadenseintritt gekommen
oder jederzeit zu erwarten sein.
[Beispiel:] Ein vermutlich lebensmüder Mann hat sich in
seiner Wohnung verschanzt. Bei dem Mann handelte es sich um einen
Waffenliebhaber. Der Mann hat wahrscheinlich zwei Geiseln in seine
Gewalt gebracht und droht damit, diese und sich selbst zu töten. Von der
Polizei wird der Tatort weiträumig abgesperrt. Um einen Überblick über
die Verhältnisse in der Wohnung des mutmaßlichen Selbstmörders zu
bekommen, setzt die Polizei technische Hilfsmittel ein, um die Lage vor
Ort besser einschätzen zu können. Rechtslage?
Auf der
Grundlage von § 18 PolG NRW (Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz
technischer Mittel in oder aus Wohnungen) kann die Polizei Daten aus
Wohnungen erheben, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist und diese auf
andere Weise nicht abgewendet werden kann.
Diese Voraussetzungen
sind im Beispielsfall gegeben, weil jederzeit mit dem angedrohten
Schadenseintritt zu rechnen und sofortiges Handeln geboten ist.
[Fazit:] Die Beispiele machen deutlich, welchen
Anforderungen aus rechtsdogmatischer Sicht eine Gefahr grundsätzlich zu
entsprechen hat, wenn sie »gegenwärtig Leib, Leben oder Freiheit einer
Person« bedroht.
Lediglich für den Bereich »häuslicher Gewalt« reicht es
offensichtlich aus, bei der Begründung einer solchen Gefahr
deliktsspezifische Erkenntnisse zu verwenden. Auch ist es üblich
geworden, Verhalten aus der Vergangenheit hinzuzuziehen, um die
Gegenwärtigkeit einer Gefahr im »Hier und Jetzt« begründen zu können.
Dies entspricht nicht der ex-ante Betrachtung einer solchen Gefahr.
Für polizeiliche Sofortmaßnahmen anlässlich häuslicher Gewalt wäre
es besser gewesen, wenn der Gesetzgeber eine andere Gesetzesformulierung
verwendet hätte. Es hätte völlig ausgereicht, auf den Begriff der
»Gegenwärtigkeit« zu verzichten, wie das in anderen
Länderpolizeigesetzen der Fall ist.
10 Gegenwärtige Gefahr und
Ermessensreduzierung
TOP
Das Tatbestandsmerkmal der »gegenwärtigen Gefahr«
hat zur Folge, dass anlässlich häuslicher Gewalt und der zur Begründung
dieser Gefahr üblichen Argumentation (hohe
Wiederholungswahrscheinlichkeit, zurückliegende Fälle häuslicher Gewalt
etc.) die Polizei gar nicht anders kann, als eine Wohnungsverweisung
bzw. ein Rückkehrverbot zu verfügen, wenn eine »gegenwärtige Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit einer Person« erbracht werden kann. Grund
dafür ist, dass anlässlich einer »gegenwärtigen Gefahr, die erhebliche
Rechtsgüter bedroht« die Polizei grundsätzlich einschreiten muss, weil
ihr Ermessen dadurch sozusagen auf »null« reduziert ist.
[Begründung:] Ermessensreduzierung wird in der Regel anzunehmen
sein, wenn es darum geht, gegenwärtige Gefahren für bedeutsame
Rechtsgüter abzuwehren. Dazu gehören die Rechtsgüter Leib, Leben und
Freiheit einer Person offenkundig. Liegt solch eine Gefahr vor, dann
bleibt der Polizei sozusagen gar kein Ermessen mehr übrig, denn sowohl
Rechtsprechung als auch Rechtslehre gehen davon aus, dass in solchen
Fällen das polizeiliche Ermessen weitgehend auf »null« reduziert ist und
der Polizei damit gar keine andere Wahl bleibt, als die vom Gesetz
vorgesehene Rechtsfolge anzuordnen.
11 Originäre
polizeiliche Zuständigkeit
TOP
Im Zusammenhang mit der Abwehr von Gefahren, die
sich aus häuslicher Gewalt ergeben, und die es erforderlich machen,
Wohnungsverweise oder Rückkehrverbote auszusprechen, verfügt in NRW nur
die Polizei über die dafür erforderlichen Befugnisse. Insoweit stehen in
»weniger eilbedürftigen Fällen« nicht die zur Gefahrenabwehr eigentlich
originär zuständigen Ordnungsbehörden zur Verfügung.
Im § 1 Abs.
1 PolG NRW heißt es sinngemäß: Sind (...) neben der Polizei andere
Behörden für die Gefahrenabwehr zuständig, hat die Polizei in eigener
Zuständigkeit tätig zu werden, soweit ein Handeln der anderen Behörden
nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint; dies gilt insbesondere
für die den Ordnungsbehörden obliegende Aufgabe der Gefahrenabwehr.
[Keine Zuständigkeit der Ordnungsbehörde:] Im
Zusammenhang mit der Abwehr von Gefahren, die sich aus häuslicher Gewalt
ergeben, kann die Ordnungsbehörde in NRW aber ihrer gesetzlich
übertragenen Aufgabe zur Gefahrenabwehr nicht nachkommen, weil ihr im
Zusammenhang mit häuslicher Gewalt dazu die Befugnisse fehlen. Alle
Befugnisse, die der Ordnungsbehörde zur Abwehr von Gefahren zur
Verfügung stehen, sind im § 24 OBG NRW aufgeführt, indem dort auf die
Befugnisse des PolG NRW verweisen wird, die auch von Ordnungsbehörde
angewendet werden können.
Der § 34a PolG NRW ist im § 24 OBG NRW
nicht genannt. Die Folge davon ist, dass Ordnungsbehörden keine
»Wohnungsverweisungen und auch kein Rückkehrverbot« aussprechen können.
§ 34a PolG NRW
ermächtigt nur die Polizei. Daraus
ergibt sich eine zusätzliche Verpflichtung für die Polizei, bei
häuslicher Gewalt regelnd einzugreifen.
12
Gefahrenermittlung und -begründung
TOP
Die mit dem unbestimmten Rechtsbegriff
»gegenwärtige Gefahr im Sinne von § 34a PolG NRW« verbundenen
Begründungsschwierigkeiten (siehe Rn. 2.6), lassen sich oftmals nur
dadurch lösen, indem Tatsachen vorgetragen werden, die aus
kriminologischer Sicht deliktstypisch sind. Dies betrifft insbesondere
die signifikant hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederholung häuslicher
Gewalt sowie die Tatsache, dass in Lebensgemeinschaften Konflikte
erfahrungsgemäß häufig eskalieren und somit das Leben in solch einer
Gemeinschaft dadurch sozusagen von Tag zu Tag gefährlicher wird.
Unterfüttert wird diese Argumentation mit Fällen häuslicher Gewalt, die
sich in der Vergangenheit ereignet haben und von denen die Polizei
Kenntnis hat.
Diese Besonderheit reicht meist aus, um eine
gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person begründen
zu können, die in einer Lebensgemeinschaft lebt, in der es zu häuslicher
Gewalt gekommen ist.
Die damit verbundenen dogmatischen
Schwierigkeiten wurden bereits erörtert. Unabhängig davon verwendet aber
nicht nur das PolG NRW den Begriff der »gegenwärtigen Gefahr«, auch in
anderen Gesetzen zur Gefahrenabwehr sind Befugnisse enthalten, die
diesen unbestimmten Rechtsbegriff enthalten.
In diesem
Zusammenhang enthält zum Beispiel der § 11 Abs. 2 PsychKG NRW eine
Regelung, die aufzeigt, was der Gesetzgeber beim Umgang mit psychisch
kranken Personen unter einer gegenwärtigen Gefahr versteht.
Dort heißt es:
(2) Von einer gegenwärtigen
Gefahr im Sinne von Absatz 1 ist dann auszugehen, wenn ein
schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt
zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu
erwarten ist.
Hinsichtlich der »besonderen Umstände« der o.g.
Regelung ist anerkannt, dass diese im Verhalten des psychisch Kranken
liegen, das unvorhersehbar und somit unkalkulierbar ist und deshalb die
Gefahr begründet, dass jederzeit mit dem Eintritt eines Schadens zu
rechnen ist.
Die diese Befugnis anwendende Ordnungsbehörde hat
bei der Bewertung dieser Frage aber amtsärztlichen Sachverstand
einzuholen.
Die Hinzuziehung solch eines
»medizinisch-psychologischen« Sachverstands sieht das Gesetz aber nicht
vor, wenn Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte eine Person vorübergehend
der Wohnung verweisen, weil »sie davon ausgehen, dass es in der Natur
eines »Täters häuslicher Gewalt« liegt, jederzeit erneut gewalttätig zu
werden. Mit anderen Worten: Hier entscheiden Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamte darüber, ob eine Person in naher Zukunft erneut
gewalttätig wird, weil sie zu erwartendes aggressives Verhalten für so
wahrscheinlich halten, dass sozusagen aus prophylaktischen Gründen diese
Person von der Polizei sofort von vom Ort zukünftiger (möglicher) Taten
zu entfernen ist: aus der gemeinsam genutzten Wohnung von Täter und
Opfer.
Dennoch zeigt der oben skizzierte Definitionsbereich einer
gegenwärtigen Gefahr auf, dass es durchaus auch im Sinne des
Gesetzgebers liegt, dass Amtswalter bei der Begründung »gegenwärtiger
Gefahren« mögliches Verhalten von Personen berücksichtigen können.
[Hinweis:] Suizidgefährdete Personen können in NRW
nicht durch Beamte des Polizeidienstes zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren
kurzfristig in Landeskrankenhäuser eingewiesen werden.
Soforteinweisungen in Landeskrankenhäuser fallen in den ausschließlichen
Zuständigkeitsbereich der Ordnungsbehörden. Im Gegensatz dazu gehören
Wohnungsverweisungen und Rückkehrverbote zu den originären Aufgaben der
Polizei. Gemeinsam ist beiden »Weisungen«, dass bei der Ausfüllung des
unbestimmten Rechtsbegriffs der »gegenwärtigen Gefahr« zu erwartendes
»Verhalten« des Adressaten mit in die Begründung einfließen.
13 Gefahrenprognose
TOP
Eine Wohnungsverweisung setzt voraus, dass durch
die Polizei eine Gefahrenprognose erstellt wurde, die aufzeigt, dass zur
Verhütung erneuter häuslicher Gewalt eine Wohnungsverweisung
unumgänglich ist. Eine solche Prognose setzt polizeiliche Ermittlungen
voraus, die entweder vor Ort oder aber, wenn die gewalttätig gewordene
Person zur Durchsetzung einer Wohnungsverweisung in Gewahrsam genommen
werden musste, auch dann durchgeführt werden kann, wenn am Ort
häuslicher Gewalt wieder »Frieden« eingekehrt ist, und damit die
Voraussetzungen dafür gegeben sind, sowohl mit dem Opfer, mit
vorhandenen Zeugen und durch eine Anhörung des »Täters« die für eine
Gefahrenprognose erforderlichen Fakten zu ermitteln.
Im
Zusammenhang mit der Erhebung von Fakten vor Ort ist festzustellen, dass
allein durch die Befragung der gefährdeten Person es kaum möglich sein
wird, eine realistische Einschätzung der Gefahr im Hinblick auf den
Eintritt künftiger Gewaltanwendung begründen zu können, zumal es für
häusliche Gewalt auch typisch ist, dass die gefährdete Person das
Geschehen nicht nur gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber
anderen verharmlost oder leugnet, emotional bewertet oder mit der allen
Menschen eigenen Subjektivität schildert und für wahr hält.
Opfer
neigen auch dazu, Gefahren zu »dramatisieren«.
[Verwaltungsvorschrift NRW:] Der Broschüre des IM NRW
»Häusliche Gewalt und polizeiliches Handeln«, der die Funktion einer
Verwaltungsvorschrift zukommt, kann entnommen werden, was bei der
Erstellung der Gefahrenprognose zu beachten ist.
Dort heißt es:
»Die Polizei erstellt ihre Gefahrenprognose daher ausschließlich auf
Grundlagen der eigenen Feststellungen zu den Bedingungen des
Einzelfalles und den ggf. vorliegenden ergänzenden Erkenntnissen.
Maßgeblich ist die polizeiliche Gefahrenprognose, ein
entgegenstehender Wille des Opfers ist grundsätzlich unbeachtlich. Bei
Anhaltspunkten für eine gefestigte Gewaltbeziehung kann in der Regel von
einer gegenwärtigen Gefahr ausgegangen werden.
Hierbei werden
insbesondere einbezogen:
-
Feststellungen zur grundsätzlichen
Gewaltbereitschaft der gewalttätigen Person, wie z.B. Erkenntnisse über
wiederholte Gewaltanwendung oder Drohungen mit oder ohne Bezug zum
aktuellen Sachverhalt, Aggressionen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss,
Sucht und Abhängigkeit.
-
Feststellungen zur Art und Intensität der Gewalt, z.B. zu
Dauer, Art und Umfang sowie Schwere der Verletzungen,
Tatwerkzeugen und -waffen
-
Aussagen von gefährdeten Personen, Zeuginnen und Zeugen zu
der aktuellen Tat sowie zu zurückliegenden Taten
-
Feststellungen zum physischen und psychischen Zustand
anwesender Kinder
-
Feststellungen zum Zustand der Tatwohnung, z.B. zu
Sachschäden und Verwahrlosung
-
Informationen
über aktuelle oder ehemalige gerichtliche Schutzanordnungen
-
Zuwiderhandlungen gegen polizeiliche Anordnungen gem. § 34a
PolG NRW.«
|
Damit solch eine umfassende
Recherche überhaupt durchgeführt werden kann, stehen in den
Polizeibehörden des Landes NRW Datensammlungen zur Verfügung. Als
Beispiel sei an dieser Stelle kurz das »HG-Tool« der Polizei Köln
skizziert, das dort seit einigen Jahren eine Vielzahl von Daten über
»Häusliche Gewalt« vorhält.
[HG-Tool:] Die
folgenden Zitate wurden der Website des Bundes Deutscher
Kriminalbeamter, Bezirksverband Köln (BDK), entnommen. Die dort
genannten Zahlen stammen aus 2011. Dort heißt es: »Die Datenbank enthält
zwischenzeitlich mehr als 10.000 Fälle häuslicher Gewalt und bietet
damit eine breite Basis der Informationsgewinnung. Die Einsatzleitstelle
und auch die am Einsatz beteiligten Polizeiinspektionen sind durch die
Unterstützung der Datenbank in der Lage, zeitnah eine bessere Bewertung
des Gefahrenpotenzials für die Opfer häuslicher Gewalt und die
entsandten Einsatzkräfte vorzunehmen. Dies wird regelmäßig genutzt, weil
das System einfach zu bedienen und übersichtlich strukturiert ist.
Gleichwohl dient die Einsatzrecherche im Leitrechnersystem nach wie vor
als Erstinformation.
An anderer Stelle heißt es:
2011 werden die Fallzahlen „Häuslicher Gewalt“ im
Zuständigkeitsbereich des PP Köln voraussichtlich die Marke von 4.000
überschreiten. Prognostisch wird sich dieser Trend auch in 2012
fortsetzen. Diese Entwicklung dürfte sich in anderen Ballungszentren
ähnlich darstellen. Zur Identifizierung hochgradig Gefahren trächtiger
Fälle bedarf es eines landeseinheitlichen Informations- und
Indikatorensystems. Grundlage hierfür könnte eine Landesanwendung wie
HGVP sein.« [En12]
[Hinweis:] HGVP ist eine
Datenanwendung, in der »Häusliche Gewalt
und Vermisste Personen« enthalten sind
und die in anderen Polizeibehörden in NRW zur Erstellung von
Gefahrenprognosen genutzt wird.
[Fazit:] Im
Rahmen der Gefahrenprognose sind zu berücksichtigen:
-
Berufserfahrung und Kenntnisse über den
Deliktsbereich »häusliche Gewalt«
-
Polizeiliche Erkenntnisse über
die gewalttätige Person
-
Erkenntnisse aus vorausgegangenen Einsätzen
-
Festgestelltes Verhalten des Gefährders (Aggressivität)
-
Alkohol-/Drogeneinfluss
-
Angaben des Opfers
-
Angaben von Zeugen
-
Sichtbare Verletzungen
-
Verhalten anwesender Kinder
-
Zustand
der Tatwohnung.
14 Gefahrenbegründung
TOP
Gefahren, auf deren Grundlage das Gesetz
Rechtsfolgen zulässt, bedürfen immer einer Begründung. Abzustellen ist
auf den sogenannten entscheidungserheblichen Zeitpunkt. Die Fakten, die
zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehen, müssen bewertet und geprüft
werden.
Tatsächlich fließen im Zusammenhang mit »häuslicher
Gewalt« aber auch Erkenntnisse aus der Vergangenheit mit in die
Gefahrenbegründung ein. Dadurch wird die ex-ante-Sicht sozusagen durch
einen Blick in die Vergangenheit erweitert.
Bei der Polizei
vorgehaltenes abrufbares Wissen ersetzt dadurch zunehmend das
pflichtgemäße Ermessen einschreitender Beamter. Die Gefährlichkeit des
Augenblicks scheint nicht mehr der Maßstab für polizeiliche
Sofortmaßnahmen zu sein.
Wendet sich der Betroffene einer
polizeilichen Wohnungsverweisung jedoch an ein Verwaltungsgericht, um
eine polizeiliche Maßnahme durch einen Richter überprüfen zu lassen,
wird vom angerufenen Gericht immer der »entscheidungserhebliche«
Zeitpunkt polizeilichen Handelns ex ante geprüft. Das bedeutet, dass
sich das Gericht ein objektives Bild von den Gegebenheiten verschafft,
auf deren Grundlage die Maßnahme angeordnet wurde.
15
Geschützte Personen
TOP
Geschützt werden können durch Wohnungsverweise
und Rückkehrverbote nur die Personen, die in der fraglichen Wohnung
ihren Lebensmittelpunkt haben, also dort wohnen und leben. Eigentums-,
Miet- oder sonstige Nutzungsrechte spielen dabei keine Rolle. Zum
geschützten Personenkreis gehören somit die Personen, die in der
fraglichen Wohnung ihren Lebensmittelpunkt haben.
Dazu zählen
alle in einer Wohnung zusammenlebenden Mitglieder:
- einer
Familie
- einer eingetragenen Lebensgemeinschaft
- einer
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft
- einer Wohngemeinschaft
(Studenten, Senioren etc.)
- von Lebensgemeinschaften, in denen die
alleinigen Eigentums-, Besitz- oder Mietrechte beim zukünftigen Täter
liegen.
[Beispiel:]
Herr Jedermann wird von der Polizei auf der Grundlage von § 34a PolG NRW
der Wohnung verwiesen, über die er allein verfügungsberechtigt ist
(Eigentümer). In dieser Wohnung wohnt er zusammen mit seiner
Lebensgefährtin und deren 9-jährigem Sohn seit zwei Monaten. Anlässlich
eines gemeinsamen Frühstücks gerät Herr Jedermann mit dem 9-Jährigen in
Streit und versucht, ihm ein Butterbrot wegzunehmen, das dieser
zentimeterdick mit Nutella bestreichen will. Als der Junge sich wehrte,
gibt er ihm eine Ohrfeige. Diese »Erziehungshandlung« wiederum findet
nicht die Zustimmung seiner Lebensgefährtin, die sich schützend vor
ihren Sohn stellt. Um die Mutter »ruhig zu stellen«, dreht Herr
Jedermann ihr gewaltsam einen Arm auf den Rücken. Anschließend kann er
die »Nutellaschnitte« an sich bringen. Da Herr Jedermann bereits zuvor
in seiner Wohnung zum Täter häusliche Gewalt geworden war, er hatte vor
zwei Wochen im Anschluss an einen verbalen Streit seiner Lebensgefährtin
in den Bauch geboxt, später ins Gesäß getreten und dann von der Couch
gestoßen, sowie den 9-Jährigen geschlagen, ersuchte die Lebensgefährtin
die Polizei um Einschreiten. Die herbeigerufene Polizei ordnete
daraufhin eine Wohnungsverweisung auf der Grundlage von § 34a PolG NRW
an, zumal der leibliche Vater des Kindes bereits beim ersten Fall
häuslicher Gewalt bei der Polizei Herrn Jedermann wegen Körperverletzung
seines Sohnes angezeigt hatte. Herr Jedermann nimmt die polizeiliche
Maßnahme zum Anlass, den sofortigen Vollzug der Wohnungsverweisung
verwaltungsgerichtlich überprüfen zu lassen. Rechtslage?
In einem vergleichbaren Fall heißt es in einem Beschluss des VG Aachen
vom 8. Februar 2011 - 6 L 49/11 - wie folgt:
In diesem Fall
»überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung von
Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot das private Aussetzungsinteresse
des Antragstellers (Herrn Jedermann).
Die angefochtene und gemäß
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbare
Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot findet ihre Rechtsgrundlage in §
34 a des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW). Nach
§ 34a Abs. 1 Satz 1 PolG NRW kann die Polizei eine Person zur Abwehr
einer von ihr ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder
Freiheit einer anderen Person aus einer Wohnung, in der die gefährdete
Person wohnt, sowie aus deren unmittelbarer Umgebung verweisen und ihr
die Rückkehr in diesen Bereich untersagen. In besonders begründeten
Einzelfällen können die Maßnahmen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 PolG NRW auf
Wohn- und Nebenräume beschränkt werden (§ 34a Abs. 1 Satz 3 PolG NRW).
Gemäß § 34a Abs. 5 Satz 1 PolG NRW enden Wohnungsverweisung und
Rückkehrverbot regelmäßig mit Ablauf des zehnten Tages nach ihrer
Anordnung, soweit nicht die Polizei im Einzelfall ausnahmsweise eine
kürzere Geltungsdauer festlegt. Die materiellen Voraussetzungen des § 34
a Abs. 1 Satz 1 PolG NRW sind vorliegend gegeben.«
Hinsichtlich
der alleinigen Verfügungsrechte des Antragstellers über die Wohnung
(Herrn Jedermann) heißt es in dem Beschluss:
»Dieses Ergebnis
(der zulässige Wohnungsverweis = AR) wird schließlich auch nicht durch
den Umstand in Frage gestellt, dass der Antragsteller an dem Wohnhaus,
zu dem ihm der Zutritt verwehrt wird, alleinberechtigt ist, die
Beigeladenen (die Opfer der häuslichen Gewalt = AR) daher möglicherweise
ohnehin kein dauerhaftes Bleiberecht in diesem Wohnhaus haben. Nach Sinn
und Zweck der Regelung des § 34a PolG NRW kommt es im vorliegenden
Zusammenhang allein auf die Frage des Vorliegens eines
Gefahrentatbestandes an, für das die der gemeinsamen Nutzung der Wohnung
durch Opfer und Täter zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse grundsätzlich
irrelevant sind.
Der Gesetzgeber hat folgerichtig für den
Tatbestand des § 34a PolG NRW u.a. lediglich darauf abgestellt, dass es
sich um eine Wohnung handeln muss, »in der die gefährdete Person wohnt«.
Darauf, ob der gefährdeten Person ein selbstständiges Besitzrecht
zukommt, kommt es für die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des §
34 a PolG NRW daher nicht an« [En13].
16 Adressat der
Maßnahme
TOP
Wohnungsverweisungen richteten sich gegen
diejenige Person, die häusliche Gewalt anwendet, bzw. angewendet hat.
Die Maßnahme richtet sich folglich in der Regel gegen einen
Verhaltensstörer. Dieser Störer muss nicht notwendigerweise ein
Besitzrecht an der Wohnung haben, aus der er verwiesen wird.
[Besucher und Gäste:] Personen, die lediglich zu Besuch
sind, können nicht auf der Grundlage von § 34a PolG NRW der Wohnung
verwiesen werden, wenn sie in der Wohnung ihrer Gastgeber gewalttätig
werden, dort aber nicht ihren Lebensmittelpunkt haben.
[Beispiel:] Anlässlich der
Beerdigung des gemeinsamen Vaters ist Herr Aggressi, der in München
lebt, zu Gast bei seiner Schwester in Münster. Als das Testament des
Vaters zum Gesprächsgegenstand wird, kommt es zu lautstarken
Meinungsverschiedenheiten, die darin münden, dass Herr Aggressi seiner
Schwester ins Gesicht schlägt. Da er sich weigert, die Wohnung seiner
Schwester zu verlassen, wird die Polizei um Einschreiten ersucht.
Rechtslage?
Einschreitende Polizeibeamte werden in diesem
Fall die Identität von Herrn Aggressi feststellen, um gegen ihn das
Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch einleiten zu können
(vorausgesetzt, dass die Schwester einen Strafantrag stellt). Die
Beamten werden Herrn Aggressi außerdem auffordern, die Wohnung zu
verlassen. Dabei handelt es sich nicht um eine Wohnungsverweisung und
auch nicht um einen Platzverweis, sondern um die Konkretisierung des
Tatbestandes von § 123 StGB. Danach macht sich strafbar, wer ohne
Befugnis des Hausrechtsinhabers in einer Wohnung verweilt, oder sich
trotz Aufforderung durch den Berechtigten nicht entfernt. Polizeibeamte,
die anlassbezogen solche Aufforderungen »sozusagen als amtliche
Funktionsträger« an eine Person richten, die sich trotz des
entgegenstehenden Willens des Wohnungsinhabers weigert, die Wohnung des
Wohnrechtsinhabers zu verlassen, können diese Aufforderung unmittelbar
auf diese Verbotsnorm stützen.
Eine Wohnungsverweisung auf der
Grundlage von § 34a PolG NRW dürfte aber dann in Betracht kommen, wenn
es sich um regelmäßige Besucher handelt, deren Lebensmittelpunkt nicht
die Wohnung ist, in der sie häusliche Gewalt ausüben.
[Beispiel:] Die 80-jährige
Frau Mut wohnt allein in ihrer Wohnung, wird aber täglich von ihrem Sohn
besucht, der im Nachbarhaus wohnt, und um Geld angepumpt. Dabei kommt es
regelmäßig zu verbalen Auseinandersetzungen und hin und wieder auch zu
Handgreiflichkeiten. Heute hat der Sohn seine Mutter geschlagen und ist
gerade damit beschäftigt, in Kästen und Schubladen nach Bargeld zu
suchen. Diese Gelegenheit nutzt Frau Mut, um die Polizei um Hilfe zu
ersuchen. Die einschreitenden Polizeibeamten verweisen den Sohn aus der
Wohnung und sprechen ein 10-tägiges Rückkehrverbot aus. Rechtslage?
Es wird davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen von
§ 34a PolG NRW
greifen. In diesem Fall richtet sich die Maßnahme gegen eine Person,
die in der Wohnung, aus der sie verwiesen wird, nicht ihren
Lebensmittelpunkt hat. Andererseits besucht der Sohn seine alte Mutter
täglich, zudem kann angenommen werden, dass aufgrund der Nähe der
Wohnung des Sohnes zu der des Opfers (Nachbarhaus), von einer
Lebensgemeinschaft ausgegangen werden kann, in der sich häusliche Gewalt
ereignen kann. Insoweit ist davon auszugehen, dass diese Form einer
»häuslichen Gemeinschaft« ausreicht, um eine Wohnungsverweisung auf der
Grundlage von § 34a PolG NRW gegen denjenigen aussprechen zu können, von
dem häusliche Gewalt ausgeht.
17 Örtlicher Bereich
TOP
Wohnungsverweisungen können nach der hier
vertretenen Rechtsauffassung nur in dem Bereich greifen, der vom
Wohnungsbegriff umfasst ist. Diesbezüglich ist, in Anlehnung an die
ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von einem
weitgefassten Wohnungsbegriff auszugehen.
Im Einzelnen zählen
dazu:
- Schlafzimmer, Küche,
Bad, Esszimmer, Flure, Treppenhaus)
- Räume, die der
Wohnungsinhaber zeitweise zum Wohnen nutzt (z.B. Wohnmobile,
Wohnwagen, Wohnboote, Zelte, Hotelzimmer)
- Zur Wohnung gehörende
Nebenräume (z.B. Keller, Boden, Garage, eingezäunter Garten)
Betriebs- und Geschäftsräume (z.B. Büros, Ladenlokale,
Gaststätten, eingezäuntes Betriebsgelände, Lkw mit
Schlafkabine)
- Notunterkünfte,
Asylantenwohnheime.
Art. 13 Abs. 1 GG schütz den Bereich der Privatsphäre, den der Einzelne
als Wohnung bestimmt hat und in dem er unbehelligt von anderen leben und
im Grundsatz tun und lassen kann, was ihm beliebt.
Nicht als
Wohnung zählen z.B. Pkw, Hafträume, eingezäunte Äcker und Wiesen.
18 Unmittelbar angrenzender Bereich
TOP
Zum Wohnungsbegriff im Sinne von
§ 34a PolG NRW
zählt auch der unmittelbar an die Wohnung grenzende Bereich. Dabei
handelt es sich um einen Bereich, der nicht nach Belieben erweitert
werden kann, sondern der im Sinne einer effektiven Gefahrenbeseitigung
zur Verhinderung häuslicher Gewalt tatsächlich erforderlich erscheint.
Dieser Bereich kann zum Beispiel ein komplettes Mehrfamilienhaus
umfassen. Je nach Größe des jeweiligen Wohnareals gehören dazu aber in
jedem Fall Flure, Treppenhäuser sowie das Grundstück, auf dem das Haus
steht.
[Fazit:] Der Begriff der Wohnung umfasst
Wohn- und Nebenräume, insoweit auch Arbeits-, Betriebs- und
Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.
Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot werden ausgesprochen, wenn sich
die Person noch in der Wohnung befindet. Ist das nicht mehr der Fall,
kommt nur noch ein Rückkehrverbot in Betracht.
Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot beziehen sich in der Regel auf die
gesamte Wohnung, in der es zu häuslicher Gewalt gekommen ist. Bereiche
außerhalb der Wohnung (im unmittelbaren Umkreis) können jedoch
einbezogen werden, um der gefährdeten Person einen wirkungsvollen Schutz
zu gewähren. In solchen Fällen hat die Polizei den räumlichen Bereich
genau zu bezeichnen.
[Andere Orte:] Bereiche,
die außerhalb dieses unmittelbaren Bereichs der Wohnung liegen, können
von Verfügungen, die auf der Grundlage von § 34a PolG NRW erlassen
werden, nicht erfasst sein. So kann zum Beispiel eine Wohnungsverweisung
nicht mehr für Lokale gelten, die sowohl vom Störer als auch vom Opfer
regelmäßig aufgesucht werden. Gleiches gilt für Trainingsstätten von
Sportvereinen, die von beiden regelmäßig genutzt werden oder für andere,
vergleichbare Orte, an denen sich Opfer und Täter begegnen können.
Schutzmaßnahmen dieser Art können nur auf der Grundlage von
§ 1
GewSchG von einem Familienrichter angeordnet werden. Das heißt wiederum
nicht, dass die Polizei keine Möglichkeiten hat, wenn ein der »Wohnung
verwiesener Täter« seinem Opfer an einem anderen Ort auflauert und das
Opfer dort erneut bedroht. Näheres dazu siehe folgende Randnummer.
19 Annäherungsverbot
TOP
Annäherungsverbote, wie sie von Richtern auf der
Grundlage von § 1 GewSchG angeordnet werden können, sieht der § 34a PolG
NRW als zugelassene Rechtsfolge nicht vor.
Deshalb können auf der
Grundlage von
§ 34a PolG NRW
keine generellen Annäherungsverbote
ausgesprochen werden. Andererseits sind Annäherungsverbote dem
Polizeirecht nicht fremd. So enthält zum Beispiel der § 29a ASOG Berlin
eine Regelung, die solch ein Verbot zulässt. Dort heißt es: Ergänzend zu
einer Wohnungsverweisung und einem damit in Verbindung stehenden
Rückkehrverbot »kann die Polizei ein Betretungsverbot für die Wohnung,
den unmittelbar angrenzenden Bereich, die Arbeitsstätte oder die
Ausbildungsstätte, die Schule oder bestimmte andere Orte, an denen sich
die verletzte oder gefährdete Person regelmäßig aufhalten muss,
anordnen. Ergänzend können Maßnahmen zur Durchsetzung der Wegweisung
oder des Betretungsverbots verfügt werden.«
Eine noch
weitergehende Regelung enthält der 13 POG RLP (Platzverweisung,
Aufenthaltsverbot), in dem es im Absatz 4 heißt: »Die Polizei kann
insbesondere in Fällen der Gewalt in engen sozialen Beziehungen zur
Abwehr einer dringenden Gefahr anordnen, dass der Verantwortliche es
unterlässt, 1. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der
betroffenen Person aufzuhalten, 2. Verbindung zur betroffenen Person,
auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen, 3.
Zusammentreffen mit der betroffenen Person herbeizuführen, soweit dies
nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.«
[Situation in NRW:] Selbstverständlich können auch in
NRW solche Empfehlungen im Rahmen der Belehrung der Person, die der
Wohnung verwiesen wird, ausgesprochen werden. Insoweit ist es auch in
NRW üblich, den »Täter« darüber zu belehren, dass es strafbar ist, einem
Menschen nachzustellen, indem beharrlich seine räumliche Nähe aufgesucht
wird oder unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen
Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt hergestellt wird und
der Person damit gedroht wird, ihr oder nahestehenden Personen Schaden
zuzufügen (vgl.
§ 238 StGB - Nachstellung).
Kommt es an solchen
Orten zu Belästigungen, dann verfügt auch die Polizei in NRW über die
rechtlichen Möglichkeiten, das belästigte Opfer zu schützen.
[Beispiel:] Vor fünf Tagen
wurde Herr Jedermann von der Polizei anlässlich häuslicher Gewalt für
die Dauer von 10 Tagen der Wohnung verwiesen. Bei der Wohnung handelt es
sich um seine Eigentumswohnung, in der er seit ungefähr 4 Wochen mit
einer Frau und deren 5-jähriger Tochter zusammenlebt. Über die
Wohnungsverweisung ist er so erbost, dass er mehrmals versucht hat,
seine Lebensgefährtin (von der er sich, wenn diese Sache ausgestanden
ist, für immer trennen wird) zur Rede zu stellen. Heute hat Herr
Jedermann beobachtet, wie »seine Ex-Lebensgefährtin« einen Supermarkt
betreten hat. Als die Frau den Supermarkt verlässt, will er sie zur Rede
stellen. Der Frau gelingt es aber, sich in ihren Pkw zu retten und die
Türen zu verriegeln. Während Herr Jedermann draußen lautstark tobt,
ersucht die Frau die Polizei telefonisch um Einschreiten. Die
einschreitenden Polizeibeamten wissen bereits auf der Fahrt zum
Einsatzort, dass vor 5 Tagen gegen den Störer eine Wohnungsverweisung
ausgesprochen wurde. Rechtslage?
In
NRW sieht es das Gesetz vor, dass der räumliche Bereich, der von der
Wohnungsverweisung umfasst ist, genau zu bezeichnen und dem Adressaten
der Maßnahme mitzuteilen ist. Der im Beispiel genannte Parkplatz kann
dort nicht benannt sein, weil soviel Voraussicht Menschen nicht möglich
ist.
Ein generelles Annäherungsverbot kennt das PolG NRW nicht.
[Lösung des Problems:] In Ermangelung einer
spezialgesetzlichen Regelung, wie sie zum Beispiel im ASOG Berlin oder
im POG RLP enthalten sind, werden die einschreitenden Polizeibeamten
Herrn Jedermann darüber belehren, dass er sich strafbar macht, wenn er
sein Verhalten nicht unverzüglich und dauerhaft beendet. Sollte der
Störer nicht ansprechbar sein und sich auch im Beisein der Polizei wie
ein »Rumpelstilzchen« verhalten, dann wäre es auf der Grundlage von § 35
PolG NRW (Gewahrsamnahme) möglich, Herrn Jedermann in Gewahrsam zu
nehmen. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung kommt solch eine
Gewahrsamnahme weder zur Durchsetzung einer Platzverweisung nach § 34
PolG NRW noch zur Durchsetzung einer Wohnungsverweisung nach § 34a PolG
NRW in Betracht, wohl aber, weil eine Gewahrsamnahme unerlässlich ist,
um die »unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer
Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die
Allgemeinheit zu verhindern« (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW).
20 Missbrauch von Facebook und Medien
TOP
Maßnahmen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt
vor Stalking, missbräuchlicher Verwendung personenbezogener Daten oder
Nachstellungen und Belästigungen durch die Verwendung moderner
Kommunikationsmittel, können auf der Grundlage von § 1 GewSchG nur vom
jeweils zuständigen Richter angeordnet werden.
Kommt es zu
Nachstellungen dieser Art, die
§ 238 StGB (Nachstellung) unter Strafe
stellt, dann kann die Polizei nur zur Verfolgung festgestellter
Straftaten bzw. zur Verhinderung von Straftaten tätig werden, die beim
Eintreffen der Polizei noch andauern (von Dauerdelikten gehen bis zu
deren Unterbindung weiterhin gegenwärtige Gefahren für die Rechtsordnung
aus).
Anlässlich der Abwehr solcher Tathandlungen wird davon
ausgegangen, dass es dem »Opfer häuslicher Gewalt« normalerweise
zuzumuten ist, entsprechenden gerichtlichen Schutz zu erwirken, falls
der Täter innerhalb der Dauer einer Wohnungsverweisung entsprechend
»aktiv« wird.
Während der Polizei nur die Möglichkeiten zur
Verfügung stehen, gegen den Tatverdächtigen ein Strafverfahren
einzuleiten, bzw. die Fortsetzung des Deliktes zu unterbinden, wenn der
Täter sozusagen auf frischer Tat betroffen wird, ist ein Familienrichter
dazu in der Lage, auf der Grundlage von
§ 1
GewSchG
entsprechende
Schutzmaßnahmen anzuordnen.
[Beispiel:] Im Anschluss an eine Wohnungsverweisung erhält das
Opfer häuslicher Gewalt Mails mit folgendem Inhalt:
-
Na Mongofresse, bald komme ich vorbei dein Spastikind zu
töten, du Ratte!
-
Deine verhurte Mutter und du ihr seid total
verkokst inne Birne. Du dreckige Kuh.
-
Wenn ich schon dein Gesicht sehe, könnt ich
dich anspucken.
-
Du wirst niemals Ruhe finden. Bald wirst du bereuen, was du getan
hast.
-
Glaub
mir, ich werde kommen.
-
Du wirst noch weinen und um Gnade winseln.
-
Dein Sohn wird sterben.
|
In
einem Beschluss des OLG Hamm vom 25.04.2013 - 2 UF 254/12, in dem ein
ähnlicher Fall zu entscheiden war, heißt es:
»Nach § 1 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 GewSchG hat das Gericht auf Antrag die erforderlichen
Maßnahmen zu treffen, wenn eine widerrechtliche Drohung mit der
Verletzung der Rechtsgüter Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit
erfolgt ist. Unter Drohung ist das – ausdrückliche, schlüssige oder
versteckte – Inaussichtstellen einer künftigen Verletzung der
bezeichneten Rechtsgüter zu verstehen, auf dessen Eintritt der Drohende
Einfluss hat oder zu haben vorgibt; der Bedrohte muss diese Drohung
ernst nehmen.«
An anderer Stelle heißt es sinngemäß, dass nach
Ablauf der Befristung, diese Frist verlängert werden kann, wenn wieder
an frühere Verhaltensweisen angeknüpft wird.
Das OLG bestätigte
damit die von der Vorinstanz festgelegte Frist von 2 Jahren [En14].
[Hinweis:] Schutzmaßnahmen nach § 1 GewSchG sind
grundsätzlich zu befristen. Bei der Bestimmung der Frist sind die
besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Bei
entsprechender Schwere der Drohung oder wiederholten, sich über einen
längeren Zeitraum erstreckenden Verletzungshandlungen können auch
längerfristige Schutzmaßnahmen angeordnet werden. In Ausnahmefällen,
etwa beim Vorliegen besonders schwerer Gewaltdelikte oder wegen
»Unzumutbarkeit des Umgangs des Opfers mit dem Täter«, kann eine
unbefristete Gewaltschutzanordnung gerechtfertigt sein [En15].
21 Belehrung des Opfers
TOP
Opfer häuslicher Gewalt sind von den
einschreitenden Polizeibeamten vor Ort anzuhören und zu belehren. Die
Anhörung des Opfers zur Ermittlung des Tathergangs und und zur
Häufigkeit erlebter häuslicher Gewalt ist erforderlich, um eine
Gefahrenprognose erstellen zu können.
Wird eine
Wohnungsverweisung angeordnet, ist das Opfer häuslicher Gewalt über die
Dauer der angeordneten Maßnahme in Kenntnis zu setzen.
Wird von
der Polizei ein zehntägiges Rückkehrverbot festgesetzt (Regelfall), ist
das Opfer darüber zu informieren, dass es ihr freisteht, in diesem
Zeitraum gerichtlichen Schutz nach dem Gewaltschutzgesetz in Anspruch zu
nehmen.
Das Opfer ist darüber zu informieren, dass diese
10-Tages-Frist nicht am Tage der Anordnung, sondern erst am Folgetag
beginnt.
Ein Antrag nach dem GewSchG kann folglich noch am
letzten (10. Tag) der Wohnungsverweisung beim zuständigen
Familiengericht gestellt werden. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch
gemacht, verlängert sich die Wohnungsverweisung dadurch zwangsläufig um
weitere 10 Tage. Das ist die Zeit, die das Familiengericht in der Regel
benötigt, um den Antrag des Opfers zu prüfen und um bei Bedarf
erforderlich werdende Schutzmaßnahme anordnen zu können.
Das
Opfer ist darauf hinzuweisen, dass die polizeiliche Wohnungsverweisung
gegenstandslos wird, wenn sie selbst aus freien Stücken dem »Täter
häuslicher Gewalt« den Zugang zur Wohnung während der Dauer der
Wohnungsverweisung erlaubt.
Ihr ist ein Merkblatt auszuhändigen,
in dem ihre Rechte näher beschrieben sind.
Sollte es im Rahmen
der 10-tägigen Wohnungsverweisung erforderlich werden, dass der »Täter
häuslicher Gewalt« die Wohnung aus nachvollziehbaren Gründen betreten
möchte, ist das Opfer darüber in Kenntnis zu setzen, dass dieser Termin
mit der Polizei abstimmen ist, so dass Polizeibeamte anwesend sind, wenn
der »Täter häuslicher Gewalt« die Wohnung betritt.
Dem »Opfer
häuslicher Gewalt« ist mitzuteilen, dass Polizeibeamte die Einhaltung
der Wohnungsverweisung kontrollieren werden.
[Beratungsstelle:] Das Opfer ist weiterhin darüber zu belehren,
dass die Polizei dazu verpflichtet ist, einer Beratungseinrichtung den
Namen und die Anschrift der gefährdeten Person erforderlichenfalls auch
gegen den Willen des »Opfers häuslicher Gewalt« mitzuteilen (§ 34a
Abs. 4 PolG NRW).
In der Broschüre des IM NRW »Häusliche Gewalt und
polizeiliches Handeln« heißt es diesbezüglich u.a.: »Bei der
Sachbearbeitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens heißt es
ergänzend dazu, dass die Polizei feststellen wird, ob dem Opfer die
Möglichkeit der Beantragung zivilrechtlichen Schutzes mitgeteilt und die
Unterstützung durch eine geeignete Beratungsstelle nahegelegt wurde.
[Strafverfolgung:] Das Opfer ist davon in Kenntnis
zu setzen, dass die Verfolgung der begangenen Straftat im öffentlichen
Interesse liegt und somit auch dann erfolgt, wenn das Opfer selbst
keinen Strafantrag stellen sollte.
[Gefahrenabwehr:]
Sollte der Täter über mehrere Wohnungsschlüssel verfügen,
sollte dem Opfer nahegelegt werden, das Schloss der Eingangstür
auszuwechseln.
22 Opferrechte nach dem GewSchG im
Überblick
TOP
Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf
die Opferrechte, die sich unmittelbar aus dem Gewaltschutzgesetz ergeben
und die auf der Grundlage von
§ 1 GewSchG gerichtlich geltend gemacht
werden können.
[Anspruchsgrundlage:]
Anspruchsgrundlage für Schutzanordnungen sind nicht nur der § 1 GewSchG,
sondern auch die §§ 823 Abs. 1 BGB iVm § 1004 Abs. 1 BGB. Diese
Bestimmungen des BGB galten schon vor Inkrafttreten des GewSchG, wurden
aber von den Gerichten nur selten zum Schutz der Opfer häuslicher Gewalt
angewendet. Dieser Zustand wurde durch das GewSchG beendet.
[Antragstellung:] Das Opfer häuslicher Gewalt muss beim
Familiengericht einen schriftlichen Antrag stellen. Dieser ist zu
begründen. Für die Stellung des Antrags besteht kein Anwaltszwang.
[Antragsvoraussetzung:] Durch eine Handlung des
»Täters häuslicher Gewalt« wurde der Körper, die Gesundheit oder die
Freiheit des Opfers verletzt. Hinsichtlich der dafür erforderlichen
Kausalität reicht eine vom Täter veranlasste Selbstschädigung des Opfers
aus.
[Beispiel:] Das
Opfer verletzt sich bei der Flucht vor dem Täter, indem es eine Treppe
hinunterfällt.
[Gleichgestellte Handlungen:]
Darunter sind Täterhandlungen zu verstehen, die die Schwelle der
Gewaltanwendung noch nicht überschreiten, vom Opfer selbst aber
(aufgrund des bedrohlichen Täterverhaltens) als angstbelegte Angriffe
erlebt werden.
- Bedrohung mit einem Verbrechen (§ 241 BGB)
- Drohung mit einer Verletzung (keine Straftat). Die
Drohung: »Ich hau dich gleich krankenhausreif!«, ist für
sich allein gesehen nicht strafbar. Sie reicht dennoch aus,
um als gleichgestellte Handlung anlässlich häuslicher Gewalt
gegen den »Täter häuslicher Gewalt« verwendet werden zu
können (§ 823 BGB - Unerlaubte Handlung).
- Eindringen in die Wohnung des Opfers (§ 123 StGB)
- Belästigung gegen den ausdrücklichen Willen des Opfers
(Stalking) Verfolgen, Überwachen, Beobachten, demonstrative
Anwesenheit, Versuche körperlicher oder verbaler
Kontaktaufnahme, Anrufen, Senden von Briefen, Fax, E-Mail (§
238 StGB - Nachstellung).
[Räumungsanspruch einer nicht gemeinsam genutzten
Wohnung:] Damit sind die Fälle gemeint, in denen »Täter« und
»Opfer« nicht in einer gemeinsamen Wohnung, wohl aber im selben
Mietshaus wohnen. Diesbezüglich hat der BGH am 26.2.2014 - XII ZB 373/11
folgenden Beschluss gefasst:
»Die Verpflichtung eines
Gewalttäters zur Aufgabe einer von ihm und dem Opfer nicht gemeinsam
genutzten Wohnung kann Gegenstand eines Anspruchs des Opfers
entsprechend § 1004 BGB und Inhalt einer Anordnung nach § 1 GewSchG
sein, wenn sich eine solche Anordnung als rechtlich nicht zu
beanstandendes Ergebnis der einzelfallbezogenen Abwägung der
kollidierenden Grundrechte von Gewaltopfer und -täter als
verhältnismäßig darstellt.
[Anlass:] Im zu entscheidenden Fall
hatte ein Amtsgericht dem Antragsgegner das Betreten der Wohnung der
Antragstellerin, das Herbeiführen von Begegnungen im Treppenhaus und das
Aufsuchen der Antragstellerin an ihrem Arbeitsplatz verboten. Außerdem
hat es ein Kontakt- und Kommunikationsverbot erlassen. Den
weitergehenden Antrag des Opfers, den »Täter häuslicher Gewalt« dazu zu
verpflichten, seinen in dem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnsitz
aufzugeben, in dem auch das Opfer wohnt, hatte das Amtsgericht
zurückgewiesen.
Dieser Rechtsauffassung folgte der BGH nicht.
In dem Beschluss heißt es:
»§ 1 Abs. 1
GewSchG ist hinsichtlich der zum Gewaltschutz erforderlichen Maßnahmen
seinem Wortlaut nach offen gehalten. § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG nennt die
zulässigen gerichtlichen Maßnahmen nicht abschließend, sondern in Form
von Regelbeispielen. Die Vorschrift lässt also auch andere als die
ausdrücklich genannten Anordnungen zu (s. dazu BT-Drucks. 14/5429 S. 28,
41).«
Ein »Täter häuslicher Gewalt« der einen festen Wohnsitz in
einer anderen Wohnung im gleichen Mehrfamilienhaus hat, wie das »Opfer
seiner Gewalttat« kann folglich dazu verpflichtet werden, diese Wohnung
aufzugeben, wenn die nachfolgend im Beschluss genannten Voraussetzungen
greifen.
Diesbezüglich heißt es in dem Beschluss:
»Im
Rahmen dieser Abwägung ist bei der Prüfung eines gegen einen Gewalttäter
gerichteten Anspruchs auf Wohnsitzaufgabe zu beachten, dass das
Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung nicht, wie das
Beschwerdegericht meint, in den Schutzbereich des Grundrechts aus Art.
13 GG fällt, sondern dass es Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG darstellt (...). Da Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14
Abs. 1 Satz 2 GG durch die Gesetze bestimmt werden, kann das Besitzrecht
eines Gewalttäters an einer gemieteten Wohnung gegenüber dem gebotenen
Schutz des Opfers keine absolute Schranke darstellen, sondern es ist der
Abwägung zugänglich.
§ 1 GewSchG lässt auch unbefristete
Maßnahmen zu.
Die Verpflichtung zur Aufgabe einer nicht gemeinsam
genutzten Wohnung kann somit Gegenstand eines Anspruchs eines
Gewaltopfers gegen einen Täter auf der Grundlage von § 1004 BGB und
demzufolge auch Inhalt einer Anordnung nach § 1 GewSchG sein, wenn sich
eine solche Anordnung als rechtlich nicht zu beanstandendes Ergebnis der
einzelfallbezogenen Abwägung der kollidierenden Grundrechte von
Gewaltopfer und Täter als verhältnismäßig darstellt.« [En16]
[Täterverantwortlichkeit:] Vorsatz oder fahrlässiges
Handeln des Täters. Gerichtliche Anordnungen sind auch dann möglich,
wenn die Schuldfähigkeit des Täters durch Alkohol oder Drogen gemindert
ist oder er sich in einen die freie Willensbestimmung ausschließenden
Zustand versetzt hat oder psychisch krank und deshalb schuldunfähig ist
(§ 1 Abs. 3 GewSchG).
[Gefahr der Wiederholung:]
Bereits eine einmalige Erfahrung häuslicher Gewalt lässt die Vermutung
zu, vom Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ausgehen zu können. Das
zumindest ist die gefestigte Rechtsprechung zu § 1004 BGB. Dem »Täter
häuslicher Gewalt« obliegt es, diese Wiederholungsgefahr zu widerlegen.
Der dafür erforderliche Nachweis hat hohen Anforderungen zu entsprechen.
[Was muss das Opfer tun?] Das Opfer ist zur
Stellung bestimmter Anträge verpflichtet. Das angerufene Familiengericht
trifft die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Anschluss daran unter
Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Angeordnete Maßnahmen
müssen nicht befristet sein. Gesetzte Fristen können mehrfach verlängert
werden.
[Umgang mit Kindern:] Das Gericht kann
Großeltern oder Kindergärtnerinnen als Puffer einbinden, um
Interessenskollisionen zu vermeiden.
[Annäherungsverbot:] Das Gericht kann anordnen, dass sich der
Täter häuslicher Gewalt nicht an Orten aufhalten darf, »an denen sich
das Opfer regelmäßig aufhält.« Es ist nicht erforderlich, dass sich das
Opfer zwingend an diesen Orten aufhalten muss, wie das zum Beispiel am
Arbeitsplatz der Fall ist. Auch Sportvereine oder Stammlokale des Opfers
können solche Aufenthaltsverbote umfassen. Das Gericht kann auch ein
generelles Annäherungsverbot aussprechen und festlegen, in welch einem
Umkreis zur Wohnung des Opfers oder zu der Wohnung des neuen Partners
eines Opfers der »Täter häuslicher Gewalt« Abstand zu halten hat.
Möglich ist auch, dass sozusagen eine »Bannmeile« festgelegt wird. Damit
ist eine Abstandszone gemeint, die vom Täter häuslicher Gewalt auch bei
zufälligem Zusammentreffen mit dem Opfer an beliebigen Orten einzuhalten
ist.
[Folgen bei Nichtbeachtung:] Das Gericht
kann seine Anordnung mit der Androhung eines Zwangsgeldes verbinden,
oder bei festgestellter Verletzung der Anordnung, ein Ordnungsgeld
festsetzen. Bei den folgenden Ausführungen zum Zwangsgeld und zum
Ordnungsgeld handelt es sich um Zitate aus einem Beschluss des
brandenburgischen Oberlandesgerichts (Senat für Familiensachen) vom
16.10.2008 - 10 WF 165/08.
[Zwangsgeld:] »Ein
Zwangsgeld dient ausschließlich der Erzwingung der Befolgung
gerichtlicher Verfügungen. Es ist keine Strafe oder Buße für begangene
Pflichtverletzungen, sondern hat lediglich den Zweck, zukunftsbezogen
den Willen des Verpflichteten zu beugen (...). Da es sich beim
Zwangsgeld somit um ein Beugemittel handelt, ist dessen Festsetzung
ausgeschlossen, wenn der Zweck, den Willen des Pflichtigen zu beugen,
erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann (...).« [En17]
[Ordnungsgeld:] »Demgegenüber ist ein Ordnungsgeld
ein Sanktionsmittel, durch das der Verstoß gegen eine gerichtliche
Anordnung nachträglich geahndet wird (...). Insoweit kommt es nicht auf
das zukünftige Verhalten des Pflichtigen an. Entscheidend und für die
Festsetzung des Ordnungsgeldes allein ausreichend ist ein in der
Vergangenheit liegender Verstoß gegen die gerichtliche Anordnung. Gerade
wegen dieser Unterschiede hat der Gesetzgeber in dem Gesetz über das
Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit (FamFG), in Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des
Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit (...) die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen
über die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs abweichend
vom bisherigen Rechtszustand geregelt (...). Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann
nun bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur
Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem
Verpflichteten ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht
beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angeordnet werden.« [En18]
[Vollstreckung:] Vollstreckbare Titel können
mehrfach durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden. Die
Anwendung unmittelbaren Zwangs ist möglich (§ 892a ZPO, 758 Abs. 3 ZPO).
23 Belehrung des Täters
TOP
Der Umfang und der Inhalt vorzunehmender
Belehrungen in Bezug auf den »Täter häuslicher Gewalt« ergibt sich
sowohl aus § 34a PolG NRW sowie aus den Vorgaben des
Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW (VwVfG NRW) in dem festgelegt ist, was
beim Erlass von Verwaltungsakten zu beachten ist. Eine
Wohnungsverweisung wird von der Polizei in der Regel vor Ort mündlich
angeordnet. Die Maßnahme ist schriftlich zu bestätigen, wenn der
Betroffene das verlangt, um gegebenenfalls gegen diese Maßnahme
vorläufigen Rechtsschutz bei einem Verwaltungsgericht zu erwirken.
Der »Täter häuslicher Gewalt« ist darüber zu belehren, dass er für
die Dauer der Wohnungsverweisung selbst und auf eigene Kosten für seine
Unterbringung zu sorgen hat.
Der betroffenen Person ist zu
verdeutlichen, was im Rahmen einer Wohnungsverweisung von ihr verlangt
wird, die fragliche Wohnung und andere näher zu bezeichnenden
Örtlichkeiten nicht zu betreten, auf die sich die Maßnahme bezieht.
Der betroffenen Person ist Gelegenheit zu geben, von ihr dringend
benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen.
Der
Adressat der Maßnahme ist darüber zu belehren, dass zu einem späteren
Zeitpunkt die Wohnung nur in Begleitung der Polizei betreten werden darf
und das auch nur dann, wenn die Notwendigkeit dafür glaubhaft gemacht
wurde und die Polizei zuvor mit dem »Opfer häuslicher Gewalt« einen
Termin vereinbart hat.
[Folgemaßnahmen:] Um eine
Rückkehr in die Wohnung auszuschließen, ist der »Täter häuslicher
Gewalt« aufzufordern, die Wohnungsschlüssel in amtliche Verwahrung zu
geben. Weigert sich die Person, dieser Aufforderung nachzukommen, kann
die Person durchsucht und die Wohnungsschlüssel können dann beim
Auffinden sichergestellt werden. Gibt der Täter die Schlüssel nicht
freiwillig heraus, können die Durchsuchung und die Sicherstellung auch
gegen seinen Willen und erforderlichenfalls auch unter Anwendung von
Zwang („unmittelbarer Zwang”) durchgesetzt werden. Maßgebliche
Befugnisse für diese zulässigen Folgemaßnahmen sind § 39 Abs. 1 Nr. 2
PolG NRW (Durchsuchung von Personen) und der § 43 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW
(Sicherstellung).
Gemäß
§ 39 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW kann die
Polizei eine Person u.a. durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden
dürfen.
Auf der Grundlage von
§ 43 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW
(Sicherstellung) können Gegenstände sichergestellt werden, wenn das zur
Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich ist. Da diese Gefahr
bereits im Rahmen der Wohnungsverweisung nachzuweisen ist, kann davon
ausgegangen werden, dass die dort verwendete Begründung auch in Bezug
auf eine notwendig werdende Folgemaßnahme greift, die dazu dient, dem
Täter den erneuten Zugang zur Wohnung zumindest zu erschweren.
Hinsichtlich der Begründungsschwierigkeiten von »gegenwärtigen Gefahren«
im Zusammenhang mit »häuslicher Gewalt« siehe Rn. 2.5 in diesem Kapitel.
Der »Täter häuslicher Gewalt« ist aufzufordern, eine Anschrift oder
eine zustellungsbevollmächtigte Person zum Zweck der Zustellung
behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen zu benennen.
[Strafverfolgung:] Seit der Einführung des
Gewaltschutzgesetzes wird häusliche Gewalt nicht mehr als
Familienstreitigkeit, sondern als Offizialdelikt behandelt. Bekannt
gewordene Straftaten müssen folglich von Polizei und Justiz verfolgt
werden. Im Zusammenhang mit »häuslicher Gewalt« sehen diesbezüglich
außerdem die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren vor (Nr.
234), das von öffentlichem Interesse ausgegangen werden kann, wenn dem
Opfer wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet
werden kann, Strafantrag zu stellen.
Das Innenministerium NRW hat
die Bearbeitung von Strafanzeigen bei häuslicher Gewalt im
»Vereinfachten Verfahren zur Bearbeitung ausgewählter Delikte« (Rd.-Erl.
IM NRW vom 4. März 1994, MBl. NW, S. 442) ausgeschlossen.
24
Befristung der Maßnahme
TOP
Die Dauer einer Wohnungsverweisung bzw. eines
erteilten Rückkehrverbotes auf der Grundlage von § 34a PolG NRW beträgt
10 Tage. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Anordnung, also mit
dem Beginn des Folgetages und endet von dort an gezählt, mit dem Ablauf
des 10. Tages.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese Frist
ausreicht, um dem Opfer häuslicher Gewalt die Möglichkeit zu geben, sich
in dieser Zeit mit einem »Antrag auf Schutz vor häuslicher Gewalt« an
das zuständige Familiengericht zu wenden, das dann auf der Grundlage des
Gewaltschutzgesetzes weitergehende Schutzmaßnahmen anordnen kann.
Dem Opfer ist es freigestellt, an welchem Tag dieser 10-Tages-Frist
der Antrag beim Familiengericht gestellt wird. Wird der Antrag, was
zulässig ist, erst am
10. Tag gestellt, dann hat das zur Folge, dass
dadurch die polizeiliche Wohnungsverweisung bzw. das angeordnete
Rückkehrverbot sich um weitere
10 Tage verlängert.
Endet die
Frist an einem Sonntag, dann verlängert sich die Antragsfrist dadurch
nicht. Stellt das Opfer also am Montag, dem 11. Tag der polizeilichen
Maßnahme, einen Antrag beim Familiengericht, dann ist damit die
polizeiliche Maßnahme bereits gegenstandslos geworden.
Fällt der
10. Tag der polizeilich angeordneten Maßnahme aber auf einen Wochentag,
in dem ein Antrag gestellt werden kann (Montag bis Freitag =
Öffnungszeiten der Gerichte), dann verlängert sich die Frist durch die
Antragsstellung um weitere 10 Tage und beginnt dann ebenfalls am Tag
nach der Antragstellung zu laufen. Entscheidet das Familiengericht
früher, dann endet die Maßnahme der Polizei an dem Tag der
familiengerichtlichen Entscheidung.
Die Polizei ist vom jeweils
anordnenden Familiengericht unverzüglich darüber zu informieren, dass
von dem Opfer häuslicher Gewalt ein Antrag auf Schutz nach dem GewSchG
gestellt worden ist. Gleiches gilt für vom Familiengericht getroffene
Anordnungen zum Schutz des Opfers vor häuslicher Gewalt. Liegt eine
richterlich verfügte Schutzanordnung vor, hat das zur Folge, dass die
polizeiliche Maßnahme ihre Wirksamkeit dadurch verliert.
[Ausnahmen:] In besonders gelagerten Fällen kann die Dauer
einer polizeilich verfügten Wohnungsverweisung bzw. eines
Rückkehrverbotes zeitlich reduziert werden. Das ist zum Beispiel der
Fall, wenn der »Täter« glaubhaft nachweist, dass er in den nächsten
Tagen eine neue Wohnung beziehen wird oder bereits eine längere Reise
gebucht hat, die von ihm in Kürze angetreten wird (2, 3, 4 etc. Tage
nach der Wohnungsverweisung).
25 Kontrollpflicht der
Polizei
TOP
§ 34a PolG NRW sieht vor, dass die Einhaltung des
Rückkehrverbotes von der Polizei zu überprüfen ist. Wegen der
emotionalen Betroffenheit und der sich daraus möglicherweise ergebenden
Wut der Person, gegen die ein Rückkehrverbot erlassen wurde, kann
geschlossen werden, dass zumindest in den ersten Tagen des
Rückkehrverbotes die Person versuchen könnte, sich erneut Zugang zur
Wohnung zu verschaffen. Deshalb sollte die Polizei möglichst innerhalb
von drei Tagen nach der Wohnungsverweisung prüfen, ob sich der Adressat
der Maßnahme daran hält. Das Gesetz sieht nicht vor, welche
Organisationseinheit der Polizei die Einhaltung des Rückkehrverbots zu
prüfen hat.
[Beispiel:]
Am vierten Tag nach einer polizeilich
angeordneten Wohnungsverweisung überprüft ein Bezirksbeamter, ob das
damit verbundene Rückkehrverbot eingehalten wird. Er schellt an der
Wohnungstür des Opfers. Geöffnet wird die Tür von der Person, gegen die
ein Rückkehrverbot verfügt wurde. Es stellt sich heraus, dass das »Opfer
häuslicher Gewalt«, zu deren Schutz das Rückkehrverbot auf der Grundlage
von § 34a PolG NRW verfügt wurde, damit einverstanden ist, dass der Mann
sich in ihrer Wohnung aufhält. Sie sagt zu dem Beamten: »Wir haben uns
jetzt wieder lieb.« Rechtslage?
Offenkundig ist, dass die Polizei
ihrer Kontrollpflicht nachgekommen ist. Offenkundig ist aber auch, dass
durch das Verhalten des »Opfers häuslicher Gewalt« dem Rückkehrverbot
nunmehr seine Bestandskraft entzogen wurde.
26 Strafverfolgung und häusliche Gewalt
TOP
Für Taten häuslicher Gewalt gibt es im deutschen
Strafgesetzbuch keinen eigenen Straftatbestand. Als strafrechtliche
Tatbestände, die im Zusammenhang mit häuslichen Gewaltdelikten verwirkt
sein können, kommt eine Vielzahl von Straftaten in Betracht.
Dazu
gehören u.a.:
- Hausfriedensbruch (§ 123 StGB)
- Beleidigung (§ 185 StGB)
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
- Körperverletzung (§ 223 StGB)
- Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB)
- Schwere Körperverletzung (§ 227 StGB)
- Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)
- Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch
Bildaufnahmen
(§ 201a StGB)
- Nachstellung (§ 238 StGB),
- Nötigung (§ 240 StGB),
- Bedrohung (§ 241 StGB),
- Erpressung (§ 253 StGB),
- Freiheitsberaubung (§ 239 StGB),
- Sexuelle Nötigung (§ 177 StGB)
- Totschlag (§ 212 StGB)
- Mord- bzw. Mordversuch (§ 211 StGB).
Die meisten Delikte werden als Offizialdelikt von Amts
wegen verfolgt, so dass ein Strafantrag nicht erforderlich ist. Zur
Verfolgung mancher Delikte (z.B. Beleidigung und Hausfriedensbruch) ist
hingegen ein Strafantrag der geschädigten Person erforderlich.
Andere Delikte, wie z.B. die vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223
StGB, sind Mischformen zwischen Antrags- und Offizialdelikten. Das
bedeutet, dass sie verfolgt werden, wenn ein Strafantrag gestellt wurde
oder wenn ein »besonderes öffentliches Interesse« an der Strafverfolgung
besteht. Im Zusammenhang mit »häuslicher Gewalt« sehen die Richtlinien
für das Straf- und Bußgeldverfahren vor (Nr. 234), das von öffentlichem
Interesse ausgegangen werden kann, wenn dem Opfer wegen seiner
persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann,
Strafantrag zu stellen.
Heute wird von der Staatsanwaltschaft bei
Verfahren aus dem Bereich der häuslichen Gewalt im gesamten Bundesgebiet
regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung
angenommen.
Erhalten Polizei oder Staatsanwaltschaft durch die
Anzeige des Verletzten oder auf andere Art und Weise Kenntnis von einer
»Straftat im häuslichen Bereich«, sind die Strafverfolgungsbehörden von
Gesetzes wegen dazu verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Dieses Ermittlungsverfahren wird auch nicht dadurch beendet, dass die
Person, die häusliche Gewalt angezeigt hat, auf die Polizeiwache geht
und sagt, sie nehme die Anzeige zurück oder einschreitenden Beamten
gegenüber erklärt, dass sie keinen Wert darauf legt, dass gegen den
Täter das Strafverfahren betrieben wird.
[Straftat nach
GewSchG:] Hat das zuständige Gericht auf Antrag der verletzten
Person ein Rückkehrverbot entsprechend
§ 1 Abs. 1 GewSchG angeordnet und
handelt der Täter einer solchen vollstreckbaren Anordnung zuwider, ist
gemäß
§ 4 GewSchG Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe
angedroht. Die Tat ist ein Vergehen und Offizialdelikt, so dass
Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen (§ 163 StPO).
27 Verhältnismäßigkeit
TOP
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat
Verfassungsrang.
In Anlehnung an einen Beschluss des VG
Osnabrück vom 10. Dezember 2010 · Az. 6 B 83/10, in dem zu diesem
Problemkreis Stellung bezogen wird, wird sinngemäß zitiert. Soweit
dieser Beschluss auf Regelungen des Niedersächsichen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes (Nds. SOG) Bezug nimmt, wurden diese Stellen durch
entsprechende Regelungen des PolG NRW ersetzt:
»Von der Polizei
ist zur Beachtung der Grundrechtsrelevanz bei einer Wohnungsverweisung
in besonderer Weise die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
zu prüfen, weshalb insbesondere von mehreren möglichen und geeigneten
Maßnahmen diejenige zu treffen ist, die den Einzelnen und die
Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt (§ 2 Abs. 1
PolG NRW).
So ist die Wohnungsverweisung insbesondere keine
Sanktion für geschehenes Unrecht, sondern dient allein der Abwehr einer
aufgrund der festzustellenden Gesamtumstände begründeten Gefahr, dass es
in allernächster Zeit zu einer erneuten Verletzung der besonderen
Schutzgüter kommt. Auch darf die Maßnahme nicht zu einem Nachteil
führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht (§
2 Abs. 2 PolG NRW), wie auch eine Maßnahme nur so lange zulässig ist,
bis ihr Zweck erreicht ist (§ 2 Abs. 3 PolG NRW).
Dementsprechend hat der Gesetzgeber in Abwägung der betroffenen
grundrechtlichen Belange eine ausdrücklich als Höchstdauer normierte
Frist von 10 Tagen als äußerste Grenze für die Bemessung einer
Wohnungsverweisung normiert. In diesem Rahmen hat die Polizei eine zur
Gefahrvermeidung gebotene Wohnungsverweisung auf das in zeitlicher
Hinsicht erforderliche Maß zu beschränken. Eine vom Einzelfall
unabhängige, generelle Ausschöpfung der Höchstdauer ist damit nicht zu
vereinbaren. Dies lässt sich auch nicht mit Blick auf das Verfahren nach
dem Gewaltschutzgesetz begründen.«
[En19]
[Beispiel:] Nach seiner
Scheidung lebt Herr Jedermann mit seiner 20-jährigen Tochter Anita in
seinem Einfamilienhaus. Anita ist als Verkäuferin tätig. Seit Herr
Jedermann erfahren hat, dass seine Tochter einen Freund hat, versucht
er, die Beziehung zu unterbinden. Mehrmals ist es bereits zu lautstarken
Auseinandersetzungen zwischen den beiden gekommen, weshalb Nachbarn
schon einige Male die Polizei gerufen haben. Beim letzten Einsatz wusste
ein Nachbar zu berichten, dass Herr Jedermann seine Tochter stundenlang
einsperrt. Dies habe ihm das Mädchen selber gesagt. Heute erreicht die
Polizei ein Hilferuf von Anita, die von ihrem Vater im Badezimmer
eingesperrt wurde. Die eingesetzten Beamten dringen in die Wohnung ein
und öffnen die Tür zum Badezimmer, in dem Anita eingeschlossen ist.
Anita sagt, dass ihr Vater vor zwei Stunden das Haus verlassen habe und
sie seitdem im Badezimmer eingeschlossen gewesen sei, damit sie nicht
dazu in der Lage sei, ihren Freund zu treffen. Weil sie sich gesträubt
hatte, habe ihr Vater sie an den Armen ergriffen und in das Badezimmer
gestoßen. Kategorisch habe er ihr zum wiederholten Male erklärt, dass er
die Beziehung auf keinen Fall dulde. Darf Herr Jedermann angewiesen
werden, für die Dauer von 10 Tagen die Wohnung nicht zu betreten.
Rechtslage?
Laut Sachverhalt hat Herr Jedermann schon
mehrfach körperliche Gewalt gegen seine Tochter angewendet. Folglich ist
das Sicherheitsgut Leib (Gesundheit) bereits häufiger verletzt worden.
Ferner hat Herr Jedermann seine Tochter eingesperrt und auf diese Weise
das Sicherheitsgut »Freiheit der Person« beeinträchtigt. Weil Herr
Jedermann die Beziehung zum Freund seiner Tochter auf keinen Fall dulden
will, muss auch jederzeit damit gerechnet werden, dass Herr Jedermann
Leib und Freiheit seiner Tochter erneut beeinträchtigen wird. Folglich
ist eine gegenwärtige Gefahr für in § 34a PolG NRW genannte
Sicherheitsgüter gegeben. Damit sind die Voraussetzungen dieser
Vorschrift erfüllt. Die Zulässigkeit der Inanspruchnahme folgt
unmittelbar aus § 34a PolG NRW. Dabei ist unerheblich, dass Herrn
Jedermann das Haus gehört.
[Verhältnismäßigkeit:]
Eine Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot ist wohl auch eine
geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um Herrn Jedermann
zur Einsicht zu bringen, damit er künftig häusliche Gewalt nicht mehr
ausübt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist jedoch zu prüfen, ob Anita
dazu in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Unterstellt, dass
Anita im Hause verbleibt und ausreichendes Einkommen hat, bestünden aus
Gründen der Verhältnismäßigkeit keine durchgreifenden Bedenken gegen die
Anordnung einer Wohnungsverweisung. Eine Wohnungsverweisung mit
Rückkehrverbot für 10 Tage wäre folglich zulässig.
[Fortschreibung des Beispiels:]
Anita ist 16 Jahre alt, Schülerin und noch sehr unsicher, so
dass davon ausgegangen werden kann, dass sie allein in der Wohnung nicht
zurechtkommen wird. Rechtslage?
Offenkundig ist, dass bei
der Entscheidung einer Wohnungsverweisung nunmehr Aspekte des
»Kindeswohls« zu beachten sind. Gemäß § 1631 BGB umfasst die
Personensorge insbesondere die Pflicht und das Recht von
Erziehungsberechtigten, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu
beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Kinder haben jedoch
ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische
Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Da
diesbezüglich Anita nicht die Fürsorge entgegengebracht wird, die das
Gesetz einfordert, erhebt sich die Frage, ob eine Wohnungsverweisung ein
geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel ist, für Anitas Wohl
hinreichend zu sorgen. Bevor die Maßnahme angeordnet wird, ist deshalb
zu entscheiden, in welcher Situation Anita sich befindet, wenn sie
allein in der Wohnung lebt. Da sie noch sehr unsicher ist, wird sie in
dem Haus wohl kaum allein zurechtkommen. Außerdem ist sie mittellos und
auf Unterhalt angewiesen. In solch einer Situation ist das Jugendamt
gemäß
§ 42 SGB VIII dazu verpflichtet, die Jugendliche
in Obhut zu nehmen, weil eine dringende Gefahr für das Wohl der
Jugendlichen die Inobhutnahme erforderlich werden lässt.
Für eine
Inobhutnahme kommt das Haus ihres Vaters nicht in Betracht. Anita wäre
also an einem dafür geeigneten Ort unterzubringen (Jugendhaus etc.).
Dann aber macht eine Wohnungsverweisung für 10 Tage keinen Sinn und ist
deshalb weder ein geeignetes noch ein angemessenes Mittel, Anitas
Bedürfnissen nach Fürsorge zu entsprechen.
[Vergleichbare
Fälle:] Gleiches gilt auch für Fälle von Kindesmisshandlung
oder Misshandlung Behinderter, wenn außer diesen Personen niemand mehr
in der Wohnung wäre, der sich sachgerecht um sie kümmern könnte.
[Erst prüfen, dann entscheiden:] Grundsätzlich kann
davon ausgegangen werden, dass es sich bei Wohnungsverweisungen um
polizeiliche Sofortmaßnahmen handelt, die vor Ort von einschreitenden
Polizeibeamten angeordnet werden. In vielen Fällen wird es aber so sein,
dass erst nach sorgfältiger Abwägung der jeweiligen Situation vor Ort
eine Entscheidung getroffen wird, in die auch die Sichtweise von
Vorgesetzten mit einzubeziehen ist. Eine Wohnungsverweisung muss somit
nicht zwangsläufig am »Tatort häuslicher Gewalt« ausgesprochen werden.
Das ist oftmals auch gar nicht möglich, weil ein renitenter »Täter
häuslicher Gewalt« oftmals erst in die Gewahrsamszelle eingeliefert und
erst bei seiner Freilassung ein Rückkehrverbot verfügt wird.
28 StA - Gerichte und häusliche Gewalt
TOP
Im Gegensatz zu den vielen Tausend
Wohnungsverweisungen und ausgesprochenen Rückkehrverboten, die von der
Polizei in NRW verfügt, akribisch ermittelt und statistisch umfassend
ausgewertet werden, steht ein auch nur annähernd vergleichbares
aussagekräftiges Zahlenmaterial darüber, was mit den von der Polizei
angezeigten »Fällen häuslicher Gewalt« im Zuständigkeitsbereich von StA
und Gerichten geschieht, nicht zur Verfügung.
Mit
anderen Worten:
Über das, was mit »häuslicher Gewalt«
bei der StA und bei den Gerichten geschieht, fehlt es an aussagefähigem
Zahlenmaterial. Um diesbezüglich dennoch zumindest eine Vorstellung
darüber zu bekommen, sie StA und Gerichte diese Delikte behandeln, muss
auf lokale Untersuchungen zurückgegriffen werden, in denen dieser
Fragestellung nachgegangen wurde. Bevor dieser Versuch unternommen wird,
ist es erforderlich, die noch heute gültige Antwort der Bundesregierung
auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der PDS an die Bundesregierung aus
dem Jahr 1999 zu diesem Fragekomplex zur Kenntnis zu nehmen:
[BT-Drucks 14/849 vom 27.04.1999:]
Dort heißt es.
Frage:
3. Wie viele Taten häuslicher Gewalt von Männern gegen
Frauen gelangen in der Bundesrepublik Deutschland jährlich
a) zur
Anzeige und
b) zur Verurteilung?
Antwort:
Zu 3a)
Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die vom
Bundeskriminalamt jährlich herausgegebene Polizeiliche Kriminalstatistik
(PKS) enthält keine differenzierenden Angaben zu häuslichen Gewalttaten
von Männern gegen Frauen.
Zu 3b)
b) Es liegen keine Daten vor,
da Angaben zu Verurteilungen wegen Taten häuslicher Gewalt in der
jährlich vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen
Strafverfolgungsstatistik nicht enthalten sind.« [En20]
[Hinweis:] Wie viele lokale Untersuchungen dieser Fragestellung
nachgegangen sind, ist nicht bekannt. Im Folgenden werden hier die
Ergebnisse einer Untersuchung aus dem Zuständigkeitsbereich der Polizei
Duisburg vorgestellt, die 2007/2008 von der Rechtsanwältin Nicole
Susanne Helmer durchgeführt wurde.
[Aussagekraft der
Untersuchung:] Die o.g. Untersuchung gibt Auskunft darüber, wie
viele Fälle häuslicher Gewalt in Duisburg von der Polizei im
Untersuchungszeitraum bearbeitet, von der StA beschieden und vor Gericht
verurteilt wurden. Ausgewertet wurden insgesamt 614 Fälle häuslicher
Gewalt. Diese »Stichprobenuntersuchung« dürfte dennoch mehr als ein
bloßes Indiz dafür sein, wie auch in anderen Amtsgerichtsbezirken
(Eingangsinstanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit) in NRW mit häuslicher
Gewalt umgegangen wird, zumal viele sozial und verhaltenspsychologische
Studien ihre generalisierenden Aussagen sogar dann für wissenschaftlich
valide (gültig, verlässlich) halten, wenn ausgewertete Stichproben
wesentlich kleiner sind.
[Untersuchungsergebnisse:]
Von den insgesamt 614 bei der Polizei geführten Verfahren wurden
insgesamt 55 durch Anklageerhebung erledigt. Dies entspricht einem
Anteil an den staatsanwaltschaftlichen Entschließungen von 9 %.
22 Ermittlungsverfahren wurden vor Gericht eingestellt.
In 41
Ermittlungsverfahren - dies entspricht 6,6 % der Entschließungen der
Staatsanwaltschaft Duisburg - wurde bei Gericht der Erlass eines
Strafbefehls beantragt. Diese Strafbefehle wurden ausnahmslos
antragsgemäß erlassen. 92,7 % der Strafbefehle sind rechtskräftig
geworden.
[Staatsanwaltschaftliche Entschließungen im
Überblick:]
84,9 % Einstellungen
6,6 % Strafbefehle
8,5 % Anklagen
[Gerichtliche Entscheidungen:]
Insgesamt 87 Verfahren, die bei der Polizei in Duisburg (im
Untersuchungszeitraum) geführt wurden, sind durch gerichtliche
Entscheidungen zum Abschluss gebracht worden.
Hinsichtlich der
Ergebnisse zum gerichtlichen Strafverfolgungsverhalten ist zu bedenken,
dass diese aufgrund der eher geringen Zahl von Ermittlungsverfahren, die
bei Gericht anhängig geworden sind, nur eingeschränkt aussagefähig sind.
Um aussagekräftige Ergebnisse auch hinsichtlich des gerichtlichen
Strafverfolgungsverhaltens zu erhalten, wäre eine Ausweitung des
Untersuchungszeitraums auf mehrere Jahre erforderlich.
[Einstellungen durch das Gericht:] Das Gericht hat 22
Strafverfahren, in denen entweder Anklage erhoben oder Einspruch gegen
einen Strafbefehl eingelegt worden war, eingestellt.
Damit
beträgt die Gesamteinstellungsquote von Staatsanwaltschaft und Gericht
in den untersuchten Verfahren rund 89 %.
In einigen Fällen waren
den Akten die Gründe für die Einstellung zu entnehmen.
Grund für
die Einstellung war insbesondere:
- geringes Verschulden
- kein besonderes öffentliches Interesse
- keine Vorbelastungen des
Täters
- kein Interesse der Geschädigten an der Strafverfolgung und
- geringe Tatfolgen.
|
Beispielhaft seien folgende Fälle skizziert:
[Beispiel:] Tätlichkeiten
eines alkoholisierten 38-jährigen IT-Fachmanns gegenüber seiner
30-jährigen Ehefrau: Faustschläge, Tritte mit dem beschuhten Fuß ins
Gesicht,
Schlagen des Kopfes der Geschädigten gegen den Türrahmen und auf den
Boden. Die Geschädigte erlitt diverse
Schwellungen. Sie hatte Strafantrag gestellt und Angaben zur Sache
gemacht.
Einstellungsbegründung:
Geringes Verschulden und
kein besonderes öffentliches Interesse
[Beispiel:] Ein 31-Jähriger hat seine gleichaltrige
Ehefrau geschlagen und u.a. mit dem Gesicht über die Treppe gezogen, so
dass sich die Geschädigte Prellungen am Oberarm und am Schulterblatt,
Risswunden und schwere Kopfverletzungen zuzog und zudem der Verdacht auf
einen Gesichtsschädelbruch bestand. Die Geschädigte hatte zwar in der
Vernehmung Angaben zur Sache gemacht, jedoch keinen Strafantrag
gestellt.
Einstellungsbegründung:
Geringes Verschulden
und kein besonderes öffentliches Interesse
[Beispiel:] Angriff eines
24-jährigen Auszubildenden gegen seine 23 Jahre alte schwangere
Lebensgefährtin und deren dreijährigem Kind: Faustschläge ins Gesicht
und in den Unterleib der Frau, Kopf der Geschädigten gegen die Wand
geschlagen, Tritte mit dem beschuhten Fuß gegen die Beine, Geschädigte
wurde mit Blumentöpfen beworfen; das Kind wurde zwei Mal auf den Rücken
geschlagen. Durch die körperliche Misshandlung wurden bei der
Geschädigten vorzeitige Wehen ausgelöst. Zudem erlitt sie eine blutende
Wunde an der Lippe sowie Hämatome am Kopf, am Bauch, an der Schulter und
an der Brust. Die Geschädigte hatte für sich und ihr Kind Strafantrag
gestellt und Angaben zur Sache gemacht.
Die Gründe für die
Einstellung sind nicht bekannt.
[Beispiel:] Ein 31-Jähriger warf seiner getrennt
lebenden Ehefrau ein Glas an die Stirn, drückte ihr einen Finger ins Auge, schlug der
Frau auf die Oberarme und drohte, sie umzubringen, falls sie
telefonieren sollte. Die Geschädigte, die umfangreich aussagte und
Strafantrag stellte, erlitt eine Schnittwunde oberhalb des Auges sowie
Hämatome an den Oberarmen. Das Gericht stellte das Strafverfahren ein,
da der Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt werden konnte.
Die Zitate wurden der o.g. Untersuchung entnommen (Seite 80 bis 87).
[Schlussanmerkung:] Auf eine Bewertung dieser
Untersuchungsergebnisse wird verzichtet. Diesbezüglich muss jeder Leser
seine Eigenen »Wahrheiten« finden, festigen oder in Frage stellen«.
29
Langzeitgewahrsam gem. § 38 Abs. 2 Nr. 3 PolG NRW
Auf der Grundlage von
§ 38
Abs. 2 Nr. 3 PolG NRW (Dauer der Freiheitsentziehung) ist es einem
Richter möglich, eine längere Festhaltedauer anzuordnen.
(2) Durch die in Absatz 1 Nummer 3
vorgesehene richterliche Entscheidung kann in folgenden Fällen eine
abweichende Frist des polizeilichen Gewahrsams bestimmt werden:
1. ...
2. ...
3. gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 4
bis zum Ablauf der nach § 34a Absatz 5 angeordneten Maßnahme, maximal
jedoch bis zu zehn Tagen.
Auf der Grundalge von
§ 35 Abs. 1 Nr. 4 PolG NRW kann eine Person in Gewahrsam genommen werden, wenn
4. das unerlässlich ist, um eine
Wohnungsverweisung oder ein Rückkehrverbot nach § 34a durchzusetzen.
[Hinweis:] Insoweit kann
davon ausgegangen werden,
dass ein Richter anlässlich gravierender Fälle
häuslicher Gewalt dazu bereit sein dürfte, eine Person zum Zweck der
Verhinderung weiterer häuslicher Gewalt für die Dauer von maximal bis zu
10 Tagen zum Zweck der Gefahrenabwehr die Freiheit zu entziehen.
Dagegen spricht aber Folgendes:
Hinsichtlich des Umgangs mit den Tätern häuslicher Gewalt durch die
Organe der Rechtspflege sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass
die polizeilichen Bemühungen, diesem Phänomen mit den Mitteln zu
begegnen, die ihr als Teil der Exekutive zur Verfügung stehen, ihre
Grenzen dort erreichen, wo die Organe der Rechtspflege diese
Bemühungen sozusagen konterkarrieren.
Mit anderen Worten:
Nähere Ausführungen dazu wurden bereits an anderer Stelle in diesem
Kapitel gemacht.
Zurück zum Thema:
Nach der hier vertretenen
Rechtsauffassung kommt ein Langzeitgewahrsam zum Schutz vor häuslicher
Gewalt nur dann in Betracht, wenn es sich um wiederholte Fälle häusliche
Gewaltfälle handeln, so dass die Polizei bereits über eine Vielfalt von
Erkenntnissen verfügt, die belegen, dass der Täter häuslicher Gewalt
sein gefährliches Verhalten nicht einstellen wird und es zum Schutz
seines Opfers unvermeidbar ist, die bestehende Gefahr der Wiederholung
häuslicher Gewalt nur dadurch abzuwenden zu können, indem zumindest für
10 Tage (Maximale Festhaltezeit zu diesem Zweck) im häuslichen Bereich
für Sicherheit und Ordnung gesorgt wird.
Auch hier wird sich der Richter
ein eigenes Bild über die Gefahrenlage verschaffen und erst dann
entscheiden, wenn er sicher ist, dass solch ein schwerwiegender Eingriff
in die Bewegungsfreiheit einer Person tatsächlich verhältnismäßig ist.
Und auch hier stellt sich die Frage: Ist hier Polizeirecht anzuwenden
oder Strafprozessrecht iVm den einschlägigen Regelungen des
Gewaltschutzgesetzes (GewSchG).
Was ist zu tun, um
geltendem Recht Geltung zu verschaffen?
Nach der hier vertretenen
Rechtsauffassung bedeutet das, dass die Polizei auch anlässlich von
Fällen häuslicher Gewalt, gut
beraten ist, vor der Ergreifung des Täters der häuslichen Gewalt einen richterlichen
Beschluss zu erwirken, dem zu entnehmen sein muss, dass der Täter auf
der Grundlage polizeirechtlicher Befugnisse in Langzeitgewahrsam zu
nehmen ist und der erforderlichenfalls auch unter Anwendung von Zwang
durchgesetzt werden kann.
Das zumindest würde im vollen
Umfang dem
Art. 104 GG entsprechen und hätte darüber hinausgehend den
Vorteil, dass sich niemand blamieren müsste, weder die Polizei noch der
Rechtsstaat.
Motto: Wenn die Polizei weiß, was
sie darf, braucht sie nicht hilflos zuzusehen, wenn Richter ihrer
Rechtsauffassung nicht folgen.
Anders ausgedrückt:
Die Erwirkung eines richterlichen
Beschlusses vor der Ergreifung des Täters häuslicher Gewalt nimmt genausoviel Zeit in Anspruch, die
das Prozedere einer Richtervorführung mit offenem Ende nach der
Ergreifung.
Und wenn sich kein Richter findet, solch einen Beschluss zu
erlassen, dann sollten die Schöpfer des neuen Polizeigesetzes davon in
Kenntnis gesetzt werden, dass von der Polizei nichts erwartet werden
kann, was die Gerichte nicht mittragen.
Ende des Kapitels
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§ 34a PolG NRW (Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot)
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30 Quellen
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Endnote 01
Zitiert nach: VG Lüneburg, Beschluss vom 13.06.2003,
Az. 3 B 47/03
https://openjur.de/u/315194.html
Aufgerufen am
02.07.2014
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Endnote 02
Zitiert nach:
http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/
gleichstellung,did=73010.html
Aufgerufen am 02.07.2014
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Endnote 03
Zitiert nach
WDR.de
http://www1.wdr.de/themen/infokompakt/nachrichten/
nrwkompakt/nrwkompakt29112.html
Aufgerufen am 02.07.2014
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Endnote 04
Zitiert nach: http://www.sueddeutsche.de/panorama
/haeusliche-gewalt-maenner-die-verkannten-opfer-1.1458489-2
Aufgerufen am 02.07.2014
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Endnote 05
Broschüre des
Innenministers
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=
webcd=1&ved=0CCAQFjAA&url=http%3A%2F%2
Fwww.mik.nrw.de%2Fpublikationen%2Fproduktauswahl.html%3FeID%3
Dpub%26f%3D38%26s%3Db8c320&ei=XiqjU4WxGfDb4QSJnIDACw&usg=
AFQjCNFUcYTOrjTjfxMVVKKD7oR9m0cPEg&bvm=bv.69411363,d.bGQ
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Endnote
06
BVerfG 89, 1 (Besitzrecht des Mieters)
Zitiert nach:
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv089001.html
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02.07.2014
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Endnote 07
Fundstelle:
VGH Mannheim,
NJW 2005, 88
http://esolde.uni-bayreuth.de/entscheidungen/
362-besonderes-verwaltungsrecht/polizei-und-sicherheitsrecht/
polizeirecht/gebote-verbote/generalklausel/
300-vgh-mannheim-polizeilicher-wohnungsverweis
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02.07.2014
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Endnote 08
Zitiert nach:
VG Lüneburg ·
Beschluss vom 13. Juni 2003 · Az. 3 B 47/03
https://openjur.de/u/315194.html
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Endnote 09
Zitiert nach:
https://www.jurion.de/Urteile/VG-Muenster/2009-12-11/1-K-1855_08
Aufgerufen am 02.07.2014
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Endnote 10
Gegenwärtige
Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit:
Urteil des VG Münster vom
11.12.2009 - 1 K 1855/08
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_muenster/j2009/1_K_1855_
08urteil20091211.html
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Endnote 11
Zitiert nach Beschl. v. 15.02.1963, Az.: 4 StR 404/62
BGH, 15.02.1963 - 4 StR 404/62
https://www.jurion.de/de/document/show/0:2193903,0/
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02.07.2014
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Endnote 12
Zitiert nach:
Häusliche
Gewalt - Nutzung der Dateianwendung
„HG-Tool“ im Polizeipräsidium
Köln – Ein Erfahrungsbericht
http://www.bdk.de/lv/nordrhein-westfalen/bv/koeln/
blickpunkt/blickpunkt-3-2011/haeusliche-gewalt
Aufgerufen am
02.07.2014
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Endnote 13
Zitiert nach: VG Aachen ·
Beschluss vom 8. Februar 2011 · Az. 6 L 49/11
https://openjur.de/u/149457.html
Aufgerufen am 02.07.2014
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Endnote 14
Missbrauch von Facebook
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2013/2_UF_254_12_
Beschluss_20130425.html
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Endnote 15
Zitiert nach: https://openjur.de/u/637730.html
Aufgerufen am 02.07.2014
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Endnote 16
BGH, Beschluss
vom 26.2.2014 - XII ZB 373/11
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=67314&pos=0&anz=1
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Endnote 17
Brandenburgisches Oberlandesgericht - Senat für Familiensachen,
Beschluss vom 16.10.2008 - 10 WF 165/08
Zitiert nach
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/
jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=
Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=
Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=
yes&doc.id=JURE080020505&doc
.part=L&doc.price=0.0#focuspoint
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Endnote 18
Brandenburgisches Oberlandesgericht - Senat für Familiensachen,
Beschluss vom 16.10.2008 - 10 WF 165/08
Zitiert nach:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/
jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=
Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=
Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=
yes&doc.id=JURE080020505&doc.part=
L&doc.price=0.0#focuspoint
Aufgerufen am 02.07.2014
Zurück
Endnote 19
Zitiert nach:
VG Osnabrück · Beschluss vom 10. Dezember 2010 · Az. 6 B 83/10
https://openjur.de/u/326346.html
Aufgerufen am 02.07.2014
Zurück
Endnote 20
Zitiert nach: http://dipbt.bundestag.de/
dip21/btd/14/008/1400849.asc
https://www.thueringen.de/imperia/md/
content/kostg/Schwerpunktbereiche/wegeausderhaeuslichengewalt/
2_ag_statistik.pdf
Aufgerufen am 02.07.2014
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